BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Paul Rebhun

um 1500 - 1546

 

Ein Geistlich spiel,

von der Gotfurchtigen und

keuschen Frawen Susannen,

gantz lustig und

fruchtbarlich zu lesen

 

2. Akt

 

______________________________________________________________________________

 

 

 

 

Susanna und die beiden Alten

(Maestro dei trionfi um 1450)

 

 

Actus secundus

Scena prima.

 

Haec scaena cum

sequenti extra argumentum

admixta est, ad depingendam

iudicum iniquitatem.

 

Baldam:

Hab itz abermal besehen

Wie mein korn im feld thut stehen

Wil mir noch nicht wol behagen

Dann die andern ackher tragen

5

Neben meim vil schöner treide

Welchs mir ist ein grosses leide

Sonderlich so hat mein nackber

Nechst bey mir den besten ackher

Das ich zwar im gantzen felde

10

Keinen lieber haben wölde

Drumb ichs auch offt furgenuhmen

Wie ich möcht darhinder kumen

Mannich practick auch ertichtet

Aber noch nichts aussgerichtet

[Cijr]

Noch den acker kund erheben

Weil mein nackber war im leben

Nu er aber ist verschiden

Wil ich noch nicht sein zufriden

Bisz ich yhn zu mir müg bringen

20

Und darab die widwe dringen

Das ichs aber enden müge

Wil ich brauchen dise lüge

Wie ich hab zur zeit meim nackber

Geld gelihen auff den acker

25

Weiland er noch war im leben

Welchs er mir nicht widergeben

Drumb ich sie wil ytz verklagen

Das sie muss die schuld abtragen

Wenn sies dann nu nicht am gelde

30

Haben wirt / so wirts yhr felde

Mussen an der schuld mir geben

So hoff ich / wöll ichs erheben

Wann sie schon wirt vil wolln klagen

Und zu diser schuld nein sagen

35

Wil ich wol so viel verschaffen

Bey den richtern / das yhr klaffen

Nicht sol werden angenumen

Dann ich ytz zuvor wil kumen

Und mit einem gschenckh sie schmieren

40

Das sie mir mein sach aussfüren

Dann sie mir auch sonst gewegen

Drumb ichs leichtlich wil erregen

Das sie es nicht lassen feilen

Und mir zu den ackher teylen

45

Zwar / wenn ich nur ytzund wuste

Wo ichs ettwo suchen muste

Wolt ich bald zu yhn mich machen

Und verkleren yhn mein sachen

Sonst ich zwar hab offt vernuhmen

[Cijv]

Das in Jochems haus sie kumen

Und gericht zu halten pflegen

Weils yhn ist daselbs gelegen

Drumb ich ytzt auch hin wil gehen

Und mich bald nach yhn umbsehen

55

Ob ichs da antreffen kunde

Und sie beyd beynander funde

Zwar ßo ich ytz recht thue sehen

Dunckht mich / wie die stadtknecht stehen

Beyd beysamen vor der thure

60

Dran ich wol hab nu zu spuren

Das die richter nicht seind weyte

Harr / ich kum zu rechter zeite

Dann ich siechs beym tische stehen

Hoff mein sach soll ytzt fort gehen

 

 

Scena secunda.

 

Ichaboth. Baldam. Resatha. Abed. Olympa.

 

Ichaboth:

65

Ich wil ytzt ein wenig sehen

Wies daheim im haus thut stehen

Dann ich halt nicht das vil sachen

Heut uns werdn zu schikhen machen

Aber secht ich bin betrogen

70

Dann her Baldam kumpt gezogen

Acht / er werd uns ettwas klagen

Musz vor hörn was er wirt sagen

 

Baldam:

Geb euch got einn guten tage

 

Resatha:

Herr habt danckh / was ist eur klage?

75

Oder was thut yhr begehren?

Sitzt herzu und lasts uns hören

 

Baldam:

[Ciijr]

Weisen hern / das ist die sache

Das ich nicht vil umbschweif mache

Eine widwe in der gassen

80

Welche nechst yhr man verlassen

Soll mir von yhrs mannes wegen

Zehen gulden schuld ablegen

Welch ich yhm an barem gelde

Auff einn ackher daust im felde

85

Glihen hab bey seinem leben

Die mir noch nicht widergeben

Und so vil ich dran kan spuren

Wirt auch sie mich wolln umbfuren

Und sehr klagn yhr unvermugen

90

Aber mir gschicht nicht genugen

Wenn ich drumb meins glihen gelde

Yhrenthalbn endberen sölde

Drumb die weils ja nicht vermage

Das sie mir mit geld abtrage

95

Solche schuld / szo bitt ich sehre

Euch / wolt mich des ytzt geweren

Und durch eure Richters gwalten

Dise widwen darzu halten

Das sie mir für sölches gelde

100

Volgen lasz yhrn ackhr im felde

Drauff ich yhr hin aus wil geben

Was da billich ist und eben

Wil von euch auch lieben herren

Sölches nicht umb sonst begehren

105

Sonder mich erzeign der massen

Mit eim gschenckh / welchs ich wil lassen

Bringen euch / soll euch nicht rewen

Steht mir ytzt nur bey mit trewen

 

