BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Hermann Samuel Reimarus

1694 - 1768

 

 

Der Autor

 

Hermann Samuel Reimarus wird am 22. Dezember 1694 in Hamburg geboren. Ab 1708 besucht er das Hamburger Johanneum, an dem auch sein Vater als Lehrer tätig ist. 1710 wechselt er an das Akademische Gymnasium, wo der Altphilologe Johann Albert Fabricius und der Orientalist Johann Christoph Wolf seine Lehrer sind. 1714 beginnt er ein Studium der Theologie, Philosophie und orientalischen Sprachen an der Universität Jena. 1716 wechselt er nach Wittenberg und gibt das Theologiestudium auf. Mit der Arbeit «De differentiis vocum Hebraicarum» wird er 1717 zum Magister promoviert und ist anschließend Adjunkt der philosophischen Fakultät. In den Jahren 1721/22 macht er eine Studienreise, die ihn nach Leiden, Oxford und London führt. Nach der Rückkehr wird er 1723 Rektor der Stadtschule Wismar. 1728 wird er als Professor für orientalische Sprachen an das Akademische Gymnasium in Hamburg berufen. Im selben Jahr heiratet er die Tochter seines einstigen Lehrers Fabricius. 1735 wird seine Tochter Elise geboren, Schriftstellerin und befreundet mit Klopstock und Lessing. In Hamburg entfaltet Reimarus in den kommenden Jahre eine reiche schriftstellerische Tätigkeit. Neben Editionen von Werken antiker Autoren eine zukunftsweisende Arbeit zur Tierpsychologie und eine Reihe philologischer, theologischer und philosophischer Schriften. Sein Hauptwerk, die «Apologie oder Schutzschrift für die vernünftigen Verehrer Gottes», eine vom englischen Deismus beeinflußte radikale Bibelkritik, wagt er zu Lebzeiten nicht zu veröffentlichen. Nach seinem Tod hat Lessing Teile daraus unter dem Titel «Fragmente eines Ungenannten» herausgegeben und damit heftige Kontroversen unter Theologen ausgelöst, den sogenannten Fragmentenstreit. Eine Gesamtausgabe der Apologie wurde erst 1972 veröffentlicht. Als früher Vertreter der Aufklärung vertrat Reimarus gegen die Offenbarungsreligion der orthodoxen Lutheraner die Idee einer universalen, natürlichen Vernunftreligion. Zehn Tage vor seinem Tode lädt Reimarus seine Freunde zu einem letzten Abschiedsmahl. Am 1. März 1768 stirbt er in Hamburg.

 

Hermann Samuel Reimarus

 

Albrecht Schweizer: Von der Großartigkeit der Darstellung in dem Fragment ‹Vom Zwecke Jesu und seiner Jünger› kann man nicht genug sagen. Diese Schrift ist nicht nur eines der größten Ereignisse in der Geschichte des kritischen Geistes, sondern zugleich ein Meisterwerk der Weltliteratur. (Von Reimarus zu Wrede S. 15, 1906) ... Es ist an der Zeit, daß dem Reimarus sein Recht werde und daß man die grandiose historische Leistung in der deistischen Streitschrift anerkenne. Sein Werk ist vielleicht die großartig­ste Leistung in der Leben-Jesu-Forschung überhaupt; denn er hat zuerst die Vorstellungswelt Jesu historisch, d. h. als eschatologische Weltanschauung erfaßt. Die Sprache ist für gewöhnlich knapp und trocken, epigrammatisch scharf, wie die eines Mannes, der nicht schreibt, sondern auf Tatsachen ausgeht. Zuzeiten aber erhebt sie sich zu wahrhaft pathetischer Höhe. Es ist, als ob das Feuer eines Vulkans gespenstische Bilder auf dunkeln Wolken malte. Selten war ein Haß so beredt, selten ein Hohn so großartig; selten aber auch ein Werk in dem berechtigten Bewußtsein einer so absoluten Superiorität über die zeitgenössischen Anschauungen geschrieben. Und in allem dennoch Ernst und Würde. Des Reimarus Werk ist kein Pamphlet. (S. 22)

Moses Mendelsohn: Er glaubte, alle Lichter auslöschen zu müssen, um die völlige Beleuchtung ungeteilt aus dem Lichte der Vernunft strömen zu lassen. (Morgenstunden oder Vorlesungen über das Daseyn Gottes, XV. Vorlesung, 1785)

Karl Marx: [Ich] beschäftigte mich sehr mit Reimarus, dessen Buch «Von den Kunsttrieben der Thiere» ich mit Wollust durchgedacht. (Brief an den Vater, 1837)

 

 

Das Werk

 

De differentiis vocum Hebraicarum (1717)    >>>

Matthaei Camariotae orationes II in Plethonem De fato

(1721)    >>>

Plethonis libellus de fato. Ejusdemque et Bessarionis Cardinalis epistolae

una cum Matthaei Camariotae orationibus II in Plethonem De fato (1722)    >>>

Wismarienses orationes

(1723)    >>>

Immortali memoriae V. S. R. Petri Theodori Seelmanni ... praesens monumentum dicat,

et ad exequias eius ... invitat Hermannus Samuel Reimarus (1730)    >>>

Bibliothecae Johannis Alberti Fabricii

(1735)    >>>

Apologie oder Schutzschrift für die vernünftigen Verehrer Gottes

(geschrieben 1735-1767/68, gedruckt posthum 1972)

Daraus: Fragmente eines Ungenannten

(posthum herausgegeben von Lessing: 1774, 1777, 1778)

De vita et scriptis Joannis Alberti Fabricii commentarius.

Accedunt argumenta historico, critica ex epistolis virorum clarorum ad Fabricium.

Praeterea Christiani Korthholti parentatio Lipsiensis et variorum epicedia (1737)    >>>

Werkausgabe des römischen Historikers Dio Cassius

(Vorarbeiten durch Johann Albert Fabricius, den Schwiegervater 1750/52)    >>>

De assessoribus synedrii M. LXX. linguarum peritis: in celebritate Gymnasii Hamburgensis

postquam a fundamentis restauratum erat rite dedicati Hermannus Samuel Reimarus

et Ioannis Abertus Henricus Reimarus publice disputabunt (1751)    >>>

Die vornehmsten Wahrheiten der natürlichen Religion in zehn Abhandlungen

(1754)    >>>

Die Vernunftlehre, als eine Anweisung zum richtigen Gebrauch der Vernunft

in der Erkenntnis der Wahrheit (1756)    >>>

Allgemeine Betrachtungen über die Triebe der Thiere, hauptsächlich über ihre Kunsttriebe.

Zum Erkenntniss des Zusammenhanges der Welt, des Schöpfers und unser selbst. (1760)    >>>

Auszug aus allgemeinen Betrachtungen über die Triebe der Thiere    >>>

Wie die Kunsttriebe der Thiere zu erklären, und deren Erkenntniß ... anzuwenden ist    >>>

 

 

Sekundäres

 

Hermann Samuel Reimarus (Wikipedia)

Hermann Samuel Reimarus bei Helmut Schulzes Litlinks

Hermann Samuel Reimarus (Hermann Sieveking)

Der Fragmentenstreit (Wikipedia)

Johann Melchior Goeze

Lessing, Antigoeze

Samuel Krauss, Das Leben Jesu nach jüdischen Quellen

Albert Schweitzer, Von Reimarus zu Wrede (1906)

Quellen/Kolophon