Heinrich von Kleist
1777 - 1811
Der zerbrochne Krug,ein Lustspiel
Scene: Die Gerichtsstube
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Zwölfter Auftritt.
Die Vorigen, (ohne Adam. –Sie begeben sich alle in den Vordergrund der Bühne).
Ruprecht.Ei, Evchen! | |
[140] | Wie hab ich heute schändlich dich beleidigt! |
1910 | Ei Gott's Blitz, alle Wetter; und wie gestern!Ei, du mein goldnes Mädchen, Herzens=Braut!Wirst du dein Lebtag mir vergeben können?Eve (wirft sich dem Gerichtsrath zu Füßen).Herr! Wenn ihr jetzt nicht helft, sind wir verloren!Walter.Verloren? Warum das?Ruprecht.Herr Gott! Was giebt's?Eve. |
1915 | Errettet Ruprecht von der Conscription!Denn diese Conscription – der Richter AdamHat mir's als ein Geheimniß anvertraut,Geht nach Ostindien; und von dort, ihr wißt,Kehrt von drei Männern Einer nur zurück!Walter. |
1920 | Was! Nach Ostindien! Bist du bei Sinnen?Eve.Nach Bantam, gnäd'ger Herr; verläugnet's nicht!Hier ist der Brief, die stille heimlicheInstruction, die Landmiliz betreffend,Die die Regierung jüngst deshalb erließ: |
1925 | Ihr seht, ich bin von Allem unterrichtet. |
[141] | Walter (nimmt den Brief und liest ihn).O unerhört, arglistiger Betrug! –Der Brief ist falsch!Eve.Falsch?Walter.Falsch, so wahr ich lebe!Herr Schreiber Licht, sagt selbst, ist das die Ordre,Die man aus Utrecht jüngst an euch erließ?Licht. |
1930 | Die Ordre! Was! Der Sünder, der! Ein Wisch,Den er mit eignen Händen aufgesetzt! –Die Truppen, die man anwarb, sind bestimmtZum Dienst im Landesinneren; kein MenschDenkt dran, sie nach Ostindien zu schicken!Eve. |
1935 | Nein, nimmermehr, ihr Herrn?Walter.Bei meiner Ehre!Und zum Beweise meines Worts: den Ruprecht,Wär's so, wie du mir sagst: ich kauf' ihn frei!Eve (steht auf).O Himmel! Wie belog der Böswicht mich!Denn mit der schrecklichen Besorgniß eben, |
1940 | Quält' er mein Herz, und kam, zur Zeit der Nacht,Mir ein Attest für Ruprecht aufzudringen; |
[142] | Bewies, wie ein erlognes Krankheitszeugniß,Von allem Kriegsdienst ihn befreien könnte;Erklärte und versicherte und schlich, |
1945 | Um es mir auszufert'gen, in mein Zimmer:So Schändliches, ihr Herren, von mir fordernd,Daß es kein Mädchenmund wagt auszusprechen!Frau Brigitte.Ei, der nichtswürdig=schändliche Betrüger!Ruprecht.Laß, laß den Pferdehuf, mein süßes Kind! |
1950 | Sieh, hätt' ein Pferd bei dir den Krug zertrümmert,Ich wär so eifersüchtig just, als jetzt!(sie küssen sich.)Veit.Das sag' ich auch! Küßt und versöhnt und liebt euch;Und Pfingsten, wenn ihr wollt, mag Hochzeit sein!Licht (am Fenster).
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1955 | Berg auf, Berg ab, als flöh er Rad und Galgen,Das aufgepflügte Winterfeld durchstampft!Walter.Was? Ist das Richter Adam?Licht.Allerdings! |
[143] | Mehrere.Jetzt kommt er auf die Straße. Seht! seht!Wie die Perücke ihm den Rücken peitscht!Walter. |
1960 | Geschwind, Herr Schreiber, fort! Holt ihn zurück!Daß er nicht Uebel rettend ärger mache.Von seinem Amt zwar ist er suspendirt,Und euch bestell' ich, bis auf weitereVerfügung, hier im Ort es zu verwalten; |
1965 | Doch sind die Cassen richtig, wie ich hoffe,Zur Desertion ihn zwingen will ich nicht.Fort! Thut mir den Gefallen, holt ihn wieder! |