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- W u n d e r l i c h e
F a t a e i n i g e r
S e e f a h r e r
1 . T e i l ( 1 7 3 1 )
S e i t e 1 - 3 3
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- W u n d e r l i c h e F A T A
e i n i g e r S e e = F a h r e r .
Erstes Buch.
OB denenjenigen Kindern, welche um die Zeit gebohren werden, da sich Sonnen= oder Mond=Finsternissen am Firmamente præsentiren, mit Recht besondere Fatalitäten zu prognosticiren seyn? Diese Frage will ich den gelehrten Natur=Kündigern zur Erörterung überlassen, und den Anfang meiner vorgenommenen Geschichts=Beschreibung damit machen: wenn ich dem Geneigten Leser als etwas merckliches vermelde: daß ich Eberhard Julius den 12. May 1706. eben in der Stunde das Licht dieser Welt erblickt, da die bekandte grosse Sonnen=Finsterniß ihren höchsten und fürchterlichsten grad erreicht hatte. Mein Vater, der ein wohlbemitelter Kauffmann war, und mit meiner Mutter noch kein völliges Jahr im Ehestande gelebt, mochte wegen gedoppelter Bestürtzung fast gantz ausser sich selbst gewesen seyn; Jedoch nachdem er bald darauf das Vergnü=[2]gen hat meine Mutter ziemlich frisch und munter zu sehen, mich aber als seinen erstgebohrnen jungen, gesunden Sohn zu küssen, hat er sich, wie mir erzehlet worden, vor Freuden kaum zu bergen gewust.
Ich trage Bedencken von denenjenigen tändeleyen viel Wesens zu machen, die zwischen meinen Eltern als jungen Eheleuten und mir als ihrer ersten Frucht der Liebe, in den ersten Kinder=Jahren vorgegangen. Genung! ich wurde von ihnen, wiewohl etwas zärtlich, jedoch christlich und ordentlich erzogen, weil sie mich aber von Jugend an dem studiren gewidmet, so muste es keines weges an gelehrten und sonst geschickten Lehr=Meistern ermangeln, deren getreue Unterweisung nebst meinen unermüdeten Fleisse so viel würckte, daß ich auf Einrathen vieler erfahrner Männer, die mich examinirt hatten, in meinem 17den Jahre nehmlich um Ostern 1723. auf die Universität Kiel nebst einem guten Anführer reisen konte. Ich legte mich auf die Jurisprudentz nicht so wohl aus meinem eigenen Antriebe, sondern auf Begehren meiner Mutter, welche eines vornehmen Rechts=Gelehrten Tochter war. Allein ein hartes Verhängnis ließ mich die Früchte ihres über meine guten Progressen geschöpfften Vergnügens nicht lange geniessen, indem ein Jahr hernach die schmertzliche Zeitung bey mir einlieff, daß meine getreue Mutter am 16. Apr. 1724. samt der Frucht in Kindes=Nöthen Todes verblichen sey. Mein Vater verlangte mich zwar zu seinem Troste auf einige Wochen nach Hause, weiln, wie er schrieb, weder meine eintzige Schwester, noch andere Anverwandte seinen Schmertzen [3] einige Linderung verschaffen könten. Doch da ich zurücke schrieb: daß um diese Zeit alle Collegia aufs neue angiengen, weßwegen ich nicht allein sehr viel versäumen, sondern über dieses seine und meine Hertzens=Wunde ehe noch weiter aufreissen als heilen würde, erlaubte mir mein Vater, nebst übersendung eines Wechsels von 200. spec. Ducaten noch ein halbes Jahr in Kiel zu bleiben, nach Verfliessung dessen aber solte nach Hause kommen über Winters bey ihm zu verharren, so dann im Früh=Jahre das galante Leipzig zu besuchen, und meine studia daselbst zu absolviren.
Sein Wille war meine Richt=Schnur, dannenhero die noch übrige Zeit in Kiel nicht verabsäumete mich in meinen ergriffenen studio nach möglichkeit zu cultiviren, gegen Martini aber mit den herrlichsten Attestaten meiner Professoren versehen nach Hause reisete. Es war mir zwar eine hertzliche Freude, meinen werthen Vater und liebe Schwester nebst andern Anverwandten und guten Freunden in völligen Glücks=Stande anzutreffen; allein der Verlust der Mutter that derselben ungemeinen Einhalt. Kurtz zu sagen: es war kein einziges divertissement, so mir von meinem Vater, so wohl auch andern Freunden gemacht wurde, vermögend, das einwurtzelende melancholische Wesen aus meinem Gehirne zu vertreiben. Derowegen nahm die Zuflucht zu den Büchern und suchte darinnen mein verlohrnes Vergnügen, welches sich denn nicht selten in selbigen finden ließ.
Mein Vater bezeigte theils Leid, theils Freude über meine douce Aufführung, resolvirte sich aber [4] bald, nach meinen Verlangen mich ohne Aufseher, oder wie es zuweilen heissen muß, Hofmeister, mit 300. fl. und einem Wechsel=Briefe auf 1000. Thl. nach Leipzig zu schaffen, allwo ich den 4. Mart. 1725. glücklich ankam.
Wer die Beschaffenheit dieses in der gantzen Welt berühmten Orts nur einigermassen weiß, wird leichtlich glauben: daß ein junger Pursche, mit so vielem baaren Gelde versehen, daselbst allerhand Arten von vergnügten Zeit=Vertreibe zu suchen Gelegenheit findet. Jedennoch war mein Gemüthe mit beständiger Schwermüthigkeit angefüllet, ausser wenn ich meine Collegia frequentirte und in meinem Museo mit den Todten conversirte.
Ein Lands=Mann von mir, Mons. H. === genannt merckte mein malheur bald, weil er ein Mediciner war, der seine Hand allbereit mit gröster raison nach dem Doctor=Hute ausstreckte. Derowegen sagte er einmahls sehr vertraulich: Lieber Herr Lands=Mann, ich weiß gantz gewiß, daß sie nicht die geringste Ursach haben, sich in der Welt über etwas zu chagriniren, ausgenommen den Verlust ihrer seel. Frau=Mutter. Als ein vernünfftiger Mensch aber können sie sich dieserwegen so hefftig und langwierig nicht betrüben, erstlich: weil sie deren Seeligkeit vollkommen versichert sind, vors andere: da sie annoch einen solchen Vater haben, von dem sie alles erwarten können, was von ihm und der Mutter zugleich zu hoffen gewesen. Andere motiven voritzo zu geschweigen. Ich setze aber meinen Kopff zum Pfande, daß ihr niedergeschlagenes Wesen vielmehr von einer übeln Di=[15]sposition des Geblüts herrühret, weßwegen ihnen aus guten Hertzen den Gebrauch einiger Artzeneyen, hiernächst die Abzapffung etlicher Untzen Geblüts recommendirt haben will. Was gilts? rieff er aus, wir wollen in 14. Tagen aus einem andern Thone mit einander schwatzen.
