[166]
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S t r a ß e .
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F a u s t . M a r g a r e t e vorüber gehend.
F a u s t .
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2605 | Mein schönes Fräulein, darf ich wagen,
Meinen Arm und Geleit Ihr anzutragen?
M a r g a r e t e .
Bin weder Fräulein, weder schön,
Kann ungeleitet nach Hause gehn.
Sie macht sich los und ab.
F a u s t .
Beym Himmel, dieses Kind ist schön!
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2610 | So etwas hab' ich nie gesehn.
Sie ist so sitt= und tugendreich,
Und etwas schnippisch doch zugleich.
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[167] | Der Lippe Roth, der Wange Licht,
Die Tage der Welt vergess' ich's nicht!
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2615 | Wie sie die Augen niederschlägt,
Hat tief sich in mein Herz geprägt;
Wie sie kurz angebunden war,
Das ist nun zum Entzücken gar!
M e p h i s t o p h e l e s tritt auf.
F a u s t .
Hör, du mußt mir die Dirne schaffen!
M e p h i s t o p h e l e s .
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2620 | Nun, welche?
F a u s t .
Sie ging just vorbey.
M e p h i s t o p h e l e s .
Da die? Sie kam von ihrem Pfaffen,
Der sprach sie aller Sünden frey;
Ich schlich mich hart am Stuhl vorbey,
Es ist ein gar unschuldig Ding,
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2625 | Das eben für nichts zur Beichte ging;
Ueber die hab' ich keine Gewalt!
F a u s t .
Ist über vierzehn Jahr doch alt.
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[168] | M e p h i s t o p h e l e s .
Du sprichst ja wie Hans Liederlich,
Der begehrt jede liebe Blum' für sich,
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2630 | Und dünkelt ihm, es wär' kein' Ehr'
Und Gunst, die nicht zu pflücken wär';
Geht aber doch nicht immer an.
F a u s t .
Mein Herr Magister Lobesan,
Laß er mich mit dem Gesetz in Frieden!
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2635 | Und das sag' ich ihm kurz und gut,
Wenn nicht das süße junge Blut
Heut' Nacht in meinen Armen ruht;
So sind wir um Mitternacht geschieden.
M e p h i s t o p h e l e s .
Bedenkt was gehn und stehen mag!
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2640 | Ich brauche wenigstens vierzehn Tag'
Nur die Gelegenheit auszuspüren.
F a u s t .
Hätt' ich nur sieben Stunden Ruh,
Brauchte den Teufel nicht dazu,
So ein Geschöpfchen zu verführen.
M e p h i s t o p h e l e s .
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[169] | Ihr sprecht schon fast wie ein Franzos;
Doch bitt' ich, laßt's euch nicht verdrießen:
Was hilft's nur g'rade zu genießen?
Die Freud' ist lange nicht so groß,
Als wenn ihr erst herauf, herum,
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2650 | Durch allerley Brimborium,
Das Püppchen geknetet und zugericht't
Wie's lehret manche welsche Geschicht'.
F a u s t .
Hab' Appetit auch ohne das.
M e p h i s t o p h e l e s .
Jetzt ohne Schimpf und ohne Spaß.
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2655 | Ich sag' euch, mit dem schönen Kind
Geht's ein= für allemal nicht geschwind.
Mit Sturm ist da nichts einzunehmen;
Wir müssen uns zur List bequemen.
F a u s t .
Schaff' mir etwas vom Engelsschatz!
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2660 | Führ' mich an ihren Ruheplatz!
Schaff' mir ein Halstuch von ihrer Brust,
Ein Strumpfband meiner Liebeslust!
M e p h i s t o p h e l e s .
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[170] | Damit ihr seht, daß ich eurer Pein
Will förderlich und dienstlich seyn;
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2665 | Wollen wir keinen Augenblick verlieren,
Will euch noch heut' in ihr Zimmer führen.
F a u s t .
Und soll sie sehn? sie haben?
M e p h i s t o p h e l e s .
Nein!
Sie wird bey einer Nachbarinn seyn.
Indessen könnt ihr ganz allein
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2670 | An aller Hoffnung künft'ger Freuden
In ihrem Dunstkreis satt euch weiden.
F a u s t .
Können wir hin?
M e p h i s t o p h e l e s .
Es ist noch zu früh.
F a u s t .
Sorg' du mir für ein Geschenk für sie!
ab.
M e p h i s t o p h e l e s .
Gleich schenken? Das ist brav! Da wird er reüssiren!
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[171] | Ich kenne manchen schönen Platz
Und manchen alt vergrabnen Schatz,
Ich muß ein Bißchen revidiren.
ab.
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