|
Invalide der Garde Napoleons wäre mir interessanter. Plötzlich ertönt die gewöhnliche irische Volksmelodie zum Contredanse. Einige Ritter stürzen sich, wie geflügelte Mercure, in die Nebensalons, um ihre Tänzerinnen zu erbeuten. Auch mein Oberst erscheint und wir stellen uns an. Ach! wie langweilig und geisttödtend! Vielleicht kann er mir von der Schlacht bei Waterloo erzählen, so einen Extract dieses wichtigen Tages hätt' ich gerne – ich lenke das Gespräch dahin. Bald sind wir im Plotonfeuer [Platoon fire oder Pelotonfeuer, Feuertaktik der Infantrie], Batterien rechts und links – En avant! ich schwebe als Solotänzerin meinem vis à vis entgegen, wieder zurück. Wie kam es doch, Sir! fragte ich, am sechzehnten Juny zu Ligny war ja die Schlacht für Napoleon vollkommen entschieden und am siebzehnten die preußische Armee in vollem Rückzuge? If you please, Madam! (ist's gefällig!) Chaine anglaise! dröhnte eine Stimme. Der Oberst nahm das Wort. Grouchy, wie Madame vielleicht wissen, verfolgte die preußische Nachhut unter Thielemann, und verliert das Gros der preußischen Armee unter Blücher aus den Augen. Ja, nun erinnere ich mich, es gelesen zu haben. Am achtzehnten, nicht wahr? glaubt Grouchy die ganze preußische Armee vor sich zu haben, während diese auf dem Schlachtfelde von Waterloo erscheint und die Schlacht für Wellington entscheidet. – Eben wird der letzte Accord des Finale gefiedelt. Erschöpft von Schlachten und Siegen, nahm ich wieder mein altes Eckplätzchen ein. Mein kühner Krieger verschwindet, und hat, wie ich eben sehe, ein Gläschen Madeira erobert. Eben will ich mich in die Bibliothek flüchten, als jener junge Irländer,
|
|
derselbe, der Kemble so gut nachahmt, mich zum nächsten Walzer engagirt. Da hilft keine Ausrede. Die Engländer und Irländer meinen nämlich, daß die Deutschen mit einem Walzer auf die Welt kommen, schon in der Wiege walzen. Vergebens! Um das Orchester noch mehr zu heben, muß nun ein nationeller Dudelsack drein quicken. Der Walzer löst sich in eine Galoppe auf. Mein Tänzer fliegt, wie ein englischer Renner, und nur mit Mühe behaupte ich meine deutsche Würde. So mußte ich mich bereits mehrmals für Deutschland fast todt tanzen. Wäre ich zehn Jahre früher in dieser Lage gewesen, da Jünglinge ihr Blut für's Vaterland ungescheut zu verspritzen wünschten, so hätte dieser Opfertanz ihrer Thatkraft sich vollkommen gleich stellen können, denn sich für Deutschland todt tanzen, oder todt schlagen ist im Grunde Eins. –
―――――
Gestern hatte ich zur Abwechslung einige Schrecken durchzumachen. Plötzlich ist Alarm. Es brennt! es brennt! Wo? im Schlosse. Ich eile auf den Corridor. Hier steht Lord N[orthland] am Fenster, und sagt ruhig lächelnd: es brennt – nur im Zimmer des untern Flügels.“ Bald darauf stehe ich auf der einen Terasse des Blumengartens; da fliegt aus dem Fenster des ersten Stocks mit einemmal etwas Schwarzes zu meinen Füßen. Es war nur ein junger Sir, der sich im Nu aufrafft und wie ein Reh im Gebüsch verschwindet. Er hatte sich mit einigen Freunden auf eine neue Art Versteckens eingeübt. Nachmittags trieben
|
|