BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Rudolf Diesel

1858 - 1913

 

Die Entstehung des Dieselmotors

 

1913

 

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Weitere Laboratoriumsarbeiten

nach der Entstehungszeit des Motors

von der zweiten Hälfte

1897 bis Ende 1899.

 

Mit der offiziellen Feststellung der Versuchsergebnisse im Juni 1897 kann die „Entstehungszeit“ des Dieselmotors als abgeschlossen angesehen werden; es begann dann die fabrikationsmäßige Herstellung des Motors und damit seine „Entwicklungszeit“. Selbstverständlich waren auch jetzt noch sehr wichtige Fragen weiter zu verfolgen, insbesondere galt es jetzt, Betriebserfahrungen zu sammeln und in erster Linie die früher aufgeschobene Frage der Verwendung von Rohölen und aller sonstigen Arten von Brennstoffen wieder aufzunehmen.

Endlich mußte noch die endgültige Durchführung zahlreicher Versuchsserien vorge­nommen werden, die im Laufe der Entstehungszeit begonnen, aber nicht erschöpfend behandelt worden waren, darunter der Ersatz des empfindlichen Siebzerstäubers durch eine dauerhaftere Konstruktion, das weitere Studium des Einblasens mit kalibrierten Düsenöffnungen, der eventuelle Ausbau der Hochdruckluftpumpe, das Selbsteinblase­verfahren u. a. m.

Es zeigte sich jedoch bald, daß die zahllosen Vorführungen, Demontagen und Unter­suchungen der Maschine durch sachverständige Kommissionen, namentlich aber auch die Ausprobierung der verschiedensten flüssigen Brennstoffe, die wegen der beginnenden Motorlieferungen unbedingt durchgeführt werden [92] mußten, eine systematische Durchführung einzelner Versuchsreihen unmöglich machten. Außerdem waren alle verfügbaren Kräfte mit der Konstruktion und der Ausführung der Motoren für die Münchener Ausstellung und mit dieser selbst (siehe S. 90) aufs äußerste beansprucht. Infolgedessen kam man ein ganzes Jahr lang, bis Herbst 1898, nicht recht vorwärts mit den Versuchen. Zudem war der Motor durch die vielen Abänderungen und Mißhandlungen während der Ver- suchszeit und durch die erwähnten Vorführungen und Demontagen, sowie durch Versuche mit ungeeigneten Brennstoffen und dergl. in so schlechten Zustand gekommen, daß er einer gründlichen Reparatur bedurfte. Diese konnte erst nach Schluß der Münchener Ausstellung im Herbst 1898 stattfinden; neben dem Ausbohren des Zylinders und dem Instandsetzen aller Organe wurde auch eine neue Düse und ein neues Anlaßventil hergestellt und eine Einrichtung getroffen, die durch Verstellung der Kolbenstange den Kompressionsraum zu verändern gestattete. [93] Es wurde dann der alte Motor, der sog. A-Motor, nur noch für Gasversuche eingerichtet und verwendet, während die Ausprobierung der flüssigen Brennstoffe in einem zweiten, nach genau gleichen Zeichnungen gebauten Motor stattfand, der seinerzeit von der Maschinenfabrik Augsburg dem Krupp-Gruson-Werk als Fabrikationsmuster geliefert worden (siehe S. 63) und im März 1898 nach Augsburg zurückgekommen war, dem sog. B-Motor.

Da ich selbst durch die Aufnahme der Fabrikation bei den verschiedenen Lizenzfirmen zu sehr beansprucht war, um den Versuchen wie bisher meine ganze Zeit zu widmen, wurde folgende Organisation mit der Maschinenfabrik Augsburg vereinbart: Als ausführende Organe auf der Versuchsstation fungierten für mich bzw. für die inzwischen gegründete Allgemeine Gesellschaft für Dieselmotoren Herr Karl Dieterichs, welcher auch die Journale führte, für die Maschinenfabrik Augsburg Herr Lauster, und zwar in der Weise, daß Herr Dieterichs die Arbeiten auf dem Versuchsstand leitete, Herr Lauster dagegen außer [94] diesen auch die damit zusammenhängenden Arbeiten in der Werkstatt zu überwachen hatte. Den beiden Herren wurden als Assistenten beigegeben die Herren Grosser und Max Ensslin; für letzteren trat später Herr Philipp ein. An Stelle des Herrn Dieterichs übernahm später Herr Paul Meyer die Leitung der Versuche. Die Organisation der Versuche, deren Programm und Oberleitung blieben in meinen Händen nach jeweiligen Konferenzen und im Einverständnis mit dem Oberingenieur der Maschinenfabrik Augsburg, Herrn Vogt, welcher, wie bereits erwähnt, die Oberleitung des Dieselmotorbaues übernommen hatte.

Die Versuche, über welche noch kurz zu berichten ist, beziehen sich:

1. auf Betriebs- und Konstruktionsfragen;

2. auf die Ausprobierung aller Arten von Brennstoffen;

3. auf den Kompoundmotor.

An diesen Versuchen waren außer den oben genannten Herren noch beteiligt die Herren Reichenbach, Böttcher, Pawlikowski, Lietzenmeyer, Noé und Schüler.

Es ist heute nicht mehr genau festzustellen, mit welchen Arbeiten die einzelnen Herren beauftragt waren. Alle aber haben im Laboratorium, an den Versuchsmaschinen, im Konstruktionsbureau und bei den Ingangsetzungen der Motoren und der Einrichtung der Fabrikation bei den Lizenznehmern mit Anspannung aller Kräfte Außerordentliches geleistet, viele gute Gedanken gegeben und dazu beigetragen, die anfänglich sehr großen Schwierigkeiten bei der Einführung der Motoren zu überwinden. Entsprechend dem Thema dieses Buches muß ich die Namen der Mitarbeiter auf die Zeit der „Entstehung“ des Motors, d. h. der eigentlichen Laboratoriumsarbeiten, beschränken. Die spätere Zeit der Entwicklung muß ganz für sich behandelt werden.