BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Friedrich Hölderlin

1770 - 1843

 

Gedichte

in chronologischer Folge

 

1809

 

Textgrundlage:

Friedrich Hölderlin, Sämtliche Werke, Bd. 2, Gedichte nach 1800

Hrsg. von Friedrich Beißner, Stuttgart: Cotta, 1953

 

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Wenn aus der Ferne...

 

Wenn aus der Ferne, da wir geschieden sind,

Ich dir noch kennbar bin, die Vergangenheit

O du Theilhaber meiner Leiden!

Einiges Gute bezeichnen dir kann,

 

So sage, wie erwartet die Freundin dich?

In jenen Gärten, da nach entsezlicher

Und dunkler Zeit wir uns gefunden?

Hier an den Strömen der heiligen Urwelt.

 

Das muß ich sagen, einiges Gutes war

In deinen Bliken, als in den Fernen du

Dich einmal fröhlich umgesehen

Immer verschlossener Mensch, mit finstrem

 

Aussehn. Wie flossen Stunden dahin, wie still

War meine Seele über der Wahrheit, daß

Ich so getrennt gewesen wäre?

Ja! ich gestand es, ich war die deine.

 

Wahrhafftig! wie du alles Bekannte mir

In mein Gedächtniß bringen und schreiben willst,

Mit Briefen, so ergeht es mir auch

Daß ich Vergangenes alles sage.

 

Wars Frühling? war es Sommer? die Nachtigall

Mit süßem Liede lebte mit Vögeln, die

Nicht ferne waren im Gebüsche

Und mit Gerüchen umgaben Bäum' uns.

 

Die klaren Gänge, niedres Gesträuch und Sand

Auf dem wir traten, machten erfreulicher

Und lieblicher die Hyacinthe

Oder die Tulpe, Viole, Nelke.

 

Um Wänd und Mauern grünte der Epheu, grünt'

Ein seelig Dunkel hoher Alleeen. Offt

Des Abends, Morgens waren dort wir

Redeten manches und sahn uns froh an.

 

In meinen Armen lebte der Jüngling auf,

Der, noch verlassen, aus den Gefilden kam,

Die er mir wies, mit einer Schwermuth,

Aber die Nahmen der seltnen Orte

 

Und alles Schöne hatt' er behalten, das

An seeligen Gestaden, auch mir sehr werth

Im heimatlichen Lande blühet

Oder verborgen, aus hoher Aussicht,

 

Allwo das Meer auch einer beschauen kann,

Doch keiner seyn will. Nehme vorlieb, und denk

An die, die noch vergnügt ist, darum,

Weil der entzükende Tag uns anschien,

 

Der mit Geständniß oder der Hände Druck

Anhub, der uns vereinet. Ach! wehe mir!

Es waren schöne Tage. Aber

Traurige Dämmerung folgte nachher.

 

Du seiest so allein in der schönen Welt,

Behauptest du mir immer, Geliebter! das

Weist aber du nicht,

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