Dieser gegebene Rath schien mir nicht unvernünfftig zu seyn, derowegen leistete demselben behörige Folge, und fand mich in wenig Tagen weit aufgeräumter und leichtsinniger als sonsten, welches meinen guten Freunden höchst angenehm, und mir selbst am gefälligsten war. Ich wohnete ein, und anderm Schmause bey, richtete selbst einen aus, spatzirte mit auf die Dörffer, kurtz! ich machte alles mit, was honette Pursche ohne prostitution vorzunehmen pflegen. Jedoch kan nicht läugnen, daß dergleichen Vergnüglichkeiten zum öfftern von einem bangen Hertz=Klopffen unterbrochen wurden. Die Ursach dessen solte zwar noch immer einer Vollblütigkeit zugeschrieben werden, allein mein Hertz wolte mich fast im voraus versichern, daß mir ein besonderes Unglück bevorstünde, welches sich auch nach verfluß weniger Tage, und zwar in den ersten Tagen der Meß=Woche, in folgenden Briefe, den ich von meinem Vater empfing, offenbarete:
Mein Sohn,
ERschrecket nicht! sondern ertraget vielmehr mein und euer unglückliches Schicksal mit großmüthiger Gelassenheit, da ihr in diesen Zeilen von mir selbst, leider! versichert werdet: daß das falsche Glück mit dreyen [6] fatalen Streichen auf einmal meine Reputation und Wohl=Stand, ja mein alles zu Boden geschlagen. Fraget ihr, wie? und auf was Art? so wisset, daß mein Compagnon einen Banquerott auf 2. Tonnen Goldes gemacht, daß auf meine eigene Kosten ausgerüstete Ost=Indische Schiff bey der Retour von den See=Räubern geplündert, und letzlich zu completirung meines Ruins der Verfall der Actien mich allein um 50 000. Thl. spec. bringet. Ein mehreres will hiervon nicht schreiben, weil mir im schreiben die Hände erstarren wollen. Lasset euch innliegenden Wechsel=Brief à 2000. Frfl. in Leipzig von Hrn. H. gleich nach Empfang dieses bezahlen. Eure Schwester habe mit eben so viel, und ihren besten Sachen, nach Stockholm zu ihrer Baase geschickt, ich aber gehe mit einem wenigen von hier ab, um in Ost= oder West=Indien, entweder mein verlohrnes Glück, oder den Todt zu finden. In Hamburg bey Hrn. W. habt ihr vielleicht mit der Zeit Briefe von meinem Zustande zu finden. Lebet wohl, und bedauert das unglückliche Verhängnis eures treugesinnten Vaters, dessen Redlichkeit aber allzustarcker hazard und Leichtgläubigkeit ihm und seinen frommen Kindern dieses malheur zugezogen. Doch in Hofnung, GOTT werde sich eurer und meiner nicht gäntzlich entziehen, verharre
D. d. 5. Apr. 1725.
Euer
biß ins Grab getreuer Vater
Frantz Martin Julius.
[7] Ich fiel nach Lesung dieses Briefes, als ein vom Blitz gerührter, rückwarts auf mein Bette, und habe länger als 2. Stunden ohne Empfindung gelegen. Selbigen gantzen Tag, und die darauf folgende Nacht, wurde in gröster desperation zugebracht, ohne das geringste von Speise oder Geträncke zu mir zu nehmen, da aber der Tag anbrach, beruhigte sich das ungestüme Meer meiner Gedancken einigermassen. Ich betete mein Morgen=Gebet mit hertzlicher Andacht, sung nach einem Morgen=Liede auch dieses: GOTT der wirds wohl machen etc. schlug hernach die Bibel auf, in welcher mir so gleich der 127. Psalm Davids in die Augen fiel, welcher mich ungemein rührete. Nachdem ich nun meine andächtigen, ungeheuchelten Penseen darüber gehabt, schlug ich die Bibel nochmals auf, und traf ohnverhofft die Worte Prov. 10. der Seegen des HERRN macht reich ohne Mühe etc.
Hierbey traten mir die Thränen in die Augen, mein Mund aber brach in folgende Worte aus: Mein GOTT, ich verlange ja eben nicht reich an zeitlichen Gütern zu seyn, ich gräme mich auch nicht mehr um die verlohrnen, setze mich aber, wo es dir gefällig ist, nur in einen solchen Stand, worinnen ich deine Ehre befördern, meinen Nächsten nützen, mein Gewissen rein erhalten, reputirlich leben, und seelig sterben kan.
Gleich denselben Augenblick kam mir in die Gedancken umzusatteln, und an statt der Jurisprudentz die Theologie zu erwehlen, weßwegen ich meine Gelder eincassiren, zwey theile davon auf [8] Zinsen legen, und mich mit dem übrigen auf die Wittenbergische Universität begeben wolte. Allein der plötzliche Uberfall eines hitzigen Fiebers, verhinderte mein eilfertiges Vornehmen, denn da ich kaum Zeit gehabt, meinen Wechsel bey Hrn. H. in Empfang zu nehmen, und meine Sachen etwas in Ordnung zu bringen, so sahe mich gezwungen das Bette zu suchen, und einen berühmten Medicum wie auch eine Wart=Frau holen zu lassen. Meine Lands=Leute so etwas im Vermögen hatten, bekümmerten sich, nachdem sie den Zufall meines Vaters vernommen, nicht das geringste um mich, ein armer ehrlicher Studiosus aber, so ebenfalls mein Lands=Mann war, blieb fast Tag und Nacht bey mir, und muß ich ihm zum Ruhme nachsagen, daß ich, in seinen mir damahls geleisteten Diensten mehr Liebe und Treue, als Interesse gespüret. Mein Wunsch ist: ihn dermahleins auszuforschen, und Gelegenheit zu finden, meine Erkänntlichkeit zu zeigen.
Meine Kranckheit daurete inzwischen zu damahligen grossen Verdrusse, und doch noch grössern Glücke, biß in die dritte Woche, worauf ich die freye Lufft wiederum zu vertragen gewohnete, und derowegen mit meinem redlichen Lands=Manne täglich ein paar mahl in das angenehme Rosenthal, doch aber bald wieder nach Hause spatzirete, anbey im Essen und Trincken solche Ordnung hielt, als zu völliger wieder herstellung meiner Gesundheit, vor rathsam hielt. Denn ich war nicht gesinnet als ein halber oder gantzer Patient nach Wittenberg zu kommen.
Der Himmel aber hatte beschlossen: daß so wohl aus meinen geistl. studiren, als aus der nach [9] Wittenberg vorgenommenen Reise nichts werden solte. Denn als ich etliche Tage nach meinen gehaltenen Kirch=Gange und erster Ausflucht mein Morgen=Gebeth annoch verrichtete; klopffte der Brieff=Träger von der Post an meine Thür, und nach Eröffnung derselben, wurde mir von ihm ein Brieff eingehändiget, welchen ich mit zitterenden Händen erbrach, und also gesetzt befand:
D.d. 21. May 1725.
