Minnereden

Quelle:

Cod. Pal. germ. 313

(Die Blattangaben führen jeweils zu den

Originalseiten der Heidelberger Handschrift)

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2.

Liebesklage einer Frau

[314v]

O we das ich ye ward geborn!

den ich zu drost hett uß erkorn

unnd lieplich uß gesundert,

ich wen, solt ich hundert

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jar gelebt han,

das mich vonn im ye man

gedronngen hett dan der dot.

nun czwingt mich ein ander not

von dem gedruwen frund,

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den ich nit gern künd

allen lueten offenlich:

das menglich wust, was hulffs mich?

ich muß in leider myden.

des gett ein bitter lyden

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mir durch mynen krancken lib.

o we, ich armes wib!

das ich in nye mit aug gesach!

so weis ich das er ungemach

von mynen wegen duldet.

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dies hat er nye verschuldet,

er was myn dienst wen ichs begert,

er was mir lieb, ich was ym wert,

stet truew was under unns beyden.

wurt das on dot gescheiden,

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das ist ein uemerwerendes we.

soll ich leben und doch nit me

von im umbfangen werden

[315r]

uff dir wyten erden

lieblich, als er kan, mit armen,

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so muß got uemer erbarmen

das ich liebloses wib

den sinen mynngernden lib

in keinen kumber ye gewarff.

er ist der myn bedarff,

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unnd ich sin, dwil ich leb.

drucz das in uemer uff geb

myn unverwandelts hercz!

ich wolt das mir sin smercz

zu mynem jamer wurd zuteil,

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ich gan ym guts, und sach sin heil

lieber dan myn selbs genist,

sid er von mir verwiset ist

unnd endelich verwassen.

sid ich in must lassen,

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do ward myn sender jamer gros;

das blut von mynem herczen schos

vonn ynniclichem leid,

gedanck, gehoerd, die beid

gertten mich verlan,

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ein kaltes waffen gan

ducht mich durch myn versertes hercz,

des grym, grundlos smercz

mus uemer unverheilt stan.

wurd er als alt als Matusalan,

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er ist mir uemer nuew.

nacht und dag ich bruew

anders nit dan jamers last.

[315v]

da selb myn lib ist worden gast,

do wonent myn gedenck.

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wie welich drost, ach, wenck:

wie dut es mir so we!

auch gert ich nit anders me,

wie das ich selb bin ueberladen,

wan das sin lib vor allen schaden

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unnd auch vor leid wurd behüt.

so mocht ich dester bessern müt

unnderstunden halten.

sust muß ich leyder alten

alle dag ein gancz jar,

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das ist on czwifel war!

ich wüst auch nie was scheiden was

ald was scheiden det, e das

ich mich scheiden must von im,

von dem ich selten me vernym

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mangen fruntlichen grus.

ich weis das ich sin sterben mues

unnd wolt auch nitme lenger leben.

got von himel, geruch im geben

macht und mugent, wo er sy!

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myn hercz muß ym wonen by

uemer uff das ennd myn.

von mir des soll er sicher sin

das ich yn mein fur all mann

unnd im alles guten gan.

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nit anders hat er beschult umb mich

in steten druewen sicherlich.

nun bit ich got das er inn bewar

[316r]

von aller mißwend gar!

Amen.