BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Konrad von Megenberg

1309 - 1374

 

 

Buch der Natur

 

II. Von den himeln und

von den siben planêten.

 

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33.

Von dem ertpidem.

 

Ez kümt oft, daz daz ertreich pidemt in etsleichen landen, alsô daz die pürg nider vallent und oft ain perg auf den andern. nu wizzent gemain läut niht, wâ von ez küm. dar umb tichtent alteu weip, die sich vil weishait an nement, ez sei ain grôzer visch, der haiz celebrant, dar auf stê daz ertreich, und hab seinen sterz in dem mund: wenn sich der weg oder umbkêr, sô pidem daz ertreich. daz ist ain türsenmær und ist niht wâr und geleicht wol der juden mær von dem ohsen Vehemot. dar umb schüll wir die wârhait sagen von dem ertpidem und von den wunderleichen dingen, diu dâ von koment. der ertpidem kümt dâ von, daz in der erden hölrn und allermaist in holem gepirge vil erdischer dünst gesament werdent, und daz der dünst alsô vil wirt, daz si niht dar inne beleiben mügent; sô stôzent si umb und umb an die wend und fliegent auz ainem kelr in den andern und wahsent immer mêr zuo, unz daz si ain ganz gepirg derfüllent, und daz wahsen pringt der stern kraft, iedoch aller maist des streitgotes, der Mars haizt, und des helfvaters, der Jupiter haizt, und des Satjârs. wenne die in iren aigen häusern sint und wenn si gesament sint, sô nu die dünst lang gevehtent in den hölrn, sô wirt ir stôzen ze letst sô stark, daz si auz prechent mit gewalt und werfent ainen perg auf den andero. mügent aber si niht auz geprechen, zehant sô schütelnt si doch daz ertreich vast. daz schüteln ist zwairlai. daz ain ist, daz daz ertreich gêt wackelnd sam ain schef lanksam und daz ertpidmen ist den vesten und den gepäwen minner schad. daz kümt dâ von, daz der dunst für sich scheubt die erden mit ainem gedrang und widerstœzt, sam dâ ain mensch den andern dringt und wider hinder sich seigt, sam ain schef, daz hin und her waget in dem wazzer. daz ander pidem ist, daz diu erd schotelt snell, sam dâ ainr den andern mit den henden schütelt. daz ist den vesten gar schad, wann dâ von vellt daz gepäw nider. daz ist dâ von, daz ain dunst den andern jagt und snell stœzt von ainer seiten zuo der andern. alsô derschütelt sich oft ain man nâch dem und er sich seins prunnen hât benomen, wann der kalt luft sleicht in den leip und jagt die haizen gaist in dem leib, alsô daz sich der mensch schüteln muoz. daz aber der sach alsô sei, daz vind wir mit starken zaichen. daz êrst ist, daz vor dem ertpidem daz ertreich oft seust und wispelt, sam hundert tausent slangen dâ wispelten, oder püllt und lüet sam gräuleich ochsen. daz ist dar umb, daz der dunst in der erden sich auf macht und twingt sich durch alle die lüeger, diu er vinden mag, reht sam der wein seugt auz ainem viehteinne väzlein und daz dâ verspunt ist, wann sô gêt der luft datz den engen nüeten ein und seust in dem getwang. wenne aber diu hölr lank und weit sint, sô lüeget er sam diu grôzen herhorn. daz ander zaichen ist, daz diu sunn tunkel wirt des tages oder rôt, daz ist von dem erdischen dicken rauch, der auf gevarn ist in die lüft zwischen der sunnen und unserm gesiht. daz dritt zaichen ist, daz der luft vor und nâch sô gar vergift wirt,daz vil läut dâ von sterbent. wann sô der erdisch dunst lang gestêt in der erden beslozzen, sô fault er an im selber und wirt gar vergiftig. daz prüefen wir an den verworfenne tiefen prunnen, die lang verworfen sint gewesen: wenn man die vegen wil und si wider auf wirft, sô sterbent oft die êrsten veger, die dar ein klimment. daz ist oft gesehen. wir prüefen auch daz an den perchknappen, die in die gruob varnt, die werdent etswie vil wirbig in irm haupt, alsô daz si gern vehtent sam die trunken läut, und ist doch der selb dunst niht lang stênd an ainr stat beslozzen in der erden, wan die gruob sint offen. von wârhait geschâhen grôzeu dinch von dem ertpidem in Kärnden ze der stat Villach, dô man zalt von Christi gepürt dreuzehenhundert jâr, dar nâch in dem aht und vierzigistem jâr an sant Pauls tag als er bekêrt wart, wan gar vil läut verdurben in der vorgenanten stat und vieln diu