BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Heinrich von Mügeln

um 1320 - nach 1371

 

Der meide kranz

 

Quelle:

Der Text folgt der Ausgabe:

Heinrich von Mügeln,

Der meide kranz,

herausgegeben von Willy Jahr,

Borna-Leipzig 1908

Die Illustrationen sind dem

Heidelberger Codex

Cod. Pal. germ. 14

(entstanden 1407)

entnommen.

 

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Cod. Pal. germ. 14, Blatt 1r

 

 

In lop der höchsten wirdikeit,

die nie der himmel überschreit

noch nimmer ummesweifen kan,

ich tummer fa zu tichten an.

5.

got erster urhap aller ding:

des himmels sterne, zirkel, ring,

erd, engel, mer, nature stark

floß durch dins milden herzen sark.

der ding ein ummegende sweif,

10.

naturen hant dich nie begreif,

das sie dir, schepfer, gebe stat.

kein sin erspüren mak din pfat,

wie ader wo din wesen ist:

das ist verborgen aller list.

15.

Natura wenet doch, wie du

in osten, here, wonest nu,

sint dem das erste wegn sich nam,

davon geburt den tiren quam.

nicht das du sist nach bunde da:

20.

kein maß der zit dich mißet gra.

naturen bundes bistu fri,

ouch stürt koin dink din edeli.

du bist ouch aller formen an,

wie formen orden uß dir ran:

25.

pin unde müde bistu ler.

zu dir stet aller geiste ger.

drifaldik, doch eins wesens got,

unwegelich gar sunder spot,

vernunst dich nicht begrifet min,

30.

doch muß von not ein keiser sin:

darnach sint fürsten, darnach wart

des ritters und gebures art.

sust bistu, got, ein anefank:

durch dines herzen klamme drank

35.

naturen art in rechter saß.

du linge, zirkel, winkelmaß:

nach dir sich alles wesen mißt;

ouch von dem zentrum fürt din list

die lingen zu dem ummesweif.

40.

wie menschen sin dich nie begreif,

in dingen du doch bist bekant:

dich murer bi der mur ich fant

und doch dich leider nie gesach.

min oug ist sam der ülen swach,

45.

das nicht der sunnen mak gesen

und küset doch irs lichtes bren.

sust, her, in dingen kenn ich dich,

die du, got, schepfest mechtiklich

und gibst in leben unde nar,

50.

die sust ertrenkte todes mar.

ich ruf dich sam das küchel an

des raben, das er hat gelan,

das an dir eine suchet trost:

es ruft dich an und wirt erlost.

 

Cod. Pal. germ. 14, Blatt 2v:

 

55.

sust löse, got, die sinne min

von strenger unvernünste lin,

das ich gesprechen müg ein ticht,

davon der name werd gericht

der tochter und der ammen din,

60.

die dich gebar an alle pin.

die selben maget ruf ich an

zu stür uf mines tichtes ban,

darnach den waren gottes frünt,

künk Karlen, das sin leben künt:

65.

er mochte brechen und enbricht:

des gap im got sin war gericht,

das er in volle geben mak

der tugnde lon und bruches slak.

 

 

Hie ist des buches anefank,

geticht uß meisters sinne krank.

 

Das buch das heißt der meide kranz,

70.

die got gebar an allen schranz

und bleip doch küscher vil dann e:

das für tet nicht dem busche we,

den Moises sach brinnen vor:

got in irs reinen herzen ror

75.

sin wort zu fleische werden liß,

das Luciferes guft verstiß,

eins armen sinnes ist der man,

der stete ticht nach alder ban

und selber findet nüwes nicht:

80.

alsust der meister lere spricht.

uf den spruch ein nüwes ticht

ich schepf uß sinnes wage sicht

in lop dem keiser Karlen ho,

durch schult in allen landen, wo

85.

gelesen wirt min krankes ticht,

sint mich sin gabe hat gericht:

wie das min kunst unwirdik was,

doch mild er nach genaden maß.

sins arn und sines leuwen mut

90.

lacht, wann er adellichen tut.

die der keiser beide fürt

dem wißen leuwen stet gesnürt

der sterz zwefaldik in dem schilt,

der swarze ar in goltgefilt.

95.

der leu bedütet Bemerlant,

der ar zu Rome milde fant,

trüw, ere, recht, genaden tich:

des helt sin hant der werlde rich.

 

Wip saßen in der sele sal,

100.

der ere nie gefil zutal:

sie waren schon und übergut,

wem eine durch sin herze wut

mit ires süßen blickes gank,

zuhant der waren minne strank

105.

den selben bant in winheit rich.

der werlde lib ist ir unglich.

ich ticht ir noch ensing ir nicht:

uf irem stige nimant richt,

sie krigen um die wirdikeit,

110.

der ere tadel nie versneit,

welch undr in sold die wirde han.

das an den keiser wart gelan,

sint im got und naturen ticht

der erden und des mers gericht

115.

gap, so vil ouch der künste list,

das im damit gegeben ist

die wisheit, das er mak verstan,

welch undr in süll die wirde han.

 

Cod. Pal. germ. 14, 4r

 

Hie künt Philosophi ir list,

waruf ir grunt gebuwet ist,

dem werden keiser Karlen rich,

des frides und genaden tich.

 

Die erst Philosophia hiß,

120.

die ir ein urteil werden liß.

da sie vor den keiser trat,

sie sprach: «naturen urteil hat

min ticht gegebn übr alle tir,

die uß den elementen vir

125.

sint: wie sie müßen liden pin

und mugen ewik nicht gesin;

wie kalt noch hitzik si die sper

des himmels, doch sie hitzet ser

die dink nach ires loufes art.

130.

wie mensch uß sinem wider wart;

wie alles wegen si in zit:

du leser, nach dem sinne schrit

und sprich, uß nichte werde nicht,

als miner künste meister spricht.

135.

wie himmel, engel, erd gesacht

von gotte si und nicht gemacht;

und wie das got hab keine stat,

und wie der engel wegen gat

gein im nach der naturen ler,

140.

und wonet uß der achten sper.

und wie die sel die erste tat

des libes ist (der glider hat)

und hand ist leben in gewalt

und darbet last und der gestalt.

145.

wie ewik si irs lebens louf,

sint sie uß gottes herzen trouf.

wie uß dem himmel si nicht stat,

wie er nicht ledigs in im hat,

und wie die erst materge si

150.

zu nemen alle formen fri,

wiß, in gewalt, und doch in tat

sie bi ir keine forme hat:

sie nem ouch keiner formen nicht,

wer sie uf formen art gericht;

155.

und was si der naturen grunt.

ich mach ouch alle sitten kunt,

uß den sich ware tugent souk:

kunst ane sitten nicht entouk.

sust macht min wares ticht bekant,

160.

das alle kunst sich uß mir want.

des treit ein hus die hende min,

in dem ist angest, not und pin.

des si gefragt der keiser fri,

ab ich der künste mutter si,

165.

und ab ich in der kronen stan

sal nu der maget ane ban,

die gottes kindes junk genas,

das alt vor allen dingen was.»

 

Cod. Pal. germ. 14, 5v

 

Hie künt Gramatica ir art,

durch was das sie hie funden wart.

 

Die ander kunst Gramatica

170.

sprach zu dem waren keiser da:

«ich bin ein mutter früchte rich:

welch kint uß miner brüste tich

trinket, das erkennet wol,

wie es sin latin reden sol.

175.

 buchstaben, namen unde wort

und alle teil han ich gelart:

uß den teilen wirt gesmit

der rede lip und ir gelit.

nam ist das erste teil genant:

180.

dink ane nam ist unbekant.

nam ist mins ingesigels rink,

damit gezeichent sint die dink.

wie man die namen brechen sal

nach iren fellen hin zutal:

185.

man sprichet: Petrus kummet her,

Petri des ist der rote sterr,

und Petro sal man geben brot,

Petrum se ich dort in not,

o Petre, flüch von Petro her:

190.

in allen namen halt die mer.

wie nach dem namen vornam get,

wan er oft vor den namen stet:

wo dinges nam unkundik was,

da sprach man der, die unde das.

186.

und wie das wort bedütet tat,

die zuwort ie volendet hat.

und wie das participium

uß zweierlei naturen kumm,

uß namen und uß wortes art:

200.

sulch mere wunder nie gewart,

und wie das die coniunctio

nam unde wörter bindet so:

her Heinrich unde Jutte get,

wo Peter bi her Paulen stet:

205.

 bi ist ein prepositio,

ach ist ein interiectio:

die klaget leit und forchte vil,

smerz unde freud und wunders zil.

sust macht min wares ticht bekant,

210.

das ich der rede münze fant:

des ge ich stet in richer lust,

zwei kint ich ner an miner brust.

des si gefragt der keiser stark,

ab ich si aller künste sark,

215.

und ab ich in der kronen stan

nu sal der maget ane ban,

in der herze sam ein lam

der leuwe von dem himmel quam.»

 

Cod. Pal. germ. 14, 7r

 

Die kunst hie kündet Loica,

waruf irs tichtes zimmer sta.

 

Die dritte kunst hiß Loica:

220.

die hilt sich zu dem keiser na.

bleich unde mager ir gestalt,

in scharfen sprüchen was sie balt;

ein tuben truk ir rechte hant,

ein slang sich durch ir linken want.

225.

sie sprach: «in aller rede gar

ich kenne wol falsch unde war.

ich trige, mich betrüget nicht,

vil nüwer fünd ich han geticht,

wie man die urteil bilden sal

230.

gein swacher Sprüche widerswal,

das red uß rede folgen muß

nach wises herzen lingen schuß.

wie namen wort nach willen sin

bedütende: sich wie den win

233.

ein reif bedüt und schellet wit

von win, der in dem faße lit,

universale heißt min list,

dink in der sel, des predgen ist

von dingen vil, die schelend sin

240.

in zal, gestalt: nim zeichen min:

wann ich dich frag: was ist der stir?

mensch, ochse, fisch, du sprichst: ein tir:

tir als ein künn: der name sal

gemeinlich predgen von in al

245.

nach eigen und nach underscheit

die ler dich in sin künde leit:

der esel ist unredelich,

(sin wider helt her Friderich)

gar lecherlich sin har gekrült;

250.

der ochse eigentlichen brült.

wiß heiß ich zufal unde swarz,

daruß der narre tribet scharz.

der fünfer wesen und ir kunst

worcht in die sele die vernunst.

255.

sie sint dink uß der sele nicht,

als wan der alden meister spricht,

min stik uf aller künste ban

leitet: ich disputiren kan

von aller hande künst beginst.

280.

ab du das, keiser, recht besinst,

so mag ich wol die wirde han,

ab mirs din überwirde gan.

ich bin ein kunst der redlichkeit,

die kindes unvernunst versneit:

265.

des mag ich in der kronen stan

der meit, der kint wol reden kan

und überdisputiret hat

die meister uß der helle stat.»

 

Cod. Pal. germ. 14, 8v

 

Sich wie das isen jungen tut

des hammers und der flammen glut:

sust junget wort Rethorica,

vor grop gekleit in wete bla.

 

Die virde kunst Rethorica

270.

gink vor den werden keiser da.

bla sam lasure was ir wat,

darin gar meisterlich gesat

vil manche blum von golde rich:

nie ich gesach des kleides glich;

275.

nimant es ouch vergelden kan,

sint es vernunst der sele span.

sie sprach: «uf tichten mir ist kunt

in aller sprach matergen funt:

wie man sie lengen, kürzen pflit,

280.

wie man sie enget unde wit

nach wises herzen lingen art,

das tichtes bu ste ane schart,

und wie man eigentlichen sal

die farben in des tichtes gral

285.

strichen mit sines pinsels ort,

das tichtes bild icht ste vermort:

nim zeichen diser kranken schrift:

des zornes flamm weckt mordes gift.

wo zornes swert des keisers reist,

290.

da ist der finde guft verweist,

in leides norden ouch zuhant

ir freuden summer wird gewant.

ab schult erwecket sinen zorn,

uß sent er siner rache dorn,

295.

damit er bruches sturm verhert

und rechtes zinn sin fride wert,

wo aber schult genaden gert,

zu wachse wirt sins zornes swert:

das vor sneit grimmer dann ein für,

300.

das gibet schult genaden stür. –

wer tichten kan, der merket jo,

wie das hie leuft transsumptio.

der farben sechs und drißik sin

der wörter nach der lere min,

305.

die sinne vir und zweinzik han:

manch tichter ir nicht zwelfe kan:

damit er felschet mine kunst:

sin tichten wirdik ist der brunst.

er smit uß falscher münzen art,

310.

dem nie min lere kundik wart

des tichtes zimmer ist min werk.

o keiser, cristentumes berk,

in minen glesten wirstu stan,

wann dich der werlde rich verlan.

