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wird, je mächtiger treten dort die Gebirge hervor. Bei Sesto vereint der Tecino sich mit dem See.
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Abends 8 Uhr.
Wir sind in Arona. Vor meinem Fenster ist der Lago Maggiore ausgebreitet. Ich jubele wie ein Kind und sende tausend Küsse hinaus ; – ich freue mich, daß ich lebe, daß ich bin. Dieser See ist freier, die Berge sind noch riesenhafter, als die von Como. Von welchen sanften Formen ist diese Halbinsel, dieser grüne Berg rings umspült von der See. Dort erblicke ich einen schroffen Felsenberg, mit dem Schlosse Boromeo, das der Heilige fünf Jahre einst bewohnte. An dem Fuße des spitzen Hügels dort, der mit der Landstrecke verbunden, liegt das Dörfchen Angera, und himmelhohe Gebirge bilden den Hintergrund. Obgleich es schon dunkel geworden, so seh' ich deutlich auf den Grund des Sees und jede Wolke ist auf der Oberfläche abgezeichnet. Bei Arona, auf einer Anhöhe, paradirt die Statue Boromeo's aus Bronze und in der Stellung, als segne er die Fischer des Sees, – welche als eines der kolossalsten Werke Italiens betrachtet wird.
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Arona.
Mein Geist ist heute entkräftigter, als es mein Körper ist. Alles, was ich denke, ist nichtig, was ich fühle, so |
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frostig, daß es mich selber darüber friert. Das Reisen zerstreut; ich bin nachläßiger im Gebet, und im Lesen der heiligen Schrift. Auch für meinen Beruf bedarf ich wieder neuen Muth.
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Nun, meine liebe Phantasie, zeige, daß du die ewig Frische bist! Es gilt. Wir sind in einem leichten Wägelchen eingepackt und fliegen dahin, um nach drei Stunden langer Fahrt, uns nach Orta und der Insel San Guilio einzuschiffen. Der Himmel regnet, ich gähne und Madame P. sagt: how beautiful it would be, if we could see it. (Wie schön wäre es, wenn wir es sehen könnten!) Wir sind an Ort und Stelle und ein Nachen bringt uns näher zur Insel Orta und San Guilio. Aber sie sehen so weinerlich aus, daß ich selbst darüber weinen möchte. Die Berge coquettiren, im Nebel verborgen, und wir errathen nur ihre Formen und Himmel und See haben ihr glänzendes Blau, die Glorie Italiens, mit einem bescheidenen Aschgrau vertauscht. Es ist heute großes Fest, nämlich: L'assunzione della vergine Maria. Ueberall, wo nur ein Glockenthurm, klingelt es durch die Lüfte. Eben kommen wir durch ein Städtchen, wo in Mitte eines Platzes, und unter einem Bogen, gut vor Regen geschützt, ein Priester die Messe liest, während in den Straßen in langen Reihen vor den Häusern das Volk, unbekümmert des Regens, andächtig kniet.
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