Annette von Droste-Hülshoff
1797 - 1848
Gedichte
1844
Gedichte vermischten Inhalts
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Die Taxuswandentstanden 1841/42
Ich stehe gern vor dir,Du Fläche schwarz und rauh,Du schartiges VisierVor meines Liebsten Brau', | |
5 | Gern mag ich vor dir stehen,Wie vor grundirtem Tuch,Und drüber gleiten sehenDen bleichen Krönungszug;
Als mein die Krone hier, |
10 | Von Händen die nun kalt;Als man gesungen mirIn Weisen die nun alt;Vorhang am Heiligthume,Mein Paradiesesthor, |
15 | Dahinter Alles Blume,Und Alles Dorn davor.
Denn jenseits weiß ich sie,Die grüne Gartenbank,Wo ich das Leben früh |
20 | Mit glühen Lippen trank.Als mich mein Haar umwallteNoch golden wie ein Stral,Als noch mein Ruf erschallte,Ein Hornstoß, durch das Thal.
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25 | Das zarte Epheureis,So Liebe pflegte dort,Sechs Schritte – und ich weiß,Ich weiß dann, daß es fort.So will ich immer schleichen |
30 | Nur an dein dunkles Tuch,Und achtzehn Jahre streichenAus meinem Lebensbuch
Du starrtest damals schonSo düster treu wie heut', |
35 | Du, unsrer Liebe ThronUnd Wächter manche Zeit;Man sagt daß Schlaf, ein schlimmer,Dir aus den Nadeln raucht, –Ach, wacher war ich nimmer, |
40 | Als rings von dir umhaucht!
Nun aber bin ich matt,Und möcht an deinem SaumVergleiten, wie ein BlattGeweht vom nächsten Baum; |
45 | Du lockst mich wie ein Hafen,Wo alle Stürme stumm:O, schlafen möcht ich, schlafen,Bis meine Zeit herum! |