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- A n t h o l o g i e
a u f d a s J a h r 1 7 8 2
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- Der hypochondrische Pluto.
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- Romanze.
Erstes Buch.
Der grobe Schulz im Tartarus,
Marks Pluto zubenamset,
Der mit Abschied und Morgengruß,
Monarchisch in dem Erebus,
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- Die Züchtlinge durchwamset,
Verlor zum Fluchen seine Brust,
Und fast zum Peitschen den Gelust.
Sein Vita sedentaria
Auf seinem eh'rnem Sessel
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- Erhizte seine Postera,
Und hin und her und dort und da
Stach's ihn wie Salz und Nessel,
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- Das heiße Wetter obendrein
Kocht sein Geblüt zu Sulzen ein.
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- Zwar ward ihm mancher Sauerbronn
Vom Flegeton geschöpfet,
Und durch Skarifikazion,
Blutigel, Venäsekzion
Viel Blut ihm abgezäpfet.
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- Auch manch Klystier ward applizirt
Auch offner Leib effektuirt.
Sein Leibarzt, ein studirter Herr
Mit knotigter Perüke,
Argumentirte ohn Beschwer
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- Aus Hippokrat und Zelsus her
Wo's Ihro Gnaden spüke:
Gestrenger Schulz im Tartarus
Sind Hämorrhoidarius!“
Und Er ist mir ein dummer Tropf
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- Samt seiner Pillenwaare!
Ein Mann wie ich – wo steht sein Kopf?
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- Ein junger Mann noch, Sauertopf!
Im Frühling meiner Jahre!
Komm er mir mit Latwergen nicht.
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- Der Kolben fliegt ihm ins Gesicht.““
Wol oder übel – wollt' ers nicht
Mit Ihr Gestreng verderben,
(Weh dem der Fürstengunst zerbricht !
Husch! fleischen ihm ins Angesicht
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- Die Splitter und die Scherben)
Er schweigt wohlweislich – weil er muß,
Das lernte sich – beim Zerberus.
Apolln den himmlischen Barbier
Soll man herunter holen!“
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- Flugs tummelt schon sein flinkes Thier
Vorbei am Mond ein Luftkourier
Vorüber an den Polen;
Punkt vier Uhr flog mit ihm der Rapp,
Schlag fünf Uhr stieg er droben ab.
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- So eben hatt' Apoll – wie froh !
Gar ein Sonnet gedichtet?
O pfuy doch! Nein! bei Mamsell Jo
(Zum mindsten schwazt die Muse so)
Hebammendienst verrichtet.
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- Ein Knäblein, wie in Wachs geprägt,
Ward Vatern Zevs fürs Hauß gelegt.
Der Gott durchlas den Höllenbrief
Und stuzte drob nicht wenig,
Der Weg ist weit, die Hölle tief,
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- Und ihre Felsen steil und schief – – –
Doch zalt mich ja ein König!
Frisch nimmt er Pelz und Nebelkapp, –
Und durch die Lüfte strampft der Rapp.
Die Loken à la mode gerollt,
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- Geglättet die Manschetten,
Im Gallakleid von Spiegelgold
(Ein Schmuk den ihm Aurora zollt)
Mit kostbarn Uhrenketten
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- Die Zähen auswärts, chapeau bas –
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- So stand er vor dem König da.
Zweites Buch.
Der alte Murrkopf, wie bekannt,
Bewillkommt ihn mit Flüchen:
Ey pak er sich ins Pommerland!
Wie stinkt er doch nach Eau d'Lavande?
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- Eh möcht ich Schwefel riechen.
Puh! schier' er sich doch himmelan,
Er stekt mir ja die Hölle an.“
Betroffen wich, wie angeblizt,
Der Pillengott zurüke. – –
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- Sind Seine Hoheit stets wie izt?
Im Cerebello, merk ich, sizt
Das Uebel – welche Blike!
Wie rollen sie! wie flammt ihr Feu'r!
Der Fall ist schlimm! der Rath ist theur!
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- Ein Reis'chen nach Elisium
Wird die Infarktus schmelzen,
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- Und freier in dem Zirkel um
Durch Bauch und Kapitolium
Die zähen Säfte wälzen.
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- Drum dächt' ich unmaßgeblich so:
Sie reisten – doch! incognito! –“
Ja schöner Herr! ich glaubs ihm gern!
Und wär nur hier zu Lande,
Wie bei euch balsamirten Herrn,
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- Euch niedlichen Olympiern
Faullenzen keine Schande.
Und brauchte nur – ich folgte gleich!
Kein Oberhaupt das Höllenreich.
Ha! wär die Kaz zum Loch hinaus,
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- Die Mäuse möcht' ich sehen!
Sie liefen mir von Hof und Haus
Und jagten meinen Mufti 'naus!
Würd drauf und drunter gehen!
