BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Johann Peter Hebel

1760 - 1826

 

Allemannische Gedichte

Für Freunde ländlicher Natur und Sitten

 

1803

 

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[134]

Der Winter.

 

Isch echt do obe Bauwele feil?

Sie schütten eim e redli Theil

in d' Gärten aben und ufs Hus;

es schneit doch au, es isch e Gruus;

und 's hangt no menge Wage voll

am Himmel obe, merki wol.

 

Und wo ne Ma vo witem lauft,

so het er vo der Bauwele gchauft;

er treit sie uf der Achsle no,

und uffem Hut, und lauft dervo.

Was laufsch denn so, du närsche Ma?

De wirsch sie doch nit gstole ha?

 

[135]

Und Gärten ab, und Gärten uf

hen alli Scheie Chäpli uf;

sie stöhn wie großi Here do;

sie meine, 's heigs sust niemes so.

Der Nußbaum het doch au si Sach,

und 's Here Hus und 's Chilche-Dach.

 

Und wo me luegt, isch Schnee und Schnee,

me sieht kei Stroß und Fuß-Weg meh.

Meng Some-Chörnli, chlei und zart,

lit unterm Bode wohl verwahrt,

und schnei's, so lang es schneie mag,

es wartet uf si Ostertag.

 

Meng Summer-Vögeli schöner Art

lit unterm Bode wohl verwahrt;

es het kei Chummer und kei Chlag,

und wartet uf si Ostertag;

und gangs au lang, er chunnt emol,

und sieder schlofts, und 's isch em wohl.

 

[136]

Und wenn im Frühlig 's Schwälmli singt,

und d' Sunne-Wärmi abe dringt,

Potz tausig! wachts in iedem Grab,

und streift si Todte-Hemdli ab.

Wo nummen au ne Löchli isch,

schlieft 's Leben use iung und frisch. –

 

Do fliegt e hungerig Spätzli her!

e Brösli Brod wär si Bigehr.

Es luegt ein so verbärmli a;

's het sieder nechte nüt meh gha.

Gell, Bürstli, sel isch anderi Zit,

wenn 's Chorn in alle Fure lit?

 

Do hesch! Loß andern au dervo!

Bisch hungerig, chasch wieder cho! –

's muß wohr sy, wie 's e Sprüchli git:

«Sie seihe nit, und ernde nit;

sie hen kei Pflug, und hen kei Joch,

und Gott im Himmel nährt sie doch.»