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- A n t h o l o g i e
a u f d a s J a h r 1 7 8 2
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- [110]
- Ein Vater
an seinen Sohn.
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Wie die Himmelslüfte mit den Rosen
An den Frühlingsmorgen zärtlich kosen;
Kind, so schmeichelt dir
Izt das äusre Glük in deinen Jugendtagen,
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- Thränen sahst du nur; noch rangen keine Klagen
Sich aus deiner Brust herfür.
Aber sieh! der Hain, der kaum entzüket,
Neigt sich, plözlich rast der Sturm, zerkniket
Liegt die Rosenblum!
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- O so ist es, Sohn, mit unsern Sinnesfreuden,
Unserm Golde, unsern lichten Herrlichkeiten,
So mit unserm Flitterruhm.
- [111]
- Nur des Höchsten Abglanz, der Gerechte,
Welcher in dem schröklichen Gefechte
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- Zwischen Lust und Pflicht
Jener sich entringt, der höhern Weisheit Stimme
Folget, troz der Selbstsucht heißem Grimme,
Die sein Herz mit Schwerdern sticht.
Dessen Wollust trägt von hier die Bahre
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- Nicht, es löscht sie nicht der Strom der Jahre,
Nicht die Ewigkeit:
Angeleuchtet könnt' er in den lezten Blizen,
Und vom Weltenumsturz angeschwungen sizen
Ohne Menschenbangigkeit.
W.
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