Annette von Droste-Hülshoff
1797 - 1848
Gedichte
1844
Zeitbilder
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An die Weltverbessererentstanden 1841
Pochest du an – poch nicht zu laut,Eh' du geprüft des Nachhalls Dauer.Drückst du die Hand – drück nicht zu traut!Eh du gefragt des Herzens Schauer. | |
5 | Wirfst du den Stein – bedenke wohl,Wie weit ihn deine Hand wird treiben.Oft schreckt ein Echo, dumpf und hohl,Reicht goldne Hand dir den Obol,Oft trifft ein Wurf des Nachbars Scheiben.
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10 | Höhlen giebt es am Meeresstrand,Gewalt'ge Stalaktitendome,Wo bläulich zuckt der Fackeln Brand,Und Kähne gleiten wie Phantome.Das Ruder schläft, der Schiffer legt |
15 | Die Hand dir angstvoll auf die Lippe,Ein Räuspern nur, ein Fuß geregt,Und donnernd überm Haupte schlägtZusammen dir die Riesenklippe.
Und Hände giebts im Orient, |
20 | Wie Schwäne weiß, mit blauen Malen,In denen zwiefach Feuer brennt,Als gelt' es Liebesglut zu zahlen;Ein leichter Thau hat sie genäßt,Ein leises Zittern sie umflogen, |
25 | Sie fassen krampfhaft, drücken fest –Hinweg, hinweg! du hast die PestIn deine Poren eingesogen!
Auch hat ein Dämon einst gesandtDen gift'gen Pfeil zum Himmelsbogen; |
30 | Dort rührt' ihn eines Gottes Hand,Nun starrt er in den Aetherwogen.Und läßt der Zauber nach, dann wirdEr niederprallen mit Geschmetter,Daß das Gebirg' in Scherben klirrt, |
35 | Und durch der Erde Adern irrtFortan das Gift der Höllengötter.
Drum poche sacht, du weißt es nichtWas dir mag überm Haupte schwanken;Drum drücke sacht, der Augen Licht |
40 | Wohl siehst du, doch nicht der Gedanken.Wirf nicht den Stein zu jener Höh'Wo dir gestaltlos Form und Wege,Und schnelltest du ihn einmal je,So fall auf deine Knie und fleh', |
45 | Daß ihn ein Gott berühren möge. |