BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Gottfried von Straßburg

um 1210

 

Sprüche

 

Der Text wurde freundlicherweise von

Jean Putmans zur Verfügung gestellt.

 

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Die folgenden beiden Sprüche, die unter dem

Namen Ulrichs von Lichtenstein überliefert sind, werden

heute meist Gottfried von Straßburg zugewiesen.

 

 

I

Liut unde lant diu möhten mit genâden sîn

wan zwei vil kleiniu wortelîn «mîn» und «dîn»,

diu briuwent michel wunder ûf der erde.

wie gânt si früetend und wüetend über al

5

und trîbent al die werelt umbe als ein bal:

ich waene ir krieges iemer ende werde.

diu vertâne gîte

diu wahset allez umbe sich dâ her sît Êven zîte

und irret elliu herze und elliu rîche.

10

weder hant noch zunge

dien meinent noch enminnent niht wan valsch und anderunge;

lêr unde volge liegent offenlîche.

 

 

II

Gelücke daz gât wunderlîchen an und abe:

man vindet ez vil lîhter danne manz behabe;

ez wenket dâ man ez niht wohl besorget.

swen ez beswaeren wil, dem gît ez ê der zît

5

und nimt ouch ê der zîte wider swaz ez gegît.

ez tumbet den swem ez ze vil geborget.

fröide gît den smerzen:

ê daz wir âne swaere sîn des lîbes und des herzen,

man vindet ê daz glesîne gelücke.

10

daz hât kranke veste:

swenn ez uns under ougen spilt und schînet aller beste,

sô brichet ez vil lîhte in kleiniu stücke.