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- A n t h o l o g i e
a u f d a s J a h r 1 7 8 2
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- [107]
- Edgar an Psyche.
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Welch ein Leben, kleine Psyche,
Wenn ich Nachtigallen gliche?
O ich lokte dich
Flötend zu willkommnen Thränen,
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- Klagte dir in Silbertönen,
Und du liebtest mich!
Welch ein Leben, fromme Psyche,
Wenn ich Turteltäubchen gliche?
Ich umhüpfte dich,
- 10
- Spielte dir im Schoos mit Freuden,
Girrte schmachtend Zärtlichkeiten,
Und du liebtest mich.
- [108]
- Welch ein Leben, schöne Psyche,
Wenn ich Frühlingsrosen gliche?
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- Ich umgöse dich,
Rings mit Wohlgerüchen, blühte
Froh in deines Busens Mitte:
Und du liebtest mich.
Welch ein Leben, sanfte Psyche,
- 20
- Wenn ich leisen Zephirn gliche?
Ich umwehte dich,
Tränke deines Athems Schwüle,
Hauchte dir ins Antliz Kühle:
Und du liebtest mich.
- 25
- Welch ein Leben, holde Psyche,
Wenn dein Edgar allen gliche?
Ich umschwebe dich,
Opfre Blumen alle Tage,
Girre, singe, flöte, klage:
- 30
- Und du fliehest mich?
- [109]
- Psyche bleib! – Warum denn Rosen
Nachtigallen Täubchen kosen?
Mehr o mehr kann ich!
Lieben kann ich, fühlen, küssen,
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- Heiß umarmen, Nächte süssen! –
Psyche liebe mich!
Ha.
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