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- G e d i c h t e
N a c h d e r D i c h t e r i n T o d e
n e b s t i h r e m L e b e n s l a u f f
H e r a u s g e g e b e n v o n I h r e r T o c h t e r
C . L . v . K l [ e n k e ] g e b : K a r s c h i n ,
B e r l i n 1 7 9 2
O d e n .
- __________________________________________
- Dem Vater des Vaterlandes
Friedrich dem Großen,
bei triumphirender Zurückkunft
gesungen im Namen Seiner Bürger.
Den 30. März 1763.
Der Du den Tempel Deines neuen Freundschaftbandes
Mit diamantnen Bogen wölbst;
O König! Vater! Schutzgott des beglückten Landes!
Uns gegenwärtig bist Du selbst.
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- Dich, mit vermehrten Siegeskränzen Ausgeschmückter!
Empfängt der jüngste Frühlingswind,
Erfüllt mit Jauchzen Deiner Bürger, die entzückter
Jetzt fühlen, daß sie Menschen sind.
Zu lange suchten Dich beflügelte Gedanken,
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- Und Seufzer Deines Volkes dort,
Wo um das Schlachtfeld sich die Helden standhaft zanken,
Und Kriegesdonner ist ihr Wort.
Zu lange bliebest Du, versteckt in schwarzen Wettern,
Rund um Dich werfend Deinen Blitz,
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- Wir aber wankten gleich verwelkten Lindenblättern,
Um Deinen wüsten goldnen Sitz.
Vor unsers nebelvollen Geistes Blicke schliefen
Die Schöpfung selbst und die Natur;
Wir fühlten nicht den Reiz der besten Welt; wir riefen
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- Dich aller Welten Wunder! nur.
Das Klaggeschrey, die Thränenströhme rauschten mächtig
Bis an den Himmel und zu Dir;
Du kommst, und Dein Triumph ist mehr als Römisch prächtig:
Nicht über Sclaven jauchzen wir;
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- Nicht über nachgeführte fremde Königsschätze
Und Kronen, die der Sieger nahm;
Nein über Dich, Monarch, in welchem der Gesetze
Beschützer, glorreich wieder kam.
In Deinen Augen ging aus tausend Mitternächten
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- Ein uns geschaffnes Sonnenlicht
Hervor, und strahlet nun so lieblich Deinen Knechten,
Als Deines Gottes Angesicht,
Das über Dir daher geleuchtet und gelächelt,
In undurchdringlicher Gefahr,
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- Wenn oft das Vaterland wie Sterbende geröchelt,
Und zitternd für Dein Leben war.
O! laß Dein in der Schlacht nie wankend Knie umfassen,
Du Ueberwinder! und versprich,
Nicht mehr Dein bittend Land verwaiset zu verlassen.
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- Und fodern neue Feinde Dich;
Dann gieb uns Waffen, laß Dein Volk zu Felde ziehen,
Du aber, unsre Wollust! bleib
In Sans Souci, und wer von uns wird schimpflich fliehen;
Den tödte sein beherztes Weib.
An den Apoll,
daß er die Leyer zurücknehmen möchte.
Als sie zu Berlin wegen Mangel an Quartieren
einige Zeitlang in einer Dachstube wohnen mußte.
1763
Apoll! nimm deine Leyer wieder
Des Flakkus Töne fehlen ihr,
Er sang im dunklen Walde Lieder
Und vor ihm staunete das Thier.
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- Die Wölfinn ging für ihre Jungen
Nach Nahrung, und vergaß den Raub,
Und horchte was Horaz gesungen,
Und nagte, gleich der Ziege, Laub.
Der Tiger und der Löwe ließen
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- Ein lange Zeit verfolgtes Reh,
Und hörten den gesungnen, süßen,
Reizvollen Namen: Lalage.
Ich aber kann durch diese Leyer
Nicht öffnen deines Friedrichs Ohr;
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- Mir stellt der Traum oft Ungeheuer
In meiner dunklen Kammer vor.
In ihr seufz' ich oft mitternächtlich
Herauf zum nachbarlichen Mond,
Daß ich dem Pöbel bin verächtlich,
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- Der Gold besitzt und besser wohnt.
Mich in dem Winkel unterm Dache
Nennt er ein schlechtgebornes Weib;
Und fordert, daß er vornehm lache,
Von mir ein Lied zum Zeitvertreib.
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- O helfender Apoll! geschändet
Wirst du, wenn deine Vaterhand
Mir nicht die goldnen Saiten sendet,
Die der Sabiner aufgespannt,
Wenn mich des dritten Cäsars Rechte
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- Nicht über Glück und Pöbel hebt,
Weit unter dem Bezirk der Nächte
Hoch, wie der Tiberschwan geschwebt.
An die Leda.
Von dem Olympus zogest du ihn nieder,
O Leda! deinetwegen trägt
Der Donnergott ein lilienweiß Gefieder,
Der sonst mit Keulen um sich schlägt.
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- Er theilt die Wolken, seine Flügel trennen
Den Aether und den Sonnenstrahl,
Er kommt, und deines Auges Blicke brennen,
Dein Antlitz blühet wie das Thal.
Dein Busen schwillt, wie kleine Flocken Hügel,
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- Wenn Boreas durch Fluren bläst
Und jeder Bach verwandelt wird zum Spiegel,
Und das gestorbne Laub verwest.
Du lächelst mit der fein geschnitzten Lippe
Dem Schwane, der den Hals erhebt
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- Und nach der weißen Alabaster Klippe
Wollüstig mit dem Schnabel strebt.
Sein maulbeerfarbnes Auge redet Liebe,
Die ganze Macht der Buhlerei,
Den innern Aufruhr schlau versteckter Triebe
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- Verräth der Schwan durch Schmeichelei.
Er will dich küssen, sterbliche Beglückte!
Beneidenswerthe Leda! dich
Umfaßt mit beiden Flügeln der entzückte,
Beflammte Gott, und wünschet sich
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- Den süßen Rausch der Küssenden auf Erden,
Und fühlet Amors stärksten Pfeil,
Und trinket mit süßlachenden Geberden
Des Liebes-Nektars lezten Theil.
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