Poz alle Donner! geh er mir!
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- Gewizigt bin ich für und für.
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- Was wars nicht schon für ein Tumult
Der Thürme eingeschmissen!
Und wars denn damals meine Schuld,
Daß meine Filosofen Pult
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- Und Ketten losgerissen?
Wie? rissen erst Poeten los?
Hilf Himmel! welch ein Ohrenstoß!
Bei langem Tage schwazt sich viel!
Mag wohl auf euren Bänken
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- Euch träg genug beim Lombrespiel
Und Dudeldum und Federkiel
Die Zeit vorüber hinken.
Der Müssiggang beißt wie ein Floh
Auf Sammetpolstern – wie auf Stroh.
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- Da weis vor ewger Langeweil
Mein Bruder nichts zu treiben,
Und zündelt mit dem Donnerkeil,
Und schießt, ich hör's ja am Geheul,
Mit Wettern nach der Scheiben;
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- Daß Rheas arme Schulter schwankt,
Und mir für meine Hölle bangt.
Großvater Cölus sollt' ich seyn!
Ich wollt mir Ruhe schaffen.
Ihr müßtet mir in Leiber 'nein,
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- Und in den Windeln ay ay schreyn,
Und durch fünf Fenster gaffen!
Vorerst noch über meinen Strom,
Und dann erst nach Elisium! –
Nun denk ich sezt er sich zu Pferd,
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- Hoff's, er wird mich begreifen;
Auch ists vielleicht der Mühe werth,
Er sagt was er izt angehört
Dem Zevs beim Barteinsaifen.
Er mache was er wolle draus!
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- Das jükt mich nicht in meinem Haus.
Und damit kehrt der Herr zurük!
Sein Servus! Gott befohlen!
Man kann ihm – Halt 'n Augenblik! –
Für seine Müh ein hübsches Stük
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- Rothgüldenerz herholen.
Mag droben doch was rares seyn,
Wir Tartarer hofiren drein.“ –
Drittes Buch.
Somit beurlaubt sich der Gott
Mit kurzen Reverenzen.
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- Als plözlich durch die Höllenrott
Hindurch sich riß ein Flügelbot.
(Er kam von Tellus Gränzen)
Monarch! Ein Arzt! ein Wundermann.
Kommt hinterdrein – ich ritt voran.
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- Plaz für den fremden Praktikus!
Er kommt mit Peitsch' und Sporen.
Nikt freundlich jedem seinen Gruß,
Als wär' er hier im Tartarus
Erzogen und gebohren;
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- Freimüthig ohne Furcht und Grauß,
Wie Britten in dem Unterhaus.
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- Gott grüß die Herren allesamt!
So trift man hier zu Lande,
Wohin, wer von Prometheus stammt,
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- Jedweden das Geschik verdammt,
Noch trefliche Bekannte!
Wer weis't mich nach Elysen hin?
Möcht gern die Brunnen springen sehn.“
Gemach! – der Fürwiz wird den Herrn
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- Doch nicht so hastig treiben,
Er muß mir izt beim Siebenstern!
Er muß mir ungern oder gern
Noch ein Rezept verschreiben.
Die Höll' ist mein – Pluto mein Nam!
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- Heraus 'n mal mit seinem Kram!““
Mit einem scharfen Blike mißt
Der Arzt den schwarzen Kaiser.
Zwar riecht er nicht am gnädgen Mist,
Beäugelt nicht was er gepißt,
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- (Auch würd' er deß nicht weiser.)
Durchdringend wie elektrisch Feu'r
Erspäht sein Blik – das Ungeheu'r.
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- Monarch! Ich schenke dir die Beicht
Der schlimmen Siebensachen.
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- So desperat der Rath dich däucht,
So ist doch auch der Fall nicht leicht –
Und Kinder fürchten Drachen.
Ein Teufel frißt den andern! – kurz!
Ein Weibchen - oder – Niesewurz!
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- Sie tändle oder keife nun,
(Ich weiß von keinem Dritten)
So jagt sie doch den Alp davon
Der dich auf deinem Eisenthron
Erbärmlich zugeritten.
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- Jagt frei und flink bergab zum Fuß
Berg auf zum Kopf die Spiritus.“
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Vivat der Doktor hochgelehrt,
Der diesen Spruch thät fällen!
Ein ewig Denkmal ist er werth
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- Darauf in Marmor, hoch zu Pferd,
Von Phidias zu stellen.
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- Ein Monument, das nie verdirbt,
Wenn Hippokrat und Boerhaave stirbt.
Kek nahen izt die Todte sich
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- Zum höllischen Monarchen –
Der Frau Plutonin in die Küch
Ein Lapperdan – macht gute Sprüch,
Und fromme Aristarchen.
Hieroben frommte der Gebrauch!
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- Juchhe! izt gilt er drunten auch!
P.
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