315.

ich bin ein stern der richen kron

der meit, die vor sach in dem tron

Johannes sten in richer lust,

da er slif uf des heren brust.»

 

Cod. Pal. germ. 14, 11v

 

Hie kündet Arismetica,

wie das ir kunst uf zelen ga.

 

Die fünfte Arismetica

320.

die sprach zu keiser Karlen da:

«ein iglich kunst die treit min kleit,

als ichs ir nach genaden sneit:

buchstaben hat Gramatica

in zal, ir sprüche Loica,

325.

der rethor farben hat in zal,

der musicus fa unde sol,

Geometria hat ir punt

in zal: so hat der ziffer funt

Astrologiam wol gericht,

330.

als mir vernunst der künste bicht.

des himmels stern und meres griß

und alls das rechenunge hiß,

das floß durch mines herzen rink:

nach mir nature buwet dink.

335.

ein dink vor allen dingen was,

daruß sich alles zelen maß.

eins ist kein zal, wißt ane wank,

doch ist es zal ein anefank.

vil mancher hande ist die zal,

340.

als es min kunst bewisen sal:

wo zweier gank uß einem reist,

die zal der ordenunge heißt;

uß drien vir und fürbaß me,

die zal helt sulches ordens e.

345.

wie man die zal denarius

stetlich mit zehen zelen muß,

und wie das zuwort habe zal,

als zeimal zwir man sprechen sal;

senarium nach minem sin

350.

mit sechsen sal man zelen hin.

wie drilich virlich bürdik ist,

wie das man meren sal mit list.

ich teil, ich zu und abe tu.

o warer keiser, merke nu:

355.

welch fürste, koufman min enpirt,

des nutz in schaden ist verirt:

ab im unkundik ist min ban,

sin kouf, verkouf muß schaden han.

han ich davon icht wirdikeit?

360.

das weiß vernunst des keisers breit.

ich zalt uß gottes herzen gar

der engel und der geiste schar.

des mag ich in der kronen stan,

sint ich nach zal gegeben han

365.

hie gottes kinde sin gelit,

das in das herze wart gesmit

der meit, von eines wortes kraft

mit geistes füchtikeit durchsaft.»

 

Cod. Pal. germ. 14, Blatt 13r

 

Geometria kündet hie,

wie das sie pflak der maße ie,

und leret das den keiser gut:

darnach er frides maße tut.

 

Die sechste kunst, ich tu bekant,

370.

Geometria was genant.

die truk ein rut von golde rot,

damit sie sich zu meßen bot.

die selbe zu dem keiser sprach:

«ich mak wol sin der künste dach,

375.

sint das min zirkel in sich sloß

alles das uß naturen floß,

des himmels sterne, speren, kreiß,

wie hoch sie sint, min zirkel weiß;

wie tif, wie hoch, wie wit, wie lank,

380.

in formen sie min zirkel twank.

das mer und erd nach maßes trift

uß minem zirkel wart gerift.

für, flamm ich meß und ouch die luft,

dem fegefür und hellegruft

385.

den meß ich irer tüfe zil.

darinne wonen tire vil,

die keiner maß sint undertan,

wan sie nicht der matergen han:

ich meße nicht wan das da hat

390.

matergen same hie gesat.

welch dink der maß ergibet sich,

das mak man teilen ewiklich:

ein iglich lip, seit dir min list,

zu meßen und zu teilen ist.

395.

ich meße ouch der sunnen rat,

wie wit das uf den wolken gat

der regenbogen unde blibt,

wo im ein zil min linge schribt.

kurz unde lank nach minem sin

400.

die lingen von dem zentrum hin

ich leite zu dem ummesweif

uf aller speren zirkelreif

von punt zu punt in rechter saß

die ling uf alle winkelmaß.

405.

nie lip an mine linge wart:

da got sin kint in menschen art

sant, ich maß im sin gelit

nach rechter lingen art gesitt.

darum es müst ein wunder sin,

410.

wer nicht der künste wirde min:

sint das min zirkel, lingen ban

den schepfer der naturen kan

meßen sam ein ander dink,

des bin ich aller künste rink

415.

und mak ouch in der kronen stan

der meide gottes ane ban,

sint ich den sichtiklichen maß,

der vor uß allem zirkel was.»

 

Cod. Pal. germ. 14, 10r

 

Uns leret Musica hie schon,

wie sich gebirt ein iglich don.

 

Die sibnde, Musica genant,

420.

die truk ein harf in irer hant.

Sie sprach: «min kunst ist richer lust:

ich tote freud uß menschen brust

ruf unde weck uß sorgen tif,

die vor in leides banden slif.

425.

freud unde lust wer gar verbut,

hett ich nicht funden gamma ut,

re unde fa und ouch das mi,

sol unde la. – gesenge dri

ich tu gar meisterlich bekannt,

430.

wie man sie singet in der hant.

der erste naturalis heißt,

nach dem beduralis reist,

bemollis stet der dritte ist:

der hat uf döne fremde list.

435.

und wie man eigentlichen kan

die dön erkennen sunder wan,

das ist den kindern min bekant

wie sie min wares künnen fant:

die noten die da loufend sin

440.

in die oktaven uß der prim,

der wise, wiße sunder wan,

die ist genant diapason.

die wise diapente sal

han uß der quinten iren fal:

445.

so sal sich uß der quarten lan

die wise diatesseron.

kunt sint die semitonia,

doch kennt ir nicht der esel gra. –

die pfaffen die sint mine knecht,

450.

und wolden sies besinnen recht,

so wer ir lesen gar ein wicht,

hort man mich in dem kore nicht.

wo das ich swig, da ist der ban:

des sint in fürsten undertan. –

455.

 falseten, linde, grop und scharf,

min pinsei alle dön entwarf. –

des si gefragt der keiser gut,

sint ich uß leide ritters mut

ruf, das er folget freuden ban,

460.

ab ich die wirde sülle han.

min sank was ewik von der meit,

durch die dem menschen leben teit:

min don der sluk und brach die luft,

biß das ich in des herzen gruft

465.

lokte got, als es im zam,

und menscheit von der meide nam.

des mag ich in der kronen stan,

sint ich die wird ersungen han.»

 

Cod. Pal. Germ. 14, Blatt 14v

 

Astronomi, der künste kern,

lert himmels lauf und ouch der stern.

 

Darnach Astronomia quam,

470.

in richem kleid als es ir zam:

das was mit sternen gar durchsat,

als es gots finger hat genat.

sie sprach: «was tat zukünftik ist,

das offent miner künste list:

475.

Christi geburt nach menschen art

kundik den küngen von mir wart;

wann hunger, sterben kummen sal,

von strite mensche wann zutal

gemeinlich fallen muß durch not,

480.

das ich der werld ie vor enpot:

es offent des cometen list

oft (wie der nicht ein sterne ist).

wie das zwefaldik si der louf

des himmels, der uß gotte trouf:

485.

der erste louf von orient

des himmels hin gein occident:

nie kein wegen, als ich las,

vor tegelichem wegen was.

eins andern loufs die sterne pflegn.

490.

die sich gein oriente wegn:

die achte spere sunder spar

leuft sechs und drißik tusent jar,

Saturnus drißk, zwelf Jupiter,

Mars zwei, gelöube mir der mer,

495.

ein jar die sunne loufen muß,

acht stunden minner hat Venus,

Mercurius dri virtel jar,

der man vir wochen sunder spar,

wie man den polum articum

500.

findet und ouch antarticum.

ouch ler ich miner künste kint,

wie das der zeichen zwelfe sint.

und wie die sunn darinne get.

Aquarius der erste stet,

505.

 Ster, Fische, Ochse, Gemini,

nach dem krouch der Krebeß ie.

der Leuwe, Meit und Scorpio,

die Wage mit dem Schützen so,

der Steinbok muß das letzte sin:

510.

das ist Saturni hüselin.

sust weiß ich louf und sternen art.

von mir got menschen kundik wart.

welch arzt hie miner künst enpirt,

mit dem die sichen sint verirt.

515.

des mag ich in der kronen stan

der meit, die dri personen span

uß einem worte sunder pin:

nicht brach ir glas der sunnen schin.»

 

 

Uns kündet Phisica nu, wie

der kranke sich mak stüren hie.

 

Cod. Pal. germ. 14, Blatt 16r

 

Die nünd was Phisica genant:

520.

das leben truk ir rechte hant,

die linke hant die truk den tot

den tiren von naturen not.

sie sprach: «das leben ist ein wegn:

die wil ich se das tir sich regn,

525.

so merk ich, das des lebens geist

mit kraft in tires herzen reist,

ich merk ouch wie ein iglich tir

sich sacht uß elementen vir,

uß erd, uß luft, uß wag, uß für:

530.

darnach ich geb dem tire stür,

ab dürre, fücht adr überkalt

adr hitze hab das tir ersnalt,

das sich sin leben neigen wil,

min kunst es uf sin erstes zil

535.

leitet, so das es sich enthelt.

wo aber eins zu wit sich spelt

uß der naturen wage snall,

das tir muß fallen hin zutal:

naturen urteil das gebot;

540.

des lebens roup heißet der tot.

got selber miner künste stap

den tiren hie zu stüre gap,

das die behalden sal min kunst,

die sust verdempfte todes dunst.

545.

du kranker, in min schule kum:

ich ler dich, wie reubarbarum

mak fegen alle colera,

und ist dem ersten stapfen na

in wurzen, die da hitzik sin:

550.

der krank sie nutzet ane pin.

die salbei helt die ander stuf:

welch arzt es weiß, der ist kein luf.

uf der dritten stufen ouch

wil stete wonen knobelouch:

555.

er derret unde hitzet dich

und ist dir selden frumelich.

der pfeffer und der safferan,

die wollen uf der virden stan:

wer überswenke nutzet die,

560.

der mak nicht lange bliben hie.

naturen urteil hat geteilt:

von wider wider wirt geheilt.

ich bin naturen hüterin:

brunn adels, keiser, das besin,

565.

das man vor mine schule quam

und salben gottes kinde nam.

des mag ich wird und ere han

und ewik in der kronen stan.»

 

Cod. Pal. germ. 14, 17v

 

Hie Alchimia kündet das,

wie in naturen grunde was

mensch, esel, pfert und ochse glich:

des wirt uß kupfer gimme rich.

 

Die zende Alchimia hiß,

570.

die ir ein urteil werden liß.

sie sprach: «ich bin der künste kunst,

wie das mich flüt der toren gunst:

ein iglich kunst ist in ir war,

ab sie der tore nicht erfar:

575.

es ist kein dink, des sache nicht

recht elich orden hab geticht:

die kunst die ist unschuldik dran,

ab Heinrich nicht wol tichten kan.

in der naturen grunde nicht

580.

schelt kupfer, golt, nature spricht:

ein iglich erz geboren wart

uß swebels und queksilbers art:

des himmels blik und ouch die stat

zin unde golt gescheiden hat

585.

das laß dir nicht ein wunder sin:

kint, wer der sam des vaters din

gegoßen in ein ander stat,

ein ander form du hettst gehat:

die stat gebürt ein anefank

590.

ist sam der vater ane wank.

die farben ler ich dich von erst,

darnach zu den höchsten kerst.

uß swebel und queksilber wirt

zinober: daran nimant irt,

595.

ab ers kan malen in den topf;

lasure flicht den selben zopf

mit salze armoniaco:

die farben ler ich alle so.

du merkest warheit miner kunst,

600.

dempft dich nicht unvernünste dunst.

das silber wandel ich in golt

uß miner richen künste solt:

alun ich nem und minium,

mit salze armoniacum,

605.

 tutiam und den grünspan,

sal nitri muß ich darzu han.

ich sag: das ist der ware wek,

ab du kanst finden minen stek:

(der esel bi dem brunn erdürst,

610.

des sin vernunst nicht hat gefürst).

sust silber, gold ich machen kan,

den alle kunst ist undertan;

der werlde zir und ir gelit

sich uß mir wirket unde smit.

615.

des mag ich in der kronen stan,

sint ich das golt gemachet han

der maget, in der herzen touf

gots kint von einem worte trouf.»

 

Cod. Pal. germ. 14, 19r

 

Kunst gottes, Metaphisica,

künt, wie der engel wegen ga.

 

Die eilft hiß Metaphisica

620.

die was vor der naturen gra.

uß der selben rechten hant

sich schonde der naturen want.

die selbe sprach: «und wer ich nicht,

so wer nie kunst noch dink geticht:

625.

min kunst hat alle dink gesacht,

die andern künste sint gemacht

von dingen und uß dingen gen,

und möchten ane dink gesten

mit nichte, wiße sunder wan,

630.

davon sie mir sint undertan.

ich, gottes kunst, wer min enpirt,

von dem ist selikeit gefirt.

ich saß in gottes herzen rink,

e ie geschepfet wurde dink.