Monsieur,
IHnen werden diese Zeilen, so von einer ihrer Familie gantz unbekannten Hand geschrieben sind, ohnfehlbar viele Verwunderung verursachen. Allein als ein Studirender, werden sie vielleicht besser, als andere Ungelehrte, zu begreiffen wissen, wie unbegreifflich zuweilen der Himmel das Schicksal der sterblichen Menschen disponiret. Ich Endes unterschriebener, bin zwar ein Teutscher von Geburth, stehe aber voritzo als Schiffs=Capitain in Holländischen Diensten, und bin vor wenig Tagen allhier in ihrer Geburths=Stadt angelanget, in Meinung, dero Herrn Vater anzutreffen, dem ich eine der allerprofitablesten Zeitungen von der Welt persönlich überbringen wolte; Allein ich habe zu meinem allergrösten Miß=Vergnügen nicht allein sein gehabtes Unglück, sondern über dieses noch vernehmen müssen: daß er allbereit vor Monats=Frist zu Schiffe nach West=Indien gegangen. Diesem aber ohngeachtet, verbindet mich ein geleisteter cörperlicher Eyd: Ihnen, Mons. Eberhard Julius, als dessen [10] eintzigen Sohne, ein solches Geheimniß anzuvertrauen, krafft dessen sie nicht allein ihres Herrn Vaters erlittenen Schaden mehr als gedoppelt ersetzen, und vielleicht sich und ihre Nachkommen, biß auf späte Jahre hinaus, glücklich machen können.
Ich versichere noch einmahl, Monsieur, daß ich mir ihre allerley Gedancken bey dieser Affaire mehr als zu wohl vorstelle, allein ich bitte sie inständig, alle Hindernisse aus dem Wege zu räumen, und sich in möglichster Geschwindigkeit auf die Reise nach Amsterdam zu machen, damit sie längstens gegen St. Johannis=Tag daselbst eintreffen. Der 27. Jun., wo GOtt will, ist zu meiner Abfahrt nach Ost=Indien angesetzt. Finden sie mich aber nicht mehr, so haben sie eine versiegelte Schrifft, von meiner Hand gestellt, bey dem Banquier, Herrn G. v. B. abzufordern, wornach sie Ihre Messures nehmen können. Doch ich befürchte, daß ihre importanten Affairen weitläufftiger werden, und wohl gar nicht glücklich lauffen möchten, woferne sie verabsäumeten, mich in Amsterdam auf dem Ost=Indischen Hause, allwo ich täglich anzutreffen und bekannt genug bin, persönlich zu sprechen. Schließlich wiil ihnen die Beschleunigung ihrer Reise zu ihrer zeitlichen Glückseeligkeit nochmahls freundlich recommendiren, sie der guten Hand Gottes empfehlen, und beharren
Monsieur
votre Valet
Leonhard Wolffgang.
[11] P.S.
Damit Monsieur Julius in meine Citation kein Mißtrauen zu setzen Ursach habe, folget hierbey ein Wechselbrief à 150. spec. Ducaten an Herrn S. in Leipzig gestellet, welche zu Reise=Kosten aufzunehmen sind.
Es wird vielleicht wenig Mühe kosten, jemanden zu überreden, daß ich nach Durchlesung dieses Briefes eine gute Zeit nicht anders als ein Träumender auf meinem Stuhle sitzen geblieben. Ja! es ist zu versichern, daß diese neue und vor mich so profitable Zeitung fast eben dergleichen Zerrüttung in meinem Gemüthe stifftete: als die vorige von dem Unglücke meines Vaters. Doch konte mich hierbey etwas eher fassen, und mit meinem Verstande ordentlicher zu Rathe gehen, derwegen der Schluß in wenig Stunden dahinaus fiel: mit ehester Post die Reise nach Amsterdam anzutreten. Hierbey fiel mir so gleich der tröstliche Vers ein: Es sind ja GOtt sehr schlechte Sachen, etc. welcher mich anreitzete, GOtt hertzlich anzuflehen, daß er meine Jugend in dieser bedencklichen Sache doch ja vor des Satans und der bösen Welt gefährlichen Stricken, List und Tücken gnädiglich bewahren, und lieber in gröstes Armuth, als Gefahr der Seelen gerathen lassen wolle.
Nachdem ich mich solchergestalt mit GOtt und meinem Gewissen wohl berathen, blieb es bey dem gefassten Schlusse, nach Amsterdam zu reisen. Fing derowegen an, alles aufs eiligste darzu zu veranstalten. Bey Herrn S. ließ ich mir die 150. Duc. spec. noch selbigen Tages zahlen, packte meine Sachen [12] ein, bezahlete alle diejenigen, so mir Dienste geleistet hatten, nach meinen wenigen Vermögen reichlich, verdung mich mit meiner Equippage auf die Casselische oder Holländische Post, und fuhr in GOttes Nahmen, mit besondern Gemüths=Vergnügen von Leipzig ab.
Auf dieser Reise begegnete mir nichts ausserordentliches, ausser dem daß ich mich resolvirte, theils Mattigkeit, theils Neugierigkeit wegen, die berühmten Seltenheiten in und bey der Land=Gräfl. Hessen=Casselischen Residentz=Stadt Cassel zu betrachten, einen Post=Tag zu verpassen. Nachdem ich aber ziemlich ausgeruhet, und das magnifique Wesen zu admiriren vielfältige Gelegenheit gehabt, verfolgte ich meine vorhabende Reise, und gelangete, noch vor dem mir angesetzten Termine, glücklich in Amsterdam an.
Mein Logis nahm ich auf recommendation des Coffre=Trägers in der Wermuths=Strasse im Wapen von Ober=Yssel, und fand daselbst vor einen ermüdeten Passagier sehr gute Gelegenheit. Dem ohngeacht vergönnete mir das hefftige Verlangen, den Capitain Wolffgang zu sehen, und ausführlich mit ihm zu sprechen, kaum 7. Stunden Zeit zum Schlaffe, weil es an sich selbst kräfftig genug war, alle Mattigkeit aus meinen Gliedern zu vertreiben. Folgendes Tages ließ mich von müssigen Purschen vor ein gutes Trinck=Geld in ein und anderes Schenck=Hauß, wohin gemeiniglich See=Fahrer zu kommen pflegten, begleiten. Ich machte mich mit guter manier bald an diesen und jenen, um einen Vorbericht von des Capitain Wolffgangs [13] Person und gantzen Wesen einzuziehen, doch meine Mühe war überall vergebens. Wir hatten binnen 3. oder 4. Stunden mehr als 12. biß 16. Theé=Coffeé=Wein= und Brandteweins=Häuser durchstrichen, mehr als 50. See=Fahrer angeredet, und doch niemand angetroffen, der erwehnten Capitain kennen wolte.
Mein Begleiter fing schon an zu taumeln, weil er von dem Weine, den ich ihm an verschiedenen Orten geben ließ, ziemlich betruncken war, weßwegen vors dienlichste hielt, mit demselben den Rückweg nach meinem Quartiere zu suchen. Er ließ sich solches gefallen, kaum aber waren wir 100. Schritte zurück gegangen, als uns ein alter Boots=Knecht begegnete, welchem er zurieff: Wohlauf, Bruder! Kanst du Nachricht geben von dem Capitain Wolffgang? Hier ist ein Trinck=Geld zu verdienen. Well Bruder, antwortete der Boots=Knecht, was soll Capitain Wolffgang? soll ich nicht kennen? soll ich nicht wissen, wo er logirt? habe ich nicht 2. Fahrten mit ihm gethan? habe ich nicht noch vor 3. Tagen 2. fl. von ihm geschenckt bekommen? Guter Freund! fiel ich ihm in die Rede, ists wahr, daß ihr den Capitain Leonhard Wolffgang kennet, so gebet mir weitere Nachricht, ich will === Mar Dübel, replicirte der Grobian, meynet ihr, daß ich euch belügen will? so gehet zum Teuffel, und sucht ihn selber. Diese mit einer verzweiffelt=boßhafftigen und scheelen Mine begleiteten Worte waren kaum ausgesprochen, als er sich gantz negligent von uns abwandte und in einen Wein=Keller verfügte. Mein Begleiter rieth mir nachzugehen, ihm [14] gute Worte und etliche Stüver an Gelde zu geben, auch etwa ein Glaß Wein zuzutrincken, mit der Versicherung: er würde mir sodann schon aufs neue und viel höfflicher zur Rede stehen. Indem mir nun ein so gar vieles daran gelegen war, überwand ich meinen innerlichen Verdruß, den ich über die grausame Grobheit dieses Menschen geschöpfft hatte, und gehorchte meinem halb betrunckenen Rathgeber.
