Johann Fischart
1546/47 - 1590
Affentheurlich NaupengeheurlicheGeschichtklitterung von Thaten undRhaten der vor kurtzen Langen und jeweilen vollenwolbeschreiten Helden undHerren Grandgoschier Gorgellantua
1575/1582/1590
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Das Neunt Capitel.
Wie Gurgelstrozza in eben so wunderAbentheurlicher weiß geborenward, gleich wie auchwar seins gantzenLebens art.
INn dem sie also im sauß lebten, vnnd diß sauber subtil Zechgesprech vnd Gesangzech vorhatten, fieng Gurgelschwante, die gut schwanger Fraw an zukrachen, vnd sich zu vnderst vbel zugeheben. Derhalben sprang Grandgoschier auß dem Klee, vnd sprach jhr tröstlich zu, vermeynend es wird gleich an die Bindriemen gehn: Hieß sie sich vnder den Wilgenposch dort hin ins graß strecken, ob sichs schickt, daß sie neun Füß von sich streckt.Derwegen vmb tröstlicher hoffnung willen bald ein frisch kurtzweilig Püplein zubekommen, hielt er bei seim Bürstlein an, daß man es auff ein newes anfieng, da man es vor gelassen hat, lustig gut geschirr zumachen. Ein Schelm der vom andern weicht, allweil Sonn vnd Mon leucht: Eyn Schelm der dem andern etwas vergibt, vnd jn nit laßt außsauffen. Wer einen im trunck vnnd spiel darff betriegen: darff auch ein Statt verrhaten vnd seine Eltern verliegen. Diß Rumorn geschach zur nachfolg der geburt Jouis, darbei die rasenden Corybanten auch ein Cabirisch vnsinnig wesen, jauchtzen, göln, singen, dantzen, getrümmel vnd gedümmel mußten führen, auff daß der Kinderfresser Saturn, das ächtzen vnd krächtzen, vnd das ruffen «Iuno Lucina fer opem» seiner Berekyntischer Frawen Opsrhea im Kindergebären nicht hörte, noch vernem wann der jung herfür kriechend Bastart Jupiter mit weinen vnd greinen den Tag anzännet.Wiewol nun jren der Kindsgepfrengten Frawen das bauchgrimmen etwas vngewont war. Gleichwol dieweil derselb schmertz nur ein kurtzer vbergang, vnd die freud, so bald hernach zu folgen pflegt, langwiriger vnd grösser, die alles vor erlitten leid auffhebt, also das auch die gedechtnuß vnd erinnerung daruon nicht vberbleibt: Ja grösser freud als vber eim gefundenen verlornen Schaf. Derhalben liebe Gemahl, sprach er, frisch auff, lustig, lustig sie praten schon, Seit künreg, Seit Kündegen, frisch auff vmb die Schaf, die Böck springen. Helff vns dessen ab, habe ein gut hertz, laßt den Bauch S. Velten haben. Machs auff ein ort, so kompt bald ein anders fort. Ha, sagt sie, jhr habt gut sagen, Were dem Faß der boden auß, Jedoch mit guter hilff will ich mich brauchen, vnnd dapffer bauchen, dieweil jrs also haben wolt. Aber was geb ich drumb, daß er abgehawen wer. Was? sagt Grandgosier.Ha antwort sie, wie seit jhr so einfaltig: Jhr verstehets je wol. Ja ich meynts auch, sagt er, Du meynst mein gesellen? Bei dem Schneckenblut, gelusts dich, so schaff mir ein Messer. Ach, sagt sie, bei leib nicht, verzeih mir, ich meints nicht von hertzen. Aber inn ernst, ich werd heut wol zu thun gewinnen, wo mir das glück nicht beisteht, Vnd dasselbig alles vonwegen einer Pflitschen, den euch S. Sebastian Pfeil beschütz, welchen ein andechtige Fraw, als er zu tieff stack, etwann für etwas anders ansehe, Wolauff, wolauff (sprach er) Bekümmer dich deßhalben nicht mehr, vnd laß es die