Clara Hätzlerin
um 1430 - 1476/77
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Das Liederbuch
Bl. 330v-331r (I, 110)
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Ich hett ain frawen in hertzen holt,Der dient ich mit gantzem fleisz;Der selben gefiel mein schimpff nit wol.Ich waisz, wes ich mich halten sol, | |
5 | Der sach bin ich nit weis.
Sy hatt mich übergebenDie liebste. die ich havn.Das fügt mir nit gar eben,Ich für ain traurigs leben. |
10 | Von fräden můsz ich lavn!
Sy hatt ain andern lieber, dann mich,Da kan ich nit wol für.Hewt lieb vnd morgen nicht,Das ist ain böse zuuersicht; |
15 | Also stätt ir lon.
Wolhin, seid ich mich schaiden můsz,Das pringt mir grosse pein!So ich gedenck an iren grůsz,Den sy mir gab mit wortn süsz, |
20 | Wie möcht mir würs gesein!
Ir leib vnd gestalt mir wol geuelt,Ir anplick der ist vein.So ich sy dann von ferr anplick,Mein hertz in fräden ser erschrickt, |
25 | Verschwunden was mein pein!
Sy liebet mir gar ynneclichIn meines hertzen grunt;Von ir so wurd ich frädenreich,Vff erd so lebt nit ir geleich, |
30 | Tätt sy mir friuntschafft kunt!
Ir lieb was mir geoffenbartFür all dis welt gemain;Den valschen claffer schlach das mort,Der mir mein fräd hat erstort |
35 | Gen der liebsten frawen mein! |