BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Magdalena von Dobeneck

1808 - 1891

 

Briefe und Tagebuchblätter

aus Frankreich, Irland und Italien

 

1843

 

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angekommen. Man schellte, pochte vergebens. Meer und Sturm tobten zu heftig, alles übertäubend; endlich zerbrach ein Windstoß das eine Fenster des Salons und nun erst wurde man unsrer gewahr. Mit Würde schwankte ich die Treppe hinauf, die Zähne klapperten mir vor Frost, und ein so heftiges Fieber brach über mich herein, daß ich sogleich das Bette aufsuchen mußte. Von London bis Dover ist aber auch eine gute Strecke. Mit vier englischen Pferden legten wir in sechzig Minuten zehn Meilen zurück.

In Dover verlebte ich noch drei glückliche Tage, denn das Leben der ehrwürdigen Großmama ist still und häuslich, so wie es wohl thut. Die Lage von Dover war mir wieder neu und lieb mit seinem Schloß und hohen Sandsteinfelsen [Kreidefelsen]. Hier ist nicht das Geräusche der großen Welt und die Natur hat auch eine Sprache, die direct zum Herzen dringt. – Nach jenem großen Sturme war die Luft so warm, daß ich ganz leicht gekleidet, mit meiner Emily des Morgens an's Ufer gehen konnte. Die Überfahrt von Dover nach Calais war diesmal besonders begünstigt; der Himmel blau und wolkenlos, ein frisches Lüftchen und das Meer so hoch, daß das Schiff dahin flog wie ein abgeschossener Pfeil. Wir saßen auf dem Verdecke. Um die Seekrankheit zu verhindern, hörte ich, man müße nur fest einen Gegenstand fixieren, sich nicht rühren; mein unbeweglicher Blick galt Frankreichs Küste und dazwischen musterte ich die Schiffsgesellschaft. Ein schmales Männchen, mit einer dicken Pelzmütze, hatte zu seinem  Gegenstand  unsern  Schooßhund,  zu  welchem er

 

unbeweglich hinlächelte; sein Nachbar wühlte in seinen Taschen und zählte; ein Dritter, mit ausgespreizten Füßen, biß unbeweglich in einen Apfel; eine?? blasse, kranke Dame vertrieb sich die Zeit und Seekrankheit damit, daß sie ihren dicken Jungen zuweilen fühlbar tätschelte; ein Anderer sah durch ein Fernrohr und der Capitain trippelte auf dem Verdecke umher. Schon nach drei Stunden landeten wir in Calais. Die ersten französischen Töne waren die der Mauthbeamten, aber doch fand ich sie lieblich, und in meinem Herzen rief es: Willkommen, du liebes Frankreich! – Wir übernachteten in Calais, und nach dreitägiger Fahrt waren wir wieder in Paris. Sogleich lief ich in die Loge unseres Portiers, in der Hoffnung, Briefe zu finden. Ich hatte mich nicht getäuscht. Erst küßte ich, dann las ich Deinen lieben Brief. Tausend Dank, theurer Vater! und die innigsten Segenswünsche müßen unaufhörlich Dich aufsuchen.

 

 

XVIII.

 

Paris, am 4. Januar.   

 

Die Weihnachtsfeiertage sind nun auch vorüber; es war für mich die Zeit des Heimweh's. Da naht die Erinnerung, in jugendlicher Gestalt, mit dem Christbaum der Vergangenheit, so blühend und glänzend, daß die Augen einem davon übergehen. –

Von   wirklichen   Christbäumen   weiß  man  nichts  in

 

 


 

Dover Castle.