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Aus dem Leben eines Taugenichts,
Das Marmorbild,
Lieder und Romanzen
Gedichte. Erste Abteilung
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[201]6> |
An die Freunde.
Der Jugend Glanz, der Sehnsucht irre Weisen,
Die tausend Ströme durch das duft'ge Land,
Es zieht uns All' zu seinen Zauberkreisen. –
Wem Gottesdienst in tiefster Brust entbrannt,
Der sieht mit Wehmuth ein unendlich Reisen
Zu ferner Heimath, die er fromm erkannt;
Und was sich spielend wob als ird'sche Blume,
Wölbt still den Kelch zum ernsten Heiligthume.
So schauet denn das buntbewegte Leben
Ringsum von meines Gartens heitrer Zinn',
Daß hoch die Bilder, die noch dämmernd schweben –
Wo Morgenglanz geblendet meinen Sinn –
An Eurem Blick erwachsen und sich heben.
Verwüstend rauscht die Zeit darüber hin;
In Euren treuen Herzen neu geboren,
Sind sie im wilden Strome unverloren.
__________
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[202] | Frische Fahrt.
Laue Luft kommt blau geflossen,
Frühling, Frühling soll es seyn!
Waldwärts Hörnerklang geschossen,
Muth'ger Augen lichter Schein;
Und das Wirren bunt und bunter
Wird ein magisch wilder Fluß,
In die schöne Welt hinunter
Lockt dich dieses Stromes Gruß.
Und ich mag mich nicht bewahren!
Weit von Euch treibt mich der Wind,
Auf dem Strome will ich fahren,
Von dem Glanze seelig blind!
Tausend Stimmen lockend schlagen,
Hoch Aurora flammend weht,
Fahre zu! ich mag nicht fragen,
Wo die Fahrt zu Ende geht!
__________
Die Lerche.
Ich kann hier nicht singen,
Aus dieser Mauern dunklen Ringen
Muß ich mich schwingen
Vor Lust und tiefem Weh.
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[203] | O Freude, in klarer Höh
Zu sinken und sich zu heben,
In Gesang
Ueber die grüne Erde dahinzuschweben,
Wie unten die licht' und dunkeln Streifen
Wechselnd im Fluge vorüberschweifen,
Aus der Tiefe ein Wirren und Rauschen und Hämmern,
Die Erde aufschimmernd im Frühlingsdämmern,
Wie ist die Welt so voller Klang!
Herz, was bist Du bang?
Mußt aufwärts dringen!
Die Sonne tritt hervor,
Wie glänzen mir Brust und Schwingen,
Wie still und weit ist's droben am Himmelsthor!
__________
Der zufriedene Musikant.
I.
Wandern lieb' ich für mein Leben,
Lebe eben wie ich kann,
Wollt' ich mir auch Mühe geben,
Paßt' es mir doch gar nicht an.
Schöne alte Lieder weiß ich,
In der Kälte, ohne Schuh'
Draußen in die Saiten reiß' ich,
Weiß nicht, wo ich Abend's ruh'.
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[204] | Manche Schöne macht wohl Augen,
Meinet, ich gefiel' ihr sehr,
Wenn ich nur was wollte taugen,
So ein armer Lump nicht wär'. –
Mag dir Gott ein'n Mann bescheeren
Wohl mit Haus und Hof versehn!
Wenn wir zwei zusammen wären,
Möcht' mein Singen mir vergehn.
II.
Wenn die Sonne lieblich schiene
Wie in Wälschland, lau und blau,
Ging' ich mit der Mandoline
Durch die überglänzte Au.
In der Nacht dann Liebchen lauschte
An dem Fenster süß verwacht,
Wünschte mir und ihr – uns Beiden,
Heimlich eine schöne Nacht.
Wenn die Sonne lieblich schiene
Wie in Welschland lau und blau,
Ging' ich mit der Mandoline
Durch die überglänzte Au.
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[205] | III.
Ist auch schmuck nicht mein Rößlein,
So ist's doch recht klug,
Trägt im Finstern zu 'nem Schlößlein
Mich rasch noch genug.
