Karl Simrock
1802 - 1876
Das Nibelungenlied
Viertes Abenteuer
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Wie Siegfried mit den Sachsen stritt.
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144 | Da kamen fremde Mären | in König Gunthers LandDurch Boten aus der Ferne | ihnen zugesandtVon unbekannten Recken, | die ihnen trugen HaßAls sie die Rede hörten, | gar sehr betrübte sie das. |
145 | Die will ich euch nennen: | es war LüdegerAus der Sachsen Lande, | ein mächtger König hehr;Dazu vom Dänenlande | der König Lüdegast:Die gewannen zu dem Kriege | gar manchen herrlichen Gast. |
146 | Ihre Boten kamen | in König Gunthers Land,Die seine Widersacher | hatten hingesandt.Da frug man um die Märe | die Unbekannten gleichUnd führte bald die Boten | zu Hofe vor den König reich. |
147 | Schön grüßte sie der König und sprach: | «Seid willkommen!Wer euch hieher gesendet, | hab ich noch nicht vernommen:Das sollt ihr hören laßen,» | sprach der König gut.Da bangten sie gewaltig | vor des grimmen Gunther Muth. |
148 | «Wollt ihr uns, Herr, erlauben, | daß wir euch BerichtVon unsrer Märe sagen, | wir hehlen sie euch nicht.Wir nennen euch die Herren, | die uns hieher gesandt:Lüdegast und Lüdeger | die suchen heim euer Land. |
149 | Ihren Zorn habt ihr verdienet: | wir vernahmen dasGar wohl, die Herren tragen | euch beide großen Haß.Sie wollen heerfahrten | gen Worms an den Rhein;Ihnen helfen viel der Degen: | laßt euch das zur Warnung sein. |
150 | «Binnen zwölf Wochen | muß ihre Fahrt geschehn;Habt ihr nun guter Freunde, | so laßt es bald ersehn,Die euch befrieden helfen | die Burgen und das Land:Hier werden sie verhauen | manchen Helm und Schildesrand. |
151 | «Oder wollt ihr unterhandeln, | so macht es offenbar;So reitet euch so nahe | nicht gar manche ScharEurer starken Feinde | zu bitterm Herzeleid,Davon verderben müßen | viel der Ritter kühn im Streit.» |
152 | «Nun harrt eine Weile | (ich künd euch meinen Muth),Bis ich mich recht bedachte,» | sprach der König gut.«Hab ich noch Getreue, | denen will ichs sagen,Diese schwere Botschaft | muß ich meinen Freunden klagen.» |
153 | Dem mächtigen Gunther | war es leid genug;Den Botenspruch er heimlich | in seinem Herzen trug.Er hieß berufen Hagen | und Andr' in seinem LehnUnd hieß auch gar geschwinde | zu Hof nach Gernoten gehn. |
154 | Da kamen ihm die Besten, | so viel man deren fand.Er sprach: «Die Feinde wollen | heimsuchen unser LandMit starken Heerfahrten; | das sei euch geklagt.Es ist gar unverschuldet, | daß sie uns haben widersagt.» |
155 | «Dem wehren wir mit Schwertern,» | sprach da Gernot,«Da sterben nur, die müßen: | die laßet liegen todt.Ich werde nicht vergeßen | darum der Ehre mein:Unsre Widersacher | sollen uns willkommen sein.» |
156 | Da sprach von Tronje Hagen: | «Das dünkt mich nicht gut; |Lüdegast und Lüdeger | sind voll Uebermuth.Wir können uns nicht sammeln | in so kurzen Tagen,»So sprach der kühne Recke: | «ihr sollt es Siegfrieden sagen.» |
157 | Da gab man den Boten | Herbergen in der Stadt.Wie feind sie ihnen waren, | sie gut zu pflegen batGunther der reiche, | das war wohlgethan,Bis er erprobt an Freunden, | wer ihm zu Hülfe zög heran. |
158 | Der König trug im Herzen | Sorge doch und Leid.Da sah ihn also trauern | ein Ritter allbereit,Der nicht wißen konnte, | was ihm war geschehn:Da bat er König Gunthern, | ihm den Grund zu gestehn. |