635.

ich lere nicht wan einen got:

wer gotte setzt, das ist ein spot.

nim zeichen warer lere min:

es muß von not ein keiser sin,

darnach sint fürsten, darnach wart

640.

des ritters und gebures art.

sust ist ein got unwegelich:

der speren geiste wegen sich

gein im nach miner künste guß.

under mir der naturen fluß

645.

ist, über mir der ware got,

unwegelich gar sunder spot.

got sam ein ende weget fri,

kein dink nicht stürt sin edeli:

zu im stet aller geiste ger,

650.

pin unde müde sint sie ler;

ir ußsatz der ist nicht getan

uß formen und matergen ban:

uß gottes herzen ist ir satz.

des himmelriches freuden schatz,

655.

welch geist den nicht beschouwet dort,

des klag wirt endelos gehort.

ouch ist das von der lere min,

wie das der engel achte sin,

die alle speren wegn in tat.

660.

recht sam ein end wegt gottes rat,

von dem man eigentlichen spricht:

got ist und anders worte nicht.

Nimant kunst mak geleren min,

er müße dann durchlüchtet sin

665.

von gottes geiste sunder wan.

des mag ich in den kronen stan

der maget und der mutter klar,

der genzlich dint der engel schar.»

 

Cod. Pal. germ. 14, 20v

 

Gelouben sunder zwifels art

hie lert Theologia zart.

 

Darnach Theologia quam.

670.

mit siben hornen stunt ein lam

an irer brust, sie sprach: «min list

künt, wie das got drifaldik ist,

eins wesens und personen dri.

mer, himmel, engel, erde fri

675.

der selb in sines wortes ruf,

die creature ganz geschuf.

und wie sin wort zu fleische wart

(und spilt sich nie von gottes art)

in ires reinen herzen ror,

680.

der meit, die küscher vil dann vor

bleip nach gebürt und bliben muß:

da dempfte got naturen fluß.

wie gottes kint naturen zins

gap, wie das krüze hilt der flins,

685.

daran das kint gezwicket wart:

ein stram uß sines herzen schart

mit überswenken ünden quam:

davon sich reiß der helle tam.

das kint den echter sust ersleich,

690.

durch bruch der von dem himmel weich:

der sich da muste binden lan,

der falles strik uß bruche span.

sin giftik dampf hett uns ertot,

wer an das krüze nicht gelot

695.

der meide kint und gottes wort:

sich keiser, das han ich gelart,

und wie der leuwe von Juda

sin totes welf erweckte da:

wie Jonas in dem fische was,

700.

dri tage ganz und doch genas:

sust rette er sin wares kint

von grimmes todes bunde sint

wie gottes kint die cristenheit

un kleit mit siben heilikeit;

705.

und wie der win wirt gottes blut;

das brot in fleisch sin wandel tut:

wer daran findet zwifels funt,

des fal hat endelosen grunt.

wie got zu richten kummen wirt:

710.

welch man der regel dann enpirt

und ist versumt in rechtes schul,

der wirt in Flegetontis pful

gesult mit manchen plagen hart,

im helfe dann die maget zart,

715.

von der ich ie getichtet han.

des mag ich in der kronen stan,

wan adelar, leuw unde lam

von einem worte sloß ir wamm.»

 

 

Hie fragt der keiser sinen rat,

sint er gehort die künste hat.

 

Der keiser gink in einen rat.

720.

er sprach: «so wise red ir hat

gehöret noch erfreischet nie,

als uns die meide künden hie:

in sitten ist ir wisheit groß.

der fremden sinne bin ich bloß,

725.

das ich von grunde müg verstan,

was die und die gesaget han.

darum so habt zu rate pflicht,

das icht min urteil und gericht

gestraft von der naturen wirt,

730.

sint das sie keiner witz enpirt.

mir tut min warer sin bekant:

sie hat Natura her gesant,

das sie erfar mins sinnes rat,

(sint mich ir ticht gebuwet hat)

735.

ab ich der eren wirdik si:

darum mir rat, ir fürsten fri.

ab ich das urteil fünde nicht,

so wurd geswechet min gericht:

was wisheit möcht ich dann gehan,

740.

könd ich nicht wibes red vorstan.

daruf ir sult gedenken all,

und lert mich, wie ich teilen sal,

welch undr in süll die wirde han,

sint das es an mich ist gelan.

745.

das widersag ich in zuhant

und send sie in naturen lant,

das sie die maget kröne rich,

ab ich das urteil finde glich.»

 

 

Der rat zu teilen weret sich

das urteil vor dem keiser rich.

 

Der rat der sprach: «du bist der bunt,

750.

ein spigel, zirkel, lingen funt,

nach dem sich rat, frid, ere mißt,

sint du ein brunn des adels bist.

uß dir ouch alles adel sprüßt:

das fürbaß die nature güßt

755.

in künge, fürsten, ritterschaft:

irs adels stam din adel saft.

du geben salt, nicht nemen rat,

sint dich got und Natura hat

gebut der werlde höchstes dink:

760.

des sal din sin sin sam ein rink,

der aller sin gar ummefar

und menschen sinne gebe nar.

darum es wer ein tummer sin,

sestu uß fremdes sinnes zinn.

765.

künk ane sin gelichet ist

dem blinden, den eins hundes list

muß leiten adr ein junges kint

ader ein stap, der selb ist blint»

sust werte sich der wise rat:

770.

das in vernunst geheißen hat.

 

 

Den meister dises buches fragt

der keiser: der sich sust entsagt:

 

Der keiser sprach: «von Mögelin

Heinrich, was dunket dich gesin?

welch undr in hab die wirdikeit?»

er sprach: «min sin zu enge schreit,

775.

das er die wisheit nie erlif.

din wirde hoch, breit unde tif

die sal von schulden das verstan,

welch undr in sal die wirde han.»

er sprach: «du salt nicht ledik sin:

780.

ich wil vernunst nu hören din.»

der ersten wold er gen den sik:

da winkt im sines herzen blik,

das wird und er und lobes art

der letzten von dem keiser wart.

785.

idoch der andern wirdikeit

gebot des keisers nicht versneit:

er liß sie in der kronen stan,

doch musten sie zu hinderst gan.

 

 

Hie teilt der ware keiser rich

das urteil nach der warheit glich.

 

Der keiser sprach: «sint das min rat

790.

mir rates stür versaget hat,

so muß ich nach dem besten sin

das urteil selber teilen hin.»

er sprach: «mich dunkt: die erste meit

von stören und geberen seit,

795.

und wozu hat nature pflicht,

daruf sie buwet ir geticht;

die letzte, wer des hersche gar

und ouch naturell gebe nar. –

die ander meit die nutzet wort,

800.

und teil der red sie hat gelart.

eins worts sie hat vergeßen doch,

(damit die letzt ir gibet schach)

das in der meit zu fleische wart

und spilt sich nie von gottes art. –

805.

die dritte, die die slangen treit,

der trigen manchen hat verleit,

das er des lammes gar vergaß,

das uf der letzten brüste saß. –

die virde sechzik farben setzt,

810.

damit sie blümet und veretzt,

was rostes in dem tichte lak:

die letzte, wie des himmels slak

vertreip und blumte gottes blut,

das durch sins herzen pforten wut. –

815.

bereit uf zal die fünfte was.

sie zalte loup und ouch das gras,

des himmels stern und meres griß:

die letzte, wie der künk im liß

slan wunden durch uns ane zal,

820.

damit er stiß den fluch zutal. –

die sechste aller maße pflit:

wie tif, wie hoch, wie breit, wie wit

der himmel, mer und erde si:

die letzte, wie der künik fri

825.

sich meßen liß uf einen schrank,

damit er unser not verdrank. –

die sibnde meit die wirket schon

in quinten, quarten manchen don,

wie uf die lingen und zutal

830.

ein iglich note klimmen sal:

eins dones sie doch konde nicht,

den an dem krüze hat geticht

der meide kint und gottes wort

und uns die letzte hat gelart. –

835.

die achte lert der sterne gank

und wie die zirkel haben schrank,

wie die planeten sin gesipt:

die letzte, wer die stern gestipt

hab in des himmelriches gral

840.

und mak sie rißen hin zutal. –

der nünden kunst ist hoher list:

sie heilet, was zu heilen ist;

wo todes blik das tir erspet,

das sie gar ungesalbet let:

845.

die letzte von dem arzte seit,

des kraft dem toten leben treit. –

die zende silber machen kan,

golt, farben; doch ich selden han

gesen der selben kinder rich:

850.

die letzte zu dem schatze glich

des himmels füret mit der hant,

den man nie ane trüwe fant. –

die eilften lobt ich immer me:

nu dunkt mich, wie ir tichten ste

855.

swerlich gein dem gelouben min:

sie lert mich, wie acht engel sin:

die letzte engel ane zal

setzet: der ich geleuben sal.

nie falschen spruch ich in ir fant:

860.

darum üch allen si bekant,

das sie die wirde sülle han.»

das urteil fürsten, ritter, man

da lobten und die wisheit groß,

die uß des keisers herzen sproß.

 

 

Der keiser nach dem besten sin

Naturen sent die meide hin.

 

865.

Da sust das recht geteilet was,

vernunst der keiser nicht vergaß:

er gap den meiden gabe rich

und sprach: «ir sullet faren glich

von mir in der Naturen lant,

870.

und tut der frouwen min bekant,

was ich üch hie geteilet han.

und mak das urteil da bestan,

so bit sie, das sie kröne die,

der ich die wirde reichte hie,

875.

das ir die andern undertan

sint. so wil ich üch einen man

ouch geben uß dem rate min:

der selb sal üwer fürer sin.

er weiß wol der Naturen lant:

880.

der ritter Sitte ist genant.

und folgt ir sinem spore glich,

so mugt ir faren sicherlich.

wann ir kumt in Naturen stat,

der ritter da ein swester hat,

885.

die ist gar rich und heißet Zucht:

bi der ir findet all genucht.

da selbest sult ir abestan,

und bit die frouwen mit üch gan

zu der Natur: das ist min rat.

890.

wo Sitte, Zucht nicht mit üch gat,

ir blibt versumet gar der mer,

wo ir der zweier blibet ler.

Natura spricht, es si ein ban,

wer kunst wil ane sitten han;

895.

kunst ane zucht sie achtet nicht,

wann sie hat alle kunst geticht.»

 

 

Hie urloub unde gabe glich

den meiden gap der keiser rich.

 

Urloup die meide namen da.

des Sitten spor sie furen na

und quamen in das schönste lant,

900.

das blik vernünst nie schöners fant.

in des landes mittel lak

ein burk. der ersten pforten pflak

ein rise groß und ungehür:

der liß uß sinem halse für

905.

in grimm übr alle berge gen:

die meid in forchten bliben sten

und torsten zu der pforten nicht,

das tor gein norden was gericht.

sie gingen fürbaß an ein tor:

910.

da stunt ein ander rise vor,

der was durchsichtik unde groß;

ein stram im durch sin kele floß,

der was gar tif, breit unde lank.

(gein westen was des tores gank.)

915.

sin stimme was gar fientlich.

die meid begunden fürchten sich

und ilten an das dritte tor:

da stund ein ander rise vor,

der was den meiden gar unkunt:

920.

zwelf wind er liß durch sinen munt,

das sie dar mochten kummen nicht.

das tor gein süden was gericht.

sie gingen an das virde tor;

da lak in grüner wete vor

925.

ein rise stark und lobelich,

mit boumen groß er dakte sich.

das virde tor gein osten gink:

der selbe rise des verhink,

das sie der bürge neten baß. –

930.

da durch die pforten kommen was

der Sitte mit der meide schar,

die Zucht sie funden offenbar,

als in der keiser rich verjach,

die Zucht enpfink sie unde sprach:

935.

«was bracht üch edeln frouwen her?»

die frouwen seiten ir die mer,

was irs gescheftes sache was.

die frouwe tugnde nicht vergaß:

sie sprach: «so wil ich bi üch sin:

940.

ir nemet keinen schaden min.

quemt ir zu der Naturen dar

an mich, ir blibt versumet gar.»

 

 

Hie mit den künsten gink die Zucht

vor die Natur in richer frucht.

 

Die Zucht gink mit den meiden da.

da sie dem huse quamen na,

945.

darinne die Nature saß,

ein anger vor dem huse was:

daruf gepflanzet mannik boum.

frucht leite der Naturen zoum

durch ire sproßen meisterlich;

950.

der ramen este kleiten sich

mit mancher hande loube da.

die blumen blank, die brun, die bla,

und alles, das da farben heißt,

damit der anger was bereißt,

955.

die kurz, die lank, die lenger was,

als sie Naturen linge maß.

des touwes sprengel durch sie gink:

sin saf der blumen kele fink.

was man von zirde mochte sagn,

960.

das sach man gar den anger tragn.

da was ouch keiner hande we.

volsprechen möcht ich nimmerme,

was salden in dem huse was,

darinne die Nature saß:

965.

nie sinnes rechenunge fant,

ab es vergolden alle lant

möchten der werlt. manch edel stein

in der Naturen kron erschein,

das sich uß lichte schapfte licht.

