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- W u n d e r l i c h e
F a t a e i n i g e r
S e e f a h r e r
1 . T e i l ( 1 7 3 1 )
A n h a n g :
L e b e n s b e s c h r e i b u n g
d e s D o n C y r i l l o
S e i t e 4 8 9 - 5 2 2
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Anhang
Der Pag. 182.
versprochenen
Lebens=Beschreibung
Des
DON CYRILLO
DE
VALARO,
aus seinem Lateinischen Ma-
nuscript ins deutsche übersetzt.
[490]
D . C . d e V a l a r o .
ICh, Don Cyrillo de Valaro, bin im Jahr nach Christi Geburt 1475. den 9. Aug. von meiner Mutter Blanca de Cordoua im Feld=Lager unter einem Gezelt zur Welt gebracht worden. Denn mein Vater Don Dionysio de Valaro, welcher in des neuen Castilianischen Königs Ferdinandi Kriegs=Dienste, als Obrister über ein Regiment Fuß=Volck getreten war, hatte meine Mutter mit sich geführet, da er gegen den Portugisischen König Alphonsum mit zu Felde gehen muste. Dieser Alphonsus hatte sich mit der Joanna Henrici des IV. Königs in Castilien Tochter, welche doch von jedermann vor ein Bastard gehalten wurde, verlobet, und dieserwegen nicht allein den Titul und Wapen von Castilien angenommen, mithin unserm Ferdinando die Crone disputirlich gemacht, sondern sich bereits vieler Städte bemächtiget, weilen ihn, so wohl König Ludwig der XI. aus Franckreich, als auch viele Grandes aus Castilien starck zu sekundiren versprochen. Nachdem aber die Portugiesen im folgenden 1476ten Jahre bey Toro ziemlich geklopfft worden, und mein Vater vermerckte: Daß es wegen des vielen hin= und hermarchirens nicht wohl gethan sey, uns länger bey sich zu behalten, schaffte er meine Mutter und mich zurück nach Madrit, er selbst aber kam nicht ehe wieder zu uns, biß die Portugiesen 1479. bey Albuhera totaliter geschlagen, und zum Frieden gezwungen worden, worbey Alphonsus nicht allein auf Castilien, sondern auch auf seine Braut renuncir=[491]te, Johanna aber, der man jedoch unsern Castilischen Printzen Johannem, ob selbiger gleich noch ein kleines Kind war, zum Ehe=Gemahl versprach, gieng aus Verdruß in ein Closter, weil sie vielleicht gemuthmasset, daß sie nur vexiret würde.
Ich weiß mich, so wahr ich lebe, noch einigermassen der Freude und des Vergnügens, doch als im Traume, zu erinnern, welches ich als ein 4.jähriger Knabe über die glückliche Zurückkunfft meines lieben Vaters empfand, allein wir konten dessen erfreulicher Gegenwart sehr kurtze Zeit geniessen, denn er muste wenige Wochen hernach dem Könige, welcher ihn nicht allein zum General bey der Armee, sondern auch zu seinem Geheimbden Etaats=Ministre mit ernennet, bald nach Arragonien folgen, weiln der König, wegen des Absterbens seines höchst seel. Herrn Vaters, in diesem seinen Erb=Reiche die Regirung gleichfalls antrat. Doch im folgenden Jahre kam mein Vater nebst dem Könige abermals glücklich wieder zurück, und erfreuete dadurch mich und meine Mutter aufs neue, welche ihm mittler Zeit noch einen jungen Sohn gebohren hatte.
Er hatte damals angefangen seine Haußhaltung nach der schönsten Beqvemlichkeit einzurichten, und weil ihm nicht so wohl der Krieg, als des Königs Gnade zu ziemlichen Baarschafften verholffen, verschiedene Land Güter angekaufft; indem er auf selbigen sein gröstes Vergnügen zu empfinden verhoffte. Allein da mein Vater in der besten Ruhe zu sitzen gedachte, nahm der König Anno 1481. einen Zug wider die Granadischen Mauros vor, und mein [492] Vater muste ihm im folgenden 1482ten Jahr 10000. neugeworbenen Leuten nachfolgen. Also verließ er uns abermals zu unsern grösten Mißvergnügen, hatte aber vorhero noch Zeit gehabt, meiner Mutter Einkünffte und das, was zu seiner Kinder Standesmäßiger Erziehung erfodert wurde, aufs Beste zu besorgen. Im Jahre 1483. war es zwischen den Castilianern und Mohren, bey Malacca zu einem scharffen Treffen gekommen, wobey die Erstern ziemlich gedränget, und mein Vater fast tödtlich verwundet worden, doch hatte er sich einigermassen wieder erholet, und kam bald darauff nach Hause, um sich völlig ausheilen zu lassen.
Der König und die Königin liessen ihm beyderseits das Glück ihres hohen Besuchs geniessen, beschenckten ihn auch mit einer starcken Summe Geldes, und einem vortrefflichen Land=Gute, mich aber nahm der König, vor seinen jungen Printzen Johannem, der noch 3. Jahr jünger war als ich, zum Pagen und Spiel=Gesellen mit nach Hofe, und versprach, mich bey ihm auf Lebens=Zeit zu versorgen. Ob ich nun gleich nur in mein zehendtes Jahr gieng, so hatte mich doch meine Mutter dermassen gut erzogen, und durch geschickte Leute erziehen lassen, daß ich mich gleich von der ersten Stunde an, nicht allein bey den Königl. Kindern, sondern auch bey dem Könige und der Königin selbst, ungemein beliebt machen konte. Und da sich eine besondere natürliche Fertigkeit bey mir gezeiget, hatte der König allen Sprach= und Exercitien=Meistern ernstlichen Befehl ertheilet, an meine Person so wohl, als an seinen eigenen Sohn, den allerbesten Fleiß zu wen=[493]den, welches denn nebst meiner eigenen Lust und Beliebung so viel fruchtete: Daß mich ein jeder vor den Geschicktesten unter allen meinen Kameraden halten wolte.
Mittlerweile war mein Vater aufs neue wieder zu Felde gegangen, und hatte, nicht allein wegen seiner Verwundung, an denen Mohren in etlichen Scharmützeln ziemliche Rache ausgeübt, sondern auch vor den König viele Städte und Plätze einnehmen helffen, bey welcher Gelegenheit er auch zu seinem Theile viele Schätze erobert, und dieselben nach Hause geschickt hatte. Allein im Jahr 1491. da die Stadt Granada mit 50000. Mann zu Fuß, und 12000. zu Roß angegriffen, und der König Boabdiles zur Ubergabe gezwungen wurde, verlohr mein getreuer und Heldenmüthiger Vater sein edles Leben darbey, und zwar im allerletzten Sturme auf den erstiegenen Mauren.
Der König bekam die Briefe von dieser glücklichen Eroberung gleich über der Tafel zu lesen, und rieff mit vollen Freuden aus: GOTT und allen Heiligen sey gedanckt! Nunmehro ist die Herrschafft der Maurer, welche über 700. Jahr in Spanien gewähret, glücklich zu Grunde gerichtet. Derowegen entstunde unter allen, so wohl hohen als niedrigen Bedienten, ein allgemeines jubiliren, da er aber die Liste von den ertödteten und verwundeten hohen Kriegs=Bedienten zur Hand nahm, und unter andern lase: Daß Don Dyonisio de Valaro, als ein Held mit dem Degen in der Faust, auf der Mauer gestorben sey, vergiengen mir auf einmahl alle meine 5. Sinne dermassen, daß ich hinter dem [494] Cron=Printzen ohnmächtig zur Erden niedersincken muste.
