Kaspar Hauser
1812 - 1833
Texte von Kaspar Hauser
Ein kleines Gedicht1830
Quelle:Bayerische StaatsbibliothekBSB-Hss Autogr.Cim. Hauser, Kaspar.1Faksimile: BSB Digitale SammlungenDigitale Version:Gernot Fligge, Hamburg
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Am Ende seines ersten Jahres unter Menschen war Kaspar Hauser von einem positiven Lebensgefühl erfüllt, das auch in dem im Frühjahr 1830 verfaßten kleinen Gedicht“ zum Ausdruck kommt. Bei dem unten abgebildeten Faksimile handelt es sich um eine Abschrift, die Kaspar Hauser am 16. Mai 1832 machte und mit einer selbstgemalten Rose versah.
Ein kleines Gedicht
1.Mein erstes Jahr begrüß ich heutIn Dank und Liebe hoch erfreut.
2.Von vieler Noth und Last gedrücktVon heute an genieß ich was mein Herz entzücktUnd fühl auch jetzt mich neu beglückt.
3.In mein ersten Jahr steh ich nunDa gibt's erstaunlich viel zu thunZu schreiben und zu malenZu rechnen oft mit Zahlen.
4.Jetzt muß ich mich vorbereitenTäglich fortzuschreitenWeil so viele tausend StundenLieber Gott! sind mir verschwunden.
5.Aber ein Schritt ist nicht gar vielDoch wird er mich noch führen zu mein erwünschten Ziel.Auch wollte Gott, daß ich auch seh'Wie's in der Welt hergehtUnd auch zu lesen was in den Büchern stehtUnd anzubauen mein Gartenbeet.
6.Zu mein ersten Jahr erbitt' ich mirVerstand, Gesundheit, guter Gott, von dirGib mir auch Kraft in den JugendtagenUm die Klugen auszufragen.
7.Des Lebens schönste RosenzeitSoll sein mein einzige Fröhlichkeit;Und stets dem unverdroßnen Fleiß geweiht.
8.Erfüllt ist dann mein LebenssinnMein süßes Glück ist da,So wandle ich durch's Leben hinUnd siehe mich dem Ziele nah.
9.Die Zeit vergeht, sie gräbt mein Grab,Scheut meinen Engel fortHaucht meinen Wangen Rosen abUnd ist einst mein Rächer dortFest will ich mich an dich schließenTrifft mich Leiden oder SchmerzSo hilfst du mir's versüßenUnd ich schenke dir mein kindlich's Herz.
10.Sanft soll mein Leben schwindenUnd gepflegt wird's von deiner HandSo sollst du auch die kindliche Liebe findenSo wie ich's auch von dir empfand.Das schönste schließ ich mit festem Band in meine Brust,Es hebt mich in's GötterlandWo verklärt ist jede Freud und Lust.
K H
Im Anfang des Jahr 1830 gedichtet.Abgeschrieben den 16ten May 1832.
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