970.

in irem huse nimant sicht.

man hort ouch aller stimmen schal:

die uf, so swank sich die zutal.

dem hören wart da spise rich

gegeben von den stimmen glich:

975.

gar übersüße was ir sank,

das nie kein mensche wart so krank,

das süche möchte twingen da,

wann es der freude queme na.

 

 

Hie künt des buches meister balt,

wie die Nature wer gestalt.

 

Ein maget in dem trone saß,

980.

der aneblik so schone was,

das mensche nie so schone wart:

uß ir floß aller schonde art.

von siben sternen was ir kron:

rich in der sterne mittel schon

985.

der crisolt und der adamas

gar meisterlich gefelzet was,

ouch in dem kranze sunder wan

der rubin und topasion,

der saffir und manch edel stein.

990.

ir har in bruner farb erschein,

ir löckel reid und dabi lank,

darin sich reifte goldes blank,

ir bran geornt in rechter far,

ir ougen sam die sterne klar;

995.

wohin die meit warf iren blik,

da wart verschanzet sorgen strik.

ir nase nach der lingen art

vorn ufgewelbet sunder schart;

der edlen formen münze, stunt

1000.

ir wengel nach des zirkels funt;

ir munt in röte stunt erhabn.

des leben hink in zwifels klobn,

vor freud ab er genese dann,

wann sie in liplich blikte an.

1005.

ir kinn, ir hals blank und ir kel,

ir arme waren sinewel,

ir finger lank und nicht zu klein:

ein zeptrum truk die maget rein.

ir brüste uf das herze glich

1010.

gesmücket stunden lobelich.

mir zimet nicht zu sagen das,

wie das sie were niderbaß.

ir gurt von golde was ein snur:

des sinnes grabestickel fur

1015.

uf iren heften hin und dar:

was schone heißt, das was da gar:

lib, adel, lust, freud ane zil.

in ires mantels falden vil

tir, fische, mensche wonte da.

1020.

der gründe was ir feile na,

wann anefank die grün bedüt:

uß dingen dink Natura züt

und ist des wegens anefank.

ouch stunt uf irer achsel schrank

1025.

die sunne und der mande klar

und luchten ir zu dinste dar.

was sinnes pinsel künste treit,

die was gar an den tron geleit.

 

 

Hie ruft die künste die Natur

liplichen in irs trones mur.

 

Da sie der meide wart gewar,

1030.

sie winkt in unde rif in dar

und sprach: «das dütet fremde mer,

das ir sit alle kommen her.»

die meide sprachen züchtiklich:

«uns hat gesant der keiser rich

1035.

zu dir, das du die meit gemeit

salt krönen, die das lemlin treit

an irer brust mit siben horn,

vor uns er sie hat ußerkorn

und hiß uns fürbaß dinen ir.

1040.

darum wir kommen sint zu dir.»

sie sprach: «darzu ich keine pflicht

alleine mak gehaben nicht,

es queme dann der tugnde schar

und sie mir hülfen krönen gar.»

 

 

Hie sendet die Nature gar

ir boten nach der tugnde schar.

 

1045.

Natura sante da zuhant

ir boten in der tugnde lant

und liß den tugnden künden gar,

wie das Theologia dar

wer kommen mit den künsten al,

1050.

die man von schulden krönen sal,

und hiß sie kummen durch gebot

die tugnde sprachen sunder spot:

«durch kein gebot wir kummen dar:

wir sint von der Naturen gar

1055.

gescheiden: got uns hat geticht,

darum sie mak gebiten nicht.

Natura gänzlich ist gewert,

wes sie zu bete von uns gert:

ab sie wil dinst von schulden han,

1060.

von uns sie wird gesumt daran.

das sult ir widersagen ir,

das sust geantwurt haben wir.»

die boten das vernamen sidr

und ilten zu Naturen widr

1065.

und seiten ir die mere glich.

des wundert sich Natura rich

und sprach: «nu faret wider dar

und bit die tugentlichen schar,

das sie her kummen uf den ban,

1070.

ab es min ticht bewisen kan,

das sie und ouch ir wesen gar

sint kommen uß mins herzen mar,

das sie zu minem dinste pflicht

nu haben nach der ersten schicht.

1075.

wo ich das nicht bewisen kan,

ich sal sie dinstes wol erlan.

got dinte mir und sante zins

hoch uß des himmelriches flins:

des wundert ser die sinne min,

1080.

von wem das sie gefriet sin.

darum so bit sie kummen her,

das wir volenden dise mer:

wann ich gekrön die maget rich,

gein in so wil ich meisterlich

1085.

bewisen vor den künsten dann,

das sie ir wesen von mir han.»

 

 

Hie sent ir boten wider dar

Natura nach der tugnde schar.

 

Die boten furen wider dar.

da sie die tugnde funden gar,

sie sprachen: «die Nature bit,

1090.

das üwer herze ste gefrit,

und wirdet üch zu kummen dar,

das man die maget kröne klar,

wann das geschit, so wil sie dann

gein üch bewisen, ab sie kan,

1095.

das ir von schult gebunden sit.

bewist ir, wer üch hab gefrit,

so gert sie keines dinstes nicht.»

die tugnde sprachen in der schicht:

«wir faren dar gar williklich.»

1100.

ein wagen wart gar lobelich

bereit: da gab die Warheit dar

die dichsel, Kraft die achse zwar,

das erste rat Gerechtikeit,

das ander Frid, Barmherzikeit

1105.

das dritt, so gap die Milde dar

das virde rat von golde klar;

die Sune bant den wagen glich,

so gap die Zucht die decke rich;

fünf ros Vernunst gap in den wagn:

1110.

richlich man sach die meide zogn.

 

 

Hie seit von der Vernünste pfert

das buch, wer des zu hören gert.

 

Das erste ros das hiß das Sen:

rot was sin farbe, hör ich jen.

das selb wart nimmer loufes sat:

es manchen hie verfüret hat,

1115.

das er reit in der helle grunt:

es liß in da und bleip gesunt.

das selbe ros vil tugnde hat;

kein mensche siner füße pfat

1120.

noch sinen trit erkisen kan:

das gras es trit uf keiner ban.

ouch es gar snelles loufes pflak,

man dorft im geben keinen slak:

wann die Vernunst die geisel swank,

1125.

zuhant es in dem silen sprank.

an keinem berg es widerstiß. –

Das ander pfert das Hören hiß.

wer dem den zügel laßen wil,

wann es leuft uf das krumme zil,

es treit in in der helle gruft

1130.

und leufet wider in die luft.

vil na es sam das erste was,

doch es sin sprünge treger maß.

das selbe ros ouch snelle lif:

kein bruch der luft wart nie so tif,

1135.

es sprank darüber ane fal;

zu berg es lif und ouch zu tal.

doch nimant rechte merkt sin pfat,

wo es den fuß gesetzet hat.

das ros trank keines wages fliß,

1140.

wan der sich uß den wolken liß:

sin futer was der lüfte slak,

das pfert nicht ander weide pflak. –

Das dritte ros was stete gut;

doch wer im liß den sinen mut,

1145.

es truk in hin in kurzer zit,

da Lucifer gefangen lit.

wann es den stram der lüfte zouch,

vil manchen underscheit es rouch

der dinge, der es nie gesach.

1150.

wie das sin hufe waren flach,

doch man sin lützel merkte dann,

wann es sin spise wolde han:

sin schaden keine wise melt,

ouch etzt es nicht der lüfte felt;

1155.

sin farbe glich was in der schicht,

als wann sich luft in nebel flicht

das Richen hiß das selbe pfert. -

Das vird was großes geldes wert.

das ros die Behim lobten ouch:

1160.

gar ser es an dem naßen zouch;

in fraße pflag es sprünge vil:

wer im den zügel laßen wil

und es zu halden nicht gerucht,

dem ist von gotte wol verflucht.

1165.

süß unde sur es smecken kan,

und hett es die vernunst gelan,

es wer gefallen in den grunt. -

Des fünften namen tu ich kunt.

das selbe große sterke hat:

1170.

wer im des willen sin gestat,

es treit in oft in kummer groß,

das er blibt aller salden bloß.

doch lif es in der banen recht:

wo das der wek was holsterecht

1175.

ader die stige waren scharf,

das ros sich uß der banen warf.

wol unde we es prüfen kan.

und hett das selbe ros getan.

die andern pfert in keiner schicht

1180.

den wagn gezogen hetten nicht.

das selbe ros das Fülen hiß.

Natur es nimmer irren liß:

darum es was gespannen vor. -

sie quamen an das erste tor:

1185.

davor so lak ein rise groß,

der für uß sinem halse schoß.

Vernunst die tugnde fragten all,

was wunders das bedüten sal.

 

 

Vernunst Bericht der tugnde schar

des huses und der wunder gar.

 

Vernunst die sprach: «der man bedüt

1190.

(dem flamm uß sinem halse flüt)

das für: von sines zirkels maß

ist aller elementen sloß.

sin schibe nimmer stille stet,

sin fluß uß der naturen get.

1195.

welch elemente sich verirt

in sinen kreiß, es flammen wirt».

sie lißen da die pforten stan

und furen, da ein wißer man

dort stunt, der gar durchsichtik was,

1200.

und fragten: «was bedütet das?»

Vernunst die sprach: «üch künt min list:

der wiße man das waßer ist:

das ist durchsichtik unde klar.

die erd es ummereifet gar

1205.

und muß ouch in dem zirkel stan,

darin es hiß Natura gan:

den kreiß es nimmer übertritt,

manch wunder ist darin gesmit

uf der naturen aneboß.

1210.

des menschen sin ist des zu bloß,

das er den underscheit verstan

un müge, den die wunder han».

dabi die selbe rede bleip.

Vernunst den wagen fürbaß treip

1215.

und furt sie an das dritte tor.

da stund in blauwer wete vor

ein man, der fientlichen blis:

zwelf wind er uß dem munde liß,

den hagel, sne, schur unde regn.

1220.

die meid begunden aber fregn:

«was düt des richen wunders guft?»

Vernunst die sprach: «es ist die luft.

den wak in ires flügels huf

gein berg in kraft sie füret uf,

1225.

und in der flügel münze sur

sie wellet hagel unde schur:

wann sie verstößet ir gefidr,

so senkt sie die zu tale widr».

sie furen an das virde tor.

1230.

da lak in grüner wete vor

ein man der ewiklichen slif.

manch tir uf sinem halse lif

und bark sich in des mannes wat,

die im natur gespunnen hat.

1235.

recht sam der kle, loup unde gras

des mannes kleit geferbet was.

die meide fragten alle glich:

«was muß das wunder düten rich?»

Vernunst die sprach: «üch seit min list:

1240.

der man, des slafen ewik ist,

das ist die erd, wann uf ir nu

die tir gemeinlich suchen ru.

der salamander in dem für

nicht lebet sunder erden stür,

1245.

noch in der luft gamalion,

und sold der fisch die erde lan,

tar er nicht von ir nemen nar,

des wags er wer versumet gar.

sie ist der elementen grunt,

1250.

ir zukunft wart Naturen kunt».

 

 

Hie stet uf die Nature klar

und get nu gein der tugnde schar.

 

Natura gein den meiden gink

und sie gar williklich enpfink

und furt sie in irs sales tron.

der was so rich und ouch so schon:

1255.

was man von schond ie vor gelas,

recht sam ein nacht es gein im was.

igliche sitzen an ir stat

Natura züchtiklichen bat.

ouch hatte got uf ir gewant

1260.

geschriben mit sin selbes hant,

das man offentlichen las,

wie die und die genennet was.

die künste saßen sunderlich

und ouch die tugnde lobelich.

1265.

zu mittelst in der selben schul

erhaben stunt ein richer stul,

daruf Theologia saß.

die tugnde sprachen sunder haß,

gemeinlich mit der künste pflicht:

1270.

«die meit wir sullen krönen nicht,

sie künd uns danne, wie das got

drifaldik sie an allen spot,

wie er die menscheit an sich nam

von einer meid, als im gezam,

1275.

und wie das sunder falschen rum

bleip unversert der magetum,

darin das kint geboren wart,

gefleischet got in menschen art.»

 

 

Theologia künt, wie das

got drilich ist und ewik was.

 

Theologia das vernam,

1280.

das sust nach irer lere klam

der tugend und der künste schar.

sie sprach: «un wil ich offenbar

üch künden, wie das mak gestan,

das dri person ein wesen han,

1285.

und wie das wort fleisch an sich nam,

das uß der drier samen quam,

die alles fleisches waren fri

und fleischten doch ir edeli.

dri zeichen die nature git,

1290.

die doch got sehepfer übertrit:

kern, schale mit des ramen soum,

die dri die sachen einen boum,

doch ir nature das nicht irt,

uß in wie sich die frucht gebirt:

1295.

die frucht die let gar ane schranz

kern, schale, stam des boumes ganz,

wie sie uß irem samen wut:

ir milde der naturen tut

ein ander forme sunder wan.