Es hatte dem mittleydigen Könige gereuet, daß er sich nicht vorhero nach mir umgesehen, ehe er diese klägliche Zeitung, welche ihm selbst sehr zu Hertzen gieng, laut verlesen. Jedoch so bald mich die andern Bedienten hinweg und in mein Bette getragen, auch in etwas wieder erfrischet hatten, besuchte mich nicht allein der Cron=Printz mit seiner 13.jährigen Schwester Johanna, sondern die Königin selbst mit ihrem vornehmsten Frauenzimmer. Dem ohngeacht konte ich mein Gemüthe, wegen des jämmerlichen Verlusts meines so lieben und getreuen Vaters, nicht sogleich besänfftigen, sondern vergoß etliche Tage nach einander die bittersten Thränen, biß mich endlich der König vor sich kommen ließ und folgendermassen anredete: Mein Sohn Cyrillo de Valaro, wilstu meiner fernern Gnade geniessen, so hemme dein Betrübniß wenigstens dem äuserlichen Scheine nach, und bedencke dieses: Daß ich an dem Don Dionysio de Valaro, wo nicht mehr, doch eben so viel als du verlohren, denn er ist mein getreuer Diener gewesen, der keinem seines gleichen den Vorzug gelassen, ich aber stelle mich selbst gegen dich an seine Stelle und will dein Versorger seyn, hiermit sey dir sein erledigtes Regiment geschenckt, worüber ich dich gleich jetzo zum Obristen bestellen und zum Ritter schlagen will, jedoch sollstu nicht ehe zu Felde gehen, sondern bey meinem Cron=Printz bleiben, biß ich euch beyde ehestens selbst mit mir nehme. Ich that hierauff dem Könige zur Danckbarkeit einen Fußfall, und empfohl mich seiner be=[495]ständigen Gnade, welcher mir sogleich die Hand darreichte, die ich in Unterthänigkeit küssete, und von ihm selbst auf der Stelle zum Ritter geschlagen wurde, worbey ich die gantz besondere Gnade hatte, daß mir die Princeßin Johanna das Schwerdt umgürtete, und der Cron=Printz den rechten Sporn anlegte.
Solchergestallt wurde mein Schmertzen durch Königliche besondere Gnade, und durch vernünfftige Vorstellungen, nach und nach mit der Zeit ziemlich gelindert, meine Mutter aber, nebst meinem eintzigen Bruder und zweyen Schwestern, konten sich nicht so bald beruhigen, und weil die erstere durchaus nicht wieder Heyrathen wolte, begab sie sich mit meinem Geschwister aus der Residentz=Stadt hinweg auf das Beste unserer Land=Güter, um daselbst ruhig zu leben, und ihre Kinder mit aller Vorsicht zu erziehen.
Immittelst ließ ich mir die Ubung in den Waffen, wie auch in den Kriegs= und andern nützlichen Künsten dermassen angelegen seyn, daß sich in meinem 18den Jahre kein eintziger Ritter am Spanischen Hofe schämen durffte mit mir umzugehen, und da bey damahligen ziemlich ruhigen Zeiten der König vielfältige Ritter= und Lust=Spiele anstellete, fand ich mich sehr eiffrig und fleißig darbey ein, kam auch fast niemals ohne ansehnlichsten Gewinst darvon.
Am Geburts=Tage der Princeßin Johanna wurde bey Hofe ein prächtiges Festin gegeben, und fast die halbe Nacht mit Tantzen zugebracht, indem aber ich, nach dem Abschiede aller andern, mich eben=[496]falls in mein Zimmer begeben wolte, fand ich auf der Treppe ein kleines Päcklein, welches in ein seidenes Tüchlein eingewickelt und mit Gold=Faden umwunden war. Ich machte mir kein Bedencken diese so schlecht verwahrte Sache zu eröffnen, und fand darinnen, etliche Elen grün mit Gold durchwürcktes Band, nebst dem Bildnisse einer artigen Schäferin, deren Gesicht auf die Helffte mit einem grünen Schleyer verdeckt war, weil sie vielleicht nicht von allen und jeden erkandt werden wolte. Uber dieses lag ein kleiner Zettel mit folgenden Zeilen darbey:
Geliebter Ritter!
ihr verlanget von mir mein Bildniß nebst einer Liberey, welches beydes hiermit aus gewogenen Hertzen übersende. Seyd damit bey morgenden Turnier glücklicher, als voriges mahl, damit ich eurentwegen von andern Damen keine Stichel=Reden anhören darff, sondern das Vergnügen habe, eure sonst gewöhnliche Geschicklichkeit mit dem besten Preise belohnt zu sehen. Lebet wohl und gedencket eurer
Freundin.
Meine damahlige Schalckhafftigkeit wiederrieth mir denjenigen auszuforschen, dem dieses Paquet eigentlich zukommen solte, bewegte mich im Gegentheil diese Liberey, nebst dem artigen Bildnisse der Schäferin, bey morgenden Lantzenbrechen selbst auf meinem Helme zu führen. Wie gedacht, so [497] gemacht, denn am folgenden Morgen band ich die grüne Liberey nebst dem Bildnisse auf meinen Helm, legte einen gantz neuen Himmelblauen mit goldenen Sternlein beworffenen Harnisch an, und erschien also gantz unerkannt in den Schrancken mit meinem Schilde, worinnen ein junger Adler auf einem ertödten alten Adler mit ausgebreiteten Flügeln sitzend, und nach der Sonne sehend, zur Devise gemahlt war. Die aus dem Horatio genommene Beyschrifft lautete also:
Non possunt aquilæ generare columbam.
Deutsch:
Es bleibet bey dem alten Glauben,
Die Adler hecken keine Tauben.
Kaum hatte ich Zeit und Gelegenheit gehabt meine Kräffte an 4. Rittern zu probiren, worvon 3. wanckend gemacht, den 4ten aber gäntzlich aus dem Sattel gehoben und in den Sand gesetzt, als mir ein unbekandter Schild=Knabe einen kleinen Zettel einhändigte, auf welchen folgende Zeilen zu lesen waren.
Verwegener Ritter,
ENtweder nehmet sogleich dasjenige Bildniß und Liberey, welches ihr unrechtmäßiger Weise auf eurem Helme führet, herunter, und liefert es durch Uberbringern dieses seinem Eigenthums Herrn ein, oder seyd gewärtig, daß nicht allein euern bereits ziemlich erworbenen Ruhm nach Kräfften verdunckeln, sondern euch Morgen Früh [498] auf Leib und Leben ausfodern wird:
Der Verehrer der schönen Schäferin.
Auf diese trotzige Schrifft gab ich dem Schild=Knaben mündlich zur Antwort: Sage demjenigen, der dich zu mir geschickt: Woferne er seine Anfoderung etwas höflicher an mich gethan, hätte ich ihm mit Vergnügen willfahren wollen. Allein seiner unbesonnenen Drohungen wegen, wolte ich von heute durchaus meinen eigenen Willen haben.