münster nider und diu häuser und etswâ ain perg auf den andern, wan der ertpidem was umb vesperzeit und was sô stark und sô grôz, daz er sich raicht unz über die Tuonawe in Märhern und auf gên Paiern unz über Regenspurch und werte mê dann vierzig tag, alsô daz nâch dem êrsten ie ain klainr kom dar nâch über etswie vil tag oder wochen. ez kom auch in dem selben geperg ain mercleicher ertpidem dâ nâch in dem andern jâr an sant Stephans tag als er funden wart. nu prüef: waz dunstes in dem grôzen geperg beslozzen sei gewesen, der het sich gesament manig jâr. dô der nu auz prach in die lüft, dô was niht unpilleich, daz er vergifte den luft enseit des gepergs mêr dann über vil hundert langer meil und auch hie disseits gar verr. daz wart wol schein, wan der grœst sterben kom in dem selben jâr und in dem næhsten dar nâch, der nâch Christi zeiten ie geschach oder leicht vor, wann ez sturben läut ân zal in den steten pei dem mer, sam datz Venedi und datz Marsili und über al in Püllen und ze Aviniôn. in dem êrsten jâr des grôzen ertpidems was der jâmer sô grôz, daz der pâbst Clemens der sehst ain new mess machte für den tôt, ob man got gevlêhen möht, daz er sich über daz volk erparmt. diu mess huob sich an: recordare domine testamenti tui. ez sturben auch des selben jârs gar vil läut in dem geperg und hie auzen in etsleichen steten, aber gar vil volkes starb in dem næhsten jâr dâ nâch in der stat ze Wienne in Oesterreich, alsô daz man zalt von sunwenden unz auf unser frawen tag als si geporn wart mêr wan vierzig tausent leich und sô vil hin über, daz daz ân zal was, in der ainen stat ze Wienne, und strekt sich der sterb auf gegen Paiern unz ze Pazzaw und vil verrer. der gemain sterb kom zwâr von dem vergiften luft, des nim ich ain urkünd an vil dingen. daz êrst ist, daz sich der sterb erhuob des êrsten in dem gepirg und in den mersteten, wan dâ was der dunst aller grœst und aller vergiftigist, dar umb, daz daz mer den luft beslozzen het in der erden âdern nâhent pei dem mer und in dik macht und fäuht, daz er gar sêr fault, und dar umb wirt auch daz wazzer vergift. daz ander ist, daz daz mêrer tail der siechen läut, die dâ sturben, swern gewunnen under den üehsen und in den geswern vant man dick maden, oder sô si etleich tag werten, sô vant man nihts dar inne dann ainen dunst oder ain pœse fäuhten dâ mit. daz was dar umb, sô der mensch den pœsen luft in sich het gezogen und der belaib in der prust umb daz herz, sô wolt diu nâtûr dem herzen ze helf komen und traib die vergift under die üehsen, sô wurden denn geswern dar auz, und sô diu nâtûr den vergiftigen rauch niht wol auz getreiben moht, sô versêrt er daz herz und erstekt den menschen, und dar umb sturben jung menschen zarter nâtûr gar vil und aller maist jung frawen. daz dritt zaichen ist, daz der sterb niht vil schat in dem andern jâr nâch dem grôzen ertpidem den, die dô verr hin dan wâren von dem geperg auf hôhen vesten. daz was dar umb, daz sich der swær luft her dan von dem geperg, dâ er sich erhuob, naigt zuo der erden und daz der hôch luft rainer belaib wan der nider. daz vierd zaichen was, daz vil grôzer nebel wurden sêr prünseln und stinken in den herbsten und in den wintern der zwair jâr, wann der erdisch dunst in den lüften entslôz sich in die nebel und wart sô dick, daz er sich zuo der erden sankt und was zemâl schad den, die in des morgens nüehtern in sich zugen. dar umb besluzzen sich witzig läut in irm gemach und machten daz wolsmeckend mit edeln dingen und âzen und trunken fruo, daz der pœs luft den leib iht eitel fünd. si behuoten sich auch, daz si niht über die siechen giengen, daz der vergift âtem und der tœtleich dunst iht in si gieng. daz fünft was, daz die pirn in dem wazzer ob swummen, die andereu jâr ze podem vielen. daz was dar umb, daz der vergift dunst si durchpaiz und durchnuog, daz si vil luftes in sich zugen, und dar umb swummen si ob. dar umb wâren auch die früht schad, man süt si dann wol oder priet si wol, und reht alsô durchpaiz auch der pœs luft des menschen herz haimleich; unz si sein dann innen wurden, sô was der schad ergangen. diu wârhait was mangem menschen verporgen und sprâchen