BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Hans Beimler

1895 - 1936

 

Im Mörderlager Dachau

 

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Die „standesgemäße“ Behandlung der Gefangenen.

 

Nach drei Tagen wurden wir in die Zelle 13 verlegt, die bei „normaler“ Belegung für 14 Gefangene „Betten“ enthält; tatsächlich war sie in der Zeit, da ich dort untergebracht war, mit 18 bis 20, ja sogar 22 vollgestopft. Man möchte glauben, daß in keinem anderen Gefängnis es so dreckig ist und die Zellen so stickig sind, wie im Münchener Polizeigefängnis. Die Gefangenen haben buchstäblich Angst, wenn es Nacht wird und sie sich hinlegen sollen; sie bekommen keine Ruhe, denn es wimmelt von Ungeziefer. Kein Wunder, wenn der Fußboden nur oberflächlich und hastig ausgekehrt und eine so große Zelle nur alle zwei Tage mit einem feuchten Putzlumpen „gereinigt“ beziehungsweise der von den 20 hin und her geworfenen Strohsäcken abfallende Staub mehr festgeklebt als beseitigt wird. Neben einer Reihe kommunistischer Genossen waren auch einige Intellektuelle und sechs Bezirksführer des Reichsbanners in der Zelle. Einer der Intellektuellen, dessen Name mir leider entfallen ist, wurde deshalb in Schutzhaft genommen, weil er vor einem Jahr einige Kritiken für die „Frankfurter Zeitung“ über die fortschrittliche Bauweise der Sowjetunion geschrieben hat! Auch einen Monarchisten hatten wir in unserer Zelle, der in Verbindung mit den „Attentatsplänen“ des Grafen und Eisner-Mörders Arco-Valley verhaftet worden war.

Nachdem ich mich wieder einigermaßen aufrichten und gehen konnte, schrieb ich an den Präsidenten der bayrischen Politischen Polizei und Reichsführer der SS einen Brief und beantragte, daß ich Zeitungen bestellen und Rauchware empfangen könnte. Schon am anderen Morgen wurde mir durch einen Beamten von einem Fetzen Papier die Antwort des Himmler vorgelesen. Sie hatte folgenden Wortlaut: „Dem Beimler ist mitzuteilen, daß er Zeitungen bestellen kann, soviel er will – geraucht wird nix!“

In der Zelle entspann sich eine große Diskussion über die Ablehnung, um so mehr, als der „Attentäter“ Arco neben uns in der Zelle 15 nicht nur 50-Pfennig-Zigarren rauchen, Wein und Bier trinken konnte, sondern auch durch „Damenbedienung“ mit Hotelkost ein lustiges Gefängnisleben führte. Die sechs Reichsbannerfunktionäre waren sehr überrascht, als ich ihnen sagte, daß einen Stock höher der Rosenstraß, Auer 1) und einige Redakteure der „Münchener Post“ 2) sitzen und die gleichen Vorzüge wie Graf Arco genießen.

 

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1) Führende Funktionäre der SPD Bayerns – d. Red. 

2) Organ der SPD Bayerns – d. Red.