BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Magdalena von Dobeneck

1808 - 1891

 

Briefe und Tagebuchblätter

aus Frankreich, Irland und Italien

 

1843

 

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Ich besprach mich· gestern mit Miß C... über Dichtkunst überhaupt; sie theilte mir manches Schriftliche mit, und ich ihr folgendes Gedicht, das vor mehreren Jahren einmal mir aus der Seele in die Feder geflossen.

 

Jesus der Hirt.

Psalm 23.

 

Wo find ich Seelenweide

Und Wahrheit für den Wahn,

Der flüchtiger als heute,

Mich nicht erquicken kann?

Der stärkste Stab kann brechen,

Der liebste Freund mich fliehn,

Und läßt mir nicht ein Zeichen –

Das, Welt, ist dein Gewinn!

 

Doch süße, gleich der Flöte,

Ruft mich ein süßer Ton:

"Blick in die Morgenröthe

Hinauf zu Gottes Thron.

Er hat mich hergesendet,

Der Vater gibt mich dir,

Und wer zu mir sich wendet

Hat Frieden dort und hier!

 

Vom irdischen Vergehen

Führ' ich zum ew'gen Blüh'n,

Die grünen Palmen wehen

an ew'ger Sonne Glüh'n

Und führt durchs Thal der Schrecken

Noch einmal deine Bahn –

Zum Lichte wird dich wecken

Der Hirt, Er ging voran.

 

Aus tiefen Finsternissen

Führ' ich zur grünen Au,

Wo meine Worte fließen

Gleich mildem Frühlingsthau.

Da tränk' ich dürre Herzen

Am Born der Seligkeit,

Geb' Ruh für bittre Schmerzen

Und Lust für alles Leid.

 

Er ruft mich nicht vergebens

Hinan zu seiner Au!

Zum Bach des frischen Lebens

Wo ich den Hirten schau.

Wer möcht' zu ihm nicht gehen?

Nicht freudig fürder ziehn?

Nach irdischemVergehen

Schau ich dort ew'ges Blüh'n.

 

 

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