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- D e r T o d A d a m s .
E i n T r a u e r s p i e l .
V o r b e r i c h t .
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- Die Schönheiten eines Trauerspiels, die es mehr durch Gewohnheiten und Sitten einer Nation, als durch die einfältige Natur sind, haben sich oft dadurch der Gefahr ausgesetzt, weniger zu gefallen. Und nicht selten sind sie der Gefahr untergelegen, wenn diese Gewohnheiten und Sitten, ein zu fremder Zusatz zu der schönen Natur waren. Denn, wenn wir uns, in diesem Falle, auch mit noch so vieler Bemühung in die Zeiten und Umstände versetzen, worauf sich ein Trauerspiel vorzüglich bezieht; so bleibt uns doch allezeit, aufs wenigste, eine gewisse zarte Widersetzlichkeit der Empfindung übrig, die den großen Mann, für den uns die Geschichte und der Dichter einnehmen wollen, lieber in andern, als in solchen Umständen, die der Natur so oft eine falsche Colorit geben, handeln sehen möchte.
Diese Anmerkung ist eine von den Ursachen gewesen, warum ich unsern Stammvater zu der Hauptperson eines Trauerspiels gemacht habe. Vielen Lesern wird hier gleich einfallen: Daß man kein Trauerspiel aus der Offenbarung nehmen müsse. Wenn das so viel heißen soll, daß die großen Männer, die uns die Bibel aufbehalten hat, nicht so würdig sind vor uns zu erscheinen, als die großen Männer des Heidenthums; so sehe ich nicht ein, warum ich Salomo nicht so hoch als Titus schätzen solle. So bald man aber dadurch sagen will, daß diejenigen großen Männer der Offenbarung, die nicht anders, als von den tiefsten Geheimnissen der Religion begleitet, aufgeführt werden könnten, selbst für das ernsthafte Trauerspiel zu ernsthaft sind; so bin ich so sehr von dieser Meynung, daß ich wünschte, daß in dem Polieuct einige Stellen nicht wären. Man kann die Religion in zween Hauptgesichtspunkten ansehen. Es führt uns ein Vorhof zu dem Heiligthume. Was in dem Vorhofe geschieht, hat, wenn ich das Wort wagen darf, noch eine gewisse Mine von Weltlichkeit. Es hat aber zugleich so viel wirklich Erhabenes, so viel schöne und große Natur, daß, es mir sonderbar vorkömmt, daß wir nur Eine Athalie haben.
Ein gewisser Geschmack hat eingeführt, daß wir an einem Tage, der kein Feyertag, und an einem Orte, da keine Kirche ist, schlechterdings nicht erlauben, daß uns Jemand an so etwas ernsthaftes, als die Religion ist, erinnere. Dieses, und die nothwendige äußerste Einfalt bey der Vorstellung dieses Stücks, wird auch dann noch, wenn wir gute Schauspieler haben werden, verursachen, daß es niemals wird aufgeführt werden können. Ich habe es auch nicht zu diesem Endzwecke gemacht. Wenn ein Scribent seine guten Gründe haben kann, zu einer Begebenheit, die Art vorzustellen, die dem Trauerspiele eigen ist, bequemer, als eine andere zu finden: so begreife ich nicht, warum es ihm nicht erlaubt seyn sollte, sie zu wählen, ob er gleich einsieht, daß sein Stück, wegen gewisser Nebenumstände, nicht aufs Theater gehöret.
Klopstock.
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