159 | «Mich nimmt höchlich Wunder,» | sprach da Siegfried,«Wie die frohe Weise | so völlig von euch schied,Deren ihr so lange | mit uns mochtet pflegen.»Zur Antwort gab ihm Gunther, | dieser zierliche Degen: |
160 | «Wohl mag ich allen Leuten | nicht von dem Leide sagen,Das ich muß verborgen | in meinem Herzen tragen:Stäten Freunden klagen | soll man des Herzens Noth.»Siegfriedens Farbe | ward da bleich und wieder roth. |
161 | Er sprach zu dem Könige: | «Was blieb euch je versagt?Ich will euch wenden helfen | das Leid, das ihr klagt.Wollt ihr Freunde suchen, | so will ich einer seinUnd getrau es zu vollbringen | mit Ehren bis ans Ende mein.» |
162 | «Nun lohn euch Gott, Herr Siegfried, | die Rede dünkt mich gut;Und kann mir auch nicht helfen | eure Kraft und hoher Muth,So freut mich doch die Märe, | daß ihr so hold mir seid:Leb ich noch eine Weile, | ich vergelt es mit der Zeit. |
163 | Ich will euch hören laßen, | was mich traurig macht.Von Boten meiner Feinde | ward mir hinterbracht,Mit Heerfahrten kämen | sie mich zu suchen hie:Das geschah uns von Degen | in diesen Landen noch nie.» |
164 | «Das laßt euch nicht betrüben,» | sprach da Siegfried,«Sänftet eur Gemüthe | und thut, wie ich euch rieth:Laßt mich euch erwerben | Ehre so wie Frommen,Bevor eure Feinde | her zu diesen Landen kommen. |
165 | «Und hätten dreißigtausend | Helfer sich ersehnEure starken Feinde, | doch wollt ich sie bestehn,Hätt ich auch selbst nur tausend: | verlaßt euch auf mich.»Da sprach der König Gunther: | «Das verdien ich stäts um dich.» |
166 | «So heißt mir eurer Leute | gewinnen tausend Mann,Da ich von den Meinen | nicht mehr hier stellen kannAls der Recken zwölfe; | so wehr ich euer Land.Immer soll getreulich | euch dienen Siegfriedens Hand. |
167 | «Dazu soll Hagen helfen | und auch Ortewein,Dankwart und Sindold, | die lieben Recken dein.Auch soll da mit uns reiten | Volker der kühne Mann:Der soll die Fahne führen: | keinen Beßern trefft ihr an. |
168 | «Und laßt die Boten reiten heim | in ihrer Herren Land;Daß sie uns bald da sehen, | macht ihnen das bekannt,So daß unsre Burgen | befriedet mögen sein.»Der König hieß besenden | Freund und Mannen insgemein. |
169 | Zu Hofe giengen wieder | Die Lüdeger gesandt;Sie freuten sich der Reise | zurück ins Heimatland.Ihnen bot da reiche Gabe | Gunther der König gutUnd sicheres Geleite: | des waren sie wohlgemuth. |
170 | «Nun sagt,» sprach da Gunther, | «meinen starken Feinden an,Ihre Reise bliebe | beßer ungethan;Doch wollten sie mich suchen | hier in meinem Land,Wir zerrännen denn die Freunde, | ihnen werde Noth bekannt.» |
171 | Den Boten reiche Gaben | man da zur Stelle trug:Deren hatte Gunther | zu geben genug.Das durften nicht verschmähen | Die Lüdeger gesandt.Sie baten um Urlaub | und räumten fröhlich das Land. |
172 | Als die Boten waren | gen Dänemark gekommen,Und der König Lüdegast | den Bericht vernommen,Was sie am Rhein geredet, | als das ihm ward gesagt,Seine übermüthge Botschaft | ward da bereut und beklagt. |
173 | Sie sagten ihm, sie hätten | manch kühnen Mann im Lehn:«Darunter sah man Einen | vor König Gunthern stehn,Der war geheißen Siegfried, | ein Held aus Niederland.»Leid wars Lüdegasten, | als er die Dinge so befand. |