Resatha:

Weil yhr sölchs von uns begehret

110

Solt yhr des wol sein gewehret

[Ciijv]

Dann zu thun nach eurm begehren

Soll uns keine sach nicht bschweren

Bald wir sie wolln heischen lassen

Weil sie wohnt in diser gassen

115

Abed / heyß Olympa kumen

Dann wir habn ein sach vernuhmen

Drauff sie soll yhr antwort geben

 

Abed:

Herr ich wils aussrichten eben

Fraw / Olymp zu euch mich senden

120

Meine herrn / yhr solt behende

Ytzt bey yhn vor grichte stehen

Was yhr solt / werd yhr wol sehen

 

Olympa:

Ja ich wil von stundan kumen

Ob ich wol nicht hab vernuhmen

125

Das mich yemands hab verklaget

 

Abed:

So veil habn sie mir gesaget

 

Olympa:

Gruss euch got yhr weysen herren

Warzu thut yhr mein begehren

 

Resatha:

Fraw Olymp / fur uns ist kumen

130

Baldam / den wir habn vernuhmen

Wie eur man an barem gelde

Auff einn ackher daust im felde

Hab von yhm auff borg genuhmen

Zehen gülden / zu seim frumen

135

Dran er noch nichts hab endpfangen

Welchs yhn ettwas thut verlangen

Und darumb sich her gefunden

Das yhr yhm zu diser stunden

Solche schuld bezalen wollet

140

Wie yhr dann von recht thun sollet

 

[C4r]

Olympa:

Das wer mir liebn herrn zu schwere

Das ich so viel schuldig were

Hoff yhr werds auch nicht begehren

Das man mich on not soll bschweren

145

Dann ich weys von keinen schulden

Noch von acht / noch zehen gulden

Noch von sechsen / noch von syben

Die mein man wer schuldig bliben

Noch das auff den ackhr im felde

150

Yhm wer glihen wordn ein gelde.

Drumb ich euch wil habn gepeten

Wolt mein unschuld treulich retten

 

Ichaboth:

Als ich hör / wolt yhr nichts gstehen

Nein / es muss nicht so zugehen

155

Dann her Baldam ist der ehren

Das er solchs nicht würd begehren

Wo ers nicht hett recht / und fuge

Dieses hab wir kundtschafft gnuge

Drumb last ab von eurem klagen

160

Und thut schnel was wir euch sagen

Habt yhrs aber nicht an gelde

So verlast yhm dran eur felde

Was es theürer ist am kauffe

Soll er euch bezaln mit hauffe

 

Olympa:

165

Herr got sol ich dann endrichten

Des ich gnossen hab mit nichte

Muss es got im himl erbarmen

Das yhr so bezwingt mich armen

All mein nahrung ist gestanden

170

Auff dem kleinen ackherlande

So yhr mirs nu thut endwenden

Weys ich mich mit meinen henden

[C4v]

Und mein kinder nicht zu nehren

Noch des hungers uns erweren

 

Resatha:

175

Da hülfft fur kein weynn / noch klagen

Baldam wil sein geld auch haben

Drumb her Baldam thut der massen

Yhren akher ßols euch lassen

Drauff ßo wolt yhr geld aufgeben

180

Was da billich ist und eben

 

Baldam:

Weyse gunstig liebe herren

Eurem urtheil volg ich geren

Wil mich auch so lassen schlichten

Und das ubrig geld endrichten

 

Olympa:

185

Aber mir geschicht gewalde

Sag ich frey fur jung und alde

Drumb o herr / der du verheyssen

Das der widwen und der weysen

Du wilt vater sein und nehren

190

Wollest dich zu mir her keren

Und das urtheil selber rechen

Das man über mir thut sprechen

 

Ichaboth:

Haltt eur maul / und last sölch klagen

Sonst man euch würd anders sagen /

 

Hic discedit etiam Ichaboth /

Resatha vero / interim a longe colloquium Susannae

cum ancillis de ingressu in hortum auscultat.

 

 

Scena tertia.

 

Beniamin. Susanna. Jahel. Dabira. Sara.

 

Beniamin:

195

O liebe muter was hab ich vernuhmen

Ich war on gfer ytzt in die kuchen kumen

Nicht weis ich / was ich drinnen hatt zu suchen

Da hört ich unser meid o greulich fluchen

[Dr]

Sie wird nicht Got den herrn vor augen haben

200

Wie ihr uns nechten thett ym bette sagen

Das wir Got fürchten solln / und allzeit ehren

Und hütten uns vor fluchen und vor schweren

Ey wird ihr dann auch Got die sünde schencken?

