Ludwig Uhland
1787 – 1862
Vaterländische Gedichte
1816 und öfter
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1.Am 18. Oktober 1815(1815)
Herrn Bürgermeister Klüpfel, ständischem Abgeordneten der Stadt Stuttgart
Die Schlacht der Völker ward geschlagen,Der Fremde wich von deutscher Flur,Doch die befreiten Lande tragenNoch manches vor'gen Dranges Spur; | |
5 | Und wie man aus versunknen StädtenErhabne Götterbilder gräbt,So ist manch heilig Recht zu retten,Das unter wüsten Trümmern lebt.
Zu retten gilt's und aufzubauen, |
10 | Doch das Gedeihen bleibet fern,Wo Liebe fehlet und VertrauenUnd Eintracht zwischen Volk und Herrn.Der Deutsche ehrt' in allen ZeitenDer Fürsten heiligen Beruf, |
15 | Doch liebt er frei einherzuschreitenUnd aufrecht, wie ihn Gott erschuf.
So wirkt auch ihr im festen Bunde,Ihr guten Hüter unsres Rechts!Ihr bauet auf dem alten Grunde |
20 | Das Wohl des künftigen Geschlechts.Uneingedenk gemeinen Lohnes,Seid ihr beharrlich, emsig, treu;Des Volkes Würde wie des ThronesBeachtet ihr mit heil'ger Scheu.
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25 | Drum, da wir heut das Fest begehen,Dem tausend Freudenfeuer sprühnUnd, wo sie nicht von Bergen wehen,Doch tief in allen Herzen glühn:Was kann so edlen Schmuck gewähren |
30 | Dem Mahle, das uns hier vereint,Als einen Mann bei uns zu ehren,Der's so getreulich mit uns meint!
Den Mann, der, unsrer Stadt entsprossen,Stets ihres Wohles treu gedacht, |
35 | Dem wir uns innig angeschlossen,Der unser Teuerstes bewacht;Der unerschüttert ausgehaltenIm Sturm der schreckensvollen ZeitUnd der auch jetzt mit kräft'gem Walten |
40 | Dem neuen Werk sein Leben weiht!
Nie kommt das Wort, ihr treuen Väter!Dem heißen Herzensdanke gleich,Nie spricht es aus, ihr Volksvertreter!Wie wir so eines sind mit euch. |
45 | Als jüngst in hehren TempelhallenDie Menge sich mit euch erbaut,Da sprach das Schweigen über allenMehr als der hellste Jubellaut.
So laß dir's, Edler, denn gefallen |
50 | Bei unsrem fröhlichen Gelag,Und will dich düstrer Ernst umwallen,So denk an künft'gen Festestag:Wann jener Schlacht GewittersegenSichtbar auch unser Heil erneut, |
55 | Wann sich die Saaten schwellend regen,Die ihr im S ä m o n d ausgestreut!
2.Das alte, gute Recht(1816)
Wo je bei altem, gutem WeinDer Württemberger zecht,Da soll der erste Trinkspruch sein:D a s a l t e , g u t e R e c h t !
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5 | Das Recht, das unsres Fürsten HausAls starker Pfeiler stützt,Und das im Lande ein und ausDer Armut Hütten schützt.
Das Recht, das uns Gesetze gibt, |
10 | Die keine Willkür bricht;Das offene Gerichte liebtUnd giltig Urteil spricht.
Das Recht, das mäßig Steuern schreibtUnd wohl zu rechnen weiß, |
15 | Das an der Kasse sitzen bleibtUnd kargt mit unsrem Schweiß.
Das unser heil'ges KirchengutAls Schutzpatron bewacht,Das Wissenschaft und Geistesglut |
20 | Getreulich nährt und facht.
Das Recht, das jedem freien MannDie Waffen gibt zur Hand,Damit er stets verfechten kannDen Fürsten und das Land.
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25 | Das Recht, das jedem offen läßtDen Zug in alle Welt,Das uns allein durch Liebe festAm Mutterboden hält.
