BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Albrecht Dürer

1471 - 1528

 

Gedenkbuch

(Fragment)

 

1502 - 1514

 

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1513

Tod der Mutter

 

1514 an oculi [19. März]. D[a]z ist albrecht dürers muter dy ward alt 63 jor und ist verschieden im 1514 jor am erchtag [Dienstag] vor der crewtzwochen um zwey ge nacht.

 

Nun sollt ihr wissen, daß im Jahr 1513 an einem Erchtag [Dienstag] vor der Kreuzwochen [26. April] mein arme elende Mutter, die ich zwei Johr noch meines Vaters Tod zu mir nahm, die do ganz arm was, in mein Pfleg, nochdem sie 9 Johr was bei mir gewest, an eim Morgen fruh jähling also tödtlich krank ward, daß wir die Kammer aufbrachen, dann wir sunst, so sie nit auf kunnt than, nit zu ihr kunnten. Also trug wir sie herab in ein Stuben, und man gab ihr beede Sakrament. Dann alle Welt meinte, sie sollt sterben. Dann sie hätt kein gesunde Zeit nie noch meines Vaters Tod, und ihr meinster Gebrauch was viel in der Kirchen, und strofet mich allweg fleißig, wo ich nit wol handlet. Und sie hätt allweg meing und meiner Brüder groß Sorg vor Sünden, und ich ging aus oder ein, so was allweg ihr Sprichwort: geh in dem Nomen Christo. Und sie thätte uns mit hohem Fleiss stetiglich heilige Vermahnung, hätt allweg große Sorg für unser Seel. Und ihre gute Werk und Barm­herzigkeit, die sie gegen Idermann erzeigt hat, kann ich nit gnugsam anzeigen und ihr gut Lob. Diese mein frumme Mutter hat 18 Kind tragen und erzogen, hat oft die Pestilenz gehabt, viel andrer schwerer merklicher Krankheit, hat grosse Armut gelitten, Verspottung, Verachtung, höhnische Wort, Schrecken und grosse Widerwärtigkeit, noch ist sie nie rochselig gewest. Van dem an, an dem vorbestimmten Tag, als sie krank ist worden, über ein Johr, do man zahlt 1514 Johr, an einem Erchtag [Dienstag], was der 17. Tag im Maien, zwu Stund vor Nacht, 1514, ist mein frumme Mutter Barbara Dürerin verschieden christlich mit allen Sakramenten, aus päpstlichem Gewalt van Pein und Schuld geabsolvirt. Sie hat mir och vor ihren Segen geben und den gottlichen Fried gewünst mit viel schöner Lehr, auf dass ich mich vor Sünden sollt hüten. Sie begehrt auch vor zu trinken Sant Johanns Segen, als sie dann thät. Und sie forcht den Tod hart, abr sie saget, für Gott zu kummen fürchtet sie sich nit. Sie ist auch härt gestorben, und ich merkt, daß sie etwas Grausams sach. Dann sie fordret das Weichwassr, und hätt doch vor lang nit geredt. Also brachen ihr die Augen. Ich sach auch, wie ihr der Tod zween groß Stoß ans Herz gab, und wie sie Mund und Augen zuthät und verschied mit Schmerzen. Ich betet ihr vor. Dovan hab ich solchen Schmerzen gehabt, daß ichs nit aussprechen kann. Gott sei ihr genädig. Item ihr meinst Freud ist allweg gewest, von Gott zu reden, und sach gern die Ehr Gottes. Und sie was im 63. Johr, do sie starb. Und ich hab sie ehrlich noch meinem Vermügen begehn lassen. Gott der Herr verleich mir, dass ich auch ein seligs End nehm, und daß Gott mit seinem himmlischen Heer, mein Vater, Mutter und Freund zu meinem End wöllen kummen, und daß uns der allmächtig Gott das ewig Leben geb. Amen. Und im ihrem Tod sach sie viel lieblicher, dann do sie noch das Leben hätt.