Karl Simrock
1802 - 1876
Das Nibelungenlied
Zweites Abenteuer
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Von Siegfrieden.
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20 | Da wuchs im Niederlande | eines edeln Königs Kind,Siegmund hieß sein Vater, | die Mutter Siegelind,In einer mächtgen Veste, | weithin wohlbekannt,Unten am Rheine, | Xanten war sie genannt. |
21 | Ich sag euch von dem Degen, | wie so schön er ward.Er war vor allen Schanden | immer wohl bewahrt.Stark und hohes Namens | ward bald der kühne Mann:Hei! was er großer Ehren | auf dieser Erde gewann! |
22 | Siegfried ward geheißen | der edle Degen gut.Er erprobte viel der Recken | in hochbeherztem Muth.Seine Stärke führt' ihn | in manches fremde Land:Hei! was er schneller Degen | bei den Burgunden fand! |
23 | Bevor der kühne Degen | voll erwuchs zum Mann,Da hatt er solche Wunder | mit seiner Hand gethan,Davon man immer wieder | singen mag und sagen;Wir müßen viel verschweigen | von ihm in heutigen Tagen. |
24 | In seinen besten Zeiten, | bei seinen jungen TagenMochte man viel Wunder | von Siegfrieden sagen,Wie Ehr an ihm erblühte | und wie schön er war zu schaun:Drum dachten sein in Minne | viel der waidlichen Fraun. |
25 | Man erzog ihn mit dem Fleiße, | wie ihm geziemend war;Was ihm Zucht und Sitte | der eigne Sinn gebar!Das ward noch eine Zierde | für seines Vaters Land,Daß man zu allen Dingen | ihn so recht herrlich fand. |
26 | Er war nun so erwachsen, | mit an den Hof zu gehn.Die Leute sahn ihn gerne; | viel Fraun und Mädchen schönWünschten wohl, er käme | dahin doch immerdar;Hold waren ihm gar viele, | des ward der Degen wohl gewahr. |
27 | Selten ohne Hüter | man reiten ließ das Kind.Mit Kleidern hieß ihn zieren | seine Mutter Siegelind;Auch pflegten sein die Weisen, | denen Ehre war bekannt:Drum möcht er wohl gewinnen | so die Leute wie das Land, |
28 | Nun war er in der Stärke, | daß er wohl Waffen trug:Wes er dazu bedurfte, | des gab man ihm genug.Schon sann er zu werben | um manches schöne Kind;Die hätten wohl mit Ehren | den schönen Siegfried geminnt. |
29 | Da ließ sein Vater Siegmund | kund thun seinem Lehn,Mit lieben Freunden woll er | ein Hofgelag begehn.Da brachte man die Märe | in andrer Könge Land.Den Heimischen und Gästen | gab er Ross und Gewand. |
30 | Wen man finden mochte, | der nach der Eltern ArtRitter werden sollte, | die edeln Knappen zartLud man nach dem Lande | zu der Lustbarkeit,Wo sie das Schwert empfiengen | mit Siegfried zu gleicher Zeit. |
31 | Man mochte Wunder sagen | von dem Hofgelag.Siegmund und Siegelind | gewannen an dem TagViel Ehre durch die Gaben, | die spendet' ihre Hand:Drum sah man viel der Fremden | zu ihnen reiten in das Land. |
32 | Vierhundert Schwertdegen | sollten gekleidet seinMit dem jungen Könige. | Manch schönes MägdeleinSah man am Werk geschäftig: | ihm waren alle hold.Viel edle Steine legten | die Frauen da in das Gold, |
33 | Die sie mit Borten wollten | auf die Kleider nähnDen jungen stolzen Recken; | das muste so ergehn.Der Wirth ließ Sitze bauen | für manchen kühnen MannZu der Sonnenwende, | wo Siegfried Ritters Stand gewann. |
34 | Da gieng zu einem Münster | mancher reiche KnechtUnd viel der edeln Ritter. | Die Alten thaten recht,Daß sie den Jungen dienten, | wie ihnen war geschehn,Sie hatten Kurzweile | und freuten sich es zu sehn. |
35 | Als man da Gott zu Ehren | eine Messe sang,Da hub sich von den Leuten | ein gewaltiger Drang,Da sie zu Rittern wurden | dem Ritterbrauch gemäßMit also hohen Ehren, | so leicht nicht wieder geschähs. |
36 | Sie eilten, wo sie fanden | geschirrter Rosse viel.Da ward in Siegmunds Hofe so laut das Ritterspiel,Daß man ertosen hörte | Pallas und Saal.Die hochbeherzten Degen | begannen fröhlichen Schall. |
37 | Von Alten und von Jungen | mancher Stoß erklang,Daß der Schäfte Brechen | in die Lüfte drang.Die Splitter sah man fliegen | bis zum Saal hinan.Die Kurzweile sahen | die Fraun und Männer mit an. |
38 | Der Wirth bat es zu laßen. | Man zog die Rosse fort;Wohl sah man auch zerbrochen | viel starke Schilde dortUnd viel der edeln Steine | auf das Gras gefälltVon des lichten Schildes Spangen: | die hatten Stöße zerschellt. |
39 | Da setzten sich die Gäste, | wohin man ihnen rieth,zu Tisch, wo von Ermüdung | viel edle Kost sie schiedUnd Wein der allerbeste, | des man die Fülle trug.Den Heimischen und Fremden | bot man Ehren da genug. |
40 | So viel sie Kurzweile | gefunden all den Tag,Das fahrende Gesinde | doch keiner Ruhe pflag:Sie dienten um die Gabe, | die man da reichlich fand;Ihr Lob ward zur Zierde | König Siegmunds ganzem Land. |
41 | Da ließ der Fürst verleihen | Siegfried, dem jungen Mann, |Das Land und die Burgen, | wie sonst er selbst gethan.Seinen Schwertgenoßen | gab er mit milder Hand:So freute sie die Reise, | die sie geführt in das Land. |
42 | Das Hofgelage währte | bis an den siebten Tag.Sieglind die reiche | der alten Sitte pflag,Daß sie dem Sohn zu Liebe | vertheilte rothes Gold:Sie könnt es wohl verdienen, | daß ihm die Leute waren hold. |
43 | Da war zuletzt kein armer | Fahrender mehr im Land.Ihnen stoben Kleider | und Rosse von der Hand,Als hätten sie zu leben | nicht mehr denn einen Tag.Man sah nie Ingesinde, | das so großer Milde pflag. |
44 | Mit preiswerthen Ehren | zergieng die Lustbarkeit.Man hörte wohl die Reichen | sagen nach der Zeit,Daß sie dem Jungen gerne | wären unterthan;Das begehrte nicht Siegfried, | dieser waidliche Mann. |
45 | So lange sie noch lebten, | Siegmund und Siegelind,Wollte nicht Krone tragen | der beiden liebes Kind;Doch wollt er herrlich wenden | alle die Gewalt,Die in den Landen fürchtete | der Degen kühn und wohlgestalt. |
46 | Ihn durfte Niemand schelten: | seit er die Waffen nahm,Pflag er der Ruh nur selten, | der Recke lobesam.Er suchte nur zu streiten | und seine starke HandMacht' ihn zu allen Zeiten | in fremden Reichen wohlbekannt. |