174 | Als Die vom Dänenlande | hörten diese Mär,Da eilten sie, der Helfer | zu gewinnen desto mehr,Bis der König Lüdegast | zwanzigtausend MannSeiner kühnen Degen | zu seiner Heerfahrt gewann. |
175 | Da besandte sich von Sachsen | auch König Lüdeger,Bis sie vierzigtausend | hatten und wohl mehr,Die mit ihnen ritten | gen Burgundenland.Da hatt auch schon zu Hause | der König Gunther gesandt |
176 | Zu seinen nächsten Freunden | und seiner Brüder Heer,Womit sie fahren wollten | im Kriegszug einher,Und auch mit Hagens Recken: | das that den Helden Noth.Darum musten Degen | bald erschauen den Tod. |
177 | Sie schickten sich zur Reise; | sie wollten nun hindann. |Die Fahne muste führen | Volker der kühne Mann,Da sie reiten wollten | von Worms über Rhein;Hagen von Tronje | der muste Scharmeister sein. |
178 | Mit ihnen ritt auch Sindold | und der kühne Hunold,Die wohl verdienen konnten | reicher Könge Gold.Dankwart, Hagens Bruder, | und auch OrteweinDie mochten wohl mit Ehren | bei dem Heerzuge sein. |
179 | «Herr König,» sprach da Siegfried, | «bleibet ihr zu Haus:Da mir eure Degen | folgen zu dem Strauß,So weilt bei den Frauen | und tragt hohen Muth:Ich will euch wohl behüten | die Ehre so wie das Gut. |
180 | «Die euch heimsuchen wollten | zu Worms an dem Rhein,Will euch davor bewahren, | daß sie euch schädlich sei'n:Wir wollen ihnen reiten | so nah ins eigne Land,Daß ihnen bald in Sorge | der Uebermuth wird gewandt.» |
181 | Vom Rheine sie durch Hessen | mit ihren Helden rittenNach dem Sachsenlande: | da wurde bald gestritten.Mit Raub und mit Brande | verheerten sie das Land,Daß bald den Fürsten beiden | ward Noth und Sorge bekannt. |
182 | Sie kamen an die Marke; | die Knechte rückten an.Siegfried der starke | zu fragen da begann:«Wer soll nun der Hüter | des Gesindes sein?»Wohl konnte nie den Sachsen | ein Heerzug übler gedeihn. |
183 | Sie sprachen: «Laßt der Knappen | hüten auf den WegenDankwart den kühnen, | das ist ein schneller Degen:Wir verlieren desto minder | durch Die in Lüdgers Lehn;Laßt ihn mit Ortweinen | hie die Nachhut versehn.» |
184 | «So will ich selber reiten,» | sprach Siegfried der Degen,«Den Feinden gegenüber | der Warte zu pflegen,Bis ich recht erkunde, | wo die Recken sind.»Da stand bald in den Waffen | der schönen Siegelinde Kind. |
185 | Das Volk befahl er Hagen, | als er zog hindann,Ihm und Gernoten, | diesem kühnen Mann.So ritt er hin alleine | in der Sachsen Land,Wo er die rechte Märe | wohl bald mit Ehren befand. |
186 | Er sah ein groß Geschwader, | das auf dem Felde zog,Und die Kraft der Seinen | gewaltig überwog:Es waren vierzigtausend | oder wohl noch mehr.Siegfried in hohem Muthe | sah gar fröhlich das Heer. |
187 | Da hatte sich ein Recke | auch aus der Feinde ScharErhoben auf die Warte, | der wohl gewappnet war:Den sah der Degen Siegfried | und ihn der kühne Mann;Jedweder auf den andern | mit Zorn zu blicken begann. |
188 | Ich sag euch, wer der wäre, | der hier der Warte pflag;Ein lichter Schild von Golde | ihm vor der Linken lag.Es war der König Lüdegast, | der hütete sein Heer.Der edle Fremdling sprengte | herrlich wider ihn einher. |
189 | Nun hatt auch ihn Herr Lüdegast | sich feindlich erkoren:Ihre Rosse reizten Beide | zur Seite mit den Sporen;Sie neigten auf die Schilde | mit aller Macht den Schaft:Da kam der hehre König | darob in großer Sorgen Haft. |