Paul, so hieß der grobe Boots=Knecht, hatte kaum einen halben Gulden, nebst einer tüchtigen Kanne Wein und die erste Sylbe von einem guten Worte bekommen, als er so gleich der allerhöflichste Klotz von der gantzen Welt zu werden schien. Er küssete meine Hand mit aller Gewalt wohl 50. mahl, hatte wider die Gewohnheit dieser Leute seine Mütze stets in Händen, und wolte, alles meines Bittens ohngeacht, sein Haupt in meiner Gegenwart durchaus nicht bedecken. Mein Begleiter tranck ihm auf meine Gesundheit fleißig zu, Paul that noch fleissiger Bescheid, erzehlete mir aber dabey alles Haarklein, was er von des Capitain Wolffgangs Person, Leben und Wandel in dem innersten seines Hertzens wuste, und diese Erzehlung dauerte über zwey Stunden, worauf er sich erboth, mich so fort in des Capitains Logis zu führen, welches nahe an der Börse gelegen sey.
Allein, ich ließ mich verlauten, daß ich meine Visite bey demselben noch etliche Tage aufschieben, und vorhero erstlich von der Reise recht ausruhen wolte. Hierauf bezahlte noch 6. Kannen Wein, den die beyden nassen Brüder getruncken hatten, vereh=[15]rete dem treuhertzigen Paul noch einen Gulden, und begab mich allein wieder auf den Weg nach meinem Quartiere, weil mein allzu starck besoffener Wegweiser gar nicht von der Stelle zu bringen war. Ich ließ mir von dem Wirthe die Mahlzeit auf meiner Cammer vor mich alleine zubereiten, und wiederholte dabey in Gedancken alles, was mir Paul von dem Capitain Wolffgang erzehlet hatte. Hauptsächlich hatte ich angemerckt, daß derselbe ein vortrefflich kluger und tapfferer See=Mann, anbey zuweilen zwar sehr hitzig, doch aber bald wieder gelassen, gütich und freygebig sey, wie er denn zum öfftern nicht allein seine Freunde und Boots=Knechte, sondern auch andere gantz frembde mit seinen grösten Schaden und Einbusse aus der Noth gerissen. Dem ohngeacht hätten seine Untergebenen vor wenig Jahren unter Wegs wider diesen ehrlichen Mann rebellirt, demselben bey nächtlicher Weile Hände und Füsse gebunden, und ihn bey einem wüsten Felsen ausgesetzt zurück gelassen. Doch hätte vor einigen Monathen das Glücke den Capitain wieder gesund zurück geführet, und zwar mit vielem Geld und Gütern versehen, auf was vor Art er selbiges aber erworben, wuste Paul nicht zu sagen. Im übrigen sey er ein Mann von mittler Statur, wohl gebildet und gewachsen, Teutscher Nation, etwas über 40. Jahr alt, und Lutherischer Religion.
Wie ich nun mit allem Fleiß dahin gestrebet, bevor ich mich dem Capitain zu erkennen gäbe, erstlich bey frembden Leuten sichere Kundschafft wegen seines Zustandes, Wesens, Gemüths= und Lebens=Art einzuziehen, so konte mir diese Nachricht als [16] ein Confortativ meines ohne dem starcken Vertrauens nicht anders als höchst angenehm seyn. Die Speisen und Buteille Wein schmeckten mir unter diesen Gedancken vortrefflich wohl, ich machte meinem auf der Post ziemlich zerschüttelten Cörper nach der Mahlzeit dennoch eine kleine Motion, hielt aber darauf ein paar Stunden Mittags=Ruhe.
Gegen Abend ließ ich mich von meinem vorigen Begleiter, der seinen Rausch doch auch schon ausgeschlaffen hatte, abermahls ausführen, und zwar in ein berühmtes reputirliches Coffeé=Hauß, wo sich unzählige Personen auf verschiedene Arten divertirten. Ich meines Orts sahe mich nach Niemanden anders als See=Officianten am, war auch so glücklich, einen Tisch anzutreffen, welcher mit 6. Personen von dergleichen Schlage besetzt, unten aber noch Platz genug vor mich vorhanden war.
Ich nahm mir die Freyheit, mich nach gemachten höflichen Compliment mit meinem Coffeé=Potgen zu ihnen zu setzen. Ihre gewöhnliche Freyheit verleitete sie gar bald, mich, wiewohl in gantz leutseeligen terminis, zu fragen: wer, und woher ich wäre? was meine Verrichtungen allhier? Ob ich mich lange in Amsterdam aufzuhalten gedächte? wie es mir allhier gefiele? u.d.gl. Ich beantwortete alle ihre Fragen nach meinem Gutachten, und zwar mit sittsamer Bescheidenheit, keines wegs aber mit einer Sclavischen Submission. Hiernächst drehten sie das Gespräch auf die Beschaffenheit verschiedener Etaaten und Oerter in Teutschland, da ich ihnen denn auf Befragen, nach meinem besten Wissen, hinlängliche Satisfaction gab. Auch fielen sie auf die [17] unterschiedlichen Universitäten und Studenten, worbey ihnen ebenfalls zu sattsamer Nachricht nichts schuldig blieb. Weßwegen der Vornehmste unter ihnen zu mir sprach: Monsieur, ich bekenne, daß ihr mir älter am Verstande als an Jahren vorkommt. Bey GOTT, ich halte viel von dergleichen jungen Leuten.
Ich mochte über diesen unverhofften Spruch etwas roth werden, machte aber ein höflich Compliment, und antwortete: Mein Herr! Sie belieben allzu vortheilhafftig von ihrem Diener zu sprechen, ich kan freylich nicht läugnen: daß ich erstlich vor wenig Wochen in mein 20stes Jahr getreten bin, und ohngeacht mich fast von meiner Kindheit an eiffrig auf die studia gelegt, so weiß ich doch gar zu wohl, daß mir noch allzuviel an Conduite und Wissenschafften mangelt, welches ich aber mit der Zeit durch emsigen Fleiß und den Umgang mit geschickten Leuten zu verbessern trachten werde.