Ist das Schloß auch nicht prächtig:
Zum Garten aus der Thür
Tritt ein Mädchen doch allnächtig
Dort freundlich herfür.
Und ist auch die Kleine
Nicht die Schönst' auf der Welt,
So giebt's doch just Keine,
Die mir besser gefällt.
Und spricht sie vom Freien:
So schwing' ich mich auf mein Roß –
Ich bleibe im Freien,
Und sie auf dem Schloß.
IV.
Mürrisch sitzen sie und maulen
Auf den Bänken stumm und breit,
Gähnend strecken sich die Faulen,
Und die Kecken suchen Streit.
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[206] | Da komm' ich durch's Dorf geschritten,
Fernher durch den Abend kühl,
Stell' mich in des Kreises Mitten,
Grüß' und zieh' mein Geigenspiel.
Und wie ich den Bogen schwenke,
Ziehn die Klänge in der Rund'
Allen recht durch die Gelenke
Bis zum tiefsten Herzensgrund.
Und nun geht's ans Gläserklingen,
An ein Walzen um und um,
Je mehr ich streich', je mehr sie springen
Keiner fragt erst lang: warum? –
Jeder will dem Geiger reichen
Nun sein Scherflein auf die Hand –
Da vergeht ihm gleich sein Streichen,
Und fort ist der Musikant.
Und sie seh'n ihn fröhlich steigen
Nach den Waldeshöh'n hinaus,
Hören ihn von fern noch geigen,
Und gehn All' vergnügt nach Haus.
Doch in Waldes grünen Hallen
Rast' ich dann noch manche Stund',
Nur die fernen Nachtigallen
Schlagen tief aus nächt'gem Grund.
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[207] | Und es rauscht die Nacht so leise
Durch die Waldeseinsamkeit,
Und ich sinn' auf neue Weise,
Die der Menschen Herz erfreut.
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Reise=Lied.
Durch Feld und Buchenhallen
Bald singend, bald fröhlich still,
Recht lustig sey vor allen
Wer's Reisen wählen will!
Wenn's kaum im Osten glühte,
Die Welt noch still und weit:
Da weht recht durch's Gemüthe
Die schöne Blüthenzeit!
Die Lerch' als Morgenbote
Sich in die Lüfte schwingt,
Eine frische Reisenote
Durch Wald und Herz erklingt.
O Lust, vom Berg zu schauen
Weit über Wald und Strom,
Hoch über sich den blauen
Tiefklaren Himmelsdom!
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[208] | Vom Berge Vöglein fliegen
Und Wolken so geschwind,
Gedanken überfliegen
Die Vögel und den Wind.
Die Wolken zieh'n hernieder,
Das Vöglein senkt sich gleich,
Gedanken gehn und Lieder
Fort bis in's Himmelreich.
__________
In die Höh'!
(Tafellied.)
Viel Essen macht viel breiter
Und hilft zum Himmel nicht,
Es kracht die Himmelsleiter,
Kommt so ein schwerer Wicht.
Das Trinken ist gescheidter,
Das schmeckt schon nach Idee,
Da braucht man keine Leiter,
Das geht gleich in die Höh'.
Chor.
Da braucht man keine Leiter,
Das geht gleich in die Höh'.
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[209] | Viel Reden ist manierlich:
Wohlauf? – Ein wenig flau. –
Das Wetter ist spazierlich –
Was macht die liebe Frau? –
Ich danke“ – und so weiter,
Und breiter als ein See –
Das singen ist gescheidter,
Das geht gleich in die Höh'.
Chor.
Das Singen ist gescheidter,
Das geht gleich in die Höh'.
Die Fisch' und Musikanten
Die trinken beide frisch,
Die Wein, die andern Wasser –
Drum hat der dumme Fisch
Statt Flügel Flederwische
Und liegt elend im See –
Doch wir sind keine Fische,
Das geht gleich in die Höh'.
Chor.
Doch wir sind keine Fische,
Das geht gleich in die Höh'.
Ja, Trinken frisch und Singen
Das bricht durch alles Weh,
Das sind zwei gute Schwingen,
Gemeine Welt, ade!