190 | Dem Stich gehorsam trugen | die Rosse pfeilgeschwindDie Könige zusammen, | als wehte sie der Wind;Dann mit den Zäumen wandten | sie ritterlich zurück:Die grimmen Zwei versuchten | da mit dem Schwerte das Glück. |
191 | Da schlug der Degen Siegfried, | das Feld erscholl umher.Aus dem Helme stoben, | als obs von Bränden wär,Die feuerrothen Funken | von des Helden Hand;Da stritt mit großen Kräften | der kühne Vogt von Niederland. |
192 | Auch ihm schlug Herr Lüdegast | manch grimmen Schlag;Jedweder auf dem Schilde | mit ganzer Stärke lag.Da hatten es wohl dreißig | erspäht aus seiner Schar:Eh die ihm Hülfe brachten, | der Sieg doch Siegfrieden war |
193 | Mit drei starken Wunden, | die er dem König schlugDurch einen lichten Harnisch; | der war doch fest genug.Das Schwert mit seiner Schärfe | entlockte Wunden Blut;Da gewann König Lüdegast | einen traurigen Muth. |
194 | Er bat ihn um sein Leben | und bot ihm all sein LandUnd sagt' ihm, er wäre | Lüdegast genannt.Da kamen seine Recken: | die hatten wohl gesehn,Was da von ihnen beiden | auf der Warte war geschehn. |
195 | Er führt' ihn gern von dannen: | da ward er angeranntVon dreißig seiner Mannen; | doch wehrte seine HandSeinen edeln Geisel | mit ungestümen Schlägen.Bald that noch größern Schaden | dieser zierliche Degen. |
196 | Die Dreißig zu Tode | wehrlich er schlug;Ihrer Einen ließ er leben: | der ritt da schnell genugUnd brachte hin die Märe | von dem, was hier geschehn;Auch konnte man die Wahrheit | an seinem rothen Helme sehn. |
197 | Gar leid wars den Recken | aus dem Dänenland,Als ihres Herrn Gefängniss | ihnen ward bekannt.Man sagt' es seinem Bruder: | der fieng zu toben anIn ungestümem Zorne: | ihm war gar wehe gethan. |
198 | Lüdegast der König | war hinweggebrachtZu Gunthers Ingesinde | von Siegfrieds Uebermacht.Er befahl ihn Hagen: | der kühne Recke gut,Als er vernahm die Märe, | da gewann er fröhlichen Muth. |
199 | Man gebot den Burgunden: | «Die Fahne bindet an.»«Wohlauf,» sprach da Siegfried, | «hier wird noch mehr gethanVor Abendzeit, verlier ich | Leben nicht und Leib:Das betrübt im Sachsenlande | noch manches waidliche Weib. |
200 | «Ihr Helden vom Rheine, | ihr sollt mein nehmen wahr:Ich kann euch wohl geleiten | zu Lüdegers Schar.Da seht ihr Helme hauen | von guter Helden Hand:Eh wir uns wieder wenden, | wird ihnen Sorge bekannt.» |
201 | Zu den Rossen sprangen Gernot | und Die ihm unterthan.Die Heerfahne faßte | der kühne Spielmann,Volker der Degen, | und ritt der Schar vorauf.Da war auch das Gesinde | zum Streite muthig und wohlauf. |
202 | Sie führten doch der Degen | nicht mehr denn tausend Mann,Darüber zwölf Recken. | Zu stieben da begannDer Staub von den Straßen: | sie ritten über Land;Man sah von ihnen scheinen | manchen schönen Schildesrand. |
203 | Nun waren auch die Sachsen | gekommen und ihr HeerMit Schwertern wohlgewachsen; | die Klingen schnitten sehr,Das hab ich wohl vernommen, | den Helden an der Hand:Da wollten sie die Gäste | von Burgen wehren und Land. |
204 | Der Herren Scharmeister | führten das Volk heran.Da war auch Siegfried kommen | mit den zwölf Mann,Die er mit sich führte | aus dem Niederland.Des Tags sah man im Sturme | manche blutige Hand. |
205 | Sindold und Hunold | und auch GernotDie schlugen in dem Streite | viel der Helden todt,Eh sie ihrer Kühnheit | noch selber mochten traun:Das musten bald beweinen | viel der waidlichen Fraun. |