Wo ihr Mittel habt, setzte ein anderer hinzu, wäre es Schade um euch: wenn ihr nicht wenigstens noch 2. oder 3. Jahr auf Universitäten zubrächtet, nach diesen Gelegenheit suchtet, die vornehmsten Länder von Europa durchzureisen. Denn eben durch das Reisen erlernet man die Kunst, seine erlangte Wissenschafften hier und dar glücklich anzubringen. Eben dieses, versetzte ich, ist mein propos, und ob gleich meine eigenen Mittel dabey nicht zulänglich seyn möchten, so habe doch das feste Vertrauen zu GOtt, daß er etwan hier oder dar gute Gönner erwecken werde, die mir mit gutem Rath und That, um meinen Zweck zu erreichen, an die [18] Hand gehen können. Ihr meritirt es sehr wohl, replicirte der erstere, und ich glaube, es wird euch hinführo selten daran mangeln. Hiermit wurde der Discours durch ein auf der Strasse entstandenes Lermen unterbrochen, welches sich jedoch bald wiederum stillete, die Herrn See=Officiers aber blieben eine kleine Weile gantz stille sitzen. Ich tranck meinen Coffeé auch in der Stille, und rauchte eine Pfeiffe Canaster=Toback, da aber merckte, daß einer von ihnen mich öffters sehr freundlich ansahe, nahm mir die Kühnheit, ihn zu fragen: Ob sich nicht allhier in Amsterdam ein gewisser Schiffs=Capitain, Nahmens Leonhard Wollffgang, aufhielte? Mir ist (antwortete er) dieser Nahme nicht bekandt. Wie? (fiel ihm derjenige, welchen ich vor den vornehmsten hielt, in die Rede) soltet ihr den berühmten Capitain Wolffgang nicht kennen? welches jener so wohl als die andern mit einem Kopff=Schütteln verneineten. Monsieur, (redete er zu mir) ist Wolffgang etwan euer Befreundter oder Bekandter? Mein Herr (versetzte ich) keins von beyden, sondern ich habe nur unterweges auf der Post mit einem Passagier gesprochen, der sich vor einen Vetter von ihm ausgab, und darbey sehr viel merckwürdiges von seinen Avanturen erzehlete.
Messieurs, (fuhr also der ansehnliche See=Mann in seiner Rede fort) ich kan euch versichern, daß selbiger Capitain ein perfecter See=Officier, u. dabey recht starcker Avanturier ist, welcher aber doch sehr wenig Wesens von sich macht, und gar selten etwas von seinen eigenen Begebenheiten erzehlet, es sey denn, daß er bey ausserordentlich guter Laune anzu=[19]treffen. Er ist ein special Freund von mir, ich kan mich aber deßwegen doch nicht rühmen, viel von seinen Geheimnissen ausgeforscht zu haben. Bey was vor Gelegenheit er zu seinem grossen Vermögen gekommen? kan ich nicht sagen, denn ich habe ihn vor etliche 20. Jahren, da er auf dem Schiffe, der Holländische Löwe genandt, annoch die Feder führete, als einen pauvre diable gekennet, nach diesen hat er den Degen ergriffen, und sich durch seine bravoure zu dem Posten eines Capitains geschwungen. Seine Conduite ist dermassen angenehm, daß sich jederman mit ihm in Gesellschafft zu seyn wünschet. Vor kurtzen hat er sich ein vortrefflich neues Schiff, unter dem Nahmen, der getreue Paris, ausgerüstet, mit welchen er eine neue Tour auf die Barbarischen Küsten und Ost=Indien zu thun gesonnen, und wie ich glaube, in wenig Tagen abseegeln wird. Hat einer oder der andere Lust, ihn vor seiner Abfahrt kennen zu lernen, der stelle sich morgenden Vormittag auf dem Ost=Indischen Hause ein, allwo ich nothwendiger Affairen halber mit ihm zu sprechen habe, und Abrede nehmen werde, an welchem Orte wir uns Nachmittags divertiren können. Hiermit stund der ansehnliche Herr von seiner Stelle auf, um in sein Logis zu gehen, die andern folgten ihm, ich aber blieb, nachdem ich von ihnen höflichen Abschied genommen, noch eine Stunde sitzen, hatte meine eigenen vergnügten Gedancken über das angehörte Gespräch, und ging hernachmahls mit meinem abermahls ziemlich berauschten Begleiter zurück in mein Logis, allwo mich so gleich niederlegte, und viel sanffter, als sonst gewöhnlich, ruhete.
[20] Folgenden Morgen begab mich in reinlicherer Kleidung in die neue Lutherische Kirche, und nach verrichteter Andacht spatzirte auf das Ost=Indische Hauß zu, da nun im Begriff war, die Kostbarkeiten desselben gantz erstaunend zu betrachten; hörete ich seitwerts an einem etwas erhabenen Orte die Stimme des gestern mir so ansehnlich gewesenen See=Officiers zu einem andern folgendes reden: Mon Frère! sehet dort einen wohl conduisirten jungen Teutschen stehen, welcher nur vor wenig Tagen mit der Post von Leipzig gekommen, und gestrigen Abend in meiner Compagnie nach euch gefragt hat, weil er unterwegs einen eurer Vettern gesprochen: Es wurde gleich hierauf etliche mahl gepistet, so bald nun vermerckte, daß es mich anginge, machte ich gegen die 2. neben einander stehende Herren meinen Reverence, Sie danckten mir sehr höflich, beuhrlaubten sich aber so gleich von einander. Der Unbekandte kam augenblicklich auf mich zu, machte mir ein sehr freundlich Compliment, und sagte: Monsieur, wo ich mich nicht irre, werden sie vielleicht den Capitain Wolffgang suchen? Mon Patron, (antwortete ich) ich weiß nicht anders, und bin dieserhalb von Leipzig nach Amsterdam gereiset. Um Vergebung, (fragte er weiter) wie ist ihr Nahme? (Meine Antwort war) Ich heisse Eberhard Julius. Den Augenblick fiel er mir um den Halß, küssete mich auf die Stirn, und sagte: Mein Sohn, an mir findet ihr denjenigen, so ihr sucht, nemlich den Capitain Leonhard Wolffgang. GOtt sey gelobet, der meinen Brieff und eure Person die rechten Wege geführet hat, doch habt die Güte, eine kleine Stunde hier zu [21] verziehen, biß ich, nachdem ich meine wichtigen Geschäffte besorgt, wieder anhero komme, und euch abruffe. Ich versprach seinem Befehl zu gehorsamen, er aber ging eilends fort, und kam, ehe noch eine Stunde verstrichen, wieder zurück, nahm mich bey der Hand, und sagte: So kommet denn, mein Sohn, und folget mir in mein Logis, allwo ich euch ein solches Geheimniß entdecken werde, welches, je unglaublicher es anfänglich scheinen, desto kostbarer vor euch seyn wird. Die verschiedenen Gemüths=Bewegungen, so bey dieser Zusammenkunfft in mir gantz wunderlich durch einander gingen, hatten meinen Kopff dermassen verwirret, daß fast nicht mehr wuste, was ich antworten, oder wie mich stellen wolte, doch unterwegens, da der Capitain bald mit diesen, bald mit jenen Personen etwas zu schaffen hatte, bekam ich Zeit, mich etwas wieder in Ordnung zu bringen. So bald wir demnach in seinem Logis eingetreten waren, umarmete er mich aufs neue, und sagte: Seyd mir vielmahls willkommen, allerwerthester Freund, und nehmet nicht ungütig, wenn ich euch hinführo, Mein Sohn, nenne, weiln die Zeit lehren soll, daß ich als ein Vater handeln, und euch an einen solchen Ort führen werde, wo ihr den Grund=Stein zu eurer zeitlichen Glückseeligkeit finden könnet, welche, wie ich glaube, durch das Unglück eures Vaters auf schwachen Fuß gesetzt worden. Jedoch, weil ich nicht gesonnen bin, vor eingenommener Mittags=Mahlzeit von unsern importanten Affairen ausführlich mit euch zu sprechen, so werdet ihr euch belieben lassen, selbe bey mir einzunehmen, inzwischen aber, biß die Speisen zubereitet [22] sind, mir eine kurtze Erzehlung von eurem Geschlechte und eigner Auferziehung thun. Ich wegerte mich im geringsten nicht, seinem Verlangen ein Genügen zu leisten, und fassete zwar alles in möglichste Kürtze, brachte aber dennoch länger als eine Stunde darmit zu, war auch eben fertig, da die Speisen aufgetragen wurden.
