Jacob Burckhardt
1818 - 1897
Elegie
1839
Text:Hans Trog, Jakob BurckhardtBasler Jahrbuch 1898 (S. 9/10)Faksimile: Basler Jahrbuch 1898
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Elegie.――――――――――
Nichts ist schöner, fürwahr, als jetzt in trauter UmarmungHier im warmen Gemach sich zu ergehn in Geschwätz,Wenn aufwirbelnd der Schnee und niederfallend zugleich sichMengt in grauem Gemisch, deckend die Dächer umher;Wenn, vom Fenster vergnüglich zu sehn, im Garten die KatzeDrückt in den schwellenden Schnee leise die Pfoten hinein,Ob ein Vögelein noch, ein verspätetes wohl sie erhasche;Denn Nachlese des Jahrs hält nun das pfiffige Tier.Wohl geziemet auch uns, Nachlese zu halten, und wahrlich,Besser behagt sie mir oft selbst als das prangende Mahl.Denn nicht faßt es der Mensch, so viel des Guten auf einmalFroh zu genießen und doch jedes zu würdigen recht.Drum hat gütig ein Gott des Sommers lustigen Monden,Wie dem Tage die Nacht, heimlichen Winter gesellt,Daß mit fröhlichem Ernst der Mensch hinschaut in die Zukunft,Und mit freudigem Dank auf das Vergangne zurück,Daß er wiederum liebe des heiligen Herdes Penaten,Wenn in Winter und Sturm schützend das Haus ihn empfängt.Sei uns festlich gegrüßt, du heimliche Stunde der Dämmrung!Komm vom Schranke herab, Lampe, du heiliges Licht!Wahrlich, du leuchtest am schönsten uns vor, wenn selig wir nochmalsWandeln in lieblichem Traum durchs labyrintische Jahr. –Aber wie hoch am Fenster der Schnee sieh thürmet! wie mag's jetztWohl in den Bergen stehn? Freunde, entsinnt ihr euch noch,Wie wir, es sind vier Monate kaum, erstiegen den Gotthard,Und mit ewigem Schnee kühlten den lechzenden Mund?Grau war er wohl, mit Erde vermischt; jetzt fänden wir bessernDraußen im Garten, und doch mundete jener mir gut;Denn Italien liegt an des Bergs jenseitigem Abhang –O wie rufet das Wort laut an das bebende Herz!Dürft' ich! . . . Nicht die Lawinen und nicht die entsetzliche BrückeWürden mich schrecken, es ruft jenes allmächtige Wort.Flüchtige Ruh' nur gönnten wir uns im ärmlichen DorfeJenes verödeten Thals, eilten dann weiter im Schnee,Sähn dann glänzen im Schein des Monds den schaurigen Fieudo,Hörten fernes Geläut leise die Wüste durchziehn;Dann um die Mitte der Nacht in der kleinen Kapelle des KlostersSprachen ein leises Gebet wir vor dem ewigen Licht,Stiegen hinunter darauf ins verheißene Land, und im FestschrittMessend den heiligen Weg, zögen von Stadt wir zu Stadt. –Fern winkt Rom; schon steigt aus dem nebligen Duft der CampagnaAuf ein riesiger Bau über die Stadt und die Welt.Ja, dort werden wir wohnen, von stillen Gärten umgeben,Dort in laulicher Nacht denken an Gott und das Glück;Draußen indes liebkost mit dem Platanos flüsternd die Pinie,Und bald steiget hinauf vom Capitole der Mond . . .Aber was giebt's? die Lampe beginnt dämonisch zu rauchen!Quälet dich Eifersucht, nordisches Lämpchen? o sprich!Ja, dich schmerzet, gesteh's, das Lob des italischen Vollmonds;Ach, auch mich, deinen Herrn, schmerzt und beglückt es zugleich!
Burckhardt ein Liederspiel dichtend“ (Maikäfer, Jg.3, 1842, Nr. 50 vom 13. Dezember)
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