Das Recht, des wohlverdienten Ruhm |
30 | Jahrhunderte bewährt,Das jeder, wie sein Christentum,Von Herzen liebt und ehrt.
Das Recht, das eine schlimme ZeitLebendig uns begrub, |
35 | Das jetzt mit neuer RegsamkeitSich aus dem Grab erhub,
Ja! wenn auch wir von hinnen sind,Besteh' es fort und fort,Und sei für Kind und Kindeskind |
40 | Des schönsten Glückes Hort!
Und wo bei altem, gutem WeinDer Württemberger zecht,Soll stets der erste Trinkspruch sein:D a s a l t e , g u t e R e c h t !
3.Württemberg(1816)
Was kann dir aber fehlen,Mein teures Vaterland?Man hört ja weit erzählenVon deinem Segensstand.
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5 | Man sagt: du seist ein Garten,Du seist ein Paradies;Was kannst du mehr erwarten,Wenn man dich s e l i g pries?
Ein Wort, das sich vererbte, |
10 | Sprach jener Ehrenmann:Wenn man dich gern verderbte,Daß man es doch nicht kann.
Und ist denn nicht ergossenDein Fruchtfeld wie ein Meer? |
15 | Kommt nicht der Most geflossenVon tausend Hügeln her?
Und wimmeln dir nicht FischeIn jedem Strom und Teich?Ist nicht dein Waldgebüsche |
20 | An Wild nur allzu reich?
Treibt nicht die WollenherdeAuf deiner weiten Alb?Und nährest du nicht PferdeUnd Rinder allenthalb?
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25 | Hört man nicht fernhin preisenDes Schwarzwalds stämmig Holz?Hast du nicht Salz und EisenUnd selbst ein Körnlein Golds?
Und sind nicht deine Frauen |
30 | So häuslich fromm und treu?Erblüht in deinen GauenNicht Weinsberg ewig neu?
Und sind nicht deine MännerArbeitsam, redlich, schlicht? |
35 | Der Friedenswerke KennerUnd tapfer, wenn man ficht?
Du Land des Korns und Weines,Du segensreich Geschlecht,Was fehlt dir? – All und eines: |
40 | Das alte gute Recht.
4.Gespräch(1816)
«Und immer nur vom alten Recht?Wie du so störrig bist!»Ich bin des A l t e n treuer Knecht,Weil es ein G u t e s ist.
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5 | «Das B e ß r e , nicht das G u t e nurZu rühmen, sei dir Pflicht!»Vom Guten hab ich sichre Spur,Vom Beßren leider! nicht.
«Wenn ich dir's aber weisen kann, |
10 | So merk und trau auf mich!»Ich schwör auf keinen einzeln MannDenn e i n e r bin auch ich.
«Ist weiser Rat dir kein Gewinn,Wo zündest du dein Licht?» |
15 | Ich halt es mit dem schlichten Sinn,Der aus dem Volke spricht.
«Ich sehe, daß du wenig weißtVon Schwung und Schöpferkraft.»Ich lobe mir den stillen Geist, |
20 | Der mählich wirkt und schafft.
«Der echte Geist schwingt sich emporUnd rafft die Zeit sich nach.»Was nicht von innen keimt hervor,Ist in der Wurzel schwach.
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25 | «Du hast das Ganze nicht erfaßt,Der M e n s c h h e i t großen Schmerz.»Du meinst es löblich, doch du hastFür u n s e r Volk kein Herz.
5.An die Volksvertreter(1816)
Schaffet fort am guten WerkeMit Besonnenheit und Stärke!Laßt euch nicht das Lob betören!Laßt euch nicht den Tadel stören!
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5 | Tadeln euch die Überweisen,Die um eigne Sonnen kreisen:Haltet fester nur am echten,Alterprobten einfach Rechten!
Höhnen euch die herzlos Kalten, |
10 | Die Erglühn für Torheit halten:Brennet heißer nur und treuerVon des edlen Eifers Feuer!
Schmähn euch jene, die zum GutenLautern Antrieb nie vermuten: |
15 | Zeigt in desto schönrer KlarheitReinen Sinn für Recht und Wahrheit!