206 | Volker und Hagen | und auch OrtweinLeschten in dem Streite | manches Helmes ScheinMit fließendem Blute, | die Kühnen in der Schlacht.Von Dankwarten wurden | viel große Wunder vollbracht. |
207 | Da versuchten auch die Dänen | waidlich ihre Hand;Von Stößen laut erschallte | mancher SchildesrandUnd von den scharfen Schwertern, | womit man Wunden schlug.Die streitkühnen Sachsen | thaten Schadens auch genug. |
208 | Als die Burgunden | drangen in den Streit,Von ihnen ward gehauen | manche Wunde weit:Ueber die Sättel fließen | sah man das Blut;So warben um die Ehre | diese Ritter kühn und gut. |
209 | Man hörte laut erhallen | den Helden an der HandIhre scharfen Waffen, | als Die von NiederlandIhrem Herrn nachdrangen | in die dichten Reihn;Die zwölfe kamen ritterlich | zugleich mit Siegfried hinein. |
210 | Deren vom Rheine | kam ihnen Niemand nach.Man konnte fließen sehen | den blutrothen BachDurch die lichten Helme | von Siegfriedens Hand,Eh er Lüdegeren | vor seinen Heergesellen fand. |
211 | Dreimal die Kehre | hat er nun genommenBis an des Heeres Ende; | da war auch Hagen kommen:Der half ihm wohl vollbringen | im Kampfe seinen Muth.Da muste bald ersterben | vor ihnen mancher Ritter gut. |
212 | Als der starke Lüdeger | Siegfrieden fand,Wie er so erhaben | trug in seiner HandBalmung den guten | und da so Manchen schlug,Darüber ward der Kühne | vor Zorn ingrimmig genug. |
213 | Da gab es stark Gedränge | und lauten Schwerterklang,Wo ihr Ingesinde | auf einander drang.Da versuchten desto heftiger | die beiden Recken sich;Die Scharen wichen beide: | der Kämpen Haß ward fürchterlich. |
214 | Dem Vogt vom Sachsenlande | war es wohl bekannt,Sein Bruder sei gefangen: | drum war er zornentbrannt;Nicht wust er, ders vollbrachte, | sei der Sieglindensohn.Man zeihte des Gernoten; | hernach befand er es schon. |
215 | Da schlug so starke Schläge | Lüdegers Schwert,Siegfrieden unterm Sattel | niedersank das Pferd;Doch bald erhob sichs wieder: | der kühne Siegfried auchGewann jetzt im Sturme | einen furchtbaren Brauch. |
216 | Dabei half ihm Hagen | wohl und Gernot,Dankwart und Volker: | da lagen Viele todt.Sindold und Hunold | und Ortwein der DegenDie konnten in dem Streite | zum Tode Manchen niederlegen. |
217 | Untrennbar im Kampfe | waren die Fürsten hehr.Ueber die Helme fliegen | sah man manchen SperDurch die lichten Schilde | von der Helden Hand;Auch ward von Blut geröthet | mancher herrliche Rand. |
218 | In dem starken Sturme | sank da mancher MannVon den Rossen nieder. | Einander rannten anSiegfried der kühne | und König Lüdeger;Man sah da Schäfte fliegen | und manchen schneidigen Sper. |
219 | Der Schildbeschlag des Königs | zerstob vor Siegfrieds Hand.Sieg zu erwerben dachte | der Held von NiederlandAn den kühnen Sachsen; | die litten Ungemach.Hei! was da lichte Panzer | der kühne Dankwart zerbrach! |
220 | Da hatte König Lüdeger | auf einem Schild erkanntEine gemalte Krone | vor Siegfriedens Hand:Da sah er wohl, es wäre | der kraftreiche Mann.Laut auf zu seinen Freunden | der Held zu rufen begann: |
221 | «Begebt euch des Streites, | ihr all mir unterthan!Den Sohn König Siegmunds | traf ich hier an,Siegfried den starken | hab ich hier erkannt;Den hat der üble Teufel | her zu den Sachsen gefandt.» |
