BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Albrecht Dürer

1471 - 1528

 

Gedenkbuch

(Fragment)

 

1502 - 1514

 

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1502

Tod des Vaters

 

Albrecht Dürer der Ältere

 

... begehrt. Also hätt ihm die alt Frau aufgeholfen, und die Schlofhaub auf seinem Haupt was jähling ganz naß worden vor großen Schweißtropfen. Also hätt er zu trinken begehrt. Do hätten sie ihm geben ein wenig Reinfell {Rivoglio-Wein], des hätt er gar ein wenig eingenummen und hätt wieder in das Bett begehrt und hätt ihn gedankt. Und do er in das Bett kam, hätt er von Stund an in die Züg gegriffen [in den letzten Zügen gelegen]. Alsbald hätt ihm die alt Frau das Licht angezündt und ihm Sant Pernharts Versch [Sterbegebet] vorgesprochen. Und eh sie den dritten gesprach, do was er verschieden. Gott sei ihm barmherzig. Und die jung Magd, do sie die Verändrung sach, do luf sie schnell zu meiner Kammer, mich weckte, und eh ich herabkam, do was er verschieden. Den ich todt mit großem Schmerzen ansach, des ich nit wirdig bin gewesen, bei seinem End zu sein. Und in der nächsten Nacht vor Sant Matthaeus Abend ist mein Vater verschieden in dem obgemeldten Johr [20. Sept. 1502]. Der barmherzig Gott helfe mir auch zu eim seligen End. Und hätt mein Mutter ein betrübte Wittwen gelossen, die er mir allwegs großlich lobet, wie sie so ein frumm Frau wär. Deshalb ich mir fürnimm, sie nimmermehr zu lossen. O ihr all mein Freund, ich bitt euch um Gotts willen, so ihr meins frummen Vaters Verscheiden lest, ihr wöllt seiner Seel gedenken mit einem Vaterunser und Ave Maria, auch von euer Seel wegen, auf daß, so wir Gott dienen, dass wir ein selig Leben erwerben um eins guten Ends willen. Wann es ist nit müglich, der wol lebt, daß er übel abscheid von dieser Welt. Wann Gott ist voll Barmherzigkeit. Durch die geb uns Gott noch diesem elendem Leben die Freud der ewigen Seligkeit durch den Vater, den Sun und den heiligen Geist, ahn Anfang und ahn End ein ewigen Regirer. Amen.