Die Buhlschaft auf dem Baume A
um 1380
Die Buhlschaft auf dem Baume A
Münchner Handschrift
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VON EINEM PLINTEN.
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fol. 57r | Ich wil euch sagen, das ist war,Es sein mere, dan zcehen Jar,Das ich hort sagen mer,Wie das es eynst were |
5 | Ein plinter, der hette ein schons weip,Die was ym liep, als sein eygenn leip.Sie was hubsch vnd wol gestaltVnd was dartzu auch nit sere alt. |
fol. 57v | Fur war, were sie hette gesehen,Der mußt mit mir die warheit iehen,Das sie was hubsch vnd wol gemut.Nun forchtet der selbige plint gutAlso sere, das icht ein ander man |
15 | Wurde zu seinem weybe gann.Er gedacht yn seinem mute:Ich wil sie haben an guter hute,Das mir sie nyemant neme,Vnd wil sie nemen yn einem zceine. |
20 | Zcu nacht, als er zu pette ging,Ein eisene halffter er do fingVnd sloß ir beyde pein darein;Domit solte sie besorget sein.Am morgen frue, do anprach der tag, |
25 | (Nun mercket eben, was ich sag!)Auß den panden er sie sloß.Sein sorg die was gar groß,Vnd gedacht yn seinem mute:Ach, her gote, durch dein gute, |
30 | Wie ich verlure mein schones weip,Das vberwundt nymmer mein leip. |
fol. 58r | Er sprach: frawe, wir sullen gan,Nit lenger wil ich hie bestan,Wan wir mugen vns began |
35 | Hie nit so wol, als anderßwo.Nun was ein schuler do,Der yn der selben stat saß,Dem die frawe von hertzen holt was.Das ward dem plinten kunt gethan, |
40 | Darumb mußt sie von dannen gan.Der schuler ging, do er den plinten fant.Der furt oben an seiner hantSein mynnigliches frewelein.Nun gedacht ym der schuler fein: |
45 | Ach, gote, mochte ich in meinem gemuteGewenden mit der frawen gute!Er neyget sich zu ir vnd sprach:Mir ist leyt faßt dein vngemach.Ein briefflein gabe er ir In dy hant, |
50 | Domit thet er ir gar bekanntSeinen syn vnd auch seinen mut.Das bedaucht dy schonen frawen gar gut.Do sie gelaß das kleyne briefflein, |
fol. 58v | Sie sprach: ach, lieber Meister mein, |
55 | Ich sich dort einen pawm stan;Wir sullen werlich darunter gan,Ob vns des obbs mochte werden.Mich gelustte noch nye hie auff erdenKeyns dings nye also wol. |
60 | Er sprach: ich was nit, was ich solNoch mit dir begynnen,Das ich es ware werde Innen,Das es sey on alles gefere.Mich bedunckt an deinem gepere, |
65 | Du wolßt an mir nit recht faren.Mag ich, ich wils bewarn.Doch wil ich selbert dar mit dir,Ob des obs mocht werden mir,Das du so fast gelobet hast |
70 | Vnd so gern darnach gaßt.Si gingen mit einander dar.Des nam der schuler eben war,Wan er an das brieffleinHette geschriben den syn sein. |
75 | Der schuler in seiner kappen trug |
fol. 59r | Schone öppfel, der waren genug,Dar mit er steygen beganAuff ein lynten oben hinan.Die frawe furt den plinten dar. |
80 | Do sie des schulers wart gewar,Das er steyg auff die lynten,Sie sprach zu Irem plinten:Nun wie sol ich es heben an,Das ich des obbs muge gehan? |
85 | Wan der pawm ist so hoch.Der plint palde seinen stecken zcochVnd slug auf hin an die este,Das ein apfel vil hernider veste,Den der Schuler warffe herab. |
90 | Er meynet, er sluge yn mit dem stabe ab.Die frawe den apffell balde fandt,Sie gabe yn dem plinten yn die hant.Er sneydt entzcweye den apffellVnd pot der frawen das eyn teyl. |
95 | Sie sprach: ich muß ir haben mereOder mir geschieht wirser, dann wee.Den stap er aber eyns zeucket, |
fol. 59v | An die este er do flucks drucketVnd loßet auch nach dem slag, |
100 | Ob icht ein apffell oder mere fieln herab.Sie sprach: es ist alles vnmuß.Ich gebe nicht ein haselnußVmb was du mir mochst abgeslaen,Du hetest dan ein lange gabeln. |
105 | Darumb saltu mich steygen lanAuff den pawm oben hinan,Das ich fulle vol meinen sack.Ich gewynn ir, so meynßt ich mag.Er sprach: frawe, so forcht ich mir, |
110 | Das ein ander kum zu dir.Die frawe sprach: des saltu kein sorge han,Du salt here zu dem pawm ganVnd mit den henden yn greyffen an,So weistu, ob ein ander man |
115 | Zu mir auf den pawm mochte komen.Der solte auch wol gewynnenLutzel vnd wenig an der fertt,Er gewinn dann dor an streich hertt.Der plint gedacht: ia, du hast war. |
fol. 60r | Vnd halff ir auff den pawmen dar.Do sie auff den pawmen kam,Do vmbfing der plint den stamVnd loßet da vil eben.Der schuler begund mit der frawn zu streben. |