vier Ochssen da vornen schalten vnd walten. Ich muß noch hingehn ein Fach außzufüren, vnd ein Schnittlein weichen. Wa vnter des dich ein Wee anstieß, will ich bald bei dir sein, vnd inn die Händ mächtig fertig speitzen.Vber ein kleins hernach begunt sie zu seufftzen, zu echtzen, zu krechtzen, zu hendwinden, zuweinen, zugreinen, zuschreien, zu scheuen, zu zitteren, zuschaudern, zubeben, vnd sich vbel genug zugeheben. Alsbald postierten die Hebammen Säcklin herzu, trugen den Achgnesischen Babst her auff dem Agnesischen Habetstul, mischt Schnittlauch, Bingelsafft, Hasenrennlin, Gichtkörner, Gertwürtzlin, Natterwurtz, Nesselsamen, Quittenkerner, Pappelskäßlin, Balsamrauch, Magdalenenkraut, Basiliscendampff, Nepten, welchs sie alles zuuor gebraucht gehabt: Aber in der höchsten noht stieß man jr Magnetstein zu, Trachenkraut, Adlerstein, Smaragden, Corallen, Sibenzeit, Nebelgertlin, Camillen, Eisenkrautwasser, Betonien, Hirtzkreutz, Helfantenzän, Büglin, Bibergeil, vnser Frawen eyß. Deßgleichen thaten jhr gebür die Weemütter, auß vielen orten erfordert, die ein hört beicht, die ander laß, die dritt bat jr vor, die viert hielt jr das Mönchisch Kreutzstöcklin vor, die fünfft als sie tastet, fand ein fellwerck, eins zimmlichen argen geschmacks, vnd meynt es wer das Kind, aber es war nur das vnden am end, welchs entgieng von der mollification vnd miltifincatz des rechten darmes, welchen jr den Wolffmag nennen, der sich also erzeiget, von wegen daß sie zu vil Kutteln hat gessen, wie jhr hie oben verstanden.Derhalben zwo alte verrostete Schellen auß den beiwonenden Gevatterin, welche für grosse Kühärtztin vnd Alraundelberin geacht waren, vnd die ein auß der Krautenaw von Colmar, die ander von Wisensteig bei Vlm dargegabelet waren, macheten jhr alsbald ein solch schrecklich restrinctiff, verstrengung, einpfrengung vnd verstricktiff, daß es alle Brachäcker dabei verdorren, vnd wol neuntzig Küen hett vergeben mögen: Darumb auch alsbald der armen Kindbetterin daruon gleich alle Däuchel, furen, runsen, klafegen, dolen vnd riolen verstopffet, opilirt, vernägelt, vnd vermalschlosset gestunden, also daß jrs kömmerlich mit den zänen hetten erlargiren, erlassen, erweiteren, lassiren vnd erditerichen mögen: Welchs dannoch schrecklich ist zugedencken, wann die Zullspilenden Buben, so sies spil verlieren, zur straff den zweck mit den schönen zänen auß dem treck müssen auf Niderländisch trecken vnd schlecken: Vnd der Teuffel hinder S. Martins Meß mit weissen Rubenzänen das Pergamen, darauff der alten Welschparlirenden geschnatterigen Weiber geschnader zucopieren, muß wie der Schuster das leder erzerren, errecken, erstrecken, erdänsen vnd außdensieren.Diesem vnfall nun zuweren, worden jhren gleich die Seitenwehr der Mutter mit Hasenlupp bestrichen, auch gar erlassen vnd eröffenet, on den angebundenen Naterschlauch. Daruon fing das Kind an zuerschrecken vnd erhupffet, vnd kam inn solchem Auflauff in die kraus Holader, zabelet vnd grabelet daselbs durch die langscheidige leibsleist, so lang biß es vnter die Vchsen vnd Schulter kam, da sich vorgedachte Ader entzwey theylt. Allda macht es nicht lang mist, sonder nam seinen weg durch die Königliche Weinstraß zu der lincken, kam also zu dem lincken