etleich, ez wær von ainem sunderleichen gestirn: die weil daz wert, sô müest auch der sterb wern. daz was ze verr von dem zil gerant, wann wir wizzen wol, daz alliu diu dinch, diu in den vier elementen geschehent, von der stern kreft koment. idoch muoz man sagen, in welher weis si ditz oder daz pringen, ob si ez mit hitz oder mit kelten oder mit andern sachen pringen. ez was auch verr von dem weg, daz si sprâchen, der sterb werte als lang, als lang der stern anplik wert und ir samnung, wan etleicher stern samnung die aller trægest sint wert neur ain jâr, sam Saturni und Jovis in ainem zaichen, die andern sint alle sneller. nu werte der sterb laider lenger wan ain jâr. doch wolt ich den nie geschaden in irm weissagen unz nu in disem neunundvierzigistem jâr nâch dreizehenhundert jârn von Christi gepürt, dar umb sprich ich, daz er sô lang wert, unz der vergift dunst den luft raumt, und daz geschiht von tag ze tag. wer waiz aber des ain rehtez zil, der lebt niht auf erden. die andern sprâchen, ez wær der gotes gewalt. sicherleichen, daz was wâr, wann alliu dinch würkent in der kraft gotes, ân den sünder allain: der würkt wider got und ist sein werch ân got. ich sprich aber mit urlaub, daz got die welt möht niderslahen in aim augenblick ân aller siechtagen hilf wenne er wolt und wâ er wolt. des tet er niht in den zeiten, wan die pei der zeit auz den landen fluhen die genâsen, und waz ritterschaft in Püllen was mit küng Ludweigen auz Ungern, dô er seins pruoder tôt rach, die fruo âzen und trunken und in der füll lebten, den geschach nihts. welhe aber sich hungerten, sam die Walhen pflegent, die sturben, wan der pœs luft durchgieng si. nu waiz ich wol, daz got den vollen vinden kan sam den læren. die dritten sprâchen, daz die juden all prunnen heten vergift und wolten die christenhait tœten, und vant man säcklein in vil prunnen mit vergift, und tôt man ir ân zâl vil an dem Rein, in Franken und über al in däutschen landen. wærleich, ob etleich juden daz tæten, des waiz ich niht: wær aber ez geschehen, daz hêt auch geholfen zuo der êrsten sach. iedoch waiz ich daz wol, daz ir ze Wienne als vil wâren sam in kainer stat, die ich west in däutschen landen, und daz si dâ alsô sêr sturben, daz si irn freithof vil weitern muosten und zwai häuser dar zuo kaufen. hæten si in nu selber vergeben, daz wær ain tôrhait gewesen. iedoch wil ich der juden pôshait niht värben, wan si sint unser frawen veint und allen christen. wizz auch, daz der ertpidem vil wunderleicher werch würkt. daz ain ist, daz dike von dem dunst, der auf gêt von dem ertpidem, läut und andreu tier ze stainen werdent und allermaist ze salzstainen und allermaist auf dem gepirg und dâ pei, dâ man salzerz grebt. daz ist dâ von, daz derlai dunst und kraft sô stark ist und sô überswenkig, daz si diu tier alsô verkêrt. alsô lêrent die maister von der nâtûr, Avicenna und Albertus. alsô sait mir auch maister Pitrolf herzog Fridreichs canzlær in Oesterreich, daz auf ainr hôhen alben in Kärnden wol fünfzig haupt menschen und rinder hie vor ze stainen worden wærn, und daz diu mait noch under dem rind sæz mit ainem hantschuoch, reht als si saz, ê si paideu ze stainen wurden. daz ander ist, daz oft mit dem ertpidem auz der erden varnt üeseln und flammen, die etswâ ain stat oder dörfer und stet verprennent. daz geschiht dâ von, daz daz ertreich inwendig prinnet. daz dritt ist, daz dik in dem ertpidem auz der erden vert vil sandes und staubes, alsô daz er ain ganz dorf versenkt. daz ist dâ von, daz daz ertreich inwendich sandig ist und molwik und daz ez oben ain vest stark rinden hât, diu den dunst haltet und besleuzt, daz er niht auz geslahen müg. daz vierd ist, daz der dunst oft sô kranch ist, daz er daz ertreich niht geschüten mag und daz er ez neur erhebt über sich und sitzt danne wider nider. alsô geschiht oft under den wazzern, diu vest gründ habent, und sô ir gründ erhebt werdent, sô vleuzt daz wazzer auz. dâ von koment dike grôz güzz auz den pergen, ân regenwazzer und auch ân snêwazzer, von den winden und von den dünsten, die sich erhebent under der wazzer ursprinch in den pergen. Hie hât daz ander stück des puochs ain end.