Der Schild=Knabe gieng also fort, und ich hatte die Lust denjenigen Ritter zu bemercken, welchem er die Antwort überbrachte. Selbiger, so bald er mich kaum ein wenig müßig erblickt, kam gantz hochmüthig heran getrabet, und gab mir mit gantz hönischen Stellungen zu verstehen: Daß er Belieben habe mit mir ein= oder etliche Lantzen zu brechen. Er trug einen Feuerfarbenen silber gestreifften Harnisch, und führete einen blaß blauen Feder=Stutz auf seinem Helme, welcher mit schwartz und gelben Bande umwunden war. In seinem Schilde aber zeigte sich das Gemählde des Apollinis, der sich einer jungen Nymphe, Isse genannt, zu gefallen, in einen Schäfer verstellet, mit den Bey=Worten: Similis simili gaudet, als wolte er deutlich dieses zu verstehen geben:
Isse meine Schäferin
Machts, daß ich ein Schäfer bin.
Ich vermerckte sogleich bey Erblickung dieser Devise, daß der arme Ritter nicht allzuwohl unter dem Helme verwahret seyn müsse. Denn wie schlecht reimete sich doch der Feuerfarbene Harnisch nebst dem blaulichen Feder=Stutze, auch gelb und [499] schwartzen Bande zu der Schäferischen Liebes=Grille? Indem mir aber das fernere Nachsinnen durch meines Gegners Anrennen unterbrochen wurde, empfieng ich ihn mit meiner hurtig eingelegten Lantze zu ersten mahle dermassen, daß er auf beyden Seiten Bügel loß wurde, und sich kaum mit Ergreiffung seines Pferdes Mähne im Sattel erhalten konte. Dem ohngeacht versuchte er das andere Rennen, wurde aber von meinem hefftigen Lantzen=Stosse so gewaltig aus dem Sattel gehoben, daß er halb ohnmächtig vom Platze getragen werden muste. Solchergestalt war der verliebte Feuerfarbene Schäfer vor dieses mahl abgefertiget, und weil ich mich die übrige Zeit gegen andere noch ziemlich hurtig hielt, wurde mir bey Endigung des Turniers von den Kampf=Richtern der andere Preiß zuerkannt, welches ein vortrefflicher Maurischer Säbel war, dessen güldenes Gefässe mit den kostbarsten Edel=Steinen prangete. Die Printzeßin Johanna hielt mir denselben mit einer lächlenden Geberde schon entgegen, da ich noch wohl 20. Schritte biß zu ihrem auferbaueten Throne zu thun hatte, indem ich aber auf der untersten Staffel desselben nieder kniete, und meinen Helm abnahm, mithin mein blosses Gesichte zeigte, stutzte nicht allein die Princeßin nebst ihren andern Frauenzimmer gewaltig, sondern Dero liebstes Fräulein, die Donna Eleonora da Sylva, sanck gar in einer Ohnmacht darnieder. Die Wenigsten mochten wohl errathen können, woher ihr dieser jählinge Zufall kam, und ich selbst wuste nicht, was es eigentlich zu bedeuten hatte, machte mich aber in noch währen=[500]den Auflauffe, nachdem ich meinen Gewinst empfangen, ohne von andern Rittern erkannt zu werden, gantz hurtig zurücke.
Zwei Tage hernach wurde mir von vorigen Schild=Knaben ein Cartell folgendes Innhalts eingehändiget:
Unredlicher Ritter,
SO kan man euch mit gröstem Rechte nennen, indem ihr nicht allein einem andern, der besser ist als ihr, dasjenige Kleinod listiger Weise geraubt, welches er als seinen kostbarsten Schatz geachtet, sondern euch über dieses frevelhafft unterstanden habt, solches zu seinem Verdruß und Spott öffentlich auf dem Helme zu führen. Jedoch man muß die Boßheit und den Unverstand solcher Gelb=Schnäbel bey zeiten dämpffen, und euch lehren, wie ihr mit würdigen Leuten umgehen müsset. Es ist zwar leichtlich zu erachten, daß ihr euch wegen des letztern ohngefähr erlangten Preises beym Lantzenbrechen, das Glücke zur Braut bekommen zu haben, einbildet; Allein wo ihr das Hertz habt, Morgen mit Aufgang der Sonnen, nebst nur einem eintzigen Beystande, auf der grossen Wiese zwischen Madrit und Aranjuez zu erscheinen; wird sich die Mühe geben, euch den Unterschied zwischen einem lustbaren Lantzen=brechen und ernstlichen Schwerdt=Kampffe zu lehren, und den Kindischen Frevel zu bestraffen,
euer abgesagter Feind.
[501] Der Uberbringer dieses, wolte durchaus nicht bekennen, wie sein Herr mit Nahmen hiesse, derowegen gab ihm nur an denselben folgende wenige Zeilen zurück:
Frecher Ritter!
WOferne ihr nur halb so viel Verstand und Klugheit, als Prahlerey und Hochmuth besasset, würdet ihr rechtschaffenen Leuten wenigstens nur etwas glimpflicher zu begegnen wissen. Doch weil ich mich viel lieber mit dem Schwerdt, als der Feder gegen euch verantworten, und solchergestalt keine Ursach geben will, mich vor einen zaghafften Schäfer=Courtisan zu halten, so verspreche Morgen die bestimmte Zeit und Ort in acht zu nehmen, daselbst soll sich zeigen daß mein abgesagter Feind ein Lügner, ich aber sey
Don Cyrillo de Valaro.
Demnach begab ich mich noch selbigen Abend nebst dem Don Alfonso de Cordua, meiner Mutter Bruders Sohne, den ich zum Beystande erwählet hatte, aus Madrit in das allernächst der grossen Wiese gelegene Dorff, allwo wir über Nacht verblieben, und noch vor Aufgang der Sonnen die grosse Wiese betraten. Mein Gegner, den ich an seinen Feuerfarbenen Harnisch erkannte, erschien zu bestimmter Zeit, und konte mich ebenfalls um so viel desto eher erkennen, weil ich das grüne Band, nebst dem Bilde der Schäferin, ihm zum Trotz abermahls wieder auf den Helm gebunden [502] hatte. Er gab mir seinen Verdruß und die Geringschätzung meiner Person, mit den allerhochmüthigsten Stellungen zu erkennen, jedoch ich kehrete mich an nichts, sondern fieng den verzweiffeltesten Schwerdt=Kampf mit meinem annoch unbekandten Feinde an, und brachte ihn binnen einer halben Stunde durch verschiedene schwere Verwundungen dahin, daß er abermahls halb todt und gäntzlich Krafftloß zur Erden sincken muste. Indem ich aber hinzu trat und seinen Helm öffnete, erkannte ich ihn vor den Sohn eines Königlichen Etaats=Bedienten, Nahmens Don Sebastian de Urrez, der sich auf die Gnade, so der König seinem Vater erzeigte, ungewöhnlich viel einbildete, sonsten aber mehr mit Geld und Gütern, als Adelichen Tugenden, Tapffer= und Geschicklichkeit hervor zu thun wuste. Mir war bekandt, daß ausser einigen, welche seines Vaters Hülffe bedurfften, sonst niemand von rechtschaffenen Rittern leicht mit ihm umzugehen pflegte, derowegen wandte mich mit einer verächtlichen Mine von ihm hinweg, und sagte zu den Umstehenden: Daß es mir hertzlich leyd sey, meinen allerersten ernstlichen Kampff mit einem Haasen=Kopffe gethan zu haben, weßwegen ich wünschen möchte, daß niemand etwas darvon erführe, setzte mich auch nebst meinem Secundanten Don Alfonso, der seinen Gegner ebenfalls sehr blutig abgespeiset hatte, sogleich zu Pferde, und ritten zurück nach Madrit.