Was ihr Treues uns erwiesen,Sei von uns mit Dank gepriesen!Was ihr ferner werdet bauen, |
20 | Sei erwartet mit Vertrauen!
6.Am 18. Oktober 1816(1816)
Wenn heut ein Geist herniederstiege,Zugleich ein Sänger und ein Held,Ein solcher, der im heil'gen KriegeGefallen auf dem Siegesfeld, |
5 | Der sänge wohl auf deutscher ErdeEin scharfes Lied, wie Schwertesstreich,Nicht so, wie ich es künden werde,Nein, himmelskräftig, donnergleich:
«Man sprach einmal von Festgeläute, |
10 | Man sprach von einem Feuermeer,Doch was das große Fest bedeute,Weiß es denn jetzt noch irgendwer?Wohl müssen Geister niedersteigen,Von heil'gem Eifer aufgeregt, |
15 | Und ihre Wundenmale zeigen,Daß ihr darein die Finger legt.»
Ihr Fürsten! seid zuerst befraget:Vergaßt ihr jenen Tag der Schlacht,An dem ihr auf den Knien laget |
20 | Und huldigtet der höhern Macht?Wenn eure Schmach die Völker lösten,Wenn ihre Treue sie erprobt,So ist's an euch, nicht zu vertrösten,Zu l e i s t e n jetzt, was ihr gelobt.
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25 | Ihr Völker, die ihr v i e l gelitten,Vergaßt auch ihr den schwülen Tag?Das Herrlichste, was ihr erstritten,Wie kommt's, daß es nicht frommen mag?Zermalmt habt ihr die fremden Horden, |
30 | Doch innen hat sich nichts gehellt,Und Freie seid ihr nicht geworden,Wenn ihr das Recht nicht festgestellt
Ihr Weisen! muß man euch berichten,Die ihr doch alles wissen wollt, |
35 | Wie die Einfältigen und SchlichtenFür klares Recht ihr Blut gezollt?Meint ihr, daß in den heißen GlutenDie Zeit, ein Phönix, sich erneut,Nur um die Eier auszubruten, |
40 | Die ihr geschäftig unterstreut?
Ihr Fürstenrät' und HofmarschälleMit trübem Stern auf kalter Brust,Die ihr vom Kampf um Leipzigs WälleWohl gar bis heute nichts gewußt, |
45 | Vernehmt! an diesem heut'gen TageHielt Gott der Herr ein groß Gericht.Ihr aber hört nicht, was ich sage,Ihr glaubt an Geisterstimmen nicht.
Was ich gesollt, hab' ich gesungen, |
50 | Und wieder schwing' ich mich empor;Was meinem Blick sich aufgedrungen,Verkünd' ich dort dem sel'gen Chor:Nicht rühmen kann ich, nicht verdammen,Untröstlich ist's noch allerwärts: |
55 | Doch sah ich manches Auge flammen,Und klopfen hört' ich manches Herz.»
10.Neujahrswunsch 1817(1816)
Wer redlich hält zu seinem Volke,Der wünsch ihm ein gesegnet Jahr!Vor Mißwachs, Frost und HagelwolkeBehüt uns aller Engel Schar! |
5 | Und mit dem bang ersehnten Korne,Und mit dem lang entbehrten Wein,Bring uns dies Jahr in seinem HorneDas alte, gute Recht herein!
Man kann in Wünschen sich vergessen, |
10 | Man wünschet leicht zum Überfluß,Wir aber wünschen nicht vermessen,Wir wünschen, was man wünschen m u ß .Denn soll der Mensch im Leibe leben,So brauchet er sein täglich Brot, |
15 | Und soll er sich zum Geist erheben,So ist ihm seine Freiheit not.
13.Nachruf(1817)
Noch ist kein Fürst so hochgefürstet,So auserwählt kein ird'scher Mann,Daß, wenn die Welt nach Freiheit dürstet,Er sie mit Freiheit tränken kann, |
5 | Daß er allein in seinen HändenDen Reichtum alles Rechtes hält,Um an die Völker auszuspendenSo viel, so wenig ihm gefällt.