125 | Mit irem schonen stoltzen leybeWolte er nach luste kurtzweyl treybe.Der plint ruffen do began:Schut den pawmen flucks oben an,Das etzwas falle herab! |
130 | Der schuler was ein rechter knab,Er begund sich mit der frawen ruttelnVnd die opffell auß der kappen schutteln.Er sprach, das were recht.Vnser herr vnd auch sein knecht |
135 | Sandt Peter gingen bede da fur.Das erhoret der plint geheür;Er sprach: wer geht da pey?Wart, das er auch ein fremde sey.Sand Peter sprach: herre meister, lug! |
140 | Sichstu nit das grosse vngefug,Die dem plinten thut das weip? |
fol. 60v | Ich wolte gern, das sein leipSehen solte den grossen mort.Vnser herr got sprach, sie funde wol ein antwort |
145 | Dannoch, ob es der man sehe an.Herre, wie wer das aber gethan?Sandt Peter sprach; das höret ich gern.Vnser herr sprach: wiltu sein nit enpern,So wil ich dich lassen sehen, |
150 | Wie die frawe wirt rehen.Den plinten er sehen ließ,Der warde gar ein starcker ryeß.Do er nun do uber sich sach,Gern möchte ir horen, wie er do sprach: |
155 | Secht ir, frawe hur, was habt irHewt gerochen hie an mir?Des mußt ir ewer beyder lebenHie vmb die lieb geben.Sand Peter sprach: herr meister, lug |
160 | Vnd went disen yngefug,Das diser mort nit geschee,Vnd heyß disen plinten nit gesehen!Die frawe antwortten began |
fol. 61r | Auff dem pawm oben an. |
165 | Sie sprach: lieber man mein,Diese lieb muß dir ein puß sein,Das du nymmer werdest plint.Des helffe mir heut das himelische kintVnd auch dartzu der schuler. |
170 | Der lernet mich dise mere,Das du wider hast dein augen.Des saltu dir also taugen,Das du nyderfallest auf dein knye,Vnd sag vns beyden gnade hye, |
175 | Dem guten schuler vnd auch mir,Vnd pit gote, das dein augen dirPleiben, die du ytzunt hast.Ach, du thor, wie lanng du staßt!Er vil nyder auff seine knye |
180 | Vnd sprach: frawe, du lißt mich nye.Du hast mir gutlichen getan;Des sol ich dich genyßen lanHewt vnd zu allen stunden,Das du so eben hast funden |
185 | Ein puß, das ich mein augen han. |
fol. 61v | Darumb saltu herab ganVnd auch dartzu der schuler.Dem sullen wir der mereLonen hie an diser stat, |
190 | Daß er mir geholffen hat.Die frawe ging herabVnd auch dartzu der schon knab.Der plint vil ym zu fussenVnd sprach mit wortten sussen: |
195 | Gote in seinem reichDer dannck euch gnedigleich!Wir sullen in frewden lebenVnd sullen dem schuler gebenEtzwas vmb sein arbeyt. |
200 | Das was der frawen nit leyt.Zcehen pfunt pfenningDie wuge er also geringVnd pote sie dem schuler dar.Das nam Sandt Peter eben war. |
205 | Er sprach: Herr, sol ich dem plinden sagen,Ob er das weip icht wrolle slagen?Ja, Peter, das sey erlaubet dir! |
fol. 62r | Zcu hant ging er zu irVnd sprach: got grus dich! |
210 | Es hat ubel gemuet michDas, das du dem plinten hast gethan.Das wil ich yn wissen lan.Si sprach: lug, man, das ist der,Der nach mir ist geloffen here |
215 | Vnd mir wolte gewendet hanDie puß, die ich dir habe gethan,Wan er sehe dich gern plintDarumb, das ich Im hette zu willen gedynt.Ich sag dirs sicher, es ist war. |
220 | Er treybs wol ein gantzes JarMit mir an; das soltu rechenVnd dein messer durch yn stechen.Der plint sein messer außtzog.Sand Peter do faßt floch |
225 | Hin, do er seinen herren fant,Vnd claget ym die mere zu hant.Er sprach: Petre, du woltest anders nicht.Vil manchem mere also geschicht,Der do saget bose mere. |
fol. 62v | Du warst aber also alberVnd meynest nit, das dises weibSich wol konte scheyb,Das sie iren man betörte.Wie eben auch der man das hörte, |
235 | Er sprach: herre, vnd hette ich gwaltVnd solte ich halt nymmer werden alt,Ich gerech mich an diser bosen hawt,Das sie dorfft sprechen uberlaut,Ich were ir nachgestrichen. |
240 | Dartzu so sprach sie: stich yn!Das laß ich faren, herre got,Vnd rich mich an ir durch dein gepot!Neyn, peter! ich wil dir sagen,Dem sunder sol man vil vertragen. |
245 | Weystu nicht, das ich mein lebenFur den sunder habe gegeben?Dorumb so wil ich keynen lon.Ich wil sie yn meinem schirm han.Ee ich sie lyeß yn noten, |
250 | Ich lyeß mich ee noch eins toten.Wer do peichtet vnd berewet |
fol. 63r | Vnd dartzu mir getrawet,Dem vergibe ich sein schuldeVnd laß yn erwerben mein hulde. |
255 | Also hot dise rede ein ennde.Gote sol vnns sein gnade sende.Amen.
Zürich, Haus zur Mageren Magd, Minnegarten, Szene 5: Buhlschaft auf dem Baum. (um 1390, Foto: Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich.) |