Der alte Urrez hatte nicht bloß dieses Kampffs, sondern seines Sohnes hefftiger Verwundung wegen, alle Mühe angewandt mich bey dem Könige [503] in Ungnade zu setzen, jedoch seinen Zweck nicht erreichen können, denn wenig Tage hernach, da ich in dem Königl. Vor=Gemach aufwartete, rief mich derselbe in sein Zimmer, und gab mir mit wenig Worten zu verstehen: Wie ihm meine Hertzhafftigkeit zwar im geringsten nicht mißfiele, allein er sähe lieber, wenn ich mich vor unnöthigen Händeln hütete, und vielleicht in kurtzen desto tapfferer gegen die Feinde des Königs bezeugte. Ob ich nun gleich versprach, mich in allen Stücken nach Ihro Majest. allergnädigsten Befehlen zu richten; so konte doch nicht unterlassen, bey dem bald darauf angestellten Stier=Gefechte, so wohl als andere Ritter, einen Wage=Hals mit abzugeben, dabey denn einen nicht geringen Ruhm erlangete, weil drey unbändige Büffel durch meine Faust erlegt wurden, doch da ich von dem Letzten einen ziemlichen Schlag an die rechte Hüffte bekommen hatte, nöthigte mich die Geschwulst, nebst dem geronnenen Geblüte, etliche Tage das Bette zu hüten. Binnen selbiger Zeit lief ein Schreiben folgenden Innhalts bey mir ein:
Don Cyrillo de Valaro.
WArum wendet ihr keinen bessern Fleiß an, euch wiederum öffentlich frisch und gesund zu zeigen? Denn glaubet sicherlich, man hat zweyerley Ursachen, eurer Aufführung wegen schwere Rechenschafft zu fordern, erstlich daß ihr euch unterstanden, beim letzten Turnier eine frembde Liberey zu führen, und vors andere, daß ihr kein Bedencken getragen, eben dieselbe beym Stier=[504]Gefechte leichtsinniger Weise zurück zu lassen. Uberlegt wohl, auf was vor Art ihr euch redlicher Weise verantworten wollet, und wisset, daß dennoch mit euren itzigen schmertzhafften Zustande einiges Mittleyden hat
Donna Eleonora de Sylva.
Ich wuste erstlich nicht zu begreiffen was dieses Fräulein vor Ursach hätte, mich, meiner Aufführung wegen zur Rede zu setzen; biß mir endlich mein Leib=Diener aus dem Traume halff. Denn dieser hatte von der Donna Eleonora vertrauten Aufwärterin so viel vernommen, daß Don Sebastian de Urrez bey selbigen Fräulein bißhero in ziemlich guten Credit gestanden, nunmehro aber denselben auf einmahl gäntzlich verlohren hätte, indem er sie wahnsinniger Weise einer groben Untreue und Falschheit beschuldigte. Also könnte ich mir leichtlich die Rechnung machen, daß Eleonora, um sich rechtschaffen an ihm zu rächen, mit meiner Person entweder eine Schertz= oder Ernsthaffte Liebes=Intrigue anzuspinnen suchte.
Diese Muthmassungen schlugen keines weges fehl, denn da ich nach völlig erlangter Gesundheit im Königlichen Lust=Garten zu Buen=Retiro Gelegenheit nahm mit der Eleonora ohne beyseyn anderer Leute zu sprechen, wolte sie sich zwar anfänglich ziemlich kaltsinnig und verdrießlich stellen, daß ich mir ohne ihre Erlaubniß die Freyheit genommen, dero Liberey und Bildniß zu führen; jedoch so bald ich nur einige trifftige Entschuldigungen nebst [505] der Schmeicheley vorgebracht, wie ich solche Sachen als ein besonderes Heiligthum zu verehren, und keinem Ritter, wer der auch sey, nicht anders als mit Verlust meines Lebens, zurück zu geben gesonnen wäre, fragte sie mit einer etwas gelaßnern Stellung: Wie aber, wenn ich dasjenige, was Don Sebastian nachlässiger Weise verlohren, ihr aber zufälliger Weise gefunden, und ohne meine Vergünstigung euch zugeeignet habt, selbst zurück begehre? So muß ich zwar, gab ich zur Antwort, aus schuldigen Respect eurem Befehle und Verlangen ein Genügen leisten, jedoch dabey erkennen, daß ihr noch grausamer seyd als das Glücke selbst, über dessen Verfolgung sich sonsten die Unglückseeligen eintzig und allein zu beklagen pflegen. Es ist nicht zu vermuthen, sagte sie hierauff, daß euch hierdurch eine besondere Glückseeligkeit zuwachsen würde, wenn gleich dergleichen Kleinigkeiten in euren Händen blieben. Und vielleicht darum, versetzte ich, weil Don Sebastian eintzig und allein bey eurer schönen Person glückseelig seyn und bleiben soll? Unter diesen Worten trat der Donna Eleonora das Blut ziemlich in die Wangen, so daß sie eine kleine Weile inne hielt, endlich aber sagte: Seyd versichert Don Valaro daß Urrez zeit seines Lebens weniger Gunst=Bezeugungen von mir zu hoffen hat, als der allergeringste Edelmann, denn ob ich mich gleich vor einiger Zeit durch gewisse Personen, die ich nicht nennen will, bereden lassen, vor ihn einige Achtbarkeit, oder wohl gar einige Liebe zu hegen, so ist mir doch nunmehro seine ungeschickte und pöbelhaffte Aufführung besser bekannt und zum rechten Eckel [506] und Abscheu worden. Ich weiß ihm, sprach ich darauff, weder böses noch guts nachzusagen, ausser dem, daß ihn wenig rechtschaffene Ritter ihres Umgangs gewürdiget. Allein er ist nicht darum zu verdencken, daß er dergleichen Schmach jederzeit wenig geachtet, indem ihn das Vergnügen, sich von dem allerschönsten Fräulein am gantzen Hofe geliebt zu sehen, dieserhalb sattsam trösten können.
Donna Eleonora vermerckte vielleicht, daß sie ihre gegen sich selbst rebellirenden Affecten in die Länge nicht würde zwingen können, denn sie muste sich freylich in ihr Hertz hinein schämen, daß selbiges bißhero einen solchen übel berüchtigten Ritter offen gestanden, der sich bloß mit seinem Weibischen Gesichte, oder etwa mit Geschencken und sclavischen Bedienungen bey ihr eingeschmeichelt haben mochte; Derowegen sagte sie mit einer etwas verdrießlichen Stimme: Don Cyrillo, lasset uns von diesem Gespräch abbrechen, denn ich mag den verächtlichen Sebastian de Urrez nicht mehr erwehnen hören, von euch aber will ich ausbitten, mir die nichtswürdigen Dinge zurück zu senden, damit ich in Verbrennung derselben, zugleich das Angedencken meines abgeschmackten bißherigen Liebhabers vertilgen kan. Was soll denn, versetzte ich, das unschuldige Band und das artige Bildniß den Frevel eines nichtswürdigen Menschen büssen, gewißlich diese Sachen werden noch in der Asche ihren hohen Werth behalten, indem sie von so schönen Händen gekommen, um aber das verdrießliche Angedencken auszurotten, so erzeiget mir die Gnade und gönnet [507] meinem Hertzen die erledigte Stelle in dem eurigen, glaubet anbey gewiß, daß mein gantzes Wesen sich jederzeit dahin bestreben wird, eurer unschätzbaren Gegen=Gunst würdiger zu seyn als der liederliche Urrez.