 

Susanna:

Neyn liebes kind / er wirds ihr wol gedencken

205

Secht nur / das ihr nicht auch der massen handelt

Noch in des teuffels weg / und sünden wandelt

Dann Gott gedrohet hat alln bösen kinden

Das er sie straffen wöll / als offt sie sünden

So aber sie nach seinem willen leben

210

So wil er endlich ihn den hymel geben

 

Jahel:

Lieb mute wed ich auch inn hymel thumen?

 

Susanna:

Ja liebes kind / sey frum / so wirst drein kumen

Yhr meyde secht / und räumt fein auff im hause

Und kert den unflat allen fein hinause

215

Das / wenn der herre kümt / ers sauber finde

Und sech / das er nicht hab ein faul gesinde

 

Dabira:

Ja liebe Fraw / wir wollens nicht vergessen

Und reumen auff / als bald wir haben gessen

 

Sara:

Wann meint ihr das der herr werd widder kumen?

 

Susanna:

220

Ich habs nicht eygentlich von yhm vernuhmen

Räumt ymmer auff / und lasts an euch nicht feilen

Er wird wol kumen / wenns an seiner weylen

Nach essen dann / so anders scheint die sunne

So wil ich in den garten gehn zum brunne

225

Und mich im kalten badt ein weil erquicken

Da werd ihr dann mit mir auch habn zu schicken

Ich wil abr vor zu meiner muter sehen

[Dv]

Drumb soll eur eine auch mit mir hin gehen.

 

His auditis Resatha currit obviam collegae suo,

illique haec repente communicat.

 

 

Scena quarta.

 

Resatha. Ichaboth. Ruth.

 

Resatha:

Wolt yhr nicht gern hören gute mehre?

 

Ichaboth:

230

Jo / wenn nur was guts verbanden were

Ists nicht etwas von der fraw Susannen?

 

Resatha:

Jo / ytzund vor kleiner weil vergangen

Hört ich sie zu yhren meiden sagen

Wie sie ytzund bald nach mittem tage

235

Sich wolt baden unden in dem garten

Drumb so muss wir vleissig nu drauff warten

Sölch gelegenheit mit nicht versehen

Dann wer weis? wens mer also möcht gschehen

Weil gleich ytzt yhr herr auch nicht verhanden

240

Sonder / wie yhr wist / ist uberlande

Drumb so künn wir auch so viel dest feiner

Warten yhr / und ist die gfar auch kleiner

 

Ichaboth:

Ihr sagt recht / drumb wolln wirs gluck versuchen

Und im garten heymlich uns verkriechen

245

Ob uns unser sache möcht gelingen

Und das glück uns lust / und freud möcht bringen

Vidua haec in itinere illis occurrit

 

Ruth:

Lieben herrn / hört an mein nötig klage

 

Ichaboth:

Ytzund nicht / sparts auff einn andern tage

Dann wir habn auff dissmal nicht der weilen

 

Ruth:

250

Ja mein sach wil aber haben eilen

Sonst man mich bringt ytzund umb das meine

 

[Dijr]

Resatha:

Immer fort / und last sie stehn aleine

 

Ruth:

Soll ich dan also das mein verlieren?

Herr mein got lass dirs dein aug anrhüren

255

Siech / wie ich ytzunder werd verkurtzet

Mein gerechte sach wird mir umbgsturtzet

Weil ich keinen Schutz von den kan haben

Die mich sollen ytzt vor gwaldt handhaben /

 

 

[Dijv]

Chorus secundus.

 

Diß ist der werlet lauff

260

Wer vleissig siecht darauff

Der findet wie gewalt

Allzeit das recht behalt

 

Reichtumb wird fur gezuckt

Armut gar unterdrückt

265

Wer nicht hat gut und hab

Musz allzeit sein schabab

 

Gunst gilt bey yederman

Wer diser viel kan han

Der hat ein gwunnen spiel

270

Unrecht schadt yhm nicht viel

 

Freundschafft und groß geschlecht

Macht vieln yhr sach gerecht

Ist einr ein schlechter man

Offt muß er unrecht han.

 

275

Widwen und arme kindt

Allnthalbn verlassen sindt

Fur sündt man das nicht richt

Wenn yhn gleich unrecht gschicht

 

Proportio.

 

Wie wol nu aber ist das glück

280

Der armen hie auff erden

Das man sie bschwer/und underdrück

So wirdts doch anders werden

[Diijr] Denn got sich yhrer not nimt an

So sie zu yhm vertrawen han

285

Er hats yhn gwiß versprochen

So yemands yhn ein leyd zufürt

Sein aug yhm wirdt damit berürt

Es bleibt nicht ungerochen

 

Darumb getrost und wacker seit

290

Die yhr hie werd geplaget

Eur leid sol kürtzlich werdn zur freud

Wenn yhr das creutz nur traget

Gedultig und mit sanfftem mut

Nur got eur sach bevelen thut

295

Der wils zum besten wenden

Wenn er ersiecht die rechte zeit

Verzagt nur nicht es ist nicht weit

Er wirdt sein hülff euch senden