Hans Sachs
1494 - 1576
Spruchgedichte
Text:Hans Sachs, Sämtliche Fabeln und SchwänkeHrsg. E. Goetze, Halle/Saale 1893
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Das Schlauraffen Landt.
Ain gegent haist Schlauraffen land,Den faulen leuten wol bekant,Das ligt drey meyl hinder Weyhnachten.Vnd welcher darein wölle trachten, | |
5 | Der muß sich grosser ding vermessnVnd durch ein Berg mit Hirßbrey essn,Der ist wol dreyer Meylen dick.Als dann ist er im augenblickInn den selbing Schlauraffen Landt, |
10 | Da aller Reychthumb ist bekant.Da sind die Heuser deckt mit Fladn,Leckuchen die Haußthür vnd ladn,Von Speckuchen Dielen vnd wend,Die Tröm von Schweynen braten send. |
15 | Vmb yedes Hauß so ist ein Zaun,Geflochten von Bratwürsten braun.Von Maluasier so sindt die Brunnen,Kommen eim selbs ins maul gerunnen.Auff den Tannen wachssen Krapffen, |
20 | Wie hie zu Land die Tannzapffen.Auff Fichten wachssen bachen schnittn.Ayrpletz thut man von Pircken schüttn.Wie Pfifferling wachssen die Fleckn,Die Weyntrauben inn Dorenheckn. |
25 | Auff Weyden koppen Semel stehn,Darunter Pech mit Milich gehn;Die fallen dann inn Pach herab,Das yederman zu essen hab.Auch gehen die Visch inn den Lachn |
30 | Gsotten, Braten, Gsulzt vnd pachnVnd gehn bey dem gestat gar nahen,Lassen sich mit den henden fahen.Auch fliegen vmb (müget jr glaubn)Gebraten Hüner, Genß vnd Taubn. |
35 | Wer sie nicht facht vnd ist so faul,Dem fliegen sie.selbs in das maul.Die Sew all Jar gar wol geratn,Lauffen im Land vmb, sind gebratn.Yede eyn Messer hat im rück |
40 | Darmit eyn yeder schneydt eyn stückUnd steckt das Messer wider dreyn.Die Creutzkeß wachssen wie die steyn.So wachssen Bawern auff den bawmen,Gleych wie in vnserm land die pflaumen. |
45 | Wens zeytig sind, so fallens ab,Yeder in ein par Stiffel rab.Wer Pferd hat, wird ein reycher Mayer,Wann sie legen gantz körb vol Ayer.So schüt man aus den Eseln Feygn. |
50 | Nicht hoch darff man nach Kersen steign,Wie die Schwartzper sie wachssen thun.Auch ist in dem Land ein jungkbrun,Darinn verjungen sich die altn.Vil kurtzweyl man im Land ist haltn: |
55 | So zu dem zyl schießen die gest,Der weytst vom blat gewint das best;Im lauffen gwindt der letzt alleyn.Das Polster schlaffen ist gemeyn.Ir Weydwerck ist mit Flö vnd Leusn, |
60 | Mit Wantzen, Ratzen vnd mit Meusn.Auch ist im Land gut gelt gewinnen:Wer sehr faul ist vnd schlefft darinnen,Dem gibt man von der stund zwen pfennig,Er schlaff jr gleych vil oder wenig. |
65 | Ein Furtz gilt einen Binger haller,Drey gröltzer einen Jochims Thaler.Vnd welcher da seyn gelt verspilt,Zwifach man jm das wider gilt.Vnd welcher auch nicht geren zalt, |
70 | Wenn die schuldt wird eins Jares alt,So muß jm jener darzu gebn.Vnd welcher geren wol ist lebnDem gibt man von dem trunck ein patzn.Vnd welcher wol die leut kan fatzn, |
75 | Dem gibt man ein Plappert zu lohn.Für eyn groß lüg geyt man eyn Kron.Doch muß sich da hüten ein Man,Aller vernunfft gantz müssig stan.Wer synn vnd witz gebrauchen wolt, |
80 | Dem wurd keyn mensch im lande holdt,Vnd wer gern arbeyt mit der handt,Dem verbeut mans Schlauraffen landt.Wer zucht vnd Erbarkeyt het lieb,Denselben man des Lands vertrieb. |
85 | Wer vnnütz ist, wil nichts nit lehrn,Der kombt im Land zu grossen ehrn;Wann wer der faulest wirdt erkant,Derselb ist König inn dem Landt.Wer wüst, wild vnd vnsinnig ist, |
90 | Grob, vnuerstanden alle frist,Auß dem macht man im Land ein Fürstn.Wer geren ficht mit Leberwürstn,Auß dem ein Ritter wird gemacht.Wer schlüchtisch ist vnd nichtzen acht, |
95 | Dann essen, trincken vnd vil schlaffn,Auß dem macht man im land ein Graffn.Wer tölpisch ist vnd nichssen kan,Der ist im Land ein Edelman. -Wer also lebt wie obgenant, |
100 | Der ist gut ins Schlauraffen Landt,Das von den alten ist erdicht,Zu straff der jugent zu gericht,Die gwönlich faul ist vnd gefressig, |
105 | Vngeschickt, heyloß vnd nachlessig,Das mans weiß ins land zu Schlauraffn,Damit jr schlüchtisch weyß zu straffn,Das sie haben auff arbeyt acht,Weyl faule weyß nye gutes bracht.
Anno Salutis 1530. |