Donna Eleonora mochte sich ohnfehlbar verwundern, daß ich als ein junger 18.jähriger Ritter allbereit so dreuste und alt=klug als der erfahrenste Liebhaber reden konte, replizirte aber dieses: Don Cyrillo, eure besondere Tapffer= und Geschicklichkeit, hat sich zwar zu fast aller Menschen Verwunderung schon sattsam spüren lassen, indem ihr in Schertz= und Ernsthafften Kämpffen Menschen und Thiere überwunden, aber mein Hertz muß sich dennoch nicht so leicht überwinden lassen, sondern vielmehr der Liebe auf ewig absagen, weil es das erste mahl unglücklich im wählen gewesen, derowegen verschonet mich in Zukunfft mit dergleichen verliebten Anfällen, erfüllet vielmehr mein Begehren mit baldiger Ubersendung der verlangten Sachen.
Ich hätte wider diesen Ausspruch gern noch ein und andere Vorstellungen gethan, allein die Ankunfft einiger Ritter und Damen verhinderte mich vor dieses mahl. So bald ich nach diesem allein in meiner Kammer war, merckete mein Verstand mehr als zu deutlich, daß der gantze Mensch von den Annehmlichkeiten der Donna Eleonora bezaubert wäre, ja mein Hertze empfand eine dermassen hefftige Liebe gegen dieselbe, daß ich diejenigen Stunden vor die allertraurigsten und verdrießlichsten hielt, welche ich ohne sie zu sehen hinbringen muste. Derowegen nahm meine Zuflucht zur Feder und [508] schrieb einen der allerverliebtesten Briefe an meinen Leitstern, worinnen ich hauptsächlich bat, nicht allein mich zu ihrem Liebhaber auf und anzunehmen, sondern auch die Liberey nebst Dero Bildnisse zum ersten Zeichen ihrer Gegen=Gunst in meinen Händen zu lassen.
Zwey gantzer Tage lang ließ sie mich hierauff zwischen Furcht und Hoffnung zappeln, biß ich endlich die halb erfreuliche und halb traurige Antwort erhielt: Ich möchte zwar behalten, was ich durch Glück und Tapfferkeit mir zugeeignet hätte, doch mit dem Beding: Daß ich solches niemahls wiederum öffentlich zeigen, sondern vor jederman geheim halten solle. Uber dieses solte mir auch erlaubt seyn, sie morgenden Mittag in ihren Zimmer zu sprechen, allein abermahls mit der schweren Bedingung: Daß ich kein eintziges Wort von Liebes=Sachen vorbrächte.
Dieses Letztere machte mir den Kopff dermassen wüste, daß ich mir weder zu rathen noch zu helffen wuste, und an der Eroberung dieses Felsen=Hertzens schon zu zweiffeln begunte, ehe noch ein recht ernstlicher Sturm darauff gewagt war. Allein meine Liebe hatte dermahlen mehr Glücke als ich wünschen mögen, denn auf den ersten Besuch, worbey sich mein Gemüthe sehr genau nach Eleonorens Befehlen richtete, bekam ich die Erlaubniß ihr täglich nach der Mittags=Mahlzeit aufzuwarten, und die Zeit mit dem Bret=Spiele zu verkürtzen. Da aber meine ungewöhnliche Blödigkeit nebst ihrem ernstlich wiederholten Befehle das verliebte Vorbringen lange genung zurück gehalten hatten, gab [509] die feurige Eleonora endlich selbst Gelegenheit, daß ich meine hefftigen Seuffzer und Klagen kniend vor derselben ausstieß, und mich selbst zu erstechen drohete, woferne sie meine alleräuserste Liebe nicht mit gewünschter Gegen=Gunst beseeligte.
Demnach schiene sie auf einmahl anders Sinnes zu werden, und kurtz zu sagen, wir wurden von derselben Stunde an solche vertraute Freunde mit einander, daß nichts als die Priesterliche Einsegnung fehlte, uns beyde zu dem allervergnügtesten Paare ehelicher Personen zu machen. Immittelst hielten wir unsere Liebe dennoch dermassen heimlich, daß zwar der gantze Hof von unserer sonderbaren Freundschafft zu sagen wuste, die Wenigsten aber glaubten, daß unter uns annoch sehr jungen Leuten allbereits ein würckliches Liebes
=Verbündniß errichtet sey.
Es war niemand vorhanden, der eins oder das andere zu verhindern trachtete, denn mein eintziger Feind Don Sebastian de Urrez hatte sich, so bald er wieder genesen, auf die Reise in frembde Länder begeben. Also lebte ich mit meiner Eleonora über ein Jahr lang im süßesten Vergnügen, und machte mich anbey dem Könige und dessen Familie dermassen beliebt, daß es das Ansehen hatte, als ob ich dem Glücke gäntzlich im Schoosse sässe.
Mittlerweile da König Karl der VIII. in Franckreich, im Jahr 1494. den Krieges=Zug wider Neapolis vorgenommen hatte, fanden sich verschiedene junge vornehme Neapolitanische Herren am Castilianischen Hofe ein. Einer von selbigen hatte die Donna Eleonora de Sylva kaum zum erstenmahle [510] erblickt, als ihn dero Schönheit noch geschwinder als mich zum verliebten Narren gemacht hatte. Ich vermerckte mehr als zu frühe, daß er sich aufs eiffrigste angelegen seyn ließ, mich bey ihr aus dem Sattel zu heben, und sich an meine Stelle hineinzuschwingen, jedoch weil ich mich der Treue meiner Geliebten höchst versichert schätzte, über dieses der Höflichkeit wegen einem Fremden etwas nachzusehen verbunden war, ließ sich mein vergnügtes Hertze dieserwegen von keinem besondern Kummer anfechten. Allein mit der Zeit begunte der hoffärtige Neapolitaner meine Höflichkeit vor eine niederträchtige Zaghafftigkeit zu halten, machte sich also immer dreuster und riß eines Tages der Eleonora einen Blumen=Strauß aus den Händen, welchen sie mir, indem ich hurtig vorbey gieng, darreichen wolte. Ich konte damahls weiter nichts thun, als ihm meinen dieserhalb geschöpfften Verdruß mit den Augen zu melden, indem ich dem Könige eiligst nachfolgen muste, allein noch selbigen Abend kam es unter uns beyden erstlich zu einem hönischen, bald aber zum schimpfflichsten Wort=Wechsel, so daß ich mich genöthiget fand, meinen Mit=Buhler kommenden Morgen auf ein paar spitzige Lantzen und wohlgeschliffenes Schwerdt hinnaus zu fordern. Dieser stellete sich hierüber höchst vergnügt an, und vermeinte mit einem solchen zarten Ritter, der ich zu seyn schiene, gar bald fertig zu werden, ohngeacht der Prahler die Jünglings=Jahre selbst noch nicht gantz überlebt hatte. Allein noch vor Mitter=Nacht ließ mir der König durch einen Officier von der Leib=Wacht befehlen, bey Verlust aller seiner Königl. Gnade u. mei=[511]nes zeitlichen Glücks, mich durchaus mit dem Neapolitaner, welches ein vornehmer Printz unter verdeckten Nahmen wäre, in keinen Zwey=Kampf einzulassen, weiln der König unsere nichtswürdige Streit=Sache ehester Tages selbst beylegen wolte.
