Friedrich Hölderlin
1770 - 1843
Gedichtein chronologischer Folge
1799
Textgrundlage:Friedrich Hölderlin, Sämtliche Werke, Bd. 2, Gedichte nach 1800Hrsg. von Friedrich Beißner, Stuttgart: Cotta, 1953
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Der Frieden
Wie wenn die alten Wasser, die... in andern ZornIn schröklichern verwandelt wiederKämen, zu reinigen, da es noth war,
So gählt und wuchs und woogte von Jahr zu JahrRastlos und überschwemmte das bange LandDie unerhörte Schlacht, daß weit hülltDunkel und Blässe das Haupt der Menschen.
Die Heldenkräfte flogen, wie Wellen, aufUnd schwanden weg, du kürztest o Rächerin!Den Dienern oft die Arbeit schnell undBrachtest in Ruhe sie heim, die Streiter.
O du die unerbittlich und unbesiegtDen Feigern und den Übergewaltgen trift,Daß bis ins lezte Glied hinab vomSchlage sein armes Geschlecht erzittert,
Die du geheim den Stachel und Zügel hältstZu hemmen und zu fördern, o Nemesis,Strafst du die Todten noch, es schliefenUnter Italiens Lorbeergärten
Sonst ungestört die alten Eroberer.Und schonst du auch des müßigen Hirten nicht,Und haben endlich wohl genug denÜppigen Schlummer gebüßt die Völker?
Wer hub es an? wer brachte den Fluch? von heutIsts nicht und nicht von gestern, und die zuerstDas Maas verloren, unsre VäterWußten es nicht, und es trieb ihr Geist sie.
Zu lang, zu lang schon treten die SterblichenSich gern aufs Haupt, und zanken um Herrschaft sich,Den Nachbar fürchtend, und es hat aufEigenem Boden der Mann nicht Seegen.
Und unstät wehn und irren, dem Chaos gleich,Dem gährenden Geschlechte die Wünsche nochUmher und wild ist und verzagt und kalt vonSorgen das Leben der Armen immer.
Du aber wandelst ruhig die sichre BahnO Mutter Erd im Lichte. Dein Frühling blüht,Melodischwechselnd gehn dir hin dieWachsenden Zeiten, du Lebensreiche!
Komm du nun, du der heiligen Musen all,Und der Gestirne Liebling, verjüngenderErsehnter Friede, komm und gieb einBleiben im Leben, ein Herz uns wieder.
Unschuldiger! sind klüger die Kinder dochBeinahe, denn wir Alten; es irrt der ZwistDen Guten nicht den Sinn, und klar undFreudig ist ihnen ihr Auge blieben.
Und wie mit andern Schauenden lächelnd ernstDer Richter auf der Jünglinge Rennbahn sieht,Wo glühender die Kämpfenden dieWagen in stäubende Wolken treiben,
So steht und lächelt Helios über unsUnd einsam ist der Göttliche, Froh nie,Denn ewig wohnen sie, des AethersBlühende Sterne, die Heiligfreien. |