Adelbert von Chamisso
1781 - 1838
Gedichte in zeitlicher Folge
1816
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Aus der Beeringsstrasseim Sommer 1816.
Die Lieder, die mir unter Schmerz und LustAus jugendlichem Busen sich befreit,Nachklangen wohl, ich bin es mir bewußt,In Derer Herzen, denen sie geweiht;Sei still, mein Herz, und trage den Verlust,Sie klangen, sie verhallten in der Zeit;Mein Lieben und mein Leben sind verhalltMit meinen Liedern, um mich ist es kalt.
Das Leben hat, der Tod hat mich beraubt,Es fallen Freunde, sterben von mir ab,Es senkt sich tief und tiefer schon mein Haupt,Ich setze träumend weiter meinen Stab,Und wanke, müder, als wohl mancher glaubt,Entgegen meinem Ziele, meinem Grab.Es giebt des Kornes wenig, viel der Spreu:Ich pflückte Blumen, sammelte nur Heu.
Das that ich sonst, das tu ich annoch heute,Ich pflücke Blumen und ich sammle Heu;Botanisieren nennen das die Leute,Und anders es zu nennen trag ich Scheu;So schweift das Menschenkind nach trockner BeuteDas Leben und die Welt hindurch, die ReuEreilet ihn, und, wie er rückwärts schaut,Der Abend sinkt, das Haar ist schon ergraut.
So, Bruder, schaudert's mich auf irrer Bahn,Wann düstre Nebel ruhn auf trübem Meer;Beeiste Felsen ruf ich liebend an,Die kalten Massen widerhallen leer;Ich bin in Sprach und Leben ja der Mann,Der jede Sylbe wäget falsch und schwer;Ich kehre heim, so wie ich ausgegangen,Ein Kind, vom greisen Alter schon umfangen.
Wann erst der Palme luft'ge Krone wiederIn tiefer Bläue schlankgetragen ruht,Aus heitrer Höh die mächt'ge Sonne niederZur wonn'gen Erde schaut in reiner Gluth,Dann schmiegen sich durchwärmt die starren GliederUnd minder schwer zum Herzen fließt das Bluth,Dann möchten auch die düstern Träume weichenUnd ich die Hand dir sonder Klage reichen. |