Ich hätte hierüber rasend werden mögen, muste aber dennoch gehorsamen, weil der Officier Ordre hatte, mich bey dem geringsten widerwärtigen Bezeigen sogleich in Verhafft zu nehmen. Eleonora bemühete sich, so bald ich ihr mein Leyd klagte, durch allerhand Schmeicheleyen dasselbe zu vernichten, indem sie mich ihrer vollkommenen Treue gäntzlich versicherte, anbey aber hertzlich bat, ihr nicht zu verargen, daß sie auf der Königin Befehl, gewisser Staats=Ursachen wegen, dem Neapolitaner dann und wann einen Zutritt nebst einigen geringen Liebes=Freyheiten erlauben müste, inzwischen würde sich schon mit der Zeit noch Gelegenheit finden, deßfalls Rache an meinem Mit=Buhler auszuüben, wie sie denn nicht zweiffelte, daß er sich vor mir fürchte, und dieserwegen selbst unter der Hand das Königl. Verbot auswürcken lassen.
Ich ließ mich endlich, wiewohl mit grosser Mühe, in etwas besänftigen, allein es hatte keinen langen Bestand, denn da der König die Untersuchung unserer Streit=Sache verzögerte, u. ich dem Neapolitaner allen Zutritt bey Eleonoren aufs möglichste verhinderte, geriethen wir unverhofft aufs neue zusammen, da der Neapolitaner Eleonoren im Königlichen Lust=Garten an der Hand spatzierenführete, und ich ihm vorwarff: Wie er sich dennoch besser [512] anzustellen wisse, ein Frauenzimmer, als eine Lantze oder bloßes Schwerdt an der Hand zu führen. Er betheurete hierauff hoch, meine frevele Reden sogleich mit seinem Seiten=Gewehr zu bestraffen, wenn er nicht befürchtete den Burg=Frieden im Königl. Garten zu brechen; Allein ich gab mit einem hönischen Gelächter zu verstehen: Wie es nur bey ihm stünde, mir durch eine kleine Pforte auf einen sehr bequemen Fecht=Platz zu folgen, der nur etwa 100. Schritte von dannen sey, und gar nicht zur Burg gehöre.
Also bald machte der Neapolitaner Eleonoren, die vor Angst an allen Gliedern zitterte, einen Reverentz, und folgte mir auf einen gleichen Platz ausserhalb des Gartens, allwo wir Augenblicklich vom Leder zohen, um einander etliche blutige Characters auf die Cörper zu zeichnen.
Der erste Hieb gerieth mir dermassen glücklich, daß ich meinem Feinde sogleich die wallenden Adern am Vorder=Haupt eröffnete, weil ihm nun solchergestalt das häuffig herabfliessende Blut die Augen ziemlich verdunckelte, hieb er dermassen blind auf mich loß, daß ich ebenfalls eine kleine Wunde über den rechten Arm bekam, jedoch da er von mir in der Geschwindigkeit noch zwey starcke Hiebe empfangen, davon der eine in die Schulter, und der andere in den Hals gedrungen war, sanck mein feindseeliger Neapolitaner ohnmächtig zu Boden. Ich sahe nach Leuten, die ihn verbinden und hinweg tragen möchten, befand mich aber im Augenblick von der Königl. Leib=Wacht umringet, die mir mein Quartier in demjenigen Thurme, wo noch andere Uber=[513]treter der Königl. Gebote logirten, ohne alle Weitläufftigkeit zeigeten. Hieselbst war mir nicht erlaubt an jemanden zu schreiben, vielweniger einen guten Freund zu sprechen, jedoch wurde mit den köstlichsten Speisen und Geträncke zum Uberflusse versorgt, und meine geringe Wunde von einem Chirurgo alltäglich zweymal verbunden, welche sich binnen 12. Tagen zu völliger Heilung schloß.
Eines Abends, da der Chirurgus ohne beyseyn der Wacht mich verbunden, und allbereit hinweg gegangen war, kam er eiligst wieder zurück und sagte: Mein Herr! jetzt ist es Zeit, euch durch eine schleunige Flucht selbst zu befreyen, denn ausserdem, daß kein eintziger Mann von der Wacht vorhanden, so stehen alle Thüren eures Gefängnisses offen, darum eilet und folget mir! Ich besonne nicht lange, ob etwa dieser Handel mit fleiß also angestellet wäre oder nicht, sondern warff augenblicklich meine völlige Kleidung über mich, und machte mich nebst dem Chirurgo in gröster Geschwindigkeit auf den Weg, beschenckte denselben mit einer Handvoll Gold=Cronen, und kam ohne eintzigen Anstoß in des Don Gonsalvo Ferdinando de Cordua, als meiner Mutter leiblichen Bruders Behausung an, dessen Sohn Don Alphonso mir nicht allein den sichersten heimlichen Auffenthalt versprach, sondern sich zugleich erboth, alles auszuforschen, was von meiner Flucht bey Hofe gesprochen würde.
Da es nun das Ansehen hatte als ob der König dieserwegen noch hefftiger auf mich erbittert worden, indem er meine gehabte Wacht selbst gefangen zu setzen, und mich auf allen Strassen und im gan=[514]tzen Lande aufzusuchen befohlen; vermerckte ich mehr als zu wohl, daß in Castilien meines bleibens nicht sey, ließ mir derowegen von meiner Mutter eine zulängliche Summe Reise=Gelder übersenden, und practicirte mich, nach verlauff etlicher Tage, heimlich durch nach Portugall, allwo ich in dem nächsten Hafen zu Schiffe und nach Engelland übergieng, um daselbst unter König Henrico VII. der, der gemeinen Sage nach, mit den Schotten und einigen Rebellen Krieg anfangen wolte, mich in den Waffen zu üben. Allein meine Hoffnung betrog mich ziemlicher massen, indem dieses Kriegs=Feuer bey zeiten in seiner Asche erstickt wurde. Ich hatte zwar das Glück dem Könige aufzuwarten, und nicht allein seines mächtigen Schutzes, sondern auch künfftiger Beförderung vertröstet zu werden, konte aber leicht errathen, daß das Letztere nur leere Worte wären, und weil mir ausserdem der Englische Hof allzuwenig lebhafft vorkam, so hielt mich nur einige Monate daselbst auf, besahe hierauff die vornehmsten Städte des Reichs, gieng nach diesen wiederum zu Schiffe, und reisete durch die Niederlande an den Hof Kayser Maximiliani, allwo zur selbigen Zeit alles Vergnügen, so sich ein junger Ritter wünschen konte, im grösten Uberflusse blühete. Ich erstaunete über die gantz seltsame Schönheit des Käyserlichen Printzens Philippi, und weiln bald darauff erfuhr, daß derselbe ehestens, mit der Castilianischen Princeßin Johanna vermählet werden solte, so preisete ich dieselbe allbereit in meinen Gedancken vor die allerglückseeligste Princeßin, wiewol mich die hernach folgenden Zeiten und Begebenheiten gantz anders belehreten.