Ohr herauß. Oho der weiten langen Ohren, darinn der schwimmend Esel viel Reiß voll Fisch het fangen können: darumb heißt er nit geboret, dann vom Vatter, sonder eroret, das ist, von der Mutter auß den Ohrn geschüttelt: vnd ist warlich eben so ein grosse ketzerei, wan man sagt, Diese Fraw hat das Kind geborn, als wann man im Elsaß sagt, Diser Mann hat das Kind gemacht, drumb muß man jhm zu Jar die Zunfftvermehrungjrrten schencken, daß er vber ein Jar dest williger sey: So mans doch viel mehr den Kindermachenden Weibern schencken solt, die sonst zum handel vnwillig sein. Aber wir wöllen bald ein Häringconcily drüber halten.So bald es nun erohret war, schrey es nicht wie andere Kinder Mie, Mie, Mi, noch auff Herodotisch vnd Beccesalenisch Beck, Becke, Becken: (wiewol das gebäch vnd die Wecken zu seim folgenden durstigen geschrey sich wol schicken) auch lachts nicht auff Zoroastrisch, dann es sparts nach der Physicorum lehr biß vber 40 tag: Sonder ruffet mit heller stimm zusauffen her, zusauffen, tosupen, vnd bald hernach im andern thon, Tranck, trenck, trinck, tronck, trunck, vnd zum letzten, Aha «Baire, Bere, Bibere, Boire, Bure», als ob er die gantz Welt zusauffen ermant, das gantze Supplingerland, Weinstram, vnd Tranckreich.Wann jhrs nicht glaubet, ficht es mich nicht an, aber ein Bidermann, ein verstendiger mensch, glaubt allzeit was man jm verkündt, vnnd was er inn Schrifften find. Ist es wider die Natur, wider den gemeynen brauch? Haha, hast noch viel nicht erlebt, hast auch noch viel nicht gehört, die Gabelen sind nicht all zweizinckig: Liß das Wunderbuch, liß Trallian von Mirabilibus vnnd langlebigen, Appolon, vnd Antigon von Mirabilischen Narrationen: du findst meh dann einmal, das ein Baur ein Jgel geschissen hat: daß man in Indien den Eseln auff den ohren reut: daß einer auff eim halben Pferd, welches ein fallender Schußgatter entzwey getheilet, noch etlich Meilen sey geritten, vnuermerckt biß ers gedummelt: daß einem Feldflüchtigen im Sprung vber ein Zaun mit eim Schlachtschwerd vnuersehrter füß alle vier schuhlümmel seien hinweg gehawen worden: daß einer solchen starcken Brantenwein getruncken, daß jm Nachts vom Athem das Bett angangen, vnd wann er nicht vngefehr im Schlaf drein geseycht, drinn verbrunnen wer. Aber genug, wann Vrganda nicht im Amadis wer, was wer es? was weren die Caballistische Bücher nutz, von den obgehülten der Natur vnd Naturmachei, wann man nicht einen andern verstand darhinder sucht? Man muß nicht bei einerley Ouidischen vnd Liberalischen verformungen bleiben, die Legend muß auch etlich schreiben, vnd wir auch etlich dutzend treiben.Aber was darff es der Mäuß, wann Katzen da sind: ich bitt euch, stichelgrüblet vnd wannereuteret ewere Mollenköpff nicht mit disen eitelen gedancken. Was? ist nicht Bachus vnser Landbruder dem Jupiter nah bei dem Geseß herauß geschloffen, vnnd auß der hufft erzeuget. Daher noch das sprüchwort kompt, wann einer eim änlich sicht, daß man spricht, Er ist jhm so gleich, als wer er jm mit der leyter auß dem Arß gestigen, der Pyrgopolinitisch Rocketeyllad oder Spaltdieburg vom Rogenstück, war er nit auß seiner Mutter Fersen geboren? der Crockemuschisch Muckenkracher von Krichenknack auß seiner Säugammen