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[210] | Du Erd' mit deinem Plunder,
Ihr Fische sammt der See,
'S geht alles, alles unter,
Wir aber in die Höh'!
Chor.
'S geht alles, alles unter,
Wir aber in die Höh'!
__________
Frühlingsfahrt.
Es zogen zwei rüst'ge Gesellen
Zum ersten Mal von Haus,
So jubelnd recht in die hellen,
Klingenden, singenden Wellen
Des vollen Frühlings hinaus.
Die strebten nach hohen Dingen,
Die wollten, trotz Lust und Schmerz,
Was Rechts in der Welt vollbringen,
Und wem sie vorüber gingen,
Dem lachten Sinnen und Herz. –
Der Erste, der fand ein Liebchen,
Die Schwieger kauft' Hof und Haus;
Der wiegte gar bald ein Bübchen,
Und sah aus heimlichem Stübchen
Behaglich in's Feld hinaus.
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[211] | Dem Zweiten sangen und logen
Die tausend Stimmen im Grund,
Verlockend' Syrenen, und zogen
Ihn in der buhlenden Wogen
Farbig klingenden Schlund.
Und wie er auftaucht' vom Schlunde,
Da war er müde und alt,
Sein Schifflein das lag im Grunde,
So still war's rings in die Runde
Und über die Wasser weht's kalt.
Es singen und klingen die Wellen
Des Frühlings wohl über mir;
Und seh' ich so kecke Gesellen,
Die Thränen im Auge mir schwellen –
Ach Gott, führ' uns liebreich zu Dir!
__________
An eine junge Tänzerin.
Castagnetten lustig schwingen
Seh' ich Dich, Du zierlich Kind!
Mit der Locken schwarzen Ringen
Spielt der sommerlaue Wind.
Künstlich regst Du schöne Glieder,
Glühendwild
Zärtlichmild
Tauchest in Musik Du nieder
Und die Woge hebt Dich wieder.
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[212] | Warum sind so blaß die Wangen,
Dunkelfeucht der Augen Glanz,
Und ein heimliches Verlangen
Schimmert glühend durch den Tanz?
Schalkhaft lockend schaust Du nieder,
Liebesnacht
Süß erwacht,
Wollüstig erklingen Lieder –
Schlag nicht so die Augen nieder!
Wecke nicht die Zauberlieder
In der dunklen Tiefe Schoos,
Selbst verzaubert sinkst Du nieder,
Und sie lassen Dich nicht los.
Tödtlich schlingt sich um die Glieder
Sündlich Glüh'n,
Und verblühn
Müssen Schönheit, Tanz und Lieder,
Ach, ich kenne Dich nicht wieder!
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Die Fröhliche.
Zwischen Bergen, liebe Mutter,
Weit den Wald entlang,
Reiten da drei junge Jäger
Auf drei Rößlein blank,
lieb Mutter,
Auf drei Rößlein blank.
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[213] | Ihr könnt fröhlich seyn, lieb' Mutter
Wird es draußen still:
Kommt der Vater heim vom Walde,
Küßt Euch, wie er will,
lieb Mutter,
Küßt Euch, wie er will.
Und ich werfe mich im Bettchen
Nachts ohn' Unterlaß,
Kehr' mich links und kehr' mich rechts hin,
Nirgends hab' ich was,
lieb' Mutter,
Nirgends hab' ich was.
Bin ich eine Frau erst einmal,
In der Nacht dann still
Wend' ich mich nach allen Seiten,
Küß', so viel ich will,
lieb Mutter,
Küß', so viel ich will.
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Ständchen.
Schlafe, Liebchen, weil's auf Erden
Nun so still und seltsam wird!
Oben gehn die goldnen Heerden,
Für uns alle wacht der Hirt.
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[214] | In der Ferne ziehn Gewitter;
Einsam auf dem Schifflein schwank,
Greiff' ich draußen in die Zitter,
Weil mir gar so schwül und bang.
Schlingend sich an Bäum' und Zweigen,
In Dein stilles Kämmerlein,
Wie auf goldnen Leitern, steigen
Diese Töne aus und ein.
Und ein wunderschöner Knabe
Schifft hoch über Thal und Kluft,
Rührt mit seinem goldnen Stabe
Säuselnd in der lauen Luft.