1300.

sust von dem kind ir sult verstan,

wie es die reine meit gebar

und uß ir brüsten reichte nar:

von einem worte sunder spot

es fleischte sich und bleip doch got.

1305.

gots wesen davon keinen schart

leit, wie der sun gefleischet wart.

und fint ir daran zwifels funt,

so falt ir ewik ane grunt.

Das ander zeichen si üch das,

1310.

das irs gemerken müget baß:

für, flamm und ouch sins zunders art,

die dri ein spere hat gespart,

dadurch ein licht Natura richt:

sust menschen art in got sich flicht.

1315.

das für gar unverseret stat,

wie luft in sine schiben gat,

sie blibet für: so sich das fleisch

besloß in dri personen meisch,

der wesen doch unschendik ist,

1320.

der vater hat in keiner frist

gegangen vor dem kinde sin:

wo für, da flamm und ouch der schin.

Ouch zeichen der naturen ist,

set, wie des hohen gottes list

1325.

und die natur geordnet han,

das dri in einer sele stan

und alle dri eins wesens sin.

nu merket diese lere min:

vernunst, gedechtniss unde will,

1330.

gericht uf eines wesens zil,

wo die die sele solde lan,

kein wesen möchte sie gehan:

eins wesens sint die selben dri

unspeldik mit der sele fri:

1335.

sie sint die sel, die sel ist sie,

die sich gescheiden möchten nie.

sust dri personen gottes sint

verstrikt in eines wesens lint:

unscheidelich ist ir natur

1340.

geflochten in des herzen mur

der meit von eines wortes hant,

das von dem himmel wart gesant.

uß gott, bi gott und got es was,

das kint, des hie die meit genas.

1345.

in klag muß ewiklichen stan

sin ruf, der zwifel fint daran.»

 

 

Natura, künst und tugnde rich

dem ticht hie nigen alle glich.

 

Die tugend und der künste schar

des tichtes forme nigen gar

und die Natur, und gink zuhant,

1350.

da sie die richsten kronen fant,

die alle schond gar übertrit,

wann sie got selber hat gesmit,

und kronte da die maget rich,

zwelf sternen in der kronen glich

1355.

da stunden; ewik war ir schin. –

hie sal des buches ende sin.

 

 

Das ander buch das heb ich an,

wie tugent in dem mittet stan

sal und ußslißen nimmer das,

was wisheit in dem zirkel maß.

 

Hie in des buches anefan

zu disputiren hebet an

Natura mit den tugnden gar

1360.

und wil bewisen offenbar,

das sie ir wesen uß ir han,

und hebet sust zu reden an:

«welch dink sich uß dem andern sacht,

des wirdikeit von nöten swacht

1365.

gein dem das es gesachet hat.

die gröste red bewiset stat,

die minner Aristotiles

in Ethicorum setzet des.

er spricht: ‹uß werke tugent wirt,

1370.

des wirken die natur gebirt;

uf erden nie kein werk geschach,

sin were jo natur ein sach›.

die ander rede scharf und sur

die wachet ouch vor die natur:

1375.

welch dink das ander gwinnen kan

fri, unde fri es mak gelan,

das dink mer wirde hat dann das,

das von im sust gewunnen was.

die gröste red bewiset ist,

1380.

die minner setzt des meisters list

in Ethicorum unde spricht:

‹das laster und der tugnde ticht

in willekor des menschen stan:

er mak sie wirken unde lan.

1385.

in klarheit der naturen stet

oft dink das beider nicht beget›.»

die dritte rede stark und scharf

der pinsel der Natur entwarf.

sie sprach: «nu merkt die rede klar,

1390.

damit ich üch besliße gar:

selbstendikeit, wir wißen all.

mer wirde hat wann der zufal.

her Heinrich möchte wol gesten,

se man die röte von im gen;

1395.

ab er ouch swerze were ler,

idoch er wol ein mensche wer.»

Natura mit der rede lint

verstricken wil der tugnde kint,

das sie ir wesen uß ir han

1400.

und ir durch schult die wirde lan.

 

 

Uns hie bewist der tugend art,

das uß ir die nature wart.

 

Gein der Naturen reden hie

die tugend und bewisen, wie

sie der Naturen edler sin,

und tun das mit der rede schin:

1405.

«was da volbrengt ein ander dink,

das selb ist sines adels rink.

Natur volbracht von tugent wart:

des höher ist der tugend art.

kunt ist die gröste rede des,

1410.

die minner Aristotiles

in Ethicorum hat geticht,

wann er da offentlichen spricht:

‹wer tugent hat, der wirt volbracht

und ouch sin werk von tugnde macht›.

1415.

die ander red sich sust gebirt:

durch was ein dink gelobet wirt

und im ouch wird und ere git,

naturen art es übertrit.

die tugent ere wirken kan:

1420.

des sal sie vor Naturen stan.

die gröste red ist offenbar,

die minner macht der meister war

in Ethicorum, da er spricht:

‹man lobt uns von naturen nicht,

1425.

sunder durch tugent lobes art

dem menschen hie gegeben wart.›

die dritte red ist wiser frucht:

wer von naturen tugent, zucht,

so das ir influß gebe die,

1430.

so wer nimant zu loben hie.

warumme sold ich loben den,

ab tugent wurd von im gesen

und in doch twüng natur dazu?

damit ich wil beslißen nu,

1435.

das tugnde fluß von gotte ist

und nicht uß der Naturen list.»

 

 

Theologia wirt gelan

der krik von beider sit getan.

 

Der krik von beider sit getan

Theologia wart gelan:

wem sie nach rechtes tichtes funt

1440.

die wirde reichte da zustunt,

der sold sie haben ewiklich.

sie sprach: «nu wil ich sunderlich

erforschen, wes die tugnde pflegn.

darnach so reich ich gottes segn

1445.

Naturen ad der tugnde schar,

darnach ir tichten machet war.»

sie sprach: «nu sag an sunder list,

du Wisheit, was din tichten ist,

sint das du salt die erste sin.

1450.

so laß das werk mich hören din.

das ich von grunde müg verstan,

wem ich die wirde sülle lan.»

 

 

Die Wisheit kündet, wie ir kint

in sünde nie gefallen sint.

 

Die Wisheit sprach: «ich künt min ticht:

in vir sich alle tugent flicht,

1455.

in mich und in gerechtikeit,

in sterk und ouch in meßikeit,

uß den sich gottes forcht gebar,

die allem heile gibet nar:

dabi man merken sal min kint.

1460.

die sunder gottes forchte sint,

den ist verborgen mine ban.

zu gotte nimant kummen kan,

der miner stüre nicht enhat

ich ummereifet han das rat

1465.

des himmels, da got alle dink

liß flißen durch sins herzen rink.

min schond übr alle himmel hort;

ich wach an gottes herzen pfort,

das nimant kummen mak darin,

1470.

er brenge dann das zeichen min,

gedechtniss, und bedenke das,

wie nie min snur uf schaden maß.

vernunst und die vorsichtikeit

zu wat ich minen kinden sneit:

1475.

welch man der selben wat enpirt,

der ist mins weges gar verirt.

er muß von gotte selik sin,

der finden sal die stige min:

man get darinne sunder we.

1480.

mich kante nicht von Ninive

der künk: des leit er kummer sint:

er wart gelichet einem rint.

wer mich verlet, der let sin heil,

ab mich der tore findet feil,

1485.

gar selden kouft er min geticht:

min süße frucht im smecket nicht,

süß und der süre underscheit

dem lon, dem andern pin bereit:

sust arger wille nicht verstan

1490.

die wege siner salden kan

in dingen, die zu tune sint:

vernunst der arge wille blint

des menschen nu gemachet hat.

kint, wiltu hören minen rat?

1495.

mins wisen herzen linge maß

das hus, e es gebuwet was:

sust sal dins herzen ouge sen

das ende, e das si geschen

die tat, und halt in eren das,

1500.

das ursprink dines lebens was.

bis in gewalt dem armen slecht;

gip dim genoß das selbe recht,

das du dir selber wilt geschen;

din ougen uf die armen bren

1505.

laß und in falschem wandel nicht

durch gabe felsche gots gericht.

du fürste, salt ein spigel sin

in tat den underseßen din,

das sie beschouwen sich in dir:

1510.

zu warheit hab din rede gir;

laß nicht din spotten halden die,

der rat din ere suchet hie.

dir, fürste, zimet wise tat:

recht als dich got erhaben hat

1515.

übr ander die genoßen din.

also vil saltu wiser sin.»

 

 

Gerechtikeit hie saget das,

wie nie ir snur uf schaden maß.

 

Theologia da began

Gerechtikeit zu fragen an,

waruf ir grunt gebuwet wer,

1520.

das sie ir kunte dise mer.

sie sprach: «ich und die Wisheit bin

gericht uf eines endes sin,

idoch wir haben underscheit:

ir tat ist bi der redlichkeit,

1525.

so ist min werk zu richten das,

was krump der arge wille maß.

ich wache durch gemeines gut;

den bruch min recht verdammen tut:

iglichem laß ich werden das,

1530.

was im sin werk zu lone maß.

die fürsten müßen vor mir stan

gebunden sam der ackerman;

dem richen und dem armen glich

min wage mißet stetiklich.

1535.

wer mine stige nicht enricht,

der mak zu gotte kummen nicht.

ich hüte gottes herzen pfort:

scharf ist mins rütelinges ort,

darin die hochfart sich versneit,

1540.

das sie muß immer tragen leit:

min hant sie und ir engel all

treip von dem himmel hin zutal.

da sie uf bruch ir wille truk.

ouch uß dem paradis ich sluk

1545.

den ersten menschen, da er brach

den apfel von des boumes dach.

der bruch der widerspenikeit

muß von mir immer tragen leit.

her Abel rif mich und sin blut:

1550.

ein stral durch sinen morder wut:

im wart gemeßen als er maß.

gerechter lon ich nie vorgaß:

ich gap es jo in milde dar

und schankte pin der argen schar.

1555.

der arm in not sich tröstet min:

Susanna sal ein zeichen sin:

geurteilt zu des todes rost,

ir unschult von mir wart erlost.

an mich mak nimant werden fri:

1560.

ab mensche wol ein fürste si

und er nicht heldet gottes recht,

so ist er jo der sünden knecht.

des keisers ere das bin ich:

wo das die künge laßen mich,

1565.

ir rich sich neiget hin zutal:

künk Saul das ouch beweren sal

und uß Egipten Pharao.

darum, ir künge, richtet so,

das ich üch in dem toten mer

1570.

icht sterben dürfe sunder wer.

des herzen influß in gelit

sich güßet und in leben git:

sust sult ir fürsten sin ein bach,

daruß ein recht man flißen sach,

1575.

davon getrenket werden die,

die üch zu dinste wachen hie.

des vaters werk, ich höre jen,

das kint verblent und machet sen;

der apfel nach dem ramen smekt,

1580.

als in der fluß naturen wekt.»

 

 

Uns kündet hie die Sterke das,

was ires wirkens tugent was.

 

Theologia fragte fort,

da sie ersach die Sterke dort:

«waruf gebuwet ist din grunt?

das tu mir hie durch libe kunt.»

1585.

sie sprach: «die Sterk bin ich genant;

in nöten sam ein elefant

ich ste und trage alle last,

ich bin recht sam ein warer mast,

der uß des wilden meres gil

1590.

den kocken füret und den kil.

des frevels und der forchte, sich,

der zweier mittel, das bin ich:

mich reißt zutal kein übermut,

ouch mich kein forchte fallen tut.

1595.

unwegelich recht sam ein turm,

ich ste: von wanne das der sturm

des lasters flügt mit winde scharf,

min dach er selden niederwarf.

kein tugent ist die türstikeit

1600.

(die sunder zwifel brenget leit)

noch forchte, wer vermidet das,

von schulden was zu tune was:

er mak kein wiser man gesin,

der nicht das wirken libet min.

1605.

ich bin ein ling und ouch ein maß,

die rechtem werke gibet saß.

der heißet stark, der uf dem wal

die finde stößet hin zutal,

ab er gerechte sache fürt

1610.

und in nicht zwifels forchte rürt.

an mich mak nimant werden stark.

ich floß uß gottes herzen sark

und kreftik in dem mittel gink,

gots kint ouch in dem mittel hink

1615.

und in des schrankes mittel starp,

da er uns nach genaden warp:

da tat er miner tugent schin,

wie das ich sal ein mittel sin.

mich laster zwei bezünet han,

1620.

die turst und ouch der forchte schrann:

in irem mittel ist min gank.

der zweier uber ist so lank

getemmet von der fürsten schar,

das ich nu bin verdempfet gar.