Die G n a d e fließet aus vom Throne, |
10 | Das R e c h t ist ein gemeines Gut,Es liegt in jedem Erdensohne,Es quillt in uns wie Herzensblut;Und wann sich Männer frei erhebenUnd treulich schlagen Hand in Hand, |
15 | Dann tritt das innre Recht ins LebenUnd der V e r t r a g gibt ihm Bestand.
Vertrag! es ging auch hierzulandeVon ihm der Rechte Satzung aus,Es knüpfen seine heil'gen Bande |
20 | Den Volksstamm an das Fürstenhaus.Ob einer im Palast geboren,In Fürstenwiege sei gewiegt,Als Herrscher wird ihm erst geschworen,Wenn der Vertrag besiegelt liegt.
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25 | Solch teure Wahrheit ward verfochten,Und überwunden ist sie nicht.Euch, Kämpfer, ist kein Kranz geflochten,Wie der beglückte Sieg ihn flicht;Nein! wie ein Fähnrich, wund und blutig, |
30 | Sein Banner rettet im Gefecht,So blickt ihr, tief gekränkt, doch mutigUnd stolz auf das gewahrte Recht.
Kein Herold wird's den Völkern kündenMit Pauken- und Trommetenschall, |
35 | Und dennoch wird es Wurzel gründenIn deutschen Gauen überall:Daß Weisheit nicht das Recht begraben,Noch Wohlfahrt es ersetzen mag,Daß bei dem biedern Volk in Schwaben |
40 | Das R e c h t besteht und der V e r t r a g !
14.Prolog zu dem Trauerspiel«Ernst Herzog von Schwaben»(1819)
Zur Feier der württembergischen Verfassung wurde am 29. Oktober 1819 auf dem Hof- und Nationaltheater zu Stuttgart das genannte Trauerspid des Verfassers dieser Gedichte mit dem hier abgedruckten Prolog aufgeführt.
Ein ernstes Spiel wird euch vorübergehn,Der Vorhang hebt sich über einer Welt,Die längst hinab ist in der Zeiten Strom,Und Kämpfe, längst schon ausgekämpfte, werden |
5 | Vor euern Augen stürmisch sich erneun.
Zween Männer, edel, bieder, fromm und kühn,Zween Freunde, treu und fest bis in den Tod,Preiswerte Namen deutscher Heldenzeit,Ihr werdet sehn, wie sie, geächtet, irren |
10 | Und, in Verzweiflung fechtend, untergehn.
Das ist der Fluch des unglücksel'gen Landes,Wo Freiheit und Gesetz darniederliegtDaß sich die Besten und die EdelstenVerzehren müssen in fruchtlosem Harm, |
15 | Daß, die fürs Vaterland am reinsten glühn,Gebrandmarkt werden als des Lands VerräterUnd, die noch jüngst des Landes Retter hießen,Sich flüchten müssen an des Fremden Herd.Und während so die beste Kraft verdirbt, |
20 | Erblühen, wuchernd in der Hölle Segen,Gewalttat, Hochmut, Feigheit, Schergendienst.
Wie anders, wenn aus sturmbewegter ZeitGesetz und Ordnung, Freiheit sich und RechtEmporgerungen und sich festgepflanzt! |
25 | Da drängen die, so grollend ferne standen,Sich freihlich wieder in der Bürger Reihn,Da wirket jeder Geist und jede HandBelebend, fordernd für des Ganzen Wohl,Da glänzt der Thron, da lebt die Stadt, da grünt |
30 | Das Feld, da blicken Mämler frei und stolz;Des Fürsten und des Volkes Rechte sindVerwoben, wie sich Ulm und Reb umschlingen,Und für des Heiligtums VerteidigungSteht jeder freudig ein mit Gut und Blut.
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35 | Man rettet gern aus trüber GegenwartSich in das heitere Gebiet der Kunst,Und für die Kränkungen der WirklichkeitSucht man sich Heilung in des Dichters Träumen.Doch heute – wen vielleicht der Bühne Spiel |
40 | Verwundet, der gedenke, sich zum Troste,Welch Fest wir wahr und wirklich heut begehn!Da mag er sehn, für was die Männer sterben.