[515] Inzwischen versuchte mein äuserstes, mich in dieses Printzen Gunst und Gnade zu setzen, weil ich die sichere Rechnung machen konte, daß mein König mich auf dessen Vorspruch bald wiederum zu Gnaden annehmen würde. Das Glücke war mir hierbey ungemein günstig, indem ich in verschiedenen Ritter=Spielen sehr kostbare Gewinste, und in Betrachtung meiner Jugend, vor andern grossen Ruhm erbeutete. Bey so gestallten Sachen aber fanden sich gar bald einige, die solches mit scheelen Augen ansahen, unter denen sonderlich ein Savoyischer Ritter war, der sich besonders Tapffer zu seyn einbildete, und immer nach und nach Gelegenheit suchte, mit mir im Ernste anzubinden. Er fand dieselbe endlich noch ehe als er vermeinte, wurde aber, in Gegenwart mehr als tausend Personen, fast tödtlich verwundet vom Platze getragen, dahingegen ich an meinen drey leichten Wunden nicht einmahl das Bette hüten durffte, sondern mich täglich bey Hofe öffentlich zeigen konte. Wenig Wochen darnach wurde ein Gallier fast mit gleicher Müntze von mir bezahlet, weil er die Spanischen Nationen mit ehrenrührigen Worten und zwar in meinem Beyseyn angriff. Doch eben diese beyden Unglücks=Consorten hetzten den dritten Feind auf mich, welches ebenfalls ein Neapolitaner war, der nicht so wohl den Savoyer und Gallier, sondern vielmehr seinen in Madrit verunglückten Lands=Mann an mir rächen wolte.
Er machte ein ungemeines Wesen von sich, bath unseres Zwey=Kampffs wegen bey dem Käyser selbst, nicht allein die Vergünstigung, sondern auch [516] frey und sicher Geleite aus, insoferne er mich entleibte, welches ihm der Käyser zwar anfänglich abschlug, jedoch endlich auf mein unterthänigstes Ansuchen zugestunde.
Demnach wurden alle Anstallten zu unserm Mord=Spiele gemacht, welchem der Käyser nebst dessen gantzer Hofstatt zusehen wolte. Wir erschienen also beyderseits zu gehöriger Zeit auf dem bestimmten Platze, mit Wehr, Waffen und Pferden aus dermassen wohl versehen, brachen unsere Lantzen ohne besondern Vortheil, griffen hierauff zu Schwerdtern, worbey ich gleich anfänglich spürete: Daß mein Gegner kein ungeübter Ritter sey, indem er mir dermassen hefftig zusetzte, daß ich eine ziemliche Weile nichts zu thun hatte, als seine geschwinden Streiche abzuwenden. Allein er war sehr starck und ungeschickt, mattete sich also in einer viertheils Stunde also hefftig ab, daß er lieber gesehen, wenn ich ihm erlaubt hätte, etwas auszuruhen. Jedoch ich muste mich dieses meines Vortheils auch bedienen, zumahlen sich an meiner rechten Hüffte die erste Verwundung zeigte, derowegen fieng ich an, meine besten Kräffte zu gebrauchen, brachte auch die nachdrücklichsten Streiche auf seiner Sturm=Haube an, worunter mir einer also Mißrieth, daß seinem Pferde der Kopf gespalten, u. er herunter zu fallen genöthiget wurde. Ich stieg demnach gleichfalls ab, ließ ihn erstlich wieder aufstehen, und traten also den Kampf zu Fusse, als gantz von neuen wieder an. Hierbey dreheten wir uns dermassen offt und wunderlich herum, daß es das Ansehen hatte als ob wir zugleich tantzen und auch fechten müsten, mittler=[517]weile aber drunge allen beyden das Blut ziemlicher massen aus den zerkerbten Harnischen heraus, jedoch mein Gegner fand sich am meisten entkräfftet, weßwegen er auf einige Minuten Stillstand begehrte, ich vergönnete ihm selbigen, und schöpffte darbey selbst neue Kräffte, zumahlen da ich sahe, daß mir der Käyserl. Printz ein besonderes Zeichen seiner Gnade sehen ließ. Sobald demnach mein Feind sein Schwerdt wiederum in die Höhe schwunge, ließ ich mich nicht träge finden, sondern versetzte ihm einen solchen gewaltsamen Hieb in das Haupt, daß er zu taumeln anfieng, und als ich den Streich wiederholet, endlich todt zur Erden stürzte. Ich warff mein Schwerdt zurück, nahete mich hinzu, um durch Abreissung des Helms ihm einige Lufft zu schaffen, da aber das Haupt fast biß auf die Augen gespalten war, konte man gar leicht begreiffen, wo die Seele ihre Ausfarth genommen hatte, derowegen überließ ihn der Besorgung seiner Diener, setzte mich zu Pferde und ritte nach meinem Quartiere, allwo ich meine empfangenen Wunden, deren ich zwey ziemlich tieffe und 6. etwas geringere aufzuweisen hatte, behörig verbinden ließ.
Dieser Glücks=Streich brachte mir nicht allein am gantzen Käyserl. Hofe grosse Achtbarkeit, sondern des Käyserl. Printzens völlige Gunst zuwege, so daß er mich in die Zahl seiner Leib=Ritter aufnahm, und jährlich mit einer starcken Geld=Pension versahe. Hierbey erhielt ich Erlaubniß, nicht allein die vornehmsten teutschen Fürsten=Höfe, sondern auch die Königreiche Böhmen, Ungarn und Pohlen zu besuchen, worüber mir die Zeit geschwinder [518] hinlieff als ich gemeinet hatte, indem ich nicht ehe am Käyserl. Hofe zurückkam, als da die Princeßin Margaretha unserm Castilianischen Cron=Printzen Johanni als Braut zugeführet werden solte. Da nun der Käyserl. Printz Philippus dieser seiner Schwester das Geleite nach Castilien gab, bekam ich bey solcher Gelegenheit mein geliebtes Vaterland, nebst meiner allerliebsten Eleonora wieder zu sehen, indem mich König Ferdinandus, auf Vorbitte der Käyserl. und seiner eigenen Kinder, zu Gnaden annahm, und den ehemals begangenen Fehler gäntzlich zu vergessen versprach.
Es ist nicht zu beschreiben, was die Donna Eleonora vor eine ungewöhnliche Freude bezeigte, da ich den ersten Besuch wiederum bey ihr ablegte, hiernächst wuste sie mich mit gantz neuen und sonderbaren Liebkosungen dermassen zu bestricken, daß meine ziemlich erkältete Liebe weit feuriger als jemahls zu werden begunte, und ob mir gleich meine besten Freunde dero bißherige Aufführung ziemlich verdächtig machten, und mich von ihr abzuziehen trachteten; indem dieselbe nicht allein mit dem Neapolitaner, der sich, nach Heilung seiner von mir empfangenen Wunden, noch über ein Jahr lang in Madrit aufgehalten, eine allzu genaue Vertraulichkeit solte gepflogen, sondern nächst diesem auch allen andern Frembdlingen verdächtige Zugänge erlaubt haben; so war doch nichts vermögend mich aus ihren Banden zu reissen, denn so offt ich ihr nur von dergleichen verdrießlichen Dingen etwas erwehnete, wuste sie von ihrer verfolgten Unschuld ein solches Wesen zu machen, und ihre Keuschheit so wohl mit [519] grossen Betheurungen als heissen Thränen dermassen zu verfechten, daß ich ihr in allen Stücken völligen Glauben beymessen, und mich glücklich schätzen muste, wenn sich ihr in Harnisch gebrachtes Gemüthe durch meine kniende Abbitte und äusersten Liebes=Bezeugungen nur wiederum besänfftigen ließ.