1625.

ir fürsten, hört die lere min:

ir sult ein bild der sterke sin.

nicht tummer turst, das ist min rat.

gedenkt, wie das her Goliat

von tummer turst betrogen ist

1630.

(ich felze miner sterke list):

gar sunder stür die türstikeit

in liß, da in min <kint> versneit.

uf üwer man nicht habet turst,

so das ir lidet keinen durst

1635.

zu nemen in wip ader kint.

gedenket, das sie menschen sint

und üch bereit zu dinste stan.

den schafen sult ir wollen lan;

welch her den hunden nimt ir brot,

1640.

die jagen nicht durch hungers not:

sal er den beren eine slan,

davon er schaden mak enpfan.

der starke freise fürchtet nicht,

wo recht sin sache stet gericht.»

 

 

Die Meßikeit nu kündet, wie

ir kint in sünd gefilen nie.

 

1645.

Darnach Theologia sprach,

da sie die Meßikeit ersach:

«sag, waruf ist gebut din grunt?

das tu mir durch min libe kunt.»

sie sprach: «tat aller tugent ist

1650.

gevirt von gottes hoher list:

die erste tat ist redelich,

die ander glich, die dritte sich

uf rechte sterke wegen wil,

die virde wart der maße zil.

1655.

die redlichkeit der Wisheit gip,

glich ist Gerechtikeit gesipp,

die kraft du salt der Sterke gebn,

so sal ich meßiklichen lebn.

ich gere keines dinges nicht,

1660.

das elich orden widerspricht.

vir eigenkeit min tugent hat:

die küscheit und der schemde rat

die hald ich glich zu aller zit:

des ist min ere worden wit.

1665.

die spis ich neme nach der maß:

dem slund ich nicht den zügel laß

und teugen williklichen mich,

wo übermut zuplinset sich,

mag ichs mit eren ummegan:

1670.

in sulcher tat min tugnde stan.

dabi man prüfen sal min kint,

die wirker sulcher tugent sint.

min küscheit wonet bi der tat,

die schemde bi geberden stat.

1675.

der eman rechter küsche pflit,

der fluß naturen let in zit

und ouch in ziten dempfet den,

als es wirt redelich gesen,

wie, wanne, wo, warumme das

1680.

die küscheit in dem zirkel maß.

zu gott er selden kummen mak,

der miner werke nie gepflak.

in gottes herz ich wart geticht:

darum, ir fürsten, habet pflicht

1685.

zu mir und leret mine ban:

ir sullet er in tugend han.

snit an üch mine meßikeit,

sint das unmaße schaden treit,

und habt zu keinem tranke fliß:

1690.

set, wie das waßer dempfet is,

sust dempfet ouch die trunkenheit:

ir bach gegellet waßer treit.

du fürste, salt ein forme sin,

in der sich münze tugnde schin;

1695.

drück in din herze wisen rat:

er ane tugent nimant hat.

welch mensche miner zucht enpirt,

von dem ist selikeit gefirt.

die tugent die volbrenget dich,

1700.

ab du sie wirkest, sicherlich.

der fürste, der nicht tugent hat,

recht sam ein blindes ouge stat:

es heißt ein oug und doch nicht kan

der farben underscheit verstan.

1705.

er ist an selikeit verblint,

der nicht der tugnde wege fint.

darum, ir fürsten und ir man:

zucht klimmet uf der tugnde ban.»

 

 

Hie offent uns die Mildikeit,

wie riche frucht ir wirken treit.

 

Theologia darnach sach

1710.

die Mild in tugent mannikfach.

sie sprach: «was mak din wirken sin?

das künde nu der libe min.»

die Milde sprach: «ich han geticht

lib, adel, er sich in mich flicht,

1715.

was diser werlde ere heißt:

das hat min zirkel ummekreißt.

welch man in rechten trüwen hat

gefolget miner tugnde pfat,

des ist er sunder falles far

1720.

mit lobe rich durchpinselt gar.

ich gottes herzen ingesigl

bin und des hohen himmels rigl,

davor die fürsten müßen stan,

die hie min stige han gelan

1725.

und werfen sich uf gizikeit:

der klag muß immer tragen leit,

ich bin der höchsten güte funt:

von mir sich libe hat entzunt;

ich han ouch oft versünet die,

1730.

der nit einander wunte hie.

min tugent alles wunder treit:

den dritten uß der dri ich sneit

und twank den waren adelar

an einen schrank in menschen far.

1735.

in mir sich alles adel stift,

unadel in der kargen trift.

der künge buch bewiset hat,

wie das min kint in eren stat:

hern David von dem hirtentum

1740.

ich nam, das er gar sunder rum

min werk in steter trüwe treip:

davon in künges adel bleip

sin sam und ewiklichen stat:

min tugent sust gelonet hat

1745.

trüw unde zucht: ich blüm ir felt,

welch fürste kumt in min gezelt

und wirt in miner tat gesen,

dem ist von gotte wol geschen,

ab er treit eines leuwen mut

1750.

und lachet, wann er gabe tut,

dabi der milde wirt erkant.

got alle dink in milde fant.

von bösem herzen was entzogn

der milde wirt, das sit man tragn

1755.

den argen in der schanden hant:

sin gab in laster wirt gewant.

des vogels art durch mildikeit

dem arn zu dienste stet bereit.

dem milden sik die finde lan:

1760.

ich glich in gein dem pellican:

sin herze der in milde spelt,

sin blut der küchel leben helt.

alsust der ware milde tut:

er trenket in der milde flut

1765.

die man und in sin gabe spelt:

damit er lant und er behelt.

der mild ist sam des leuwen lut,

die ire welfer leben tut.

sust saltu, fürste, dine man

1770.

durch kummer nicht verderben lan.

getrüwen gernden, weisen gen

du salt durch ere, hör ich jen.»

 

 

Hie kündet die Demütikeit,

warin ir tugent si gekleit.

 

Theologia darnach sprach,

da sie Demütikeit ersach:

1775.

«waruf gebuwet ist din grunt?

das tu mir durch gehorsam kunt.»

sie sprach: «ich bin der tugnde ticht;

der falschen er ich gere nicht;

ich han zu dinste dicke dem

1780.

gewachet, der mich liß in schem

sten und gar fientlichen sach

uf mich in smehen blicken swach.

ich lide, was zu liden ist,

und darb ouch aller hinderlist

1785.

und tu, ab mir nicht were kunt

des bösen herzen lasters funt.

gewalt gesen ist von mir nie;

gefidert gut ich stete fli:

welch gut in salden brenget frucht,

1790.

daruf geneiget ist min zucht.

welch mensche miner zucht enpirt,

von dem ist selikeit gefirt.

ich bin des höchsten gottes amm:

uß sines herzen mild ich klam ;

1795.

von mir gehot die maget wart,

in der sich fleischte gottes art

und liß doch sunder falschen rum

an allen schranz den magetum:

durch mich sie gottes muter hiß.

1800.

min hant den ersten engel stiß

gewaldik in der helle tal,

darinn er ewik bliben sal:

sust ich den menschen nider hie,

der minen wek erkante nie.

1805.

gewalt wer an mich halden wil,

des fal hat endelosen zil.

wo ich nicht vor dem menschen ge,

zu gott er kummet nimmer me.

hern Moises durch mich wart kunt,

1810.

wie sich enpflammet und entzunt

der himmel, mer und erde hat

und alles das darinne stat.

got nicht sin wisheit kündet den,

die minen stik han übersen.

1815.

ich bin die schönste gottes meit,

gehorsam durch min herze teit:

ie mer sich teugen mine kint,

ie mer das sie von gotte sint

gewirdet und gehaben uf;

1820.

ich heil ouch aller sünden ruf.

min kint das get gar sicherlich:

darum, ir fürsten, leret mich,

man lobet niemant wanne den,

von dem hie tugent wirt gesen.

1825.

dem vater ware tugent zimt,

davon das kint ein zeichen nimt:

es wirket, als es wirken sach:

das kint sich nach dem vater brach,

ir fürsten, veter sit der tugnt,

1830.

davon der underseßen jugnt

ein zeichen und ein bilde spen:

sie wirken, als sie han gesen.

ir fürsten, hüt in diser zit,

sint ir des Volkes hirten sit,

1835.

das glich die rechenunge stet,

wann ir vor got gefangen get.»

 

 

Die Warheit künt irs werkes tum,

der irrem wirket richlich frum.

 

Theologia darnach sprach,

da sie die Warheit angesach.

waruf ir grunt gebuwet wer,

1840.

das sie ir kunte diese mer.

die Warheit sprach gar sunder list:

«min wirken bi den worten ist:

die münz ich glich zu aller zit,

des ist min lop in eren wit.

1845.

in gottes herz ich bin gedrukt.

e in der formen wurd verrukt

ein wort und sold in bruche sten,

e müst der himmel gar vergen

und alles das darinne wer.

1850.

min wort ist alles wandels ler:

sten muß ich in der formen glich,

darin mich twank der keiser rich,

der in sins waren wortes ruf

die creature ganz geschuf,

1855.

ich bin sin wort und ouch sin kint:

von mir gesat die himmel sint,

die stern und ouch der speren kraft;

das mer got in mir hat geschaft,

die erde, für und ouch die luft,

1860.

die engel und der helle gruft.

got an mich möchte nicht gesin.

des bin ich aller tugnde schrin.

min hant der himmel geiste helt,

welch mensche das sich von mir spelt

1865.

und minen stik verleßet gar,

das schert sich von der engel schar.

an mich wirt nimant gottes segn:

des hat die welt sich gar erwegn.

sie temmet miner flüte bach:

1870.

des ist min stram nu worden swach.

ir nein ist ja, ir ja ist nein:

davon ir heil ist worden klein.

die lügen, sünden anefank,

der sintflut worden ist so lank,

1875.

das mensche sterbet sunder wer.

sie ist recht sam das lebermer:

wer von geschichte kumt darin,

der muß da ewiklichen sin.

wer von der lügen wirt verwunt,

1880.

der wirt vil selden hie gesunt:

ir stral ist sam der slangen gift:

wo sie des menschen herze trift,

vor gott er stirbet sunder spar,

wo ich nicht snelle kumme dar.

1885.

an mich nicht ere mak gestan:

ir edeln fürsten, denkt daran

und mit der werlde falschen rum.

das wort ein evangelium

lat sin, das von üch wirt gehort:

1890.

den underseßen hie und dort

ir sult der warheit zeichen gebn.

die kinder nach dem vater lebn:

wie das gewesen ist sin tat,

darnach sich helt der kinder rat.

1895.

der basiliscus noch sin art

dem menschen nie so giftik wart

sam falscher rum und lügen funt,

davon die sele wirt verwunt

und hie des menschen ere gar

1900.

sich senket in der schanden mar.»

 

 

Hie kündet die Barmherzikeit,

wie riches lon ir wirken treit.

 

Theologia darnach sprach,

da sie Barmherzikeit ersach:

«waruf gebuwet ist din grunt?

das tu mir durch din wirde kunt.»

1905.

sie sprach: «ich gottes tochter bin;

uf nicht gebuwet ist min sin,

wan das ich widerbrechte das,

daran der mensche sich vergaß

gein gott und hie gefallen ist

1910.

in marter von des tüfels list,

min ouge sit den armen an:

ab ich in nicht gestüren kan

und im gehelfen mak uß not,

doch im min wille stüre bot:

1915.

ich lide mit im, was er leit,

sin not mich oft in jammer treit.

der ware got mich gerne sit:

min herz im anders nie gerit,

wan das er widerbrechte das,

1920.

durch bruch das hie versumet was.

er folgte mir und an sich sneit

von einer meit sins knechtes kleit;

darnach min ware tugent twank

den heren an des krüzes schrank;

1925.

er zu dem sünder trat in not:

uns leben koufte da sin tot.

min tugent das gewirket hat,

das mensche fri des bundes stat.

ich mak wol sin der tugnde berk:

1930.

die sichen trösten ist min werk,

und die in not gefangen sin,

den tu ich warer hülfe schin.

in durst, in hunger und in not

dem armen ich min stüre bot:

1935.

von mir er stetlich ist gewert,

was er durch gottes lib begert.

übr alle gottes werk ich bin:

welch mensche zu mir liben sin

treit, das enmak verderben nicht:

1940.

im ist genade vorgeticht.

hern David salbte mine hant,

an im da ich min trüwe fant:

barmherzikeit die sach er gern:

des lüchtet sam der morgenstern

1945.

übr alle zit ewik sin kron

vor gottes aneblicke schon.

darum, ir fürsten, wirket mich:

üch wirt von gotte sicherlich

barmherziklichen dort getan,

1950.

wann üch der werlde rich verlan.

den armen den betrübet nicht

und habt zu steter güte pflicht.

