Clemens Brentano
1778 - 1842
Der andere Brentano
Gedichte
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Sentimentale Haushaltung.Fragment.
Und vor der Türe zähleDie Sterne ich alleinDoch gegen Abend stehleIch mich so mit hinein.
Mit seinen Flügeln decketMich da ein selig KindDa fühl ich wohl verstecketWie andre selig sind.
Und wie sie all von LiebeUnd Hieben Brot herschreinJa schier mit Keilen triebeEs eins dem andern ein.
Die liebe gute MutterHat eine SeligkeitVon Kaffee und von ButterUnd von verfloßner Zeit.
Und der verkehrte WilleSpuckt ihr ins AngesichtDurch diese HimmelsstilleEin Kinderquarren bricht.
Und was in schweren TagenMit Not erworben istWird abends da zerschlagenLiegt morgens auf dem Mist.
Und doch von MutterherzenIst keines wohl so sehr,Von selgen LiebesschmerzenIst es auch nimmer leer.
Und weil sein ganzer HimmelDie lieben Kinder sind,Erdrückt sie im Getümmel. . . . . . . . . . . . . . . . Kind.
Und weil unendlich SehnenIhr einz'ger . . . . . . . . . . . Lust,Zerkeltert sie zu TränenDie Kinder an der Brust.
Sie wirft aus Lieb die BullenMit Bier am Boden um,Und ewge ButterstullenDie schwimmen drin herum.
Es pißt in alle EckenDas liebe Willecken,Das läßt sich kaum bedeckenMit einem Stüllecken.
Und Flöhe, Spinnen, Wanzen,Und Fliegen lieben dies,Sie hüpfen, kriechen, tanzenIn diesem Paradies.
Das wird dann mit Empfindung,So eben hin verschmiert,O herrliche Erfindung!Wie man den Himmel ziert.
Und weiter ist da seligAuch eine alte MagdDie geizig, näschig, schmählichDen Kaffeesatz zerplagt.
Sie bricht bei jedem GangeDie Lügen vor dem StrauchDie alte FeuerzangeHat einen Doppelbauch.
Es findet um die WetteIm ersten KaffeesatzIm zweiten, ihrem Bette,Wohl jede Feder Platz.
Und wenn sie müd vom StehlenIns Bett zu gehen lügt,Hört man sie Taler zählenDie ihr der Geiz erpflügt.
Mit ihren HabichtskrallenSie jed Gefäß zerbrichtLäßt Topf und Teller fallenDen Kaffeetopf nur nicht.
Vom Abend bis zur FrüheVerstellt jed OfenlochMit ekler SirupsbrüheDer grobe Sudelkoch.
Dann kommt noch eine AmmeZu dieser Seligkeit,Man frage bei dem SchwammeNach ihrer Reinlichkeit.
Verstockt und dumm hoffärtig,Grob, traurig, starr wie Zwilch,Doch aller Huld gewärtigOb ihrer Menschenmilch.
Es schwimmt im SudelkübelEin delikater HechtWie Fühlkraut so sensibelUnd nichts ist ihr ganz recht,
Es gießt die MaritorneIn diesem GnadehausDas Kind wohl oft im ZorneMitsamt dem Bade aus.
Und immer heißts die AmmeHat dies und jenes nicht,Man flickt am GossendammeIndes der Dachstuhl bricht.
Und zu den SeligkeitenKommt noch ein Jüngferlein,Schwankt noch von allen Seiten,Und steht auf keinem Bein.
Und möchte gern spazierenUnd doch auch fleißig sein,Möcht lernen musizierenMit faulen Fingerlein.
Sie näht Geburtstagspuppen,Und macht ein schön Gedicht,Doch armer Leute SuppenZu kochen weiß sie nicht.
Bei Tag nicht in der KücheDas Kind ist gar zu schwachAm Abend Bibelsprüche,Roman und Almanach.
Sie ist erst fünfzehn Jahre,. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Und schrie wohl von der BahreVor einer Spinne auf,
Wenn sie die Not erkennte,Die täglich sie umgibt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Entstanden um 1808 |