Nachdem wir beyderseits gesättiget, und aufgestanden waren, befahl der Capitain, Toback und Pfeiffen her zu geben, auch Coffeé zurechte zu machen, er aber langete aus seinem Contoir einen dreymahl versiegelten Brieff, und überreichte mir selben ohne einiges Wortsprechen. Ich sahe nach der Uberschrifft, und fand dieselbe zu meiner grösten Verwunderung also gesetzt:
Dieser im Nahmen der heiligen Dreyfaltigkeit versiegelte Brieff soll von niemand anders gebrochen werden, als einem, der den Geschlechts=Nahmen Julius führet, von dem ao. 1633. unschuldig enthaupteten Stephano Julius N.B. erweißlich abstammet, und aus keuschem Ehe=Bette gezeuget worden.
N.B.
Der Fluch sehr alter Leute, die da GOtt fürchten, thut gottlosen und betrügerischen Leuten Schaden.
Dergleichen Titul und Uberschrifft eines Briefes war Zeit meines Lebens nicht vor meine Augen kommen, doch weil ich ein gut gewissen hatte, konte mich gar bald in den Handel schicken. Der Capitain Wolffgang sahe mich starr an, ich aber machte eine freudige Mine, und sagte: Mon Pere, es fehlet [23] nichts als Dero gütige Erlaubniß, sonsten hätte ich die Macht und Freyheit, diesen Brieff zu erbrechen. Erbrechet denselben, antwortete er, im Nahmen der heil. Dreyfaltigkeit. Weiln er, versetzte ich, im Nahmen der heil. Dreyfaltigkeit geschrieben und versiegelt worden, und mein Gewissen von allen Betrügereyen rein ist, so will ich, doch nicht anders, als auf Dero Befehl, denselben auch im Nahmen der heil. Dreyfaltigkeit erbrechen. Mit Aussprechung dieser Worte lösete ich die Siegel, und fand den Innhalt also gesetzt:
Mein Enckel.
ANders kan und will ich euch nicht nennen, und wenn ihr gleich der mächtigste Fürst in Europa wäret, denn es fragte sich, ob mein glückseliger Character dem eurigen nicht vorzuziehen sey, indem ich ein solcher Souverain bin, dessen Unterthanen so viel Liebe als Furcht, und so viel Furcht als Liebe hegen, über dieses an baaren Gelde und Jubelen einen solchen Schatz aufzuweisen habe, als ein grosser Fürst seinen Etaat zu formiren von nöthen hat. Doch was nützet mir das Prahlen, ich lebe vergnügt, und will vergnügt sterben, wenn nur erst das Glück erlebt, einen von denenjenigen, welche meinen Geschlechts=Nahmen führen, gesehen zu haben. Machet euch auf, und kommet zu mir, ihr möget arm oder reich, krum oder lahm, alt oder jung seyn, es gilt mir gleich viel, nur einen Julius von Geschlechte, der Gottesfürchtig und ohne Betrug ist, verlange ich zu umarmen, und ihm den grösten Theil der mir und den [24] Meinigen unnützlichen Schätze zuzuwenden. Dem Herrn Leonhard Wolffgang könnet ihr sicher trauen, weil er seine lincke Hand auf meine alte Brust gelegt, die rechte aber gegen GOtt dem Allmächtigen in die Höhe gereckt, und mir also einen cörperlichen Eyd geschworen, diejenigen Forderungen, so ich an ihn gethan, nach Möglichkeit zu erfüllen. Er wird alles, was ich an euch zu schreiben Bedencken trage, besser mündlich ausrichten, und eine ziemliche Beschreibung von meinem Zustande machen. Folget ihm in allen, was er euch befiehlet, seyd gesund, und kommet mit ihm bald zu mir. Dat. Felsenburg, den 29. Sept. Anno Christi 1724. Meiner Regierung im 78. und meines Alters im 97. Jahre.
(L. S.) Albertus Julius.
Ich überlaß den Brieff wohl 5. biß 6. mahl, konte mir aber dennoch in meinen Gedancken keinen völligen und richtigen Begriff von der gantzen Sache machen, welches der Capitain Wolffgang leichtlich merckte, und derowegen zu mir sprach: Mein Sohn! alles euer Nachsinnen wird vergebens seyn, ehe ihr die Auflösung dieses Rätzels von mir, in Erzählung der wunderbaren Geschicht eures Vettern, Albert Julius, vernehmet, setzet euch demnach nieder und höret mir zu.
Hiermit fing er an, eine, meines Erachtens, der wunderbarsten Begebenheiten von der Welt zu erzehlen, die ich dem geneigten Leser, als die Haupt=[25]Sache dieses Buchs am gehörigen Orthe ordentlicher und vollständiger vorlegen werde. Voritzo aber will nur melden, daß da der Capitain über zwey Stunden damit zugebracht, und mich in erstaunendes Vergnügen gesetzt hatte; ich mich auf eine recht sonderlich verpflichtete Art gegen ihn bedanckte, in allen Stücken seiner gütigen Vorsorge empfahl, anbey allen kindlichen und schuldigen Gehorsam zu leisten versprach.
Nachdem aber fest gestellet war, mit ihm zu Schiffe zu gehen, ließ er meine Sachen aus dem Gasthofe abholen, und behielt mich bey sich in seinem eigenen Logis, er bezeugte eine gantz besondere Freude über einige schrifftl. Documenta und andere Dinge, welche Zeugniß gaben, daß ich und meine Vorfahren, in richtigen graden von dem Stephano Julio herstammeten, weil derselbe meines Großvaters Großvater, Johann Balthasar Julius aber, als meines leiblichen Vaters Großvater, der anno 1630. gebohren, ein leiblicher Bruder des Alberti Julii, und jüngster Sohn des Stephani gewesen.