Und in wunderbaren Weisen
Singt er ein uraltes Lied,
Das in linden Zauberkreisen
Hinter seinem Schifflein zieht.
Ach, den süßen Klang verführet
Weit der buhlerische Wind,
Und durch Schloß und Wand ihn spüret
Träumend jedes schöne Kind.
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Morgengruß.
Stand ein Mädchen an dem Fenster,
Da es draußen Morgen war,
Kämmte sich die langen Haare,
Wusch sich ihre Aeuglein klar.
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[215] | Sangen Vöglein aller Arten,
Sonnenschein spielt' vor dem Haus,
Draußen über'm schönen Garten
Flogen Wolken weit hinaus.
Und sie dehnt' sich in den Morgen
Als ob sie noch schläfrig sey,
Ach, sie war so voller Sorgen,
Flocht ihr Haar und sang dabei:
Wie ein Vöglein hell und reine,
Ziehet draußen muntre Lieb',
Lockt hinaus zum Sonnenscheine,
Ach wer da zu Hause blieb'!
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Die Stille.
Es weiß und räth es doch Keiner,
Wie mir so wohl ist, so wohl!
Ach, wüßt' es nur Einer, nur Einer,
Kein Mensch es sonst wissen soll!
So still ist's nicht draußen im Schnee,
So stumm und verschwiegen sind
Die Sterne nicht in der Höhe,
Als meine Gedanken sind.
Ich wünscht', es wäre schon Morgen,
Da fliegen zwei Lerchen auf,
Die überfliegen einander,
Mein Herze folgt ihrem Lauf.
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[216] | Ich wünscht', ich wäre ein Vöglein
Und zöge über das Meer,
Wohl über das Meer und weiter,
Bis daß ich im Himmel wär'!
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Leid und Lust.
Euch Wolken beneid' ich
In blauer Luft,
Wie schwing't Ihr Euch freudig
Ueber Berg und Kluft!
Mein Liebchen wohl seht Ihr
Im Garten gehn,
Am Springbrunnen steht sie
So morgenschön.
Und wäscht an der Quelle
Ihr goldenes Haar,
Die Aeugelein helle,
Und blickt so klar.
Und Busen und Wangen
Dürft' Ihr da sehn. –
Ich brenn' vor Verlangen,
Und muß hier stehn!
__________
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[217] | Euch Wolken bedau'r ich
Bei stiller Nacht;
Die Erde bebt schaurig,
Der Mond erwacht:
Da führt mich ein Bübchen
Mit Flügelein fein,
Durch's Dunkel zum Liebchen,
Sie läßt mich ein.
Wohl schau't Ihr die Sterne
Weit, ohne Zahl,
Doch bleiben sie ferne
Euch allzumal.
Mir leuchten zwei Sterne
Mit süßem Strahl,
Die küß' ich so gerne
Viel tausendmal.
Euch grüßt mit Gefunkel
Der Wasserfall,
Und tief aus dem Dunkel
Die Nachtigall.
Doch süßer es grüßet
Als Wellentanz,
Wenn Liebchen hold flüstert:
Dein bin ich ganz.“
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[218] | So seegelt denn traurig
In öder Pracht!
Euch Wolken, bedau'r ich
Bei süßer Nacht.
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Liedchen.
Wie jauchzt meine Seele
Und singet in sich!
Kaum, daß ich's verhehle
So glücklich bin ich.
Rings Menschen sich drehen
Und sprechen gescheut,
Ich kann nichts verstehen,
So fröhlich zerstreut. –
Zu eng wird das Zimmer,
Wie glänzet das Feld,
Die Thäler voll Schimmer,
Weit herrlich die Welt!
Gepreßt bricht die Freude
Durch Riegel und Schloß,
Fort über die Haide!
Ach, hätt' ich ein Roß! –
Und frag' ich und sinn' ich,
Wie so mir geschehn?: –
Mein Liebchen herzinnig,
Das soll ich heut sehn!
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[219] | Erwartung.
O schöne, bunte Vögel
Wie singt ihr gar so hell!
