Johann Peter Hebel
1760 - 1826
Schatzkästleindes rheinischen Hausfreundes
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Zwey Gehülfen des Hausfreunds.
Es wird in Zukunft bisweilen, von einem Adjunkt die Rede seyn, was der geneigte Leser nicht verstehen könnte, wenn es ihm nicht erklärt würde. Als nemlich der Hausfreund den rheinländischen Calender noch schrieb, er schreibt ihn noch, hat er den Bezirk seiner Hausfreundschaft diesseits Rheins, wie die Franzosen das Land jenseits Rheins in zwey Provinzen getheilt, in die untere, und in die obere: und hat in die untere einen Statthalter gesezt, einen Präfekt, der aber nicht will genannt seyn, denn er ist kein Landskind. Auch nennt ihn der Hausfreund selber nicht leicht Statthalter, und niemand, sondern Adjunkt, denn selten ist jeder auf seinem Posten, sondern [23] sitzen bei einander und schreiben mit einander neue hoch deutsche Reimen, oder sinnreiche Räthsel. Zum Exempel, Adjunkt, sagt der Hausfreund: Rathet hin, rathet her, was ist das?
Der arme TropfHat keinen Kopf;Das arme WeibHat keinen Leib,Die arme KleineHat keine Beine.Sie ist ein langer Darm,Doch schlingt sie einen ArmBedächtig in den andern ein.Was mag das für ein Weiblein sein?
Hausfreund, sagt der Adjunkt, wenn ihr mir einen Groschen leiht, so will ich euch, für dieses Räthsel ein paar Bretzeln kaufen. Den Wein, den wir dazu trinken, bezahlt ihr. Rathet hin, rathet her, was ist aber das?
Holde, die ich meine,Niedliche und kleine,Ich liebe dich, und ohne dichWird mir der Abend weinerlich.Auch gönnst du mir,Nachrühm' ich's dir,Wohl manchen lieblichen Genuß;Doch bald bekommst du's Ueberdruß,Und laufst zu meiner tiefen SchmachEin feiles Mensch den Juden nachUnd dennoch Falsche aus und ein,Hörst du nicht auf mir lieb zu seyn.
Ihr errathets nicht, sagt der Statthalter, wenn ichs euch nicht explicire. Es ist eine Adjunkts Besoldung, [24] zum Exempel meine eigene, die ich von euch bekomme.Allein der Adjunkt hat selber wieder eine Adjunktinn, nemlich seine Schwiegermutter, die Tochter hat er noch nicht, bekommt sie auch nicht, und der Hausfreund hat an ihm einen ganz andern Glückszug gethan, als sein guter Freund, der Doktor, auf seiner Heimreise aus Spanien an der Madridter Barbiergilde. Denn als er aus der großen Stadt Madrid heraus ritt, seinem Thierlein wuchsen in dem warmen Land, und bey der üppigen Nahrung die Haare so kräftig, daß er nach Landesart zwey Barbiere mit nehmen mußte, die auch ritten, und wenn sie Abends in die Herberge kamen, so rasirten sie sein Thierlein. Weil sie aber selber keine gemeine Leute waren, und die ganze Nacht Arbeit genug hatten, bis das Thierlein eingeseift, und rasirt, und wieder mit Lavendelöhl eingerieben war, so nahm jeder wieder für sein eigenes Thierlein zwey Barbiere mit, die ebenfalls ritten, und diese wieder. Als nun der Doktor oben auf dem pyrenäischen Berg zum erstenmal umschaute, und mit dem Perspektiv sehen wollte, wo er hergekommen war, als er mit Verwunderung und Schrecken den langen Zug seiner Begleiter gewahr wurde, und wie noch immer neue Barbiere zum Stadtthor von Madrid herausritten, und innwendig wieder aufsassen, sagte er bey sich selbst: Was hab ich denn nöthig länger zu reiten, es geht nun jezt Berg unter, und gieng früh am Tag in aller Stille zu Fuß nach Montlouis.Also hat der Hausfreund mit seinem Adjunkte auch die Adjunktinn des Adjunkts gewonnen, ist aber nicht erschroken, und davon gelaufen. Wers noch [25] nie erlebt hat, wie sie allen Leuten Red und Antwort gab, und schöne Schweitzerlieder vom Rigiberg singen, und wie sie sich verstellen kann, bald meint man, man sehe eine Heilige mitten aus dem gelobten Land heraus, bald die heidnische Zauberin Medea, und noch viel, wers nicht gesehen hat, stellt si'chs nicht vor.Der freundlichen Schwiegermutter des Adjunkts, soll dieses Büchlein zum Dank und zur Freundschaft gewidmet seyn. |