Da nun solchergestalt alle Wurtzeln der Eifersucht von mir gantz frühzeitig abgehauen wurden, und sich unsere Hertzen aufs neue vollkommen vereinigt hatten, über dieses meine Person am gantzen Hofe immer in grössere Achtbarkeit kam, so bedünckte mich, daß das Mißvergnügen noch weiter von mir entfernet wäre, als der Himmel von der Erde. Nachdem aber die, wegen des Cron=Printzens Vermählung, angestelleten Ritter=Spiele und andere vielfältige Lustbarkeiten zum Ende gebracht, gab mir der König ein neues Regiment Fuß=Volck, und damit meine Waffen nicht verrosten möchten, schickte er mich nebst noch mehrern gegen die um Granada auf dem Gebürge wohnenden Maurer zu Felde, welche damahls allerhand lose Streiche machten, und eine förmliche Empörung versuchen wolten. Dieses war mein allergröstes Vergnügen, alldieweilen hiermit Gelegenheit hatte meines lieben Vaters frühzeitigen Tod an dieser verfluchten Nation zu rächen, und gewiß, sie haben meinen Grimm sonderlich im 1500ten und folgenden Jahre, da ihre Empörung am hefftigsten war, dermassen empfunden, daß dem Könige nicht gereuen durffte mich dahin geschickt zu haben.
Immittelst war Ferdinandus mit Ludovico [520] XII. Könige in Franckreich, über das Königreich Neapolis, welches sie doch vor kurtzer Zeit unter sich getheilet, und den König Fridericum dessen entsetzt hatten, in Streit gerathen, und mein Vetter Gonsalvus Ferdinandus de Cordua, der die spanischen Truppen im Neapolitanischen en Chef commandirte, war im Jahr 1502. so unglücklich gewesen, alles zu verliehren biß auf die eintzige Festung Barletta. Demnach schrieb er um schleunigen Succurs, und bat den König, unter andern mich, als seiner Schwester Sohn, mit dahin zu senden. Der König willfahrete mir und ihm in diesen Stücke, also gieng ich fast zu Ende des Jahres zu ihm über. Ich wurde von meinem Vetter, den ich in vielen Jahren nicht gesehen, ungemein liebreich empfangen, und da ich ihm die erfreuliche Zeitung von den bald nachkommenden frischen Völckern überbrachte, wurde er desto erfreuter, und zweiffelte im geringsten nicht, die Scharte an denen Frantzosen glücklich auszuwetzen, wie er sich denn in seinem Hoffnungs vollen Vorsatze nicht betrogen fand, denn wir schlugen die Frantzosen im folgenden 1503ten Jahre erstlich bey Cereniola, rückten hierauf vor die Haupt=Stadt Neapolis, welche glücklich erobert wurde, lieferten ihnen noch eine uns vortheilhaffte Schlacht bey dem Flusse Garigliano und brachten, nachdem auch die Festung Cajeta eingenommen war, das gantze Königreich Neapolis, unter Ferdinandi Botmäßigkeit, so daß alle Frantzosen mit grösten Schimpf daraus vertrieben waren. Im folgenden Jahre wolte zwar König Ludovicus uns mit einer weit stärckern Macht angreiffen, [521] allein mein Vetter hatte sich, vermöge seiner besondern Klugheit, in solche Verfassung gesetzt, daß ihm nichts abzugewinnen war. Demnach machten die Frantzosen mit unserm Könige Friede und Bündniß, ja weil Ferdinandi Gemahlin Isabella eben in selbigem Jahre gestorben war, nahm derselbe bald hernach eine Frantzösische Dame zur neuen Gemahlin, und wolte seinen Schwieger=Sohn Philippum verhindern, das, durch den Tod des Cron=Printzen auf die Princeßin Johannam gefallene, Castilien in Besitz zu nehmen. Allein Philippus drunge durch, und Ferdinandus muste nach Arrogonien weichen.
Mittlerweile hatte sich mein Vetter Gonsalvus zu Neapolis in grosses Ansehen gesetzt, regierte daselbst, jedoch zu Ferdinandi grösten Nutzen, als ein würcklicher König, indem alle Unterthanen Furcht und Liebe vor ihm hegten. Allein so bald Ferdinandus dieses etwas genauer überlegte, entstund der Argwohn bey ihm: Ob vielleicht mein Vetter dahin trachtete, dieses Königreich dem Philippo zuzuschantzen, oder sich wohl gar selbst dessen Krone auf seinen Kopf zu setzen? Derowegen kam er unvermuthet in eigener Person nach Neapolis, stellete sich zwar gegen Gonsalvum ungemein gnädig, hielt auch dessen gemachte Reichs=Anstalten vor genehm, allein dieser verschlagene Mann merckte dennoch, daß des Königs Freundlichkeit nicht von Hertzen gienge, dem ohngeacht verließ er sich auf sein gut Gewissen, und reiseten ohne einige Schwürigkeit zu machen, mit dem Könige nach Arrogonien, allwo er vor seine treu geleisteten Dienste, mehr Hohn und [522] Spott, als Danck und Ruhm zum Lohne empfieng. Meine Person, die Ferdinando ebenfalls verdächtig vorkam, muste meines Vetters Unfall zugleich mit tragen, jedoch da ich in Arragonien ausser des Königs Gunst nichts zu suchen, sondern mein Väter= und Mütterliches Erbtheil in Castilien zu fordern hatte, nahm ich daselbst meinen Abschied, und reisete zu Philippo, bey dessen Gemahlin die Donna Eleonora de Sylva aufs neue in Dienste getreten, und eine von ihren vornehmsten Etaats=Fräuleins war.
Philippus gab mir sogleich eine Cammer=Herrens=Stelle, nebst starcken jährlichen Einkünfften, also heyrathete ich wenig Monathe hernach die Donna Eleonora, allein ob sich hiermit gleich ein besonders schöner, weiblicher Cörper an den Meinigen fügte, so fand ich doch in der genausten Umarmung bey weiten nicht dasjenige Vergnügen, wovon die Naturkündiger so vieles Geschrey machen, und beklagte heimlich, daß ich auf dergleichen ungewisse Ergötzlichkeit, mit so vieljährigen Beständigkeit gewartet, und den ehemaligen Zuredungen meiner vertrauten Freunde nicht mehrern Glauben gegeben hatte.
Jedoch ich nahm mir sogleich vor, dergleichen unglückliches Verhängniß mit möglichster Gelassenheit zu verschmertzen, auch meiner Gemahlin den allzuzeitlich gegen sie gefasseten Eckel auf alle Weise zu verbergen, immittelst mein Gemüthe nebst eiffrigen Dienstleistungen gegen das Königliche Haus, mit andern vergönnten Lustbarkeiten zu ergötzen.
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