BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Friedrich von Logau

1604 - 1655

 

Deutscher Sinn-Getichte

Drey Tausend

 

Erstes Tausend

 

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Deß Ersten Tausend

Fünfftes Hundert.

 

1.

Wissenschafft.

BEsser ist es betteln gehen

Als nichts wissen/ nichts verstehen:

Armen/ kan man Geld wol reichen/

Weißheit aber nicht deßgleichen.

 

3.

Poeterey.

MAn hält mir nicht für gut die Poesie zu üben/

Das Buch/ das grosse Buch/ darinnen auffgeschrieben

Der Römer langes Recht/ solt eher meine Hand

Durchsuchen/ daß darauff sich gründe mein Verstand.

5

Jsts etwan vngesund/ auff Speisen die da nähren/

Zu Zeiten frisches Obst erquicklich zu verzehren?

Die edle Poesie ermuntert Sinn vnd Geist/

Daß er greifft an mit Lust/ was schwer vnd wichtig heist.

Das nöthigst ist das Brot; doch läst man gleichwol gelten

10

Die weit gereiste Würtz vnd sonsten/ was da selten

Jn vnsre Kuchel kummt; man günnet auch der Lust/

Bedarff es nicht Natur/ zu Zeiten eine Kost:

Der heilsame Verstand/ daß einer züchtig lebe

Niemanden Schaden thu/ vnd jedem gleiches gebe/

15

Jst nöthig als wol was: Doch steht es gleichwol frey

Zu salzen Kunst vnd Witz durch die Poeterey.

Weil Recht ein Knecht jetzt ist/ dem Frevel hat zu schaffen/

Weil eignen Willens Zaum pflegt frey verhenckt zu schlaffen/

Weil Mars das Rothe stellt vnd auch das Schwartze setzt/

20

Weil er Gesetz erklärt wann er den Degen wetzt/

Dieweil er Urthel fällt/ nach dem der Sieg gefallen/

Weil grober Stücke Knall vnd holen Ertztes schallen

Viel klagens nicht gestehn: So sey es mir vergunt/

Auff daß der Zeiten Weh/ darinnen wenig Grund

25

Zum from seyn übrig ist/ ich etwas mag besüssen

Durch das/ was jeder Zeit für ein gerühmtes wissen

Geschätzet ward vnd wird: Man lasse mir die Lust

Die/ wo sie wenig bringt/ noch weniger doch kost.

Sie wird mir nützer seyn/ als Mägden zu gefallen/

30

Als in der geilen Brunst der Uppigkeiten wallen:

Als eingeschrieben seyn in frevlen Raube=Bund/

Der durch gebrauchten Trotz der Welt hilfft auff den Grund:

Als daß mein Sinn im Wein/ vnd Wein schwümm in dem Sinne:

Als daß der Spieler Danck/ der schlecht ist/ ich gewünne:

35

Als daß ich mich befliess' auff Hunds=Philosophey

Und trieb als eine Kunst/ ein bäurisch Feldgeschrey.

So fühl ich auch nicht Hitz auff Hofegunst zu schnappen/

Jch biege keine Knie vnd rücke keine Kappen

Für auffgeputzter Ehr vnd angestrichner Gunst/

40

Die mancher sucht mit Müh/ durch schnöde Schmeichel=Kunst.

Genug! wann ich mir selbst im Friede kan befehlen

Und darff zu fremder Pflicht nicht Tag vnd Stunden zehlen;

Ein König bin ich so/ mein Haus ein Königreich/

Da weder Hold noch Gram mich roth macht oder bleich.

45

Der Himmel/ hat mir der vertraut vnd was gegeben

So geb ich dieses dem/ der bey mir wohnt daneben/

Jch diene wem ich kan/ bin eines jeden Knecht/

Doch daß mir über mich bleibt vnverrückt mein Recht.

Hierzwischen laß ich nun zur Zeit mit vnterlauffen

50

Die viel=gefüsten Reim vnd führe sie zu Hauffen

Für gute Freunde hin; gefallen sie? Gar wol!

Wo nicht/ was liegt mir dran? Es ist kein nöthig sol

Gefällig allen seyn. Ein jeder mag es machen/

Daß über seinem Thun die Engel selbsten lachen/

55

Und daß die Weißheit selbst sich drob verwundern kan;

Der/ dem ich wo nicht taug/ der seh mich nur nicht an.

 

22.

Lebens=Satzung.

LEb ich/ so leb ich!

Dem Herren hertzlich;

Dem Fürsten treulich;

Dem Nechsten redlich;

5

Sterb ich/ so sterb ich!

 

24.

Deß Landes Leichendienst

DAs Land ist leider tod! drum wird es nun begraben.

Die Städte/ sind der Pfarr/ die zum Gedächtnüß haben

Die Spolien davon: Soldaten sind die Erben

Die erben eh man stirbt/ jhr Erb ist vnser sterben.

 

49.

Deß Krieges Buchstaben.

Kummer/ der das Marck verzehret/

Raub/ der Hab vnd Gut verheret/

Jammer/ der den Sinn verkehret/

Elend/ das den Leib beschweret/

5

Grausamkeit/ die unrecht fehret:

Sind die Frucht die Krieg gewehret.

 

73.

Geschmünckte Weiber.

DIe Damen/ die sich gerne schmüncken/

Die lassen sich wol selbst bedüncken/

Daß wo Natur an ihren Gaben

Muß etwas übersehen haben;

5

Drum wo man Schmuck vnd Schmüncke schauet,

Thut thörlich, wer der Farbe trauet.