Unsere Abfarth blieb auf den 27. Jun. fest gestellet, binnen welcher Zeit ich 200. Stück deutsche, 100. Stück Englische Bibeln, 400. Gesang= und Gebeth= nebst vielen andern, so wohl geistl. als weltlichen höchst nützlichen Büchern, alle sauber gebunden, kauffen, und zum mitnehmen einpacken muste, über dieses muste noch vor etliche 1000. Thlr. allerhand so wohl künstliche als gemeine Instrumenta, vielerley Hauß=Rath, etliche Ballen weiß Pappier, Dinten Pulver, Federn, Bleystiffte, nebst mancherley Kleinigkeiten erhandeln, welches [26] alles, worzu es gebraucht worden, am gehörigen Orthe melden will.
Mein werther Capitain Wolffgang merckte, daß ich nicht gerne müßig gieng, überließ mir demnach alle Sorgfalt über diejenigen Puncte, so er nach und nach, wie sie ihm beygefallen waren, auf ein Papier verzeichnet hatte, und zeigte sich die wenigen Stunden, so ihm seine wichtigen Verrichtungen zu Hause zu seyn erlaubten, meines verspürten Fleisses und Ordnung wegen, sehr vergnügt.
Am 24. Jun. gleich am Tage Johannis des Täuffers, ließ sich, da wir eben Mittags zu Tische sassen, ein fremder Mensch bey dem Capitain melden, dieser gieng hinaus denselben abzufertigen, kam aber sogleich wieder zurück ins Zimmer, brachte eine ansehnliche Person in Priester habite an der Hand hinein geführet, und nöthigte denselben sich bey uns zu Tische zu setzen. Kaum hatte ich den frembden Priester recht ins Gesicht gesehen, als ich ihn vor meinen ehemahligen Informator, Herrn Ernst Gottlieb Schmeltzern erkannte, umarmete, und zu verschiedenen mahlen küssete, denn er hatte von meinem zehenten biß ins 14te Jahr, ungemein wohl an mir gethan, und mich hertzlich geliebet.
Als er mich gleichfals völlig erkannt und geküsset, gab er seine Verwunderung, mich allhier anzutreffen, mit Worten zu verstehen. Ich that, ohne ihm zu antworten, einen Blick auf den Capitain, und nahm wahr, daß ihm über unser hertzliches Bewillkommen, die Augen voll Freuden=Thränen stunden. Er sagte: setzet euch, meine lieben, und speiset, denn wir hernach noch Zeit genung haben mit einander zu sprechen.
[27] Dem ohngeacht, konte ich die Zeit nicht erwarten, sondern fragte bald darauff meinen lieben Herrn Schmeltzer, ob er bey denen Lutheranern allhier in Amsterdam seine Beförderung gefunden? Er antwortete mit einigem Lächeln: Nein. Der Capitain aber sagte: Mein Sohn, dieser Herr soll auf dem Schiffe, unser, nach diesem an gehörigem Orthe, auch eurer Vettern und Muhmen, Seelsorger seyn. Ich habe die Hofnung von ihm, daß er nächst Göttl. Hülffe daselbst mehr Wunder thun, und sein Ammt fruchtbarlicher verrichten werde, als sonsten unter 100. Lutherischen Predigern kaum einer. Und in der That hatte ihn der Capitain in ordentliche Bestallung genommen, auf seine Kosten behörig zum Priester weyhen lassen, und in Amsterdam bey uns einzutreffen befohlen, welchem allen er dann auch aufs genauste nachgekommen war.
Indem aber nunmehro fast alles, was der Capitain entworffen, in behörige Ordnung gebracht war, wandte derselbe die 2. letztern Tage weiter sonderlich zu nichts an, als seinen guten Freunden die Abschieds=Visiten zu geben, worbey Herr Schmeltzer und ich ihn mehrentheils begleiteten, am 27ten Jun. 1725. aber, verliessen wir unter dem stärcksten Vertrauen auf den Beystand des Allmächtigen, die Weltberühmte Stadt Amsterdam, und kamen den 30. dito auf dem Texel an, allwo wir 14. Tage verweileten, den 15. Jul. unter Begleitung vieler andern Schiffe unter Seegel giengen, und von einem favorablen Winde nach Wunsche fort getrieben wurden. Nach Mitternacht [28] wurde derselbe etwas stärcker, welches zwar niemand von See=Erfahrnen groß achten wolte, jedoch mir, der ich schon ein paar Stündgen geschlummert hatte, kam es schon als einer der grösten Stürme vor, weßwegen alle meine Courage von mir weichen wolte, jedoch da ich nicht gesonnen, selbige fahren zu lassen, entfuhr mir folgende Tage nach einander, s.v. alles, was in meinen Magen und Gedärmen vorhanden war. Dem Herrn Schmeltzer und vielen andern, so ebenfalls das erste mal auf die See kamen, ging es zwar eben nicht anders, allein mir dennoch am allerübelsten, weil ich nicht eher ausser dem Bette dauren konte, biß wir den Canal völlig passiret waren, dahingegen die andern sich in wenig Tagen wieder gesund und frisch befunden hatten.
Meinem Capitain war im rechten Ernste bange worden, bey meiner so lange anhaltenden Kranckheit, und indem er mir beständig sein hertzliches Mittleyden spüren ließ, durffte es an nichts, was zu meinem Besten gereichte, ermangeln; biß meine Gesundheit wiederum völlig hergestellet war, da ich denn sonsten nichts bedaurete, als daß mich nicht im Stande befunden hatte, von den Frantzösischen und Englischen Küsten, im vorbey fahren etwas in nahen Augenschein zu nehmen.
Nunmehro sahe nichts um mich, als Wasser Himmel und unser Schiff, von den zurück gelegten Ländern aber, nur eine dunckele Schattirung, doch hatte kurtz darauff das besondere Vergnügen: bey schönem hellen Wetter, die Küsten von Portugall der Länge nach, zu betrachten.
[29] Eines Tages, da der Capitain, der Schiff=Lieutenant Horn, Johann Ferdinand Kramer, ein gar geschickter Chirurgus, von 28. biß 29. Jahren, Friedrich Litzberg, ein artiger Mensch von etwa 28. Jahren, der sich vor einen Mathematicum ausgab, und ich, an einem bequemlichen Orthe beysammen sassen, und von diesen und jenen discourirten, sagte der Lieutenant Horn zu dem Capitain: Mein Herr, ich glaube sie könten uns allerseits kein grösseres Vergnügen machen, als wenn sie sich gefallen liessen, einige, ihnen auf dero vielen Reisen gehabte Avanturen zu erzehlen, welche gewiß nicht anders, als sonderbar seyn können, mich wenigstens würden sie damit sehr obligiren, woferne es anders, seiten ihrer, ohne Verdruß geschehen kan.
Der Capitain gab lächelnd zur Antwort: Sie bitten mich um etwas, mein Herr, das ich selbsten an Sie würde gebracht haben, weiln ich gewisser Ursachen wegen schon 2. biß drey Tage darzu disponirt gewesen, will mir also ein geneigtes Gehör von ihnen ausgebethen haben, und meine Erzählung gleich anfangen, so bald Mons. Plager und Harckert unsere Gesellschafft verstärckt haben. Litzberg, welchem so wohl, als mir, Zeit und Weile lang wurde, etwas erzehlen zu hören, lieff stracks fort, beyde zu ruffen, deren der erste ein Uhrmacher etliche 30. Jahre alt, der andere ein Posamentirer von etwa 23. Jahren, und beydes Leute sehr feines Ansehens waren. Kaum hatten sich dieselben eingestellet da sich der Capitain zwischen uns einsetzte, und die Erzehlung seiner Geschichte folgendermassen anfing.
