BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Daniel Stoppe

1697 - 1747

 

Erste Sammlung von Daniel Stoppes Siles.

Teutschen Gedichten

 

1728

 

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S. 98

Cantata.

 

Aria.

 

Geld, Geld, Geld

Ist die Quint-Essenz der Welt.

Wind im Kopffe, Geld im Beutel:

Ausser dem ist alles eitel,

Und läst seinen Mann verhungern,

Wenn das angenehme Geld

Schmaust und offne Tafel hält.

 

Recit.

 

In dieser Geld-begiergen Zeit

Ist der Verstand

Ein liederliches Pfand,

Auf welches niemand leicht zwey Groschen leiht.

Ein Sperling, der vom Dache fällt,

Gilt leider in der Welt

Mehr, als ein tugendsam Gemüthe.

Der arme Adl vom Geblüte

Verliehrt den Vorzug der Geburt und muß sich offt aus Noth beqvemen,

Wenn reiche Narren oben gehn, den Platz zur lincken Hand zu nehmen.

Man freyt nicht mehr nach Witz und Tugend:

Das Alter selbst erhält

Das Jawort von der ecklen Jugend,

So fern das angenehme Geld

Der Braut das Wort zu reden weiß.

Geld ist der beste Zimmermann,

Der alte Runzeln gleiche dielen kan.

Geld übertrifft die schönste Schmincke,

Und wäre das Gesicht so häßlich als ein Schincke,

Der voller Finnen ist. Dukaten drüber her!

So finden sich der Freyer mehr

Als Dohlen um den Galgen fliegen.

 

Aria.

 

Den Schlüssel zu dem heutgen Glücke

Ertapt wohl niemand ohne Geld.   Fin.

Geld kan Thoren hoch erheben

Und der Wahl den Ausschlag geben,

Wenn der Mangel der Verdienste noch so starck ins Auge fällt.   Da Capo.

 

Recit.

 

Geld schleust die Cantzeln auf, setzt Narren in das Ammt

Und läst die Boßheit offt in Dörffern und in Städten

An Gottes Stelle treten;

Der Eyfer Petri schläfft, der Simons Hand verdammt.

Das Recht verkaufft man in der Welt

Vor baares Geld;

Und fällt der Einkauff manchmal schwer,

So kommts daher,

Je rarer etwas ist, je theurer schafft mans an,

So daß man einen Rechtsgelehrten nicht leichte drum verdencken kan,

Wenn sich sein Fleiß bemüht,

Die seltzame Gerechtigkeit, die man nicht alle Tage sieht,

Fein theuer an den Mann zu bringen.

Die Musen werden sich noch eh zu Tode singen,

Eh ihre Harmonie dem Pöbel wohlgefällt,

Wel ihnen nicht das Geld

So Tackt als Weise giebt.

Dis darff niemanden Wundr nehmen:

So fern die Engel selbst vom Himmel zu uns kämen,

Und hätten nicht wie die galanten Prahler

Die Hosen voller harten Thaler,

So würden sie in kurtzem auf der Erden,

Wie sonst ein 90. jährger Mann den Kindern zum Gespötte werden.

Dis merckt auch, die ihr in der Welt

Auf einen Edelmann studiret, studirt nur erst auf Geld,

Das andre giebt sich von sich selbsten.

 

Aria.

 

Die gröste Kunst ist Geld zu machen,

Auffs Geld kommt endlich alles an.   Fin.

Wer dieses Handwerck nicht verstehet,

Und mit der Weißheit betteln gehet,

Der ist wahrhafftig schlimm daran.   Da Capo.

 

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Recit.

 

Wohlan! Reist alle Schulen ein,

Die ohne dem nichts nütze seyn,

Schmeist Bänck und Lehr-Stuhl um, werfft Buch und Dinte hin,

Spahrt Feder und Pappier und last den wilden Sinn

Der Kinder, die ihr habt, im eignen Sode gehen.

Denn lernen sie schon nichts verstehen,

Was schadet dieses euch?

Verstand macht ohne dem nicht reich.

Nehmt die Jungen aus der Schul, last sie davor Pilze suchen,

Gebt den Mägden statt des Psalters Zwirn und Nadel in die Hand!

Das verlohnt sich noch der Mühe. Lernen ist ein eitler Tand,

Und bringt wenig Brodt ins Hauß.

 

Aria.

 

Adieu Verstand und Witz! Ich lebe mit der Welt,

Und halte mich an's Geld.

Wer Geld im Kasten hat, der hat zugleich die Leiter,

Vermöge welcher offt der ärgste Bärenhäuter

Ans Bret der Ehren steigt und Würd' und Ammt erhält.

Adieu Verstand und Witz! Ich lebe mit der Welt,

Und halte mich ans Geld.