222 | Er gebot die Fahnen | zu senken in dem Streit.Friedens er begehrte: | der ward ihm nach der Zeit;Doch must er Geisel werden | in König Gunthers Land:Das hatt an ihm erzwungen | des kühnen Siegfriedes Hand. |
223 | Nach allgemeinem Rathe | ließ man ab vom Streit.Viel zerschlagner Helme | und der Schilde weitLegten sie aus Händen; | so viel man deren fand,Die waren blutgeröthet | von der Burgunden Hand. |
224 | Sie fiengen, wen sie wollten: | sie hatten volle Macht.Gernot und Hagen, | die schnellen, hatten Acht,Daß man die Wunden bahrte; | da führten sie hindannGefangen nach dem Rheine | der Kühnen fünfhundert Mann. |
225 | Die sieglosen Recken | zum Dänenlande ritten.Da hatten auch die Sachsen | so tapfer nicht gestritten,Daß man sie loben sollte: | das war den Helden leid.Da beklagten ihre Freunde | die Gefallnen in dem Streit. |
226 | Sie ließen ihre Waffen | aufsäumen nach dem Rhein.Es hatte wohl geworben | mit den Gefährten seinSiegfried der starke | und hatt es gut vollbracht:Das must ihm zugestehen | König Gunthers ganze Macht. |
227 | Gen Worms sandte Boten | der König Gernot:Daheim in seinem Lande | den Freunden er entbot,Wie ihm gelungen wäre | und all seinem Lehn:Es war da von den Kühnen | nach allen Ehren geschehn. |
228 | Die Botenknaben liefen; | so ward es angesagt.Da freuten sich in Liebe, | die eben Leid geklagt,Dieser frohen Märe, | die ihnen war gekommen.Da ward von edlen Frauen | großes Fragen vernommen, |
229 | Wie es den Herrn gelungen | wär in des Königs Heer.Man rief der Boten Einen | zu Kriemhilden her.Das geschah verstohlen, | sie durfte es wohl nicht laut:Denn Einer war darunter, | dem sie längst ihr Herz vertraut. |
230 | Als sie in ihre Kammer | den Boten kommen sah,Kriemhild die schöne | gar gütlich sprach sie da:«Nun sag mir liebe Märe, | so geb ich dir mein Gold,Und thust dus ohne Trügen, | will ich dir immer bleiben hold. |
231 | «Wie schied aus dem Streite | mein Bruder GernotUnd meine andern Freunde? | Blieb uns nicht Mancher todt?Wer that da das Beste? | das sollst du mir sagen»Da sprach der biedre Bote: | «Wir hatten nirgend einen Zagen. |
232 | «Zuvorderst in dem Streite | ritt Niemand so wohl,Hehre Königstochter, | wenn ich es sagen soll,Als der edle Fremdling | aus dem Niederland:Da wirkte große Wunder | des kühnen Siegfriedes Hand. |
233 | «Was von den Recken allen | im Streit da geschehn,Dankwart und Hagen | und des Königs ganzem Lehn,Wie wehrlich sie auch stritten, | das war doch wie ein WindNur gegen Siegfrieden, | König Siegmundens Kind. |
234 | «Sie haben in dem Sturme | der Helden viel erschlagen;Doch möcht euch dieser Wunder | ein Ende Niemand sagen,Die da Siegfried wirkte, | ritt er in den Streit.Den Fraun an ihren Freunden | that er mächtiges Leid. |
235 | «Auch muste vor ihm fallen | der Friedel mancher Braut.Seine Schläge schollen | auf Helmen also laut,Daß sie aus Wunden brachten | das fließende Blut:Er ist in allen Dingen | ein Ritter kühn und auch gut. |
236 | «Da hat auch viel begangen | von Metz Herr Ortewein:Was er nur mocht erlangen | mit dem Schwerte sein,Das fiel vor ihm verwundet | oder meistens todt.Da schuf euer Bruder | die allergrößeste Noth, |
237 | «Die jemals in Stürmen | mochte sein geschehn;Man muß dem Auserwählten | die Wahrheit zugestehn.Die stolzen Burgunden | bestanden so die Fahrt,Daß sie vor allen Schanden | die Ehre haben bewahrt. |