[30] Ich bin kein Mann aus vornehmen Geschlechte, sondern eines Posamentiers oder Bortenwürckers Sohn, aus einer mittelmäßigen Stadt, in der Marck Brandenburg, mein Vater hatte zu seinem nicht allzu überflüßigen Vermögen, 8. lebendige Kinder, nemlich 3. Töchter und 5. Söhne, unter welchen ich der jüngste, ihm auch, weil er schon ziemlich bey Jahren, der liebste war. Meine 4. Brüder lerneten, nach ihren Belieben, Handwercke, ich aber, weil ich eine besondere Liebe zu den Büchern zeigte, wurde fleißig zur Schule und privat=Information gehalten, und brachte es so weit, daß in meinem 19. Jahre auf die Universität nach Franckfurth an der Oder ziehen konte. Ich wolte Jura, mußte aber, auf expressen Befehl meines Vaters, Medicinam, studiren, ohne zweiffel weil nicht mehr als 2. allbereit sehr alte Medici, oder deutlicher zu sagen, privilegirte Liferanten des Todes in unserer Stadt waren, die vielleicht ein mehreres an den Verstorbenen, als glücklich curirten Patienten verdient haben mochten. Einem solchen dachte mich nun etwa mein Vater mit guter manier und zwar per genitivum zu substituiren, weiln er eine eintzige Tochter hatte, welche die allerschönste unter den häßlichen Jungfern, salvo errore calculi, war, und der die dentes sapientiæ, oder deutsch zu sagen, die letzten Zähne nur allererst schon vor 12. bis 16. Jahren gewachsen waren.
Ich machte gute progressen in meinen studiren, weiln alle Quartale nur 30. Thlr. zu verthun bekam, also wenig debauchen machen durffte, sondern fein zu Hause bleiben, und fleißig seyn muste.
[31] Doch mein Zustand auf Universitäten wolte sich zu verbessern mine machen, denn da ich nach anderthalbjährigen Abseyn, die Pfingst=Ferien bey meinen Eltern celebrirte, fand ich Gelegenheit, bey meinem, zu hoffen habenden Hrn. Schwieger=Vater, mich dermassen zu insinuiren, daß er als ein Mann, der in der Stadt etwas zu sprechen hatte, ein jährliches stipendium von 60. Thlr. vor mich heraus brachte, welche ich nebst meinen Väterlichen 30. Thlr. auf einem Brete bezahlt, in Empfang nahm, und mit viel freudigern Hertzen wieder nach Franckfurth eilete, als vor wenig Wochen davon abgereiset war.
Nunmehro meinete ich keine Noth zu leyden, führete mich demnach auch einmal als ein rechtschaffener Pursch auf, und gab einen Schmauß vor 12. bis 16. meiner besten Freunde, wurde hierauff von ein und andern wieder zum Schmause invitirt, und lernete recht pursicos leben, das ist, fressen, sauffen, speyen, schreyen, wetzen und dergleichen.
Aber! Aber! meine Schmauserey bekam mir wie dem Hunde das Graß, denn als ich einsmals des Nachts ziemlich besoffen nach Hause ging, und zugleich mein Müthlein, mit dem Degen in der Faust, an den unschuldigen Steinen kühlete, kam mir ohnversehens ein eingebildeter Eisenfresser mit den tröstlichen Worten auf den Hals: Bärenheuter steh! Ich weiß nicht was ich nüchterner Weise gethan hätte, wenn ich Gelegenheit gesehen, mit guter manier zu entwischen, so aber hatte ich mit dem vielen getrunckenen Weine doppelte Courage eingeschlungen, setzte mich also, weil mir der Paß zur [32] Flucht ohnedem verhauen war, in positur, gegen meinen Feind offensive zu agiren, und legte denselben, nach kurtzen chargiren, mit einem fatalen Stosse zu Boden. Er rieff mit schwacher Stimme: Bärenhäuter, du hast dich gehalten als ein resoluter Kerl, mir aber kostet es das Leben, GOTT sey meiner armen Seele gnädig.
Im Augenblicke schien ich gantz wieder nüchtern zu seyn, ruffte auch niemanden, der mich nach Hause begleiten solte, sondern schlich viel hurtiger davon, als der Fuchs vom Hüner Hause. Dennoch war es, ich weiß nicht quo fato, heraus gekommen, daß ich der Thäter sey; es wurde auch starck nach mir gefragt und gesucht, doch meine besten Freunde hatten mich, nebst allen meinen Sachen, dermassen künstlich versteckt, daß mich in 8. Tagen niemand finden, vielweniger glauben konte, daß ich noch in loco vorhanden sey. Nach verfluß solcher ängstlichen 8. Tage, wurde ich eben so künstlich zum Thore hinaus practiciret, ein anderer guter Freund kam mit einem Wagen hinter drein, nahm mich unterweges, dem Scheine nach, aus Barmhertzigkeit, zu sich auf den Wagen, und brachte meinen zitterenden Cörper glücklich über die Grentze, an einen solchen Orth, wo ich weiter sonderlich nichts wegen des Nachsetzens zu befürchten hatte. Doch allzu sicher durffte ich eben auch nicht trauen, derowegen practicirte mich durch allerhand Umwege, endlich nach Wunsche, in die an der Ost=See gelegene Königl. Schwed. Unniversität Grypswalda, allwo ich in gantz guter Ruhe hätte leben können, wenn mir nur mein unruhiges Gewissen dieselbe vergön=[33]net hätte, denn ausser dem, daß ich die schwere Blut=Schuld auf der Seele hatte, so kam noch die betrübte Nachricht darzu, daß mein Vater, so bald er diesen Streich erfahren, vom Schlage gerühret worden, und wenig Stunden darauff gestorben sey. Meinen Theil der Erbschafft hatten die Gerichten confiscirt, doch schickten mir meine Geschwister aus commiseration, jedes 10. Thlr. von dem ihrigen, und baten mich um GOTTES willen, so weit in die Welt hinein zu gehen als ich könte, damit sie nicht etwa eine noch betrübtere Zeitung, von Abschlagung meines Kopffs bekommen möchten.
Ich hatte, nach verlauf fast eines halben Jahres, ohnedem keine Lust mehr in Grypswalde zu bleiben, weiln mir nicht so wohl hinlängliche subsidia als eine wahre Gemüths=Ruhe fehleten, entschloß mich demnach selbige auf der unruhigen See zu suchen, und deßfals zu Schiffe zu gehen. Dieses mein Vorhaben entdeckte ich einem Studioso Theologiæ, der mein sehr guter Freund und Sohn eines starcken Handels=Mannes in Lübeck war, selbiger recommendirte mich an seinen Vater, der eben zugegen, und seinen Sohn besuchte, der Kauffmann stellete mich auf die Probe, da er nun merckte, daß ich im schreiben und rechnen sauber und expedit, auch sonsten einen ziemlich verschlagenen Kopff hatte, versprach er mir jährlich 100. Thlr. Silber=Müntze, beständige defrayirung so wohl zu Hause als auf Reisen, und bey gutem Verhalten, dann und wann ein extraordinaires ansehnliches Accidens.
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