üch zimet wol, ir fürsten rich,

das ir in allen dingen glich

1955.

der werld ein wares zeichen sit,

so habt ir lop in eren wit.

das kint sich nach dem vater richt,

als im sin werk hat vorgeticht;

der vater oft das kint verblent,

1960.

ein bilde falsch wo er im sent.

zu gotte er nicht kummen kan,

der hie nicht folget miner ban,

und teilt sin gut der armen schar

in milde sam der adelar.»

 

 

Der Fride kündet hie sin werk

und spricht, er si der tugnde berk.

 

1965.

Theologia darnach sprach,

da sie den Fride rich ersach:

«waruf gebuwet ist din ticht?

das tu mir kunt in diser schicht.»

er sprach: «ich. bin ein war rifir:

1970.

in mir sich weiden alle tir.

fisch, vogel, mensche geren min:

des bin ich aller tugnde schrin.

durch mich sint alle dink gesacht:

der helle grunt der ist gemacht,

1975.

das in dem himmel fride han,

die gottes willen han getan.

die engel wegten nimmer glich,

wern sie nicht gottes fride rich.

ich in dem himmel wart bekant,

1980.

da ich den ersten engel bant

und dampfte in der flammen glut

der argen slangen übermut.

wo min der mensche nicht engert,

sin ere schranzet gottes swert:

1985.

wann er in not mich rufet an,

zu spot das rufen wird getan;

wer mich nicht suchen wil in zit,

von dem min stür sich firret wit.

got durch mich von dem himmel klam:

1990.

sin hant ußrotte fluches ram.

der mensche were noch in pin,

wer nicht gewest der fride min;

mensch unde got versünet ist:

das tichte mines frides list.

1995.

die sele sunder frides ban

mak keine wisheit nicht gehan:

der mensche der nicht fride hat,

der git vil selden guten rat.

durch frid sint worden alle dink,

2000.

des bin ich aller tugnde rink:

der keiser und der babest wart

geticht durch rechtes frides art;

die künge, fürsten und ir kint

durch fride gar geboren sint;

2005.

was dörfte man der pristerschaft,

wo das nicht fride hette kraft?

irs wortes fride gibet stür

der sele vor der flammen für.

die werlde hette kein gericht,

2010.

wo das nicht fride wer geticht,

und wer ouch alles rechtes ler.

darum, ir fürsten, habet ger

zu fride, sint got üwer hant

hie richten liß der werlde lant:

2015.

darumme set, wie ir die schaf

hie fürt, das ir icht liden straf

dürft von des höchsten gottes kint:

die fürsten gottes meier sint

und sint bi gotte gar ein spot:

2020.

sin warer fride rette Lot

und ouch der Israhelen dit;

unfride Pharao vorrit,

das er starp in dem roten mer

mit sinem volke sunder wer.

2025.

die zen gebot gegeben sint

durch fride diser werlde kint:

die werlde möchte nicht gestan,

wo sie nicht solde fride han».

 

 

Die ware Libe künt ir pfat,

die menschen bruch versünet hat.

 

Theologia darnach sprach,

2030.

da sie die Libe anesach:

«waruf gebuwet ist din ticht?

das saltu, meit, verhelen nicht»

die Libe sprach: «ich bin ein grunt

der tugnde gar und ouch ein funt:

2035.

in mir sich sachen alle tir,

die uß den elementen vir

gemachet sint und ouch gesatzt.

got hoch min wirken hat geschatzt,

als ich es wol bewisen sal:

2040.

er klam durch libe her zutal,

das er min wirken möchte sen.

gütlich min ougen liß ich bren

und gap im manchen süßen blik,

die wil ich span der salden strik,

2045.

das er nicht mochte kummen dann,

ein fremde forme zoch er an,

das er bi mir bleip ungemelt:

ein meit in furt in ir gezelt

und druckt in an irs herzen brust:

2050.

darzu gab ich min ware lust,

so das der keiser hoher art

da mit der meit getruwet wart;

sie sneit im an ein rich gewant,

davon er bleip gar unbekant:

2055.

sulch wunder groß ich wirken kan.

an mich kein tugent mak gestan:

wer sich von minem werke firt,

der ist des himmels gar verirt:

was tugent möchte der gehan,

2060.

der werk der libe nicht enkan!

die werlt und ouch der werlde kint

von libe gar versumet sint:

ich bin der werlde hüterin.

gein blicken blick ich werfe hin;

2065.

der ougen boten künden gunst:

darnach send ich mins füres brunst,

das will in willen sich beslüßt,

davon der libe frucht entsprüßt,

die süß ist über alle frucht,

2070.

wo das ir wachsen ist in zucht.

trüw unde recht ich han geticht:

wo das min libe were nicht,

die werlt von not sich storte gar.

dem küchel gibt durch libe nar

2075.

der vogel: sunder libe kan

die werlt in keiner schicht gestan.

die libe mak gesünden nicht:

wo lib in lib sin herze flicht,

da wonet keiner sünde schur;

2080.

ir trüw ist fester dann ein mur.

zu gott er nimmer kummen mak,

der warer libe nie gepflak:

durch libe wirt gesuchet got,

durch libe helt man sin gebot,

2085.

man helt durch libe gottes e;

der mensche gibet dicke me

durch libe dann durch gottes will:

die lib ist aller tugnde zil.

darum, ir fürsten, folget mir,

2090.

ab ir zu salden habet gir:

habt gotte lip und üwer man:

nicht baß ich üch geraten kan.»

 

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Theologia darnach sprach:

da sie die Hoffenung ersach:

2095.

«waruf gebuwet ist din grunt?

das tu mir durch din libe kunt.»

sie sprach: « ich bin der erste wek

der salden und der höchste stek:

wer minem spore folget nicht,

2100.

der hat zu gotte keine pflicht;

wem ganz sin herze zu mir stat,

den selben got nicht fallen lat:

er recket im sin ware hant

und hilft im uß der nöte bant.

2105.

von mir gink Peter uf dem mer;

da er mich liß, gar sunder wer

er wer in flut ertrunken da,

wer im nicht Cristus kommen na.

min hoffen gibet waren trost:

2110.

das hoffen in Caldea lost

die kinder von der flammen für;

hern Isaac gap hoffen stür,

das in das waffen nicht versneit,

da er wart uf den rost geleit.

2115.

das hoffen stürte sunder wan

hern Josue vor Gabaon:

die sunne stunt recht sam ein mur

und luchte zu des strites schur.

wie Jonas in dem fische lak

2120.

vorslunden an den dritten tak,

der ware got sin nie vergaß,

da ganz sin hoffenunge was.

in hoffenunge storte Bel

zu Babilon her Daniel,

2125.

im gap die hoffenunge trost:

er von den leuwen wart erlost,

in hoffenunge sunder wer

her Moises fur durch das mer;

der wak recht sam ein bulge stunt:

2130.

durch hoffen trucken wart der grunt,

set, wie den künk von Ninive

sin wares hoffen stürte me,

das unverstöret bleip die stat,

wan alles fasten, das er tat.

2135.

sust denket hin und denket dar

und nemt der tat der werlde war,

das der gar selden underlak,

der warer hoffenunge pflak.

des menschen leben wer ein wicht,

2140.

stürt in die hoffenunge nicht,

ein iglich tugent und ir art

durch hoffenung getichtet wart:

man leret wisheit umme das,

das man zu leben hoffet baß;

2145.

gerechtikeit man wirket schon,

das man von gotte hoffet lon;

die fürsten pflegen mildikeit,

vor gotte das ir name breit

werd, und ouch hie sie hoffen lon,

2150.

das in gesprochen werde schon;

man wirket hie barmherzikeit,

das man dort hoft vermiden leit;

der frünt dem fründe gibet brot:

er hoffet, ab in drücke not,

2155.

das er das selbe gein im tu.

dabi die rede blibe nu.»

 

 

Geloube künt sin wirken hie:

an in wart heil den menschen nie.

 

Theologia darnach sprach,

da sie an den Gelouben sach:

«wovon mak din geticht gesin?

2160.

das künde nu der libe min.»

Geloube sprach: «ich bin das seil,

in das sich stricket menschen heil:

ich leite nach der snure glich

den menschen zu dem hiinmelrich.

2165.

zu gotte mensche kummet nicht,

ab im unkundik ist min ticht.

der mensche sust geleuben sal,

ab er nicht fallen wil zutal,

wie gotts drifalt ein wesen si,

2170.

und ere doch personen dri.

den vater, sun, heiligen geist:

die dri ein wesen ummekreißt,

unspeldik, ewik an beginst.

es ist kein not, das du besinst,

2175.

wie dri in einem wesen stan,

uß den die creature ran:

es reichet keines sinnes ticht.

kein lon hett der geloube nicht,

wo redlichkeit bewiste das

2180.

des menschen, wie got drilich was,

personen, die eins herzen klamm

besloß in eines wesens ram:

das ist verborgen aller list.

ein luter tat wie das got ist,

2185.

geloube der bewiset das:

urkundik das naturen was.

geloub ist ein selbstendikeit,

des wesen hoffenunge treit.

kint, lerne den gelouben recht:

2190.

geleube sunder wandel slecht,

wie Cristus got und mensche ist,

uß gottes herzen sunder frist

geborn vor aller ewikeit;

das fleisch er von der meide sneit

2195.

an sich: in fremder formen art

des geistes wort gekleidet wart;

es mensche wart und bleip doch got.

zu stür es in der helle not

des ersten menschen bruche quam

2200.

darnach es zu dem himmel klam

und dannen widerkummen sal,

zu richten diser werlde tal.

zu siner zukunft werden sten

die toten uf und vor in gen

2205.

und geben rechenunge gar

von aller hande missefar.

der mensche fint sins werkes lon

geschriben an der stirne schon:

darnach die rechenunge stet.

2210.

got zu den argen sprichet: ‹get

verdammet in der helle für

und hoffet fürbaß keiner stür.›

den guten wirt gesprochen zu:

‹get, ir gebenediten, nu

2215.

in gottes rich, das üch bereit

ist von des himmels ewikeit.›

geloub den fürsten, keisern zimt,

von den die werlt ein zeichen nimt;

geloub dem menschen hilft uß not:

2220.

an in ist alle tugent tot.»

 

 

Theologia teilt ein recht

Naturen und den tuenden slecht.

 

Theologia darnach sprach:

«als es mins sinnes oug ersach

und es mins herzen grunt verstet,

von gott ein iglich tugent get

2225.

und kumt uß der naturen nicht,

als es bescheiden sal min ticht

nach rechter formen; ab ich kan,

und hebe sust zu reden an:

wo tugent von naturen wer,

2230.

so wer kein mensche tugnde ler

und möcht ouch anders nicht getun

wann trüwe, recht, frid unde sun:

der fluß in twünge der natur,

das er mit aller sünden schur,

2235.

damit ich wil bewisen das,

das tugend ie von gotte was

und floß uß sines herzen grunt:

natur von tugent ist entzunt.

die ander red ich geben wil,

2240.

das got si aller tugnde zil,

und ewik uß im kummen muß

und nicht uß der naturen fluß.

wo tugent von naturen ist,

durch was man lert sie alle frist?

2245.

warum du lerest gottes recht,

gein dem der arge wille frecht?

wann nimant dürfte leren das,

das im ie von naturen was.

ist tugent von naturen fluß,

2250.

so ist das kint ein musicus

und kan ouch wol gramaticam,

e das es in die schule quam.

der rede wider das ist war:

damit so stet bewiset klar,

2255.

das tugent kumt uß gotte fri

und nicht uß der naturen si.

die dritte rede die si das:

e die natur geschaffen was,

der himmel, mer und alle dink,

2260.

die engel und der sterne rink,

da muste got ein tugent han,

uß der naturen wesen ran:

got mochte sunder tugent nicht

gebuwen der naturen ticht.

2265.

die tugent wirt gar sunder spot

an mancher stat genennet got:

man spricht: die tugent caritas

gots tugent und got selber was.

damit bewiset offenbar

2270.

ist, das natura nam ir nar

uß gottes tugent sunder wan:

des sal die wird die tugent han.

die red und ouch der rede punt,

macht keisern, küngen, fürsten kunt,

2275.

den grafen, frien, ritterschaft

und allem das nach eren staft,

das die natur ist gar ein troum,

wo sie nicht fürt der tugnde zoum.

des keisers kint ist edel nicht,

2280.

wo das sin werk unadel ticht;

untugent ist der eren tot:

der mensche dörfte keine not

nu liden, wer untugent nicht.

darum, ir fürsten, habet pflicht

2285.

zu tugent unde midet das,

das fal dem ersten menschen maß:

so lit ir keiner schanden pin.» –

hie sal des buches ende sin.

 

 

Hie wil Natur bewisen das,

wie sie vor allen tugnden was,

sint uß ir kommen alle dink:

des wil sie sin der tugnde rink.