Pantoffel? Papentap auß seiner Großmutter Schlapphaub? Finckenritter im Lautenstern. Ja war nit Minerua inn Jupiters hirn durch orenöffnung des Vulcan Achßt erzeuget? Erichtthon der Athener König auß Volckans Schüttdensamen? Adonis durch des Mirrenbaums rinde? Castor vnnd Pollux auß den Eierschalen, die Leda außbrütet? der Sicilisch Ertzräuber Selvus auß dem feurspeienden Etna? der groß Alexander auß dem Hammonischen Lindwurm? Goffroi auß eim Melusinischen Mörwunder? welches Paracels für warhafft im Onomastico mit dem exempel der geschicht des von Stauffenberg bekräfftiget: die ersten Menschen auß Pyrrhe steinwurff? Cadmi gesellen auß Trachenzänen? der Engellendisch Prophet Merlin, auß zwey bösen, eim Nachtgeyst vnnd eim alten Weib? gleich wie auch Plato auß eim Geyst vnd einer Jungfrawen soll hindersich kommen sein? vnd wie ein Kartentäuscherischer saurer Laur, sampt eim Schneckenfresser schreibt, soll auch der heut verrufft Luther von eim Auffhocker außgeheckt sein: eben wie ein Predigkautzischer Brieffmaler malet vnd dicht, das der Teuffel die Mönch von eim Galgen hab geschissen, vnnd den hindern mit Nonnenkutten gewischt: aber der Socius machts zu grob, man solt jhm das Maul mit eim handvölligen Baurenkegel wischen: der machts höflicher, der sie auß verlegenem Korn malet? Was sind nit die Mirmidonische Völcker auß Aumeysen? die Gothier auß den Panischen Waldwundern? Was? wirfft nicht das Wisele seine jungen durchs Maul: Kriechet nit auß des Phönichs Aeschen ein anderer Phönichs? auß verfaulten Küen, Binen? auß den Binen würmlein? auß dem Mist die Mäuß? auß dem Chamelstreck ein Machometisch Sau? auß eim Löwen ein Katz? auß eim Hanen ein Basilisc? auß meim vnnd deim Fleysch Schlangen? auß den vergrabenen KrebsSchwäntzen Scorpionen? Was? sind Marx Curio vnd Marx Kolencarbo nicht mit zänen gleich auff Erden kommen, als ob sie gleich dem brot träueten? haben wir nit im Wunderbuch erlebt, daß die Kinder, alsbald sie auß Mutterleib kommen, geprediget haben? Schreibt doch Donatus, der Vergilius hab auch nicht geweynt, als er geboren ward, Es lehrt doch der Obercelsisch Theophrastus in seiner Metaformirung, wie man Riesen vnnd Zwerglin soll im Perdsmist außbrüten, vnd Kinder ohn Weiber machen, Ja Eyer vnter den Vchssen außbrüten, ja auch im Latz, den Hennen vnnd Weibern zu tratz: Dise Spagirische Kunden werden bald neben den Buberonen vnnd Geysseronen ein Weibsparkunst erfinden, wie jene die Holtzsparkunst. Hierzu werden die Weiber keim Priuilegy geben: O auff jhr Weiber, schlagt tod die loidigen Göcken Spatzen vnd Hasen, die es beides mit einander versehen wöllen. Dann diß ist keine Spanische sparsamkeit, da jren zwen oder drey wol an einer Huren vnd an eim Mantel genug können haben: Was auch der Han könn.Aber was bemühe ich mich lang, die frembd Geburt zubewehren, jhr werden euch noch mehr verwunderen, wann ich euch jetz des Plinij Capitel außleget, inn welchem er von den frembden widersinnischen Mißgeburten handelt: ob ich wol nicht so ein Glaubgesicherter, gewisser vnd standhaffter Lugener bin, als er gewesen. Liß das sibend Buch in Natürlichen Historien am vierten Capitel: Vnd laßt mich damit vnbekömmert, verrucket mir forthin nicht mehr also meine gute gedancken. |