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Als ich von Turin Abschied genommen, blickte ich noch einmal zurück nach der Superga, die von diesem Theil der Stadt recht königlich erhaben erscheint. Die Superga ist eine große Kirche, der Begräbnißort der Könige von Sardinien, und auf einem kegelförmigen, dem Anschein nach isolirten Berge thronend, ist sie gleichsam das Wahrzeichen der Turiner Gegend.
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Susa.
Unter meinem Fenster donnert ein Bergstrom und macht mich frisch und munter. Die Sprache der Gewässer wirkt doch mächtig ein auf das Gemüth des Menschen! -Auf den Bergen zerstreut sind mehrere Ruinen römischer Burgen und die schneeigen Alpen schauen drüber herein. Jene Alpe dort, wenn gleich in Wolken versteckt, berührt mit ihrem eisigen Gipfel das Blaue. Susa, jetzt ein kleines unbedeutendes Städtchen, war sonst eine römische Colonie. Ein Triumphbogen, damals dem Kaiser Augustus zu Ehren errichtet, ist noch übrig geblieben, und steht unversehrt und geborgen in einem Weingarten.
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Am 3. Juni.
Wir übersteigen nun den Mont Cenis. Die Alpen schliessen und öffnen sich abwechselnd und geben dem weiten Thale immer wieder eine neue Gestalt. Der Doria Niparia,
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ein Bergstrom, hat dort tief unten, im Zick-Zack, sich seine Wege gebahnt. Von allen Seiten rauschen oder plätschern Schneebäche von den Alpen und sind so die einzigen Stimmen in dieser Wildniß. Napoleons Straße ist aber meisterlich. Man vermuthet, schon Pompejus habe eine Straße zu schaffen versucht, jedoch Napoleon, im Jahre 1811, wußte in nur fünf Monaten, unter der Leitung eines gewissen Giovanni Fabbroni, und mit der Hülfe von 3000 Arbeitern seinen Plan auszuführen. Die Alpen, immer königlicher, scheinen jetzt selbst in den Himmel eingedrungen zu seyn, denn ihre Spitzen sind dem Auge verborgen, – graue Wolken hängen da in Massen, zwischen welchen das Licht des Eises hie und da blendend glänzt. Im nächsten Monat kommen hierher Savoyarden mit 6000 Kühen gezogen. Während acht Wochen leben sie in Barakken, lassen ihren Kühen zum Schmauß die Alpenkräuter und verfertigen ihre trefflichen Käse. Die Ebene San Nicola ist wohl einer der wildesten Punkte des Mont Cenis. Sie ist berüchtigt wegen der vielen Schneelawinen, die in das enge Thal sich herab wälzen. Nun aber stürzt der geschmolzene Schnee als Wasserfälle von den Felsen, oder durch Bogen, die gebaut wurden, um ihnen lieber freien Lauf unter der Straße zu geben. Auf dem Gipfel des Gebirges ist das Hospital, was schon unter Karl dem Großen errichtet war, und bedeutend verbessert wurde von Napoleon; es ist gut mit doppelten Fenstern gegen die Kälte verwahrt. Ferner ist da eine Kirche, und ein klarer, unergründlicher See dehnt sich durch die Ebene. Er ist das Eigenthum der Mönche des Hospitals, die jährlich
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