B  I  B  L  I  O  T  H  E  C  A    A  U  G  U  S  T  A  N  A
           
  Johann Wolfgang Goethe
1749 - 1832
     
   


F a u s t .
E i n e   T r a g ö d i e .


D e r   T r a g ö d i e   E r s t e r   T h e i l .

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[180]       S p a z i r g a n g .

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      F a u s t in Gedanken auf und ab gehend. Zu ihm M e p h i s t o p h e l e s .

M e p h i s t o p h e l e s .
2805 Bey aller verschmähten Liebe! Beym höllischen Elemente!
Ich wollt, ich wüßte 'was ärgers, daß ich's fluchen könnte!

F a u s t .
Was hast? was kneipt dich denn so sehr?
So kein Gesicht sah' ich in meinem Leben!

M e p h i s t o p h e l e s .
Ich möcht' mich gleich dem Teufel übergeben,
2810 Wenn ich nur selbst kein Teufel wär'!

F a u s t .
Hat sich dir was im Kopf verschoben?
Dich kleidet's, wie ein Rasender zu toben!

[181] M e p h i s t o p h e l e s .
Denkt nur, den Schmuck für Gretchen angeschafft,
Den hat ein Pfaff hinweggerafft! -
2815 Die Mutter kriegt das Ding zu schauen,
Gleich fängt's ihr heimlich an zu grauen:
Die Frau hat gar einen feinen Geruch,
Schnuffelt immer im Gebetbuch,
Und riecht's einem jeden Möbel an,
2820 Ob das Ding heilig ist oder profan;
Und an dem Schmuck da spürt sie's klar,
Daß dabey nicht viel Segen war.
Mein Kind, rief sie, ungerechtes Gut
Befängt die Seele, zehrt auf das Blut.
2825 Wollen's der Mutter Gottes weihen,
Wird uns mit Himmels=Manna erfreuen!
Margretlein zog ein schiefes Maul,
Ist halt, dacht' sie, ein geschenkter Gaul,
Und wahrlich! gottlos ist nicht der,
2830 Der ihn so fein gebracht hierher.
Die Mutter ließ einen Pfaffen kommen;
Der hatte kaum den Spaß vernommen,
Ließ sich den Anblick wohl behagen.
[182] Er sprach: So ist man recht gesinnt!
2835 Wer überwindet der gewinnt.
Die Kirche hat einen guten Magen,
Hat ganze Länder aufgefressen,
Und doch noch nie sich übergessen;
Die Kirch' allein, meine lieben Frauen,
2840 Kann ungerechtes Gut verdauen.

F a u s t .
Das ist ein allgemeiner Brauch,
Ein Jud' und König kann es auch.

M e p h i s t o p h e l e s .
Strich drauf ein Spange, Kett' und Ring',
Als wären's eben Pfifferling',
2845 Dankt' nicht weniger und nicht mehr,
Als ob's ein Korb voll Nüsse wär',
Versprach ihnen allen himmlischen Lohn -
Und sie waren sehr erbaut davon.

F a u s t .
Und Gretchen?

M e p h i s t o p h e l e s .
                  Sitzt nun unruhvoll,
2850 Weiß weder was sie will noch soll,
[183] Denkt an's Geschmeide Tag und Nacht,
Noch mehr an den, der's ihr gebracht.

F a u s t .
Des Liebchens Kummer thut mir leid.
Schaff' du ihr gleich ein neu Geschmeid'!
Am ersten war ja so nicht viel.

M e p h i s t o p h e l e s .
O ja, dem Herrn ist alles Kinderspiel!

F a u s t .
Und mach', und richt's nach meinem Sinn!
Häng' dich an ihre Nachbarinn.
Sey Teufel doch nur nicht wie Brey,
2860 Und schaff' einen neuen Schmuck herbey!

M e p h i s t o p h e l e s .
Ja, gnäd'ger Herr, von Herzen gerne.
      Faust ab.

M e p h i s t o p h e l e s .
So ein verliebter Thor verpufft
Euch Sonne, Mond und alle Sterne
Zum Zeitvertreib dem Liebchen in die Luft.
      ab.