Adelbert von Chamisso
1781 - 1838
Gedichte in zeitlicher Folge
1811
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Winter.
In den jungen TagenHatt ich frischen Muth,In der Sonne StrahlenWar ich stark und gut.
Liebe, Lebenswogen,Sterne, Blumenlust!Wie so stark die Sehnen!Wie so voll die Brust!
Und es ist zerronnen,Was ein Traum nur war;Winter ist gekommen,Bleichend mir das Haar.
Bin so alt geworden,Alt und schwach und blind,Ach! verweht das Leben,Wie ein Nebelwind!
Der Glücksvogel.
Es fliegt ein Vogel in dem Hain,Und singt und lockt: man soll' ihn fangen.Es fliegt ein Vogel in dem Hain,Aus dem Hain in den Wald, in die Welt hinein,In die Welt und über die See.Und könnte wer den Vogel fangen,Der würde frei von aller Pein,Von aller Pein und Weh!
Es fliegt der Vogel in dem Hain,«O könnt ich mir den Vogel fangen!»Es fliegt der Vogel in dem Hain,Aus dem Hain in den Wald, in die Welt hinein,In die Welt und über die See.«O könnt ich mir den Vogel fangen,So würd ich frei von aller PeinVon aller Pein und Weh!»
Der Knabe lief wohl in den Hain;Er will den schönen Vogel fangen:Der Vogel flog wohl aus dem Hain,Aus dem Hain in den Wald, in die Welt hinein,In die Welt und über die See.Und hat der Knab ihn erst gefangen,So wird er frei von aller Pein,Von aller Pein und Weh! |