BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Kaspar Hauser

1812 - 1833

 

Jakob Friedrich Binder

Bekanntmachung des Magistrats

der Stadt Nürnberg

 

1828

 

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[6]

I.

 

An

Tit. Hr. Hochwohlgebohner Hr. Rittmeister bey der

4ten Esgataron bey 6ten Schwolische

Regiment

in

Nierberg

 

Von der Bäiernschen Gränz

Daß Orte ist unbenant

1828.

 

 

Hochwohlgebohner Hr. Rittmeister!

 

Ich schücke ihner ein Knaben der möchte seinen König getreu dienen Verlangte Er, dieser Knabe ist mir gelegt worden, 1812 den 7 Ocktober, und ich selber ein armer Taglöhner, ich Habe auch selber 10 Kinder, ich habe selber genug zu thun daß ich mich fortbringe, und seine Mutter hat mir um Die erziehung daß Kind gelegt, aber ich habe sein Mutter nicht erfragen Könen, jetz habe ich auch nichts gesagt, daß mir der Knabe gelegt ist worden, auf den Landgericht. Ich habe mir gedenckt ich müßte ihm für mein Sohn haben, ich habe ihm Christlichen Erzogen, und habe ihm Zeit 1812 Keinen Schrit weit aus den Haus gelaßen daß Kein Mensh nicht weiß da von wo Er auferzogen ist worden, und Er selber weiß nichts wie mein Hauß Heißt und daß ort weiß er auch micht, sie derfen ihm schon fragen er kan es aber nicht sagen, daß lessen und schreiben Habe ich ihm schon gelehrte er kan auch mein Schrift schreiben wie ich schreibe, und wan wir ihm fragen was er werde so sagte er will auch ein Schwolische werden waß sein Vater gewessen ist, Will er auch werden, wer er Eltern häte wir er keine hate wer er ein gelehrter bursche worden Sie derfen im nur was zeigen so kan er es schon,

Ich habe in nur bis Neumark geweißt da hat erselber zu ihnen hingehen müßen ich habe zu ihm gesagt wen er einmal ein Soldat ist, kome ich gleich und suche ihm Heim sonst häte ich mich Von mein Hals gebracht.

Bester Hr. Rittmeister sie derfen ihm gar nicht tragtiren er weiß mein Orte nicht wo ich bin, ich habe im mitten bei der nacht fort gefürth er weiß nicht mehr zu Hauß,

 

Ich empfehle mich gehorsamt

Ich mache mein Namen nicht

Kuntbar den ich Konte gestraft

werden,

 

Und er hat Kein Kreuzer geld nicht bey ihm weil ich selber nichts habe wen Sie im nicht Kalten so müßen Sie im abschlagen oder in Raufang auf henggen –

 

Das

Kind ist schon getauft

sie Heist Kasper in Schreib

name misen sie im selber

geben das Kind möchten

Sie auf Zihen sein Vater

ist ein Schwolische gewesen

wen er 17 Jahr alt ist so

schicken sie im nach Nirnberg

zu 6ten Schwolische

Regiment da ist auch sein

Vater gewesen ich bitte um

die erzikung bis 17 Jahre

gebohren ist er im 30 Aperil

1812 im Jaher ich bin ein

armes Mägdlein ich kan

das Kind nicht ernehren

sein Vater ist gestorben

 

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[7]

Bemerkungen hinsichtlich des Briefs und seiner Beylage.

 

Das Siegel, womit der Brief roth verschlossen war, scheint ein Handwerks-Siegel zu seyn; beim Aufmachen des Briefs wurde es aber zu sehr verletzt, als daß man seine ursprüngliche Beschaffenheit erkennen könnte. – Die darauf befindlichen Buchstaben, welche man noch für ein

G.  J.  R. oder

G.  F.  R.

 

halten kann, sind, ohne Zweifel, um sie unkenntlich zu machen, nach dem Einsiegeln heraus- oder abgekratzt worden. Durch Vergleichung der Handschrift des in dem Brief selbst eingeschlossenen, auf einem Oktavblättchen geschriebenen Zettels mit der Handschrift des Briefs, ergiebt sich, wenn gleich jener mit lateinischen, dieser mit deutschen Buchstaben geschrieben ist, eine große Aehnlichkeit zwischen beiden Schriftzügen.

Auch sind beide offenbar mit ein und derselben Dinte geschrieben, und es geht daraus hervor, daß der Zettel nicht schon vor 16 Jahren, sondern erst jetzt geschrieben und also erdichtet wurde. Denn wäre der Zettel 16 Jahre älter, als der Brief, so würde die Dinte eine ganz andere Farbe, als die im Briefe angenommen haben. Dies scheint der übrigens schlaue, bösartige Betrüger vorher nicht erwogen zu haben.

Das Wasserzeichen im Papier heißt J. Reindel, welcher eine Papiermühle in Mühlhof, im königl. Landgericht Schwabach im Rezatkreise des Königreichs besitzt. Vielleicht gibt es aber auch wo anders einen Papierfabrikanten dieses Namens.