O Wolken, luft'ge Seegel,
Wohin so schnell, so schnell?
Ihr alle, ach, gemeinsam
Flieg't zu der Liebsten hin,
Sag't Ihr, wie ich hier einsam
Und voller Sorgen bin.
Im Walde steh' und laur' ich,
Verhallt ist jeder Laut,
Die Wipfel nur weh'n schaurig,
O komm, Du süße Braut!
Schon sinkt die dunkelfeuchte
Nacht rings auf Wald und Feld,
Des Mondes hohe Leuchte
Tritt in die stille Welt.
Wie schauert nun im Grunde
Der tiefsten Seele mich!
Wie öde ist die Runde
Und einsam ohne Dich!
Was rauscht? – Sie naht von ferne! –
Nun, Wald, rausch' von den Höh'n,
Nun laß' Mond, Nacht und Sterne
Nur auf und untergehn!
__________
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[220] | Abschied und Wiedersehn.
I.
In süßen Spielen unter nun gegangen
Sind Liebchens Augen, und sie athmet linde,
Stillauschend sitz' ich bei dem holden Kinde,
Die Locken streichelnd ihr von Stirn und Wangen.
Ach! Lust und Mond und Sterne sind vergangen,
Am Fenster mahnen schon die Morgenwinde:
Daß ich vom Nacken leis die Arme winde,
Die noch im Schlummer lieblich mich umfangen.
O öffne nicht der Augen süße Strahle!
Nur Einen Kuß noch – und zum Letztenmale
Geh' ich von Dir durchs stille Schloß hernieder.
Streng greift der eis'ge Morgen an die Glieder,
Wie ist die Welt so klar und kalt und helle –
Tiefschauernd tret' ich von der lieben Schwelle.
II.
Ein zart Geheimniß webt in stillen Räumen,
Die Erde löst die diamantnen Schleifen,
Und nach des Himmels süßen Strahlen greifen
Die Blumen, die der Mutter Kleid besäumen.
Da rauscht's lebendig draußen in den Bäumen,
Aus Osten langen purpurrothe Streifen,
Hoch Lerchenlieder durch das Zwielicht schweifen –
Du hebst das blüh'nde Köpfchen hold aus Träumen.
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[221] | Was sind's für Klänge, die an's Fenster flogen?
So altbekannt verlocken diese Lieder,
Ein Sänger steht im schwanken Dämmerschein.
Wach auf! Dein Liebster ist fernher gezogen,
Und Frühling ist's auf Thal und Bergen wieder,
Wach auf, wach auf, nun bist Du ewig mein!
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Das Flügelroß.
Ich hab' nicht viel hienieden,
Ich hab' nicht Geld noch Gut;
Was vielen nicht beschieden,
Ist mein: – der frische Muth.
Was Andre mag ergötzen,
Das kümmert wenig mich,
Sie leben in den Schätzen,
In Freuden lebe ich.
Ich hab' ein Roß mit Flügeln,
Getreu in Lust und Noth,
Das wiehernd spannt die Flügel
Bei jedem Morgenroth.
Mein Liebchen! wie so öde
Wird's oft in Stadt und Schloß,
Frisch auf und sey nicht blöde,
Besteig mit mir mein Roß!
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[222] | Wir seegeln durch die Räume
Ich zeig' Dir Meer und Land,
Wie wunderbare Träume
Tief unten ausgespannt.
Hellblinkend zu den Füßen
Unzähl'ger Ströme Lauf –
Es steigt ein Frühlingsgrüßen
Verhallend zu uns auf.
Und bunt und immer wilder
In Liebe, Haß und Lust
Verwirren sich die Bilder –
Was schwindelt Dir die Brust?
So fröhlich tief im Herzen,
Zieh' ich all' himmelwärts,
Es kommen selbst die Schmerzen
Melodisch an das Herz.
Der Sänger zwingt mit Klängen
Was störrig, dumpf und wild,
Es spiegelt in Gesängen
Die Welt sich göttlich mild.