238 | «Man sah von ihren Händen | der Sättel viel geleert,Als so laut das Feld erhallte | von manchem lichten Schwert.Die Recken vom Rheine | die ritten allezeit,Daß ihre Feinde beßer | vermieden hätten den Streit. |
239 | «Auch die kühnen Tronjer | schufen großes Leid,Als mit Volkskräften | das Heer sich traf im Streit.Da schlug so Manchen nieder des kühnen Hagen Hand,Es wäre viel zu sagen | davon in der Burgunden Land. |
240 | «Sindold und Hunold | in Gernotens HeerUnd Rumold der kühne | schufen so viel Beschwer,König Lüdger mag es | beklagen allezeit,Daß er meine Herren | am Rhein berief in den Streit. |
241 | «Kampf, den allerhöchsten, | der irgend da geschah,Vom Ersten bis zum Letzten, | den Jemand nur sah,Hat Siegfried gefochten | mit wehrlicher Hand:Er bringt reiche Geisel | her in König Gunthers Land. |
242 | «Die zwang mit seinen Kräften | der streitbare Held,Wovon der König Lüdegast | den Schaden nun behältUnd vom Sachsenlande | sein Bruder Lüdeger.Nun hört meine Märe, | viel edle Königin hehr! |
243 | «Gefangen hat sie beide | Siegfriedens Hand:Nie so mancher Geisel | kam in dieses Land,Als nun seine Kühnheit | bringt an den Rhein.»Ihr konnten diese Mären | nicht willkommener sein. |
244 | «Man führt der Gesunden | fünfhundert oder mehrUnd der zum Sterben Wunden, | wißt, Königin hehr,Wohl achtzig blutge Bahren | her in unser Land:Die hat zumeist verhauen | des kühnen Siegfriedes Hand. |
245 | «Die uns im Uebermuthe | widersagten hier am Rhein,Die müßen nun Gefangene | König Gunthers sein;Die bringt man mit Freuden | her in dieses Land.»Ihre lichte Farb erblühte, | als ihr die Märe ward bekannt. |
246 | Ihr schönes Antlitz wurde | vor Freuden rosenroth,Da lebend war geschieden | aus so großer NothDer waidliche Recke, | Siegfried der junge Mann.Sie war auch froh der Freunde | und that wohl weislich daran. |
247 | Die Schöne sprach: «Du machtest | mir frohe Mär bekannt: |Ich laße dir zum Lohne | geben reich Gewand,Und zehn Mark von Golde | heiß ich dir tragen.»Drum mag man solche Botschaft | reichen Frauen gerne sagen. |
248 | Man gab ihm zum Lohne | das Gold und auch das Kleid.Da trat an die Fenster | manche schöne MaidUnd schaute nach der Straße, | wo man reiten fandViel hochherzge Degen | in der Burgunden Land. |
249 | Da kamen die Gesunden, | der Wunden Schar auch kam:Die mochten grüßen hören | von Freunden ohne Scham.Der Wirth ritt seinen Gästen | entgegen hocherfreut:Mit Freuden war beendet | all sein mächtiges Leid. |
250 | Da empfieng er wohl die Seinen, | die Fremden auch zugleich,Wie es nicht anders ziemte | dem Könige reich,Als denen gütlich danken, | die da waren kommen,Daß sie den Sieg mit Ehren | im Sturme hatten genommen. |
251 | Herr Gunther ließ sich Kunde | von seinen Freunden sagen,Wer ihm auf der Reise | zu Tode wär erschlagen,Da hatt er nicht verloren | mehr als sechzig Mann;Die muste man verschmerzen, | wie man noch Manchen gethan. |
252 | Da brachten die Gesunden | zerhauen manchen RandUnd viel zerschlagener Helme | in König Gunthers Land.Das Volk sprang von den Rossen | vor des Königs Saal;Zu liebem Empfange | vernahm man fröhlichen Schall. |
253 | Da gab man Herbergen | den Recken in der Stadt.Der König seine Gäste | wohl zu verpflegen bat;Die Wunden ließ er hüten | und warten fleißiglich.Wohl zeigte seine Milde | auch an seinen Feinden sich. |