Noch steigen Götter auf die Erde nieder,Noch treten die Gedanken, die der Mensch |
45 | Die höchsten achtet, in das Leben ein.Ja! mitten in der wildverworrnen ZeitErsteht ein Fürst, vom eignen Geist bewegt,Und reicht hochherzig seinem Volk die HandZum freien Bund der Ordnung und des Rechts. |
50 | Ihr habt's gesehen, Zeugen seid ihr alle,In ihre Tafeln grab es die Geschichte!Heil diesem König, diesem Volke Heil!
15.Wanderung(1834)
Ich nahm den Stab zu wandern,Durch Deutschland ging die Fahrt,Man pries mir ja vor andernDer Deutschen Sinn und Art. |
5 | Dem Lande blieb ich ferne,Wo die Orangen glühn;Erst kennt ich jenes gerne,Wo die Kartoffeln blühn.
Ich kam zum Fürstenhofe |
10 | Wo man die Künste kränzt,Wo Prunksaal und AlkoveVon Götterbildern glänzt.Ein Baum, der nicht im grobenVolksboden sich genährt, |
15 | Nein einer, der nach obenSogar die Wurzeln kehrt!
Ich ging zur Hohenschule,Da schöpft ich reines Licht,Wo vom Prophetenstuhle |
20 | Die wahre Freiheit spricht;Wo uns der Meister täglichDen innern Sinn befreit,Indes ihm selbst erträglichDer ird'sche I.eib gedeiht.
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25 | Ich schritt zum Sängerwalde,Da sucht ich Lebenshauch;Da saß ein edler SkaldeUnd pflückt' am Lorbeerstrauch;Nicht hatt er Zeit, zu achten |
30 | Auf eines Volkes Schmerz,Er konnte nur betrachtenS e i n groß, zerrissen Herz.
Ich ging zur Tempelhalle,Da hört ich christlich Recht |
35 | Hier innen Brüder alle,Da draußen Herr und Knecht!Der Festesrede GiebelWar: duck dich! schweig dabei!Als ob die ganze Bibel |
40 | E i n Buch der Kön'ge sei.
Ich kam zum Bürgerhause,Gern denk ich dran zurück,Fern vom ParteigebrauseBlüht Tugend hier und Glück. |
45 | Lebt häuslich fort wie heute!Bald wird vom Belt zum RheinE i n Haus voll guter Leute,Ja! ein Gutleuthaus sein.
Ich ging zum Hospitale, |
50 | Da fand ich alles nett,Viel Grütz und Kraut zum MahleUnd reinlich Krankenbett;Auch sorgt ein schön ErbarmenFür manch verwahrlost Kind. |
55 | Wer denkt des Volks von Armen,Die altverwahrlost sind?
Ich saß im Ständesaale,Da schlief ich ein und träumt,Ich sei noch im Spitale, |
60 | Den ich doch längst geräumt.Ein Mann, der dort im Fieber,Im kalten Fieber lag,Er rief: nur nichts, mein Lieber,Nur nichts vom Bundestag!
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65 | Ich mischte mich zum Volke,Das nach dem Festplatz zog,Wo durch die StaubeswolkeManch dürrer Renner flog;Da lernt es, daß die Eile |
70 | Den Reiter überstürztUnd daß man gut die WeileMit Wurst und Bier sich kürzt.
Ein Adler, flügelstrebend,War Reichspanier hievor, |
75 | Ich sah ihn noch, wie lebend,Zu Nürnberg an dem Tor.Jetzt fliegt man nicht zum Zwecke,Der Wahlspruch ist: Gott geb's!Das Wappen ist die Schnecke, |
80 | Schildhalter ist der Krebs.
Als ich mir d a s entnommen,Kehrt ich den Stab nach Haus;Wann einst das Heil gekommen,Dann reis ich wieder aus: |
85 | Wohl werd ich's nicht erleben,Doch an der Sehnsucht HandAls Schatten noch durchschwebenMein freies Vaterland. |