Ernst Haeckel
1834 - 1919
Der Monismus als Band zwischenReligion und Wissenschaft
Neue Götter
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Neue Götter.
Krachend stürzen deine SitzeVor des Mönches frevlem Beil;Rüste, Donar, deine Blitze,Triff ihn mit dem Donnerkeil!Wetter sehn wir wohl sich ballen,Aber ach, kein Strahl entloht;Schiedet ihr aus Asgard's Hallen?Ahnen-Götter, seid ihr todt?
Schon habt ihr den Balder zu Grabe getragen,Mit heissen, mit ewig erneueten Klagen;Nun brach auf euch selber die Dämm'rung herein,Das götterverschlingende, schwarze Verhängniß,Und lodernd als Fackel zum LeichenbegängnißVerzehrt sich in Flammen der heilige Hain.
Deutet uns der Christen Mahnung,Was die Sage halb enthüllt?Ward des Balderliedes AhnungIn Maria Sohn erfüllt?Neues Reich wird er bereiten,Der vom Tode rein erstand,Und durch Zeit und EwigkeitenWaltet nun der Heliand?
Die Berge versinken, es steigen die Meere,Die Fülle, sie leert sich, es füllt sich die Leere,Die Jahre, die Tage verwandeln die Welt;Das heute Geborene muss morgen veralten;Selbst Götter gehorchen den dunklen Gewalten,Und gründen ihr Reich, und es steht und zerfällt!
Fahret hin, ihr hohlen Larven!Nimmer tönt euch Festgesang,Und wir schleudern unsre HarfenNoch in euren Untergang;Nimmer ziemt uns mehr des frommen,Priesterlichen Kreuzes Zier:Denn ein andrer Gott ist kommen,Der da besser ist denn ihr!
Doch hört es, ihr Enkel, wenn einst das JahrtausendDer Zukunft von Neuem aufgährend und brausendZerschmettert den heute gebauten Altar,Zerschmettert die Tempel, die ragend sich thürmen,Dann nahet euch wieder ein Gott in den Stürmen,Dann bringt ihm die Seele, die hoffende, dar.
Denn, wie auch die Form sich wandelndStets ein ander Antlitz weist,Einer ist, der ewig handelndMit sich fort das Weltall reisstBild ist, wie er uns erscheine,Niemand spricht sein Wesen aus;Doch in unsres Busens BeineSteht sein unvergänglich Haus.
Arthur Fitger. |