254 | Er sprach zu Lüdegeren: | «Nun seid mir willkommen!Ich bin zu großem Schaden | durch eure Schuld gekommen:Der wird mir nun vergolten, | wenn ich das schaffen kann.Gott lohne meinen Freunden: | sie haben wohl an mir gethan.» |
255 | «Wohl mögt ihr ihnen danken,» | sprach da Lüdeger,«Solche hohe Geisel | gewann kein König mehr.Um ritterlich Gewahrsam | bieten wir großes GutUnd bitten, daß ihr gnädiglich | an euern Widersachern thut.» |
256 | «Ich will euch,» sprach er, «Beide | ledig laßen gehn;Nur daß meine Feinde | hier bei mir bestehn,Dafür verlang ich Bürgschaft, | damit sie nicht mein LandRäumen ohne Frieden.» | Darauf boten sie die Hand. |
257 | Man brachte sie zur Ruhe, | wo man sie wohl verpflag.Und bald auf guten Betten | mancher Wunde lag.Man schenkte den Gesunden | Meth und guten Wein;Da konnte das Gesinde | nicht wohl fröhlicher sein. |
258 | Die zerhaunen Schilde | man zum Verschluße trug;Blutgefärbter Sättel | sah man da genug.Die ließ man verbergen, | so weinten nicht die Fraun.Da waren reisemüde | viel gute Ritter zu schaun. |
259 | Seiner Gäste pflegen | hieß der König wohl;Von Heimischen und Fremden | lag das Land ihm voll;Er ließ die Fährlichwunden | gütlich verpflegen:Wie hart war darnieder | nun ihr Uebermuth gelegen! |
260 | Die Arzneikunst wusten, | denen bot man reichen Sold,Silber ungewogen, | dazu das lichte Gold,Wenn sie die Helden heilten | nach des Streites Noth.Dazu viel große Gaben | der König seinen Gästen bot. |
261 | Wer wieder heimzureisen | sann in seinem Muth,Den bat man noch zu bleiben, | wie man mit Freunden thut.Der König gieng zu Rathe, | wie er lohne seinem Lehn:Durch sie war sein Wille | nach allen Ehren geschehn. |
262 | Da sprach der König Gernot: | «Laßt sie jetzt hindann;Ueber sechs Wochen, | das kündigt ihnen an,Sollten sie wiederkehren | zu einem Hofgelag:Heil ist dann wohl Mancher, | der jetzt schwer verwundet lag.» |
263 | Da bat auch um Urlaub | Siegfried von Niederland.Als dem König Gunther | sein Wille ward bekannt,Bat er ihn gar minniglich, | noch bei ihm zu bestehn;Wenn nicht um seine Schwester, | so wär es nimmer geschehn. |
264 | Dazu war er zu mächtig, | daß man ihm böte Sold,So sehr er es verdiente. | Der König war ihm holdUnd all seine Freunde, | die das mit angesehn,Was da von seinen Händen | war im Streite geschehn. |
265 | Er dachte noch zu bleiben | um die schöne Maid;Vielleicht, daß er sie sähe. | Das geschah auch nach der Zeit:Wohl nach seinem Wunsche | ward sie ihm bekannt.Dann ritt er reich an Freuden | heim in seines Vaters Land. |
266 | Der Wirth bat alle Tage | des Ritterspiels zu pflegen;Das that mit gutem Willen | mancher junge Degen.Auch ließ er Sitz' errichten | vor Worms an dem StrandFür Die da kommen sollten | in der Burgunden Land. |
267 | Nun hatt auch in den Tagen, | als sie sollten kommen,Kriemhild die schöne | die Märe wohl vernommen,Er stell ein Hofgelage | mit lieben Freunden an.Da dachten schöne Frauen | mit großem Fleiße daran, |
268 | Gewand und Band zu suchen, das sie wollten tragen.Ute die reiche | vernahm die Märe sagenVon den stolzen Recken, | die da sollten kommen:Da wurden aus dem Einschlag | viele reiche Kleider genommen. |
269 | Ihrer Kinder halb bereiten | ließ sie Rock und Kleid,Womit sich da zierten | viel Fraun und manche MaidUnd viel der jungen Recken | aus Burgundenland.Sie ließ auch manchem Fremden | bereiten herrlich Gewand. |