BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Schubartgymnasium Aalen

gegründet 1912

 

Aus den Zeiten der Lateinschule

 

Dr. Hermann Stützel

Erinnerungen eines alten Lateinschülers

 

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In der einstigen Realschule

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Die alte Lateinschule war bekanntlich in drei Zimmern des 2. Stocks der sogenannten „alten Gewerbeschule“ untergebracht. In den beiden unteren Geschossen des Gebäudes befanden sich die Klassenzimmer und Zeichensäle der damals (1898) sechsklassigen Realschule, von der im folgenden berichtet werden soll. Die Schülerzahl dieser Schule war wesentlich größer als die in der Lateinschule. Dementsprechend war auch eine größere Anzahl von Lehrern angestellt. Es werden 1898 sieben oder acht Lehrer gewesen sein. Mehrere Lehrer waren viele Jahre an der Schule tätig, so daß ihre Namen auch heute noch nicht vergessen sind.

Da war an der untersten Klasse der gute Reallehrer Weller, genannt „Mechiko“ (wahrscheinlich wegen seiner Aussprache von Mexiko), ein seelenguter Mensch, der immer Hemmungen hatte, wenn er „Tatzen“ austeilen mußte. Wenn er einen in der hintersten Bank sitzenden Schüler erreichen wollte, pflegte er nicht den Gang zwischen den fünfsitzigen Bänken zu benützen, sondern stieg mit gewaltig langen Sätzen quer über die Bänke hinweg. Wollte er den Mitschüler Losch zurechtweisen, so rief er nur: „Losch, halt dei' ...!“

An der zweiten Klasse unterrichtete der im Alter etwas griesgrämige Oberreallehrer Harrer, der einen weniger liebenswürdigen Beinamen hatte, dessen Entstehung eigentlich nicht recht erklärlich ist.

Die dritte Klasse betreute Oberreallehrer (später Professor) Kohler, ein sehr guter Mathematiker, den die Schüler wegen seines gütigen, leutseligen Wesens gern hatten.

In den folgenden Klassen wirkten die Herren Nuß, Strauß, Wolf, Beuerlen, Hähnle u. a. Vom Meerrohr wurde in diesen Klassen viel, man kann ruhig sagen viel zu viel Gebrauch gemacht. Einer der Lehrer, dem der große Meerrohrverbrauch zu teuer war, ließ sich von zwei Schülern aus Unterrombach häufig Haselnußstecken aus dem Rohrwang bringen, die jeweils in kurzer Zeit verbraucht waren.

Die sechste Klasse unterrichtete der sehr beliebte Herr Oberreal­lehrer Rupp (später Professor in Reutlingen). Er war bis 1898 Leiter der Realschule. Besonders bewunderten ihn die Schüler, wenn er, der große, stattliche Hauptmann der Reserve, an Kaisers oder Königs Geburtstag in Uniform und Helm auftrat. In der Naturkunde erklärte er den menschlichen Körperbau und sagte u. a., daß das „Netz“ (unter der vorderen Bauchdecke) bei manchen Menschen sich besonders stark entwickle. Dabei klopfte er auf sein Schmerbäuchlein und sagte: „Seht, ich habe auch schon etwas Netz!“

Den evangelischen Religionsunterricht, in der Regel die erste Stunde am Montagmorgen, gab der gestrenge Dekan Knapp. Zu Beginn der Stunde wurde stets ein Choral gesungen, den der Herr Dekan mit seinem riesigen Hausschlüssel dirigierte. – Den Unterricht im Singen erteilte Herr Lehrer Oesterle. Er spielte auf der Geige die Melodien vor, und wir lernten so die schönsten Volkslieder. Das Turnen hielt Lehrer J. G. Röhm ab. Die Turnstunde fand entweder im Freien auf dem kleinen Plätzchen vor der Schule, oder in der „Turnhalle“ statt. Als Turnhalle diente ein Raum im Erdgeschoß des Spritzenhauses, an der Stelle, wo später die Drogerie untergebracht war. Der Boden war zur Hälfte mit Lohe bedeckt, und der Raum war nur kümmerlich durch einige Oberlichter erhellt. Wenn einige Zeit gesprungen wurde, war die ganze „Halle“ mit Staub erfüllt. Besonders gepflegt wurde das „Stabturnen“ mit Eisenstäben von ca. 1 m Länge.