 

Natura sprach: «ich bin ein grunt

2290.

der ding und irer tugnde funt:

als in ir wesen uß mir ran,

sust sie ir tugent von mir han:

und was da heißet eigenkeit,

darin min art sie hat gekleit.

2295.

die erd ich stifte und ir recht,

swer, trucken, kalt, swarz, schibelecht,

und was der tir darinne ist,

die hat gebuwet gar min list.

der wak ouch in dem zirkel gat,

2300.

den im min hant gekrißen hat,

durchsichtik, kalt, swer unde naß.

darum ich einen zirkel maß,

klar unde bla: darinne gat

die luft, die selden stille stat:

2305.

weich unde warm sie macht min stür.

um ire schiben get das für,

licht, trucken, rot, weich unde heiß.

das für beslüßt des manden kreiß

und ouch die elementen gar.

2310.

darnach Mercurius fürwar

den manden ummereifen muß.

die vorgenanten slüßt Venus.

die sunne muß zu mittelst gan,

dri under ir, dri oben lan.

2315.

Mars darnach sunder lügenmer:

den ummeslüßt her Jupiter.

Saturnus muß der höchste sin:

der ist der vorgenanten schrin:

was die planeten wirken gar,

2320.

das gap min kraft in milde dar.

darnach das firmamentum get,

darin manch stern gestippet stet.

darnach die erste weglichkeit

den louf den schiben gar bereit:

2325.

wann sie von irem rucke gen

und mugen stille nicht gesten.

ir sult geleuben mir fürwar:

die tir sich müsten stören gar,

wo das der himmel stünde still,

2330.

von dem ich fürbaß sagen wil.

 

 

Hie von des himmelt zirkeln spricht.

Natur, wie das sie sin gericht.

 

Der himmel zwene zirkel hat:

der erste hin gein süden stat

von norden: equinoccial

den selben kreiß ich nennen sal;

2335.

tak unde nacht der zirkel glicht,

als in min influß hat geticht.

der selbe zirkel hat zwei punt

adr zwene polus, ist mir kunt,

an den der himmel ummereist:

2340.

des süden punt das eine heißt,

das ander heißt des norden punt:

daran der segelstern entzunt

stet unde lücht in sulchem zil,

als es min influß haben wil.

2345.

den andern nenn ich, ab ich mak:

der ist geheißen zodiak

und übern ersten ist geschrenkt,

als in min finger hat gelenkt,

und teilt in zwei den ersten glich:

2350.

kint, von der lere nicht enwich.

der zirkel nach der lingen seil

sich teilet in zwelf gliche teil,

die teil die zwelef zeichen sin:

ir namen künt die lere min.

 

 

Hie nent die zeichen alle gar

Natur nach ordenlicher schar.

 

2355.

Der Ster das erste zeichen heißt,

nach dem die Fische, darnach reist

der Ochse, darnach Gemini,

nach dem krouch der Krebeß ie,

der Leuwe, Meit und Scorpio,

2360.

die Wag, darnach der Schütze jo,

der Bok, darnach der Waßerman:

von mir ir tugent alle han

und wirken nicht wan das ich wil:

min kraft ist ires wirkens zil.

 

 

Natura seit, was tugent hat

der Ster wann uf gein osten gat.

 

2365.

Der Ster wann uf gein osten sit,

als im min influß blicken rit,

welch mensch darunder sich gebar,

krusp unde dick wirt im sin har,

sin ougen groß, sin oren klein,

2370.

sin hals ist lank, krank sint sin bein,

sin füße breit, sin dich sint lank,

gar herlich ist des selben gank,

sin kinne spitz, so ist vor sich

die brust gebogen sicherlich,

2375.

sin schuldern eng, sin zene grop,

klein sint sin arm, groß ist sin kop.

min kraft das alles wirken kan:

des mag ich wol die wirde han.

welch dink darinne anfank hat,

2380.

des bu nicht lang in kreften stat.

 

 

Hie künt Natur des Ochsen art,

und menschen das darunder wart.

 

Welch mensch das in dem Ochsen wirt

geborn, es scharfer sinn enpirt.

sin stirne breit, recht sam ein bloch,

gar wit sint im die naseloch:

2385.

es muß ouch große ougen han,

ouch sint im brun die wimperan.

stark ist sin hals und dabi dick,

stet uf die erden ist sin blik.

sin har ist swarz und dabi rach,

2390.

ouch wirt die brust dem menschen flach.

sin zorn der ist gar fientlich,

und zürnt doch selden sicherlich,

sin knorren grop, sin füß unlank,

gar erlich ist desselben gank.

2395.

welch dink darinne wirt gepflanzt,

gar lang es blibet unverschranzt

und wechset snelle mechtiklich:

das sult ir wißen sicherlich,

wan ich das alles wirken kan,

2400.

des sal min art die wirde han.

 

 

Uns kündet die Nature hie,

was wirkens haben Gemini.

 

Das dritte zeichen ist bekant:

das selb der Zwillink ist genant,

welch mensch darin geboren wirt,

der argen list es gar enpirt:

2405.

es ist getrüw und dabi gut,

doch ist gar ruschende sin mut.

sin hals und ouch sin nase lank,

sin heubet groß, sin lip ist swank,

breit ist sin brust, schon sin gestalt,

2410.

und ist gern in der rede balt,

sin füße groß, und libet sun

und kan wol rechenunge tun.

welch man darinne sune gert,

der blibet selden ungewert,

2415.

wo das der man darinne get

und es gericht gein osten stet.

 

 

Natura von dem Krebße spricht,

wie das sin influß si gericht.

 

Der Krebß das virde zeichen heißt,

der stete hinderwertik reist,

welch mensch darinne wirt geborn,

2420.

in er es selden wirt gekorn.

sin antlitz das ist slaferik,

sin hüffe grop und dabi dick,

sin ougen im zuplunsen sint,

krank ist sin blick, wird es nicht blint.

2425.

gar widerspenik ist sin tat,

sin glücke rückelingen gat.

ußsetzikeit und süchen vil

es lit in siner tage zil.

treg ist sin werk, der adem sin

2430.

im stinket nach der lere min.

es wirt ouch von geschichte rich,

und snell den betteleren glich,

wann in dem zeichen get der man,

so saltu alle teiding lan:

2435.

welch dink darinne wirt geborn,

daran die arbeit ist verlorn.

 

 

Hie künt Natur des Leuwen art

und menschen, das darunder wart.

 

Das fünfte tu ich üch bekant:

der Leu das zeichen ist genant.

welch mensch geboren wirt darin,

2440.

vernunst es hat und scharfen sin

und flißet sich an meisterschaft

und hat in armen große kraft,

sin brust ist stark, sin schuldern breit,

in herzen gottes forcht es treit.

2445.

und ist ouch mild und dabi gut,

doch ist gar ernst des selben mut:

ruch ist sin brust und zeret vil.

wann er von hinnen scheiden wil,

groß klagen wirt um in getan.

2450.

den finden du gesigest an

in diesem zeichen sunder list,

ab du darin geboren bist.

 

 

Natur uns kündet unde seit

des zeichens art, genennet Meit.

 

Das sechste zeichen heißt die Meit,

von dem üch hie min lere seit.

2455.

welch mensch darinne wirt geborn,

das darbet list und midet zorn,

gar gütik ist des selben mut,

durch got es gerne gabe tut

und ist gar senftiklich gesitt,

2460.

ouch im behende sint die glit,

und fürchtet got zu aller zit.

sin antlitz schon und dabi wit,

und kan gar minniklichen sen,

wann es sin ougen leßet bren.

2465.

die küsche und die reinikeit

es stet in sinem herzen treit.

im wirt gemeret sine frucht

von gotte durch sin ware zucht.

man sünet in dem zeichen das,

2470.

das e gar ungesünet was.

sin influß ist gar fridelich,

das sult ir wißen sicherlich.

 

 

Natura von der Wage spricht,

wie das ir influß si gericht.

 

Die Wag das sibnde zeichen heißt,

das uf und ab unstetlich reist.

2475.

welch mensch darinn geboren wirt,

von dem ist selikeit gefirt:

nach falschen dingen stet sin ger,

und ist ouch aller trüwe ler.

krusp unde swarz ist im sin har,

2480.

die nase spitz, und tunkelfar

sin ougen sind, und slaferik

ist siner formen aneblik.

was sachen im befolen ist,

das wirket es in arger list;

2485.

kein mensche tar sich zu im lan:

ein arges ende muß es han.

was in dem zeichen man begint,

es selden ende gut gewint.

 

 

Natur künt hie, wie Scorpio

sins werkes influß habe so:

 

Das achte zeichen ist bekant:

2490.

es ist der Scorpio genant.

welch mensch darin geboren wart,

unbarmik was des selben art.

der selbe mensche frißet vil

und lüget sunder maßes zil;

2495.

trüw unde recht er heldet nicht,

er spot von gotte gerne spricht,

got bet er mit dem munde, an,

doch ist sin herze ferre dann,

gar giftik ist sin arger will,

2500.

sin blik ist mortlich unde schil,

sin antlitz das ist zornes vol,

sin füße knorrecht unde hol.

wer in dem zeichen wirt verwunt,

der wirt vil selden mer gesunt.

2505.

nimant darinne suche tat,

wann sie gar rückelingen gat.

sint ich, Natur, das wirken kan,

des mag ich wol die wirde han.

 

Natura künt des Schützen art

und menschen, das darunter wart.

 

Das nünde zeichen ler ich dich:

2510.

das heißt der Schütze sicherlich.

welch mensch geboren wirt darin,

von not es muß ein jeger sin.

das selbe herschaft nicht enpirt:

daruß es doch gedrungen wirt

2515.

und kummet aber wider drin,

ein heubt es muß der fründe sin,

von im sich meret sin geslecht,

und stet nach großen eren frecht,

und doch nicht lange nüßet die.

2520.

wann es zins der naturen hie

muß geben, wißet sunder wan,

um in groß jammer wirt getan.

was in dem zeichen man begint,

ein erlich end es nie gewint.

 

 

Das zeichen, das der Bok genant,

das tut Natur uns hie bekant.

 

2525.

Der Steinbok muß das zende sin.

das zeichen nach der lere min

ist gut: welch mensch darinne wart,

das lebte jo nach rechtes art.

sin antlitz eng und dabi lank,

2530.

sin lip ist mager unde swank;

kein großes fleisch es ledet nicht,

scharf unde stark ist sin gericht,

und betet gern zu aller stunt.

sin nas ist groß, eng ist sin munt,

2535.

und hat zu keinem tranke pflicht

und achtet überfraßes nicht,

und tut gar endelichen das,

von schulden was zu tune was.

uf zorn er snelle wirt geweit,

2540.

ouch snelle sich sin zorne leit,

und trüget gar an sinen dank;

wo das sin zorn gewinnet swank,

so let er uß der snalle das,

vor glich das sinnes wage maß.

 

 

Natura von dem Waßerman

hie kündet, was er wirken kan.

 

2545.

Das eilfte zeichen sunder wan

das ist genant der Waßerman.

welch mensch gezilet wird darin,

des lip muß wißer farbe sin

und doch nach ascherfar gestalt,

2550.

es wechset snell und kranket balt,

der land es ummesweifet vil,

und gnuk biß an sins endes zil

uf diser werlde hie erwirbt,

das mensche an dem heubte stirbt,

2555.

darin im der naturen kunst

fluß tribet unde steten dunst;

der mensche wirt geklaget ser.

kint, halt das vor ein ware ler:

es gibet der Naturen art,

2560.

was wunders ie gewirket wart.

 

 

Uns kündet der Naturen list,

wie das der Fische wirken ist.

 

Des zwelften art ich lere dich:

es heißt die Fische sicherlich,

welch mensch geboren wirt darin,

ein jeger und ein reuber sin

2565.

es muß, und von des zeichens art

es oft zu einem fischer wart,

und in dem wage freislich ist,

und findet nüwer fünde list.

es ist ouch ark, und gizikeit

2570.

es stet in sinem herzen treit.

der mensche lützel wirt gekleit,

wann das sin sterben wirt geseit.

sint ich, Natur, das wirken kan,

des mag ich wol die wirde han:

2575.

recht als ich han die dink gemacht,

sust ich ir tugent han gesacht.

es ist kein tugent ane dink:

des bin ich aller tugnde rink,

und wil damit beslißen das,

2580.

das ich vor aller tugent was.»

 

Der meister dises buches spricht:

got die nature hat geticht,

die engel und die speren breit

2585.

und was das zentrum wunders treit,

in wisheit und in tugent, kraft:

davon Naturen wirde slafft,

und sal sich tugent glichen nicht,

sint sie von tugent ist geticht:

2590.

die tugent, in der got geschuf

die dink in sines wortes ruf,

die selbe tugent die was got

und got die tugent sunder spot.