Johann Gottlieb Fichte
1762 - 1814
Der geschlossene Handelsstaat
2. Buch
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Fünftes Capitel.
Die Mittel, deren sichbisher die Regierungen bedient haben,um dieses Verhältniss zu ihremVortheile zu lenken.
Alle Regierungen, die über dieses Verhältniss ihrer Nationen zu den übrigen im grossen Handelsstaate die Augen geöffnet, und die sich nicht begnügten, auch in Rücksicht dieses Umstandes alles gehen zu lassen, wie es Gott gefiele, haben beinahe dieselben Maassregeln ergriffen, um durch Kunst jenes Verhältniss so vortheilhaft für sich zu machen, als es irgend möglich wäre. Die gewöhnlichen Maximen, durch welche diese Absicht ausgedrückt wird, sind folgende: das Geld soll im Lande bleiben; das Geld des Ausländers soll ins Land gezogen werden. Ohne die allgemeinen väterlichen und wohlthätigen Gesinnungen so vieler Regierungen gegen ihre Unterthanen im mindesten herabzusetzen, lässt sich dennoch annehmen, dass sie wenigstens bei diesen Vorkehrungen mehr auf die Erhaltung oder Erhöhung der zu ziehenden Abgaben, und vermittelst derselben, auf ihre kriegerische Macht gegen andere Staaten gesehen haben, als auf die Sicherung des Zustandes ihrer Unterthanen.Noch sind die allgemeinen Rechtsbegriffe nicht hinlänglich aufgeklärt, als dass die Regierungen diese Sicherung für ihre Pflicht halten sollten; auch lässt sich nicht begreifen, wie man die gewöhnlichen Maassregeln als Mittel für diesen Zweck sich gedacht haben könne.Ob eine Nation im Handel verliere, und die Absicht der Regierung die sey, diesen Verlust zu verringern und nach und nach ganz aufzuheben; oder ob die Nation gewinne, und die Regierung diesen Zustand des Gewinnes behaupten, oder erhöhen wolle verschlägt unserer Untersuchung nichts. Der Zweck bleibt immer derselbe, nemlich das Handelsverhältniss zu seinem Vortheil zu lenken; und es sind allenthalben so ziemlich die gleichen Mittel zur Erreichung des gleichen Zwecks gebraucht worden.Zuvörderst Vermehrung der Ausfuhr, und dadurch des Geldes, das man vom Ausländer zieht. Aufmunterung des Ackerbaues, damit man Producte auszuführen habe; und Beförderung dieser Ausfuhr, etwa durch Prämien. Es müssen besondere Umstände obwalten, dass die Ausfuhr der rohen Producte vortheilhaft sey: so dass es, wenn die ausgeführten Producte zur Verarbeitung sind, unmöglich, oder aus anderen Rücksichten nicht rathsam sey, Bearbeiter derselben in das Land zu ziehen, oder, wenn sie unmittelbar zur Nahrung dienen, Arbeiter zu finden, die sie im Lande verzehrten, und in beiden Fällen zugleich ihren Arbeitslohn der Nation mit gewönnen. Ausserdem wird in diesem Staatswirthschafts-Systeme die Ausführung der rohen Producte sowohl, als der ersten Nahrungsmittel mit Recht verboten. – Beförderung der inländischen Fabriken, und Ausfuhr der Fabricate in das Ausland wird consequenterweise in demselben Systeme unbedingt befördert.Dann Verhinderung oder Erschwerung der Einfuhr fremder Fabricate, und die daraus erfolgende Verminderung des Geldes, das in das Ausland geht: entweder durch völliges Verbot dieser Waaren, oder durch beträchtliche Auflagen auf sie. Dass es nöthig und vortheilhaft seyn werde, die Einfuhr fremder Producte zu erschweren, – es seyen denn solche, die zum blossen Wohlleben dienen – lässt sich kaum denken. Die ersten Nahrungsmittel wird man ohnedies nicht mit Verlust der Fracht aus dem Auslande kommen lassen, wenn im Lande daran kein Mangel ist; an rohen Producten zur Verarbeitung aber, wenn diese der Ausländer ausführen lässt, und wir sie im Lande verarbeiten können, wird immer der Arbeitslohn, als Vermehrung des Nationalvermögens, gewonnen.Endlich Aufmunterung der Handlung für und anstatt des Auslan-des, indem die Nation sich zum Zwischen- und Speditionshändler der einzelnen Nationen des grossen Handelsstaates, zu ihrem Schiffer und Fuhrmanne für Wasser ihren Handelsvortheil gewinnt. |