Und unten nun verbrauset
Des breiten Lebens Strom,
Der Adler einsam hauset
Im stillen Himmelsdom. –
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[223] | Und seh'n wir dann den Abend
Verhallen und verblühn,
Im Meere, kühlelabend,
Die heil'gen Sterne glühn:
So lenken wir hernieder
Zu Waldes grünem Haus,
Und ruh'n vom Schwung der Lieder
Auf blüh'ndem Moose aus.
O Sterndurchwebtes Düstern,
O heimlichstiller Grund!
O süßes Liebesflüstern
So innig Mund an Mund!
Die Nachtigallen locken,
Mein Liebchen athmet lind,
Mit Schleier zart und Locken
Spielt buhlerisch der Wind.
Und schlaf' denn bis zum Morgen
So sanft gelehnt an mich!
Süß sind der Liebe Sorgen,
Dein Liebster wacht für Dich.
Ich halt' die blüh'nden Glieder,
Vor süßen Schauern bang,
Ich laß' Dich ja nicht wieder
Mein ganzes Leben lang! –
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[224] | Aurora will sich heben,
Du schlägst die Augen auf,
O wonniges Erbeben,
O schöner Lebenslauf! –
__________
Warnung.
Wann der kalte Schnee zergangen,
Stehst Du draußen in der Thür,
Kommt ein Knabe schön gegangen,
Stellt sich freundlich da zu Dir,
Lobet Deine frischen Wangen,
Dunkle Locken, Augen licht,
Wann der kalte Schnee zergangen,
Glaub dem falschen Herzen nicht!
Wann die lauen Lüfte wehen,
Scheint die Sonne lieblich warm:
Wirst Du wohl spazieren gehen,
Und er führet Dich am Arm,
Thränen Dir im Auge stehen,
Denn so schön klingt, was er spricht,
Wann die lauen Winde wehen,
Glaub dem falschen Herzen nicht!
Wann die Lerchen wieder schwirren,
Trittst Du draußen vor das Haus,
Doch er mag nicht mit Dir irren,
Zog weit in das Land hinaus;
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[225] | Die Gedanken sich verwirren,
Wie Du siehst den Morgen roth, –
Wann die Lerchen wieder schwirren,
Armes Kind, ach wärst Du todt!
__________
Wehmuth.
Ich kann wohl manchmal singen,
Als ob ich fröhlich sey,
Doch heimlich Thränen dringen,
Da wird das Herz mir frei.
So lassen Nachtigallen,
Spielt draußen Frühlingsluft,
Der Sehnsucht Lied erschallen
Aus ihres Käfigts Gruft.
Da lauschen alle Herzen,
Und alles ist erfreut,
Doch keiner fühlt die Schmerzen,
Im Lied das tiefe Leid.
__________
Die weinende Braut.
Du warst so herrlich anzuschauen,
So kühn und wild und doch so lieb,
Dir mußt ich Leib und Seel' vertrauen,
Ich mocht' nichts mehr, das meine blieb!
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[226] | Da hast Du, Falscher, mich verlassen
Und Blumen, Lust und Frühlingsschein,
Die ganze Welt sah ich erblassen,
Ach Gott, wie bin ich nun allein!
Wohl Jahrlang sah ich von den Höhen
Und grüßte Dich vieltausendmal,
Und unten sah ich Viele gehen,
Doch Du erschienst nicht in dem Thal.
Und mancher Lenz mit bunten Scherzen
Kam und verflog im lust'gen Lauf,
Doch ach! in dem betrognen Herzen
Geht niemals mehr der Frühling auf.
Ein Kränzlein trag' ich nun im Haare,
In reichen Kleidern schön geschmückt,
Führt mich ein andrer zum Altare,
Die Eltern sind so hoch beglückt.
Und fröhlich kann ich mich wohl zeigen,
Die Sonne hell wie damals scheint,
Und vor dem Jauchzen und dem Geigen
Hört Keiner, wie die Braut still weint.
Die Frühlingslieder neu beginnen –
Du kehrst nach manchem Jahr' zurück,
Und stehest still, Dich zu besinnen,
Wie auf ein längstvergangnes Glück.
Doch wüstverwachsen liegt der Garten,
Das Haus steht lange still und leer,
Kein Lieb' will Dein am Fenster warten,
Und Dich und mich kennt Niemand mehr.
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[227] | Doch eine Lerche siehst Du steigen
Vom Thal zum blauen Himmelsport,
Ein Bächlein rauschet da so eigen,
Als weinte es in einem fort.
Dort haben sie mich hingetragen,
Bedeckten mir mit Stein den Mund –
Nun kann ich Dir nicht einmal sagen,
Wie ich Dich liebt' aus Herzensgrund.
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Das zerbrochene Ringlein.
In einem kühlen Grunde
Da geht ein Mühlenrad,
Mein' Liebste ist verschwunden,
Die dort gewohnet hat.
Sie hat mir Treu versprochen,
Gab mir ein'n Ring dabei,
Sie hat die Treu gebrochen,
Mein Ringlein sprang entzwei.
Ich möcht' als Spielmann reisen
Weit in die Welt hinaus,
Und singen meine Weisen,
Und gehn von Haus zu Haus.
Ich möcht' als Reiter fliegen
Wohl in die blut'ge Schlacht,
Um stille Feuer liegen
Im Feld bey dunkler Nacht.
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[228] | Hör' ich das Mühlrad gehen:
Ich weiß nicht, was ich will –
Ich möcht' am liebsten sterben,
Da wär's auf einmal still!
__________
Bei einer Linde.
Seh' ich Dich wieder, Du geliebter Baum,
In dessen junge Triebe
Ich einst in jenes Frühlings schönstem Traum
Den Namen schnitt von meiner ersten Liebe?
Wie anders ist seitdem der Aeste Bug,
Verwachsen und verschwunden
Im härt'ren Stamm der vielgeliebte Zug,
Wie ihre Liebe und die schönen Stunden!
Auch ich seitdem wuchs stille fort, wie Du,
Und nichts an mir wollt' weilen,
Doch meine Wunde wuchs – und wuchs nicht zu,
Und wird wohl niemals mehr hienieden heilen.
__________
Der Kranke.
Vögelein munter
Singen so schön,
Laßt mich hinunter
Spazieren gehn!
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[229] | Nacht ist's ja draußen;
S'war nur der Sturm,
Den Du hörst sausen
Droben vom Thurm.“
Liebchen im Garten
Seh' ich dort steh'n,
Lang mußt' sie warten,
O laß't mich gehn!
Still nur! der blasse
Tod ist's, der sacht
Dort durch die Gasse
Schleicht in der Nacht.“
Wie mir ergraute,
Bleiches Gesicht!
Gebt mir die Laute,
Mir wird so licht!
Was willst Du singen
In tiefster Noth?
Lenz, Lust vergingen,
Liebchen ist todt!“ –
Laßt mich, Gespenster,
Lied, riegl' auf die Gruft!
Oeffnet die Fenster,
Luft, frische freie Luft!
__________
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[230] | Abendlandschaft.
Ach, daß auch wir schliefen!
Die blühenden Tiefen,
Die Ströme, die Auen
So heimlich aufschauen,
Als ob sie all' riefen:
Dein Liebchen ist todt!“
Unter Rosen roth,
Ach, daß wir auch schliefen!“
Hast doch keine Schwingen,
Durch Wolken zu dringen!
Mußt immerfort schauen
Die Ströme, die Auen –
Die werden Dir singen
Von ihr Tag und Nacht,
Mit Wahnsinnes=Macht
Die Seele umschlingen.“
So singt, wie Syrenen,
Von hellblauen, schönen
Vergangenen Zeiten
Der Abend vom weiten,
Versinkt dann im Tönen,
Erst Busen dann Mund,
Im blühenden Grund –
O schweige, Syrene!
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[231] | O wecke nicht wieder!
Denn zaub'rische Lieder
Gebunden hier träumen
Auf Feldern und Bäumen,
Und ziehen mich nieder,
So müde vor Weh,
Zu tiefstillem See –
O weckt nicht die Lieder!
Du kanntest die Wellen
Des Sees, sie schwellen
In magischen Ringen.
Ein wehmüthig Singen,
Tief unter den Quellen,
Im Schlummer dort hält
Verzaubert die Welt.
Wohl kennst Du die Wellen! –
Kühl wird's auf den Gängen,
Vor alten Gesängen
Möcht's Herz mir zerspringen.
So will ich denn singen!
Schmerz fliegt ja auf Klängen
Zu himmlischer Lust,
Und still wird die Brust
Auf kühlgrünen Gängen.
Laß fahren die Träume!
Der Mond scheint durch Bäume,
Die Wälder nur rauschen,
Die Thäler still lauschen,
|
[232] | Wie einsam die Räume!
Ach, Niemand ist mein!
Herz, wie so allein!
Laß fahren die Träume!
Der Herr wird Dich führen.
Tief kann ich ja spüren
Der Sterne still Walten.
Der Erde Gestalten
Kaum hörbar sich rühren.
Durch Nacht und durch Graus
Gen Morgen, nach Haus –
Ja, Gott wird mich führen.
__________
Angedenken.
Wenn Zwei geschieden sind von Herz und Munde,
Da zieh'n Gedanken über Berg' und Schlüfte
Wie Tauben säuselnd durch die blauen Lüfte,
Und tragen hin und wieder süsse Kunde.
Ich schweif' umsonst, so weit der Erde Runde,
Und stieg' ich hoch auch über alle Klüfte:
Dein Haus ist höher noch als diese Lüfte,
Da reicht kein Laut hin, noch zurück zum Grunde.
Ja, seit Du todt – mit seinen blüh'nden Borden
Wich ringsumher das Leben mir zurücke,
Ein weites Meer, wo keine Bahn zu finden.
Doch ist Dein Bild zum Sterne mir geworden,
Der nach der Heimath weist mit stillem Blicke,
Daß fromm der Schiffer streite mit den Winden.
__________
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[233] | Nachhall.
Laß', mein Herz, das bange Trauern
Um vergang'nes Erdenglück,
Ach, von diesen Felsenmauern
Schweifet nur umsonst der Blick!
Sind denn alle fortgegangen:
Jugend, Sang und Frühlingslust?
Lassen, scheidend, nur Verlangen
Einsam mir in meiner Brust?
Vöglein hoch in Lüften reisen,
Schiffe fahren auf der See,
Ihre Seegel, ihre Weisen
Mehren nur des Herzens Weh.
Ist vorbei das bunte Ziehen,
Lustig über Berg und Kluft,
Wenn die Bilder wechselnd fliehen,
Waldhorn immer weiter ruft?
Soll die Lieb' auf sonn'gen Matten
Nicht mehr bau'n ihr prächtig Zelt,
Uebergolden Wald und Schatten
Und die weite, schöne Welt? –
Laß' das Bangen, laß das Trauern,
Helle wieder nur den Blick!
Fern von dieser Felsen Mauern
Blüht Dir noch gar manches Glück!
__________
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[234] | An die Entfernte.
Denk ich, du Stille, an Dein ruhig Walten,
An jenes letzten Abends rothe Kühle,
Wo ich die theu're Hand noch durfte halten:
Steh' ich oft sinnend stille im Gewühle,
Und, wie den Schweitzer heim'sche Alphornslieder
Auf fremden Bergen, fern den Freunden allen,
Oft unverhofft befallen,
Kommt tiefe Sehnsucht plötzlich auf mich nieder.
Ich hab' es oft in Deiner Brust gelesen:
Nie hast Du recht mich in mir selbst gefunden,
Fremd blieb, zu keck und treibend Dir mein Wesen,
Und so bin ich im Strome Dir verschwunden.
O nenn' drum nicht die schöne Jugendwilde,
Die mit dem Leben und mit seinen Schmerzen
Mag unbekümmert scherzen,
Weil sie die Brust reich fühlt und ernst und milde!
Getrennt ist längst schon uns'res Lebens Reise,
Es trieb' mein Herz durch licht' und dunkle Stunden.
Dem festern Blick erweitern sich die Kreise,
In Duft ist jenes erste Reich verschwunden –
Doch, wie die Pfade einsam sich verwildern,
Was ich seitdem, von Lust und Leid bezwungen,
Geliebt, geirrt, gesungen:
Ich